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Ein Paradies für Kunstliebhaber

Zahlreiche Autos mit auswärtigen Kennzeichen und viele Fahrräder parkten vor dem Gelände der Kreativschmiede Schelbergen – ein Hinweis auf die große Resonanz, die die  „LandArt“ auch oder gerade in Zeiten der Corona-Krise bei dem Publikum in diesem Jahr hervorrief. Sonniges Spätsommerwetter und das Angebot der mehr als 30 Künstlerinnen und Künstler aus der Region sorgten bei den Gästen für Neugier, anerkennende Blicke und spontane Einkäufe für den eigenen Garten oder das Zuhause. Weiträumig auf dem Gelände verteilt konnten die Besucher zwischen den Kunstwerken auf Abstand schlendern und ausführlich mit den Künstlern sprechen.

So erläuterte Gartenkünstler Kurt Schlüter der Kerkenerin Inge Keusemann-Gruben seine Werke. „Das Holz kriege ich aus Bali, die ‚Hühner‘ lasse ich da machen und verkaufe die hier für die Künstler.“ Er war einfach nur froh, dass etwas passiert. „Es ist immer so eine familiäre Stimmung hier, keiner drängelt. Und ‚Bitte‘ und ‚Danke‘ sind hier keine Fremdwörter. Die Leute genießen das sehr.“

Die Kunst in Szene gesetzt…

So wie Schlüter sahen das einige Kollegen. „Das ist meine erste Ausstellung in diesem Jahr – das sind harte Zeiten für Künstler“, sagte die Moerserin Jutta Vogelsberger, die mit ihren kreativen  Glas- und Betonskulpturen faszinierte. Laurina Tannhäuser bestaunte deren „organische Formen“ und „diese schwarz-weiße Wirbelsäule, die der Figur eine schöne Dynamik“ gebe. „Ich bin sonst selbst auf dem Straßenmalerfestival in Geldern, aber das fällt ja in diesem Jahr aus“, erzählte die 31-Jährige.

Zwischen zwei fischartigen Betonfiguren schaute sich die Issumerin Karin Gemerik um. „Ich mag so rustikal gefärbte Dinge“, hatte sie angesichts der schönen Kunst und des Gartens das Gefühl, als wäre sie „im Paradies.“  Die Vernumerin Judith Hendricks bekannte: „Ich könne mich hier totkaufen – da muss immer was zum Gucken im Garten sein.“ Und die Twistedenerin Christina Toonen sprach gar von „Reizüberflutung“ und „Balsam für die Frauenseele.“

Glasbläserei und Harry Potter

Einige Gäste waren aus dem Ruhrgebiet angereist – so wie Martina Vetter und Thilo Fälski aus Mülheim beziehungsweise Oberhausen. „Die Glasbläserei mit Holz verbunden“ gefiel ihr am besten. Er dagegen fand, dass „die Figur auf der großen Säule wie ein Dementer aus Harry Potter“ aussah. 

Für den kulinarischen Genuss sorgten das Weingut Hermann, Ralfs und Irenes Grillstand sowie Rainer Verhülsdonk vom „NuK“, der aus seinem Ofen frische Flammkuchen hervor holte. „Wir haben in fünf Stunden 100 Stück verkauft“, freute er sich über die kleine „Spritze“ für die vereinseigene Kasse. „Das benutzen wir für die Baumaktion oder den abgespeckten Mittelaltermarkt.“

Auch Anne Baum kam mit ihren menschlichen Plastiken aus Ton gut bei den Besuchern an. „Die haben Nachholbedarf beim Kaufen, habe ich das Gefühl“, schmunzelte die Kevelaererin. Und Elisabeth und Hubertus Heix aus Geldern waren mit dem Erlös ihres „Weltladen“-Standes auch zufrieden: „Die Leute freuen sich, etwas zu sehen, kaufen teilweise schon Geschenke für Weihnachten vor.“ Das Paar konnte unter anderem Filzprodukte aus Nepal und ganz besonderen Kaffee aus Nicaragua an die Frau und den Mann bringen. „Damit spart man 90 Prozent C02“, erläuterte Hubertus Heix.

Bei Sonnenschein schlenderten die Besucher entlang der Kunstobjekte.

Gastgeberin Judith Schelbergen freute sich darüber, dass „alles super gelaufen“ und „jeder sich an alles gehalten“ habe, was Abstand und Hygiene betrifft. „Man hat gemerkt, dass die Leute was sehen und wieder raus wollen. Dass es so toll läuft, hätte ich nicht erwartet. Und die Leute sind alle nett miteinander.“

An dem Tag kam es noch zu einer Besonderheit: Der Straelener Künstler Hermann Straeten stellte mit 1,50 Meter Höhe beim Fadendrechseln einen „Guinness“-Weltrekord auf. „Das ist mein Zehnter, wenn er anerkannt wird. Und die nächsten zwei Rekorde mache ich dann 2021 und 2022 auch hier“, scherzte er.

Eine Bildergalerie zur „LandArt”-Ausstellung finden Sie auf unserer Website. 

Kunsthandwerk in der Natur erleben

Nicht nur zahlreiche Künstler, sondern auch das Ordnungsamt war an diesem Morgen am Hungerwolfsweg erschienen, um eine Abnahme der „LandArt 2020“ vorzunehmen. „Das, was wir uns erhofft haben, reicht aus“, zeigte sich Judith Schelbergen als langjährige Organisatorin der Veranstaltung froh, dass die Vorsorgemaßnahmen, die sie angesichts von Covid-19 treffen möchte, auf das Wohlwollen der Behörden treffen. Somit darf ein Juwel der Kunstausstellungen am Niederrhein gerade in diesen Zeiten seine Pforten zwischen dem 28. und 30. August öffnen. „Ich bin sehr erleichtert, dass es überhaupt geht“, meinte die 46-jährige Künstlerin.

Die Vorbereitung mit der Einladung der Künstler begann schon im November letzten Jahres. „Als es losging mit Corona, da kamen schon erste Zweifel.“ Man habe sich im Vorfeld sehr viele Gedanken gemacht, wie die Veranstaltung unter den aktuellen Bedingungen vonstattengehen kann. „Wir machen wie jedes Jahr die Verlosung. Da bekommt jeder Besucher ein Kärtchen, auf dem er seine Daten mit Uhrzeit einträgt. Das reicht dann für die Nachverfolgung aus.“ Außerdem werden an diversen Stellen – am Eingang, an den Toiletten und nahe dem kulinarischen Angebot mit Wein, Flammkuchen und Grillstand – Desinfektionsspender aufgestellt. „Es wird an den Ständen kein Bargeld gezahlt  – es gibt Taler zu kaufen. Dann haben die Leute mit Geld nix zu tun.“

Um Müllberge zu vermeiden und der Getränke-Hygiene zu genügen, hat Schelbergen extra 1000 „LandArt“-Becher drucken lassen. „Die Stände kann man so platzieren, wie wir das immer machen.“ Da herrsche auf dem weitläufigen Grundstück genügend Platz.  Und beim Einhalten des Abstandes setzt sie auf die Vernunft und Eigenverantwortlichkeit der Gäste. „Da kann ich nicht permanent hinterher sein.“ Schelbergen hofft jetzt, „dass es nicht kurz vor knapp wegen Corona doch nichts wird“, wenn doch noch erneut Einschränkungen aufgrund der steigenden Infektionszahlen kommen sollten.

Sieben „Neue“ sind dabei

Insgesamt 30 Künstler und Künstlerinnen der Region zeigen ihre Objekte. Die Palette reicht von der Goldschmiedekunst, Blumen, Winzermöbel, Holzkunst, Metallobjekten und Steinmetzarbeiten bis hin zu Bildern und Skulpturen. „Mir war es wie immer wichtig, dass verschiedene Kunstrichtungen dargestellt werden – und auch ein paar neue Künstler gezeigt werden“, beschreibt sie den Ansatz der Künstlerauswahl. Insgesamt sieben „Neue“ werden auf dem Gelände zu sehen sein.

Auch bei den Künstlern herrscht Vorfreude. „Wir sind sehr erleichtert, weil die Kunden auch schon fragen“, meinte der Issumer Goldschmied Norbert Vitten, der mit seiner Tochter Annika dabei ist. „Alle anderen Märkte sind ja abgesagt worden.“ Ähnlich geht es der Kapellenerin Christine Pollmann, die bei ihrer Premiere Keramikskulpturen zeigt. „Die Welt ist ja stehengeblieben – auch für uns Künstler“, meint sie, obwohl sie in der Zeit „unheimlich viel geschafft“ habe. Der Reeser Michael Sting zeigt wieder seine „Mikrokosmen“ – alte Bäume auf Lavagestein aufgesetzt auf einen Stahl- oder Edelstahlständer.

Mit Herzblut dabei

„Für mich ist das jedes Mal ein Höhepunkt des Jahres“, sagt der Baerler Gartenkünstler Kurt Schlüter. Er setzt altes Werkzeug neu in Szene, ist zum sechsten Mal dabei. Was ihn begeistert? „Das Ambiente und die Frau Schelbergen, die sich hier mit Herzblut reinkniet. Mit den Kollegen kann man sich gut austauschen, es gibt kein Konkurrenzdenken und jeder gönnt dem anderen den Erfolg.“

Floristin Barbara Brings aus Geldern ist erstmals mit von der Partie und hofft auf „gute Geschäfte und gutes Wetter“. Betonkünstlerin Marion Schlabbers aus Veert betonte den Stellenwert, mit der eigenen Kunst „präsent zu sein und die Ideen, die man hat, präsentieren zu können.“ Und die Xantener Keramikerin Barbara Lemmen-Klotz sieht nicht nur den Bedarf der Künstler, nach außen zu treten. „Man merkt auch bei den Leuten, dass sie rauswollen.“