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Kreis Kleve plant trotz Inzidenzwert über 100 keine Verschärfung der Maßnahmen

Bereits vor zwei Wochen hatte die Kreis Klever Amtsärztin Dr. Martina Scherbaum ihre Vorahnung formuliert, dass die 7-Tage-Inzidenz im Kreisgebiet bald den Wert von 100 übersteigen wird. Nun hat das Landeszentrum Gesundheit NRW am gestrigen 8. März 2021 erstmals seit längerer Zeit für den Kreis Kleve einen Wert von 108,2 angezeigt, am heutigen 9. März beträgt dieser Wert 104,7. „Haupttreiber“ des höheren Infektionsgeschehens sei die gestiegene Zahl an Coronafällen mit Mutationen, teilt der Kreis Kleve mit.

Das diffuse Infektionsgeschehen betreffe zu einem Großteil Menschen zwischen 20 und 60. Ein größeres identifiziertes Infektionsgeschehen gebe es derzeit lediglich in Kranenburg. „Aktuell plant der Kreis Kleve keine Verschärfung der Schutzmaßnahmen“, betont Landrätin Silke Gorißen mit Blick auf die soeben erlaubten Lockerungen. „Wir wollen damit verhindern, dass die Menschen anderenfalls in die umliegenden Kreise fahren, um dort einzukaufen oder in geöffnete Einrichtungen zu fahren. Dies würde das Infektionsgeschehen noch weiter verbreiten.“

Mithilfe jedes Einzelnen erforderlich

Aufgrund von durchgeführten Typisierungen geht das Gesundheitsamt davon aus, dass die Anzahl der an Corona-Mutationen erkrankten Personen bei über 50 Prozent liegt. „Wir stellen seit einigen Wochen fest, dass zahlreiche Menschen im Umfeld einer positiv getesteten Person ebenfalls infiziert sind. Aus einer infizierten Person werden so schnell zehn Erkrankte. Das treibt die Zahlen nach oben“, erklärt Dr. Martina Scherbaum. Die Nachverfolgung von Infektionsketten sei in den vergangenen Wochen auch aufgrund der ansteckenderen Mutationen deutlich schwieriger geworden. Nach den Gesprächen mit den erkrankten Personen könne nur bei etwa 50 Prozent der Menschen nachvollzogen werden, wo sie sich angesteckt haben.

Gut 30 Prozent der Ansteckungen erfolgten demnach bei privaten Kontakten und am Arbeitsplatz, 10 Prozent stünden in einem Zusammenhang mit größeren Ausbrüchen und 5 bis 10 Prozent der Ansteckungen erfolgten im eigenen Haushalt. Das Gesundheitsamt verfolgt auch das hohe Infektionsgeschehen im benachbarten niederländischen Grenzgebiet mit Sorge, da es sich auf das Infektionsgeschehen im Kreis Kleve auswirke. „Das Coronavirus kennt keine Grenze“, so die Amtsärztin. 

Da die Corona-Mutationen deutlich ansteckender seien, hätten es die Bürger*innen ein Stück weit selbst in der Hand, das Infektionsgeschehen im Kreisgebiet zu beeinflussen. Landrätin Silke Gorißen erklärt dazu: „Auch wenn nun erste Lockerungen erlaubt sind, muss sich jeder fragen, ob dieses Treffen im Familien- und Freundeskreis oder jene Einkaufsfahrt wirklich erforderlich sind. Hier ist die Mithilfe jedes Einzelnen erforderlich, um das Infektionsgeschehen zurückzudrängen.“

Landrätin besucht das Berufskolleg

Bei ihrem Antrittsbesuch im Berufskolleg Geldern des Kreises Kleve tauschte sich Landrätin Silke Gorißen (Mitte) mit Schulleiter Andreas Boland und Zandra Boxnick, Allgemeine Vertreterin der Landrätin, über die aktuellen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie aus.

Beim gemeinsamen Rundgang unterstrich der Schulleiter seine Zufriedenheit mit dem Schulträger Kreis Kleve. Alle waren sich einig, dass das Berufskolleg mit den überbetrieblichen Werkstätten und der Dualen Ausbildung ein wichtiger Partner der heimischen Wirtschaft ist.

Foto: Kreis Kleve

Stichwahl entscheidet über zukünftigen Kreis Klever Landrat: Driessen und Gorißen im Interview

Bei den Kommunalwahlen erzielte Silke Gorißen (CDU) mit über 48 Prozent das beste Ergebnis. Der parteilose (von SPD, Grünen, FDP und Freien Wählern unterstützte) Kandidat Peter Driessen folgte mit 24 Prozent. Am kommenden Sonntag, 27. September 2020, sind Stichwahlen.

Die Interviews führte Alexander Florié-Albrecht.

Peter Driessen

KB: Herr Driessen, welche Impulse können Sie geben, um Kevelaer touristisch mehr ins Blickfeld zu rücken und die Übernachtungszahlen zu verbessern?

Peter Driessen: Neben dem Hotel, das dort von Herrn Zevens konzipiert wurde, muss im Grunde der gesamte Tourismus neu gedacht werden. Ich bin selber Aufsichtsratsmitglied bei der Tourismusagentur Niederrhein in Viersen. Wir stellen da fest, dass coronabedingt viel mehr Menschen zu Hause bleiben und die Schönheit ihrer Umgebung kennenlernen. Diese Schönheit müssen wir mehr vermarkten, den Niederrhein noch ein bisschen mehr pushen und mehr Geld in die Tourismusagentur reinbringen. Davon hat Kevelaer dann auch sehr viel.

Wie werden Sie sich dafür einbringen, den Gastronomen und Einzelhändlern auch in Kevelaer finanziell durch die Pandemie zu helfen?

Noch eine schwere Frage. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Hilfsmittel, die Herr Spreen nach draußen gegeben hat, nochmal aufgelegt werden. Wir müssen natürlich dafür sorgen, dass mehr Kontext in den Einzelhandel reinkommt und dass mehr Menschen Gaststätten und Hotels besuchen. Das ist ein unglaublich schweres Moment. Ich kann mir vorstellen, nachdem die Biergärten im Sommer relativ prominent besucht worden sind, dass es sehr schwer ist, die Angst der Menschen zu nehmen, in geschlossene Räume und in die Gastwirtschaft zu gehen. Der Kollege Pusch in Heinsberg hat Maschinen, die Aerosole vernichten. Ich kann mir vorstellen, dass wir als Kreis Kleve mehrere von diesen Maschinen kaufen und dann Gastwirten zur Verfügung stellen, damit beispielsweise wieder eine Hochzeit gefeiert werden kann und größere Veranstaltungen im Rahmen der Corona-Regeln wieder abgehalten werden können. Der Dehoga arbeitet auch an einem TÜV-Siegel, der ein vertrauensbildendes Element ist. Und wenn dann draußen draufsteht „Geprüft vom TÜV“ kann ich mir vorstellen, dass wir dann auch Menschen wieder in die Läden und die Gastronomie hinein bekommen.

Werden alle öffentlichen Gebäude des Kreises, wo es sinnvoll möglich ist, mit Solarpaneelen ausgestattet werden?

Ich habe es in Bedburg-Hau auf den Dächern installieren lassen, wo die meisten Sonnenstunden sind. Ich werde dafür sorgen, dass da Photovoltaik draufkommt – und nicht nur Photovoltaik. Ich bin bei einer wasserstoffverarbeitenden Firma in Weeze gewesen. Ich kann mir vorstellen, dass das als Speichereinheit zusätzlich genutzt werden kann, um den Photovoltaik-Strom auch langfristig zu binden.

Werden Sie alle Busse im Kreis Kleve mit Wasserstoff ausstatten lassen?

Ich hätte gerne ein Konzept, das ganz neu gedacht wird, der gesamte Nahverkehr neu gedacht wird. Es gibt Busse, die auf Wasserstoffbasis arbeiten und die entsprechenden Züge werden schon in Niedersachsen und Hessen eingesetzt. Wir sprechen von Elektrifizierung der RE10-Strecke, da kann ich mir auch Wasserstoff als Ersatz-Antriebsart ohne Weiteres vorstellen. Und ich würde mit der NIAG und den Linien darüber sprechen wollen, alternative Energien einzusetzen. Das ist der Sprung, den wir brauchen, um die Umwelttechnik nach vorne zu bringen.

Inwieweit werden Sie sich für eine flächendeckende Infrastruktur mit E-Ladestationen und einen Ausbau des Radwegenetzes einsetzen?

Ich habe mir mehrere Strecken angesehen, wo es möglich wäre, Fahrradschnellstraßen zu konzipieren, die weg von einer Straße sind und nicht neben einer Straße laufen, die zum Beispiel Geldern mit Rheurdt verbinden (…). Das ginge vielleicht auch von Kevelaer nach Weeze. Dafür werde ich mich deutlich einsetzen. Aber ich möchte den Nahverkehr neu denken, ihn bedarfsgerechter fahren lassen, ein Konzept entwickeln, das den Namen Nahverkehrskonzept auch wirklich verdient. Wir müssen sehen, ob wir sowas wie „taxi-on-demand“ reinbringen und das vom Fußgänger, Radfahrer bis Bus und Bahn über den straßengebundenen Verkehr neu regeln.

Wie stehen Sie zur Überführung der Schienenstrecke RE10 in die Trägerschaft aus Kreis und Kommune, die NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst in Kevelaer angeregt hat?

Ich bin sehr dafür, dass in den RE10 auch kommunales Geld fließt. Wir müssen gucken, dass wird da mit Hendrik Wüst an einen Tisch kommen, um genau das zu schaffen, weil wir in Konkurrenz zu anderen Kreisen stehen, die ähnliche Bahnstrecken haben. Und die Fördermittel, die gerade im Land existieren, die können in 2024 bis 2027 nur ein einziges Mal in einen Kreis fließen. Da müssen wir sehen, dass wir schneller sind. Und wenn wir Wüst damit locken können, dass ein Teil der Kosten, die vom Land getragen werden, von uns auch selbst bezahlt werden, dann sind wir da auf einem guten Weg.

Welche Zukunft soll nach Ihrer Vorstellung der Weezer Flughafen haben?

Das ist eine schwere Frage. Ich halte ihn in manchen Dingen für wichtig. Seitdem es Parookaville gibt, weiß jeder, wo Weeze und der Kreis Kleve liegen. Wir merken auch im Tourismus, dass vor Corona auch Menschen in den Kreis Kleve reinkamen. Er hat Arbeitsplätze, die wir dringend brauchen. Meine Aussage ist und da bleibe ich bei: keine Subventionen mehr für den Flughafen. Ich werde sehen, dass eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft darüber guckt, welche Erfolgsaussichten der Flughafen noch haben kann.

Welche weiteren Anreize sollte der Kreis für die Ansiedlung von Ärzten geben?

Wir in Bedburg-Hau gehen hin, haben da ein zentrales Grundstück „bevorratet“ – Wert des Grundstückes pro Quadratmeter 150 Euro. Ich habe dann mit Banken, Projektentwicklern, Steuerberatern gesprochen. Wenn ein Arzt kommt, kostet das Grundstück nur noch 100 Euro, wenn zwei kommen 50 und vier Ärzte 25. Wir haben da zwei Interessensbekundungen gehabt, die erfolgversprechend sind. Das könnte ein Modell sein. Der Kreis macht weiter Förderung der Medizinstudenten, die sich danach verpflichten, so und solange im Kreis zu bleiben. Das ist eine Sache, die erst in acht oder zehn Jahren sichtbar wird. Wir müssen gucken, dass wir da schneller sind. Ich kann mir auch vorstellen, da selbst Ärzte anzustellen – das geschieht zum Beispiel in Büsum oder auf Rügen. Die Kommunen dort haben das gemacht, die werden gut bezahlt und können sich drauf verlassen, dass sie einen Acht-Stunden-Job haben. Das könnte der Kreis machen – vielleicht auch in Verbindung mit den Kommunen. Das müssen wir in Verbindung mit der Politik, den Bürgermeistern vor Ort machen, damit wir Ärztehäuser gründen.

Würden Sie sich für einen Kleinkaliber-Sportleistungsstützpunkt Kevelaer einsetzen?

Ja. Ich möchte mindestens einen, wenn nicht sogar mehrere Leistungsstützpunkte im Kreis nach vorne bringen. Das habe ich beim Kreissportbund schon versprochen (…). Und den Spitzensportlern kann nicht zugemutet werden, mehrere Stunden im Auto zu sitzen, um irgendwo hinzufahren, wo sie trainiert werden. Ich möchte das Training vor Ort, damit die jungen Menschen wesentlich mehr Zeit haben, Schule zu machen und den Sport in Gänze auszuführen.

Was tun Sie als Erstes, wenn Sie Landrat geworden sind?

Mich bei allen Leuten bedanken, die mich unterstützt haben und eine Flasche Bier trinken.

Und was tun Sie, wenn Sie es nicht werden?

Dann werde ich mich trotzdem bedanken für die Unterstützung, die ich bekommen habe, und zwei Flaschen Bier trinken.

Die gleichen Fragen stellten wir Silke Gorißen:

Silke Gorißen

KB: Frau Gorißen, welche Impulse können Sie geben, um Kevelaer touristisch mehr ins Blickfeld zu rücken und die Übernachtungszahlen zu verbessern?

Silke Gorißen: Um die Übernachtungszahlen zu verbessern, muss man gemeinsam mit Hoteliers und denen, die Ferienwohnungen anbieten arbeiten. Dazu sollte man eine Broschüre digital und in Papierform auflegen, wo wir den Kreis insgesamt bewerben – mit Sehenswürdigkeiten, Gastronomie, Natur und Ausflugstipps. Wenn wir den Kreis da so vermarkten können mit den bestehenden Angeboten, dann muss da auch Kevelaer seinen Platz finden, weil Kevelaer ganz spezielle Angebote vorhält. Das müssen wir vom Kreis aus machen. Die Leute kommen nicht nur für eine Stadt oder Gemeinde in den Kreis Kleve, sondern wir wollen versuchen, dass sich die Menschen mindestens für ein, zwei Übernachtungen und mehr aufhalten (…).

Wie werden Sie sich dafür einbringen, den Gastronomen und Einzelhändlern auch in Kevelaer finanziell durch die Pandemie zu helfen?

Da kann ich, ohne dass man Zahlen kennt und wir wissen, wo wir finanziell stehen und am runden Tisch miteinander gesprochen haben, wie die Zahlen aussehen und was von dem Dehoga zurückgemeldet meldet, nichts zu sagen. Ich hielte es auch für falsch, finanzielle Zusagen zu treffen. Wir werden Geld in die Hand nehmen müssen, was die Förderung der Wirtschaft angeht. Aber da schiele ich, muss ich ehrlich sagen, erstmal darauf, was Land und Bund mit weiteren Förderprogrammen machen, was da aufgelegt wird, was unseren Gastronomen helfen kann. Wir dürfen nicht den Fehler machen, Land und Bund aus der Pflicht zu entlassen, und wir stemmen alles auf Kreisebene. Und wir müssen gucken, welche Möglichkeiten es in der schweren Corona-Zeit gibt, die die Gastronomen mit enormer Härte trifft. Wir müssen Lösungsmöglichkeiten finden, Menschen in die Gastronomie reinzubekommen (…). Das wird nicht nur über finanzielle Möglicheiten gehen. Da muss man überlegen, was da umsetzbar ist – vielleicht über Gutscheinaktionen (…). Das ist nicht so einfach, weil wir unter Corona weiter Bedingungen haben werden, wo es wahrscheinlich ist, dass Gastronomen nicht komplett Tische freigeben können, alles öffnen und Abstandsregeln einhalten müssen. Das muss man in der ganzen Gruppe überlegen.

Werden alle öffentlichen Gebäude des Kreises, wo es sinnvoll möglich ist, mit Solarpaneelen ausgestattet werden?

Das muss komplett durchgeprüft werden. Ich habe im Wahlprogramm als eines meiner Ziele den klimaneutralen Kreis Kleve beschrieben. Dazu gehört energetische Sanierung der Gebäude und zu prüfen, ob da, wo es sinnvoll ist, Solarpaneele aufgesetzt werden können. Das hängt davon ab, ob sie das tragen können, in welche Himmelsrichtungen sie zeigen. Das ist ein wichtiges Ziel, das da zu handhaben, wo es möglich ist.

Werden Sie alle Busse im Kreis Kleve mit Wasserstoff ausstatten lassen?

Die Busse werden von den Unternehmern gestellt, die im Rahmen der Ausschreibung Vertragspartner werden. Die müssen die Fahrzeuge selbst anschaffen und da muss man sehen, was es da am Markt gibt. Wenn ich überall Busse habe, die Wasserstoff fahren, würden dazu auch die Tankstellen fehlen. Das ist die Technologie der Zukunft und ich halte sie für sehr wichtig, weil die E-Mobilität auch Probleme mit sich bringt, zum Beispiel was mit ausgedienten E-Autos passiert. Und das muss finanziert werden. Der Kreis kauft nicht Busse, das ist ein Prozess, der mit den Unternehmern durchlaufen werden müsste. Wenn das irgendwann so käme, wäre das ein Riesenschritt.

Inwieweit werden Sie sich für eine flächendeckende Infrastruktur mit E-Ladestationen und einen Ausbau des Radwegenetzes einsetzen?

Da ist der Kreis Kleve im Spiel, was die Kreisstraßen angeht. Das müssen wir ausbauen und klare Alternativen schaffen zu reinen Autostraßen. Wir sehen, dass E-Mobilität bei Rädern stark zunimmt. Und wenn wir wollen, dass die Menschen nicht nur in der Freizeit, sondern im täglichen Bereich – zur Schule, Richtung Arbeit – auf das E-Bike umsteigen, müssen wir die Voraussetzungen schaffen. Da sind wir auf einem guten Weg, dass es da entsprechende Förderprogramme geben wird. Ich halte das für das absolut richtige Signal für die Zukunft.Und die Gemeindestraßen, wofür die Kommunen zuständig sind, da denke ich, werden die Kommunen sehen, was machbar ist. Das muss erstmal alles vernünftig geplant werden, wo die Streckenführung das zulässt. Das sind ja große Prüfungsverfahren. Es wäre gut, da in gutem Kontakt mit den Städten und Gemeinden für ein gemeinsames Konzept zu sein.

Wie stehen Sie zur Überführung der Schienenstrecke RE10 in die Trägerschaft aus Kreis und Kommune, die NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst in Kevelaer angeregt hat?

Das finde ich einen sehr interessanten Gedanken. Wir sind da verabredet, das zu beleuchten und zu prüfen, wenn der Wahlsonntag vorbei ist und ich im Amt sein sollte.

Welche Zukunft soll nach Ihrer Vorstellung der Weezer Flughafen haben?

Da sieht es im Moment so aus, dass er massiv unter der Coronakrise zu leiden hat. Wir wissen alle nicht, wie sich der Flugverkehr in den nächsten Monaten und Jahren entwickeln wird. Es gibt auf Landesebene keinen Gutachter, der da eine Prognose wagt.  Das wird davon abhängen, wann es einen Impfstoff gibt und wann man reisen können wird (…). Ich hielte es für falsch, zum jetzigen Zeitpunkt dazu eine Aussage zu treffen, weil wir sie nicht treffen können. Wir müssen sehen, wie die nächsten Monate laufen und dem neuen Geschäftsführer des Flughafens die Möglichkeit geben, neue Konzepte zu entwickeln und vorzustellen. Der Flughafen hat aktuell nicht nach Geld gefragt. Wenn das der Fall ist, werden sich Verwaltung und Kreistag damit befassen müssen, sich eine Meinung dazu bilden und beschließen müssen. Ich halte es für schwer vorstellbar, dass der Flughafen dauerhaft an einem finanziellen Tropf hängen wird. Er darf kein Fass ohne Boden werden. Ich hoffe, dass der Flughafen die Krise schafft.

Welche weiteren Anreize sollte der Kreis für die Ansiedlung von Ärzten geben?

Wir versuchen da im Moment schon eine Menge mit dem Stipendienprogramm. Das müssen wir beibehalten mit den Kliniken und dem LVR. Wahrscheinlich werden wir nicht drumherum kommen, weitere Anreize für junge Ärzte zu schaffen, weil uns ein Stück weit die Zeit davonläuft. Die ärztliche Nahversorgung wird sich weiter zuspitzen und ich kann mir nicht vorstellen, dass wir nicht noch zusätzliche Förderprogramme überlegen müssen für den Kreis, um junge oder ältere Mediziner herzuholen. Ich glaube, der Weg wird auch dahin gehen, Anreize für Ärztehäuser zu schaffen, wo sich Fachärzte zusammentun, um Kosten zu sparen (…).

Würden Sie sich für einen Kleinkaliber-Sportleistungsstützpunkt Kevelaer einsetzen?

Das muss man durchprüfen. Mit dem Gedanken müsste ich mich näher befassen. Da darf es kein Denkverbot geben, ob das nicht eine gute, attraktive Sache für Kevelaer wäre.

Was tun Sie als Erstes, wenn Sie Landrätin geworden sind?

Wenn ich die Wahl schaffe, dann werde ich erst mal mit meinen Unterstützern feiern. Es wird ein kleinerer Kreis wegen Corona sein. Aber an dem Abend in Kleve, wo der CDU-Bürgermeisterkandidat Wolfgang Wehling sein wird, werden wir ganz sicher anstoßen, wenn es so kommt.

Und was tun Sie, wenn Sie es nicht werden?

Dann würde ich mir wünschen… (überlegt kurz). Den Gedanken kann ich eigentlich nicht zulassen. Da denke ich nicht dran. Ich denke nur daran, dass wir da schön feiern können und das gut verläuft.

Viele Fragen an drei Kandidaten

Zwei Kameras, ein paar Stühle und ein Übertragungswagen vor der Tür des Hotel Klostergarten: So sieht digitaler Kommunalwahlkampf im Jahr 2020 aus. Die Caritas Geldern-Kevelaer hatte zur Podiumsdiskussion mit Peter Driessen (parteilos), der CDU-Kandidatin Silke Gorißen und dem unabhängigen Guido Winkmann eingeladen.

„Wir sind in dieser von Corona geprägten Zeit kaum in der Lage, öffentliche Auseinandersetzungen zu führen. Damit schaffen wir dem Wähler nicht die Möglichkeit, sich systematisch mit den Aussagen der Kandidaten auseinander zu setzen“, sagte Karl Döring, Vorsitzender der Caritas Geldern-Kevelaer. „Wir wollten dazu beitragen, gerade in sozialpolitischen Themen eine Möglichkeit zu schaffen.“

Die drei Kandidaten stellten sich zwei Stunden lang den Fragen des Moderators Tobias Budde und Fachleuten aus den Verbänden. Die Veranstaltung geriet dabei zu einer sehr konzentrierten Form politischer Diskussion, in denen die Kandidaten zu den drei Themenblöcken „Pflege und Gesundheit“, „Kinder-und Jugendhilfe“ und „Armut, Wohnen und soziale Hilfen“ Stellung nahmen.

Im ersten Block stellte der Vorsitzende der Paritätischen im Kreis Kleve, Bernd Wessels, die Frage nach den Zielen der Kandidaten für die kommunale Pflege-und Gesundheitskonferenz.
Malcolm Lichtenberger stellte als Fachbereichsleiter Pflegerische Dienste bei der Diakonie zur Diskussion, ob der seit 2009 existierende „virtuelle“ Pflegestützpunkt trotz kaum vorhandener Nachfrage überhaupt so weiter existieren soll . Da brauche es den „Face-to-face“-Kontakt.

Guido Winkmann

Und Alexia Meyer, Leiterin des Fachbereichs Pflege und Gesundheit des Caritasverbandes, warf die Frage auf, wie das Instrument der Pflegebedarfsplanung gesehen und wie es mit Einfluss des Kreises weiterentwickelt werden soll.

Beim Thema „Pflegekonferenz“ müsse sie erstmal „die Akteure und Anträge kennenlernen“, um dort nachzuhorchen, was benötigt werde, gestand Silke Gorißen ein. In Sachen „Gesundheitsprävention“ solle man den Kreissportbund einbinden. Das Angebot des Pflegestützpunktes sei „nicht bekannt“, müsse von den Verbänden gezielt beworben werden.

Da könne man auch durchaus „zweigleisig“ fahren, nannte sie das Stichwort „Digitalisierung“. Vor einem Entscheid über die Ausgestaltung müsse man erst „über Konzepte und Kosten“ reden. Und in Sachen „Pflegebedarfsplan“ schlug sie einen Dialog am runden Tisch mit den Kommunen vor.

Peter Driessen forderte eine andere Geschäftsordnung für die Gesundheitskonferenz. Man müsse das Instrument besser nutzen, plädierte er für die Entlastung von pflegenden Angehörigen.

In Sachen „Pflegestützpunkt“ sprach er von dem „Dschungel“, durch den er sich behördlich bei der Pflege seiner Schwiegereltern habe bewegen müssen. Dort solle jemand „in persona“ zur Beratung angesiedelt werden. Und in Sachen „Pflegebedarfsplanung“ könne es „der Markt allein nicht regeln.“ Da solle man die Pflege-und Gesundheitskonferenz nach den Bedarfen und der Unterversorgung gezielt fragen.

Es gehe nicht, dass Ankündigungen in der Konferenz unter „Verschiedenes“ nicht angesprochen würden, sprach sich Winkmann dafür aus, den Pflegestützpunkt besser bekannt zu machen. Virtuell sei oft besser als anrufen oder vor Ort sein, weil sich viele Menschen in Not dort aus Scham nicht zeigten, „wo vielleicht Bekannte sitzen, die einen kennen .“

In der zweiten Runde fragte Peter Schönrock vom SOS Kinderdorf, welche Maßnahmen nötig seien, um den Bedarf an vorschulischer Betreuung zu decken? Er wollte wissen, welcher der Kandidaten sich für ein freies drittes Kindergartenjahr einsetze und wie die 2020 nicht mal zur Hälfte abgerufenen Landesmittel genutzt werden, um die Betreuungszeiten in den Kindertageseinrichtungen flexibler zu machen. Der Bedarf sei dafür da.

Die Zusammenarbeit mit dem Kreisjugendamt in Sachen Hilfen laufe von der „Fachlichkeit und Schnelligkeit sehr gut“, konstatierte Peter Driessen. Er sprach sich für freie Bildung „von der frühkindlichen Bildung bis zum Studium“ aus. Bei der Flexibilisierung der Betreuungszeiten renne Schönrock bei ihm „offene Türen ein“. Bei Corona habe man gesehen, wie das für „systemrelevante“ Bereiche funktioniert habe. Man müsse das wirtschaftlich und strukturell anders aufstellen, sonst falle das „den Kommunen auf die Füße.“ Er brachte auch andere Betreuungsformen wie eine Tagesmutter ins Gespräch.

Es gebe Betreuungszeiten, die mit dem Schichtdienst nicht zusammenpassen, stimmte Gorißen Schönrock zu. Es werde zu wenig an Angebot vorgehalten. In Sachen beitragsfreies Kindergartenjahr wolle sie aufgrund der Corona-Situation erstmal abwarten, „ob wir uns diese Wünsche leisten können“, ehe es in die „totale Überlastung der Kommunen“ gehe.
Winkmann sah die praktischen Probleme, die mit der Betreuung und den Zeiten einhergehen.

Es könne sich nicht jede Einrichtung leisten, bis 19 Uhr ein Angebot vorzuhalten, was Kosten und Fachkräfte angehe. Er habe gern für das Kindergartenangebot bezahlt. „Ich konnte das von der Steuer absetzen“, sagte er. Und wer weniger verdiene, werde ja nicht so sehr beeinträchtigt.

Dirk Wermelskirchen vom Caritasverband wollte wissen, wie die Kandidaten zur Hilfegewährung für sogenannte „Care Leaver“ stehen, die sich im Übergang von der stationären Kinder- und Jugendhilfe in ein eigenständiges Leben befinden, die Gelder vom Kreisjugendamt aber schnell beendet würden und wie zu einem Qualitätsdialog mit den freien Jugendhilfeträgern.

„Ich bin da persönlich betroffen“, schilderte Peter Driessen Schicksale von Flüchtlingen in seiner Gemeinde, die kurz vor dem Abitur die Einrichtungen verlasen müssten und in Aufnahmeeinrichtungen danach „verwahrlosen“. Das sei der falsche Weg, dafür gewähre das Kinderbildungsgesetz – kurz „Kibiz“ – Ausnahmen. Er werde die Jugendhilfeträger an einen Tisch holen, „als Landrat den Hut aufsetzen und sagen: da geht’s lang!“

Silke Gorißen

Sie habe bei vielen Jugendlichen mitgewirkt, Gespräche zu führen, sagte Silke Gorißen. Man müsse den jungen Menschen im Blick nehmen, wo er jeweils stehe, um für einen „geschmeidigen Übergang“ zu sorgen. Ein Qualitätsdialog könne helfen, da müsse man aber die Vorausssetzungen klären. Man müsse da mit dem Jugendamt bei jedem Einzelfall hingucken, warb Guido Winkmann um Verständnis für die Mitarbeiter und ihren Entscheidungen. Er fordere einen Qualitätsdialog ein.

Die Leiterin der AWO-Beratungsstelle im Kreis, Nicole Saat, brachte die Frage nach den Hilfsangeboten und dem Problem, da im Kreis ausreichend Anlaufstellen für sexuell missbrauchte Kinder zu finden, auf. „Da brauchen wir Profis“, lobte Silke Gorißen die Träger für ihr „starkes Netzwerk“, dass da schnelle Hilfe gewährleiste. „Das haben wir alles.“ Die Gesellchaft müsse aber auch darauf schauen.

Man könne vom Kreis aus für Lehrer und Kitas ja Fortbildungen – auch online – anbieten, um für eine höhere Sensibilität für erste Anzeichen zu sorgen, so Winkmann. Driessen verwies auf seine Erfahrungen als Ameland-Betreuer, wo es eine Präventionskurs-Pflicht gäbe. Es gebe schon viele „Tools“, sprach er auch von der Möglichkeit, dafür Sozialarbeit in Schulen einzurichten.

In der letzten Runde fragte Gerrit Hermans vom Caritasverband nach den Konzepten der Kandidaten, um der zunehmenden Altersarmut und der sozialen Dimension von Vereinsamung zu begegnen.

Im Kreis sei „auch nicht alles Gold, was glänzt“, nannte Guido Winkmann das Beispiel Kerken, wo oft die gleichen Leute allein spazieren gingen. Auf das Problem habe der Gesundheitsbericht der Träger im Kreis 2013 schon hingewiesen. Da könne anonymisierte Hilfe und „objektive Leute“, die nicht aus der näheren Umgebung stammten, helfen.
Davon halte sie nicht viel. Unterstützung müsse über die Sozialämter gehen, da müssten Hemmschwellen abgebaut werden, sagte Gorißen. „Das ist alles Bundesrecht, was wir umsetzen müssen.“ Träger, Vereine und die Tafeln, bei dem Thema seien alle vor Ort gefragt.

Driessen nannte die Erhöhung des Mindestlohns und die Anrechnung von Erziehungszeiten bei der Rente als mögliche politische Instrumente seitens des Bundes. Regional gelte es, den sozialen Wohnungsbau und neue Wohnformen zu schaffen. Er denke da an generationenübergreifende Wohnquartiere. Und für gezielte Hilfe und Beratung könnten auch Schulen und die Kirche ihren Beitrag leisten. „Jemanden, der sie an die Hand nimmt und ihnen Lebensfreude vermittelt“, das sei sein Ansatz.

Der AWO-Beratungsstellen-Koordinator Marcus Schweers diskutierte die Frage nach Verbesserung auf dem Wohnungsmarkt, auf den immer mehr Menschen mit geringem Einkommen günstigen Wohnraum brauchen und den Problemen, die Bezieher von Grundsicherung mit der Kürzung ihrer Hilfen haben, wenn die Wohnung zu teuer ist.

Peter Driessen

Das Ziel sei 30 Prozent sozialer Wohnungsbau, verwiesen Gorißen und Driessen auf die Kreis Kleve Bauverwaltungs-GmbH (KKB), die dazu ihren Geschäftsbereich erweitert hat. Da müsse noch nachgearbeitet werden, erwähnte Gorißen das Gutachten, dass zum Wohnungsmarkt im Kreis vorliegt. Als Landrat werde er mit den Kommunen reden, in Baugebieten Platz für den sozialen Wohnungsbau freizuhalten, ergänzte Driessen.

Guido Winkmann nannte das Beispiel Rheurdt, wo ein Unternehmer die ehemalige Grundschule zum Ärztehaus umgestaltet, den zweiten Teil davon aber mit sozialen Wohnungen ausgestattet hat. Er kenne den Unternehmer, unterstützte Driessen den Ansatz.
Man könne die Unternehmen dazu nicht verpflichten, aber in den Ausschreibungen entsprechende Beschränkungen einbauen, meinte der unabhängige Kandidat. „Wir dürfen nicht reden, sondern müssen machen.“

Dirk Boermann, Fachbereichsleiter des ambulant betreuten Wohnens der Diakonie, legte den Fokus auf die rund 200 opioidabhängigen Menschen, die in der Substitution sind, aber aufgrund ihres Alter immer weniger in der Lage sind, mit dem Bus zu einem der sie behandelnden Ärzte nach Kleve oder der einzigen Praxis im Südkreis nach Geldern zu fahren.
Da müsse man mit der Kassenärztlichen Vereinigung reden, der Weg nach Süchteln sei vielleicht eine weitere Möglichkeit, schlug Silke Gorißen vor. Guido Winkmann regte einen Betreuungsraum in Geldern an.

Am weitesten ging Peter Driessen. Er schlug vor, mit der LVR-Klinik Bedburg-Hau über die Einrichtung einer Dependance in Geldern zu reden und Investitionsanreize – zum Beispiel mit billigeren Baugrundstücken – zu schaffen „um Ärzte ins Gelderland zu kriegen.“