Zeitreise im Achterhoek
Zu seinem 1. Mittelaltermarkt hatte der Verein Natur und Kultur im Achterhoek (NUK) eingeladen. Auf der Vereinswiese konnte man lebendige Geschichte erleben. Dort war ein Mittelalterlager aufgebaut, das zum Schauen und Mitmachen animierte.
Lagermeister Sebastian Janz und Rainer Verhülsdonk als 1. Vorsitzender des NUK, die den Mittelaltermarkt organisiert hatten, waren die Herren des wahrlich beeindruckend angelegten Lagers. Die Gruppe „Hopfentreu“ mit den Spielleuten Claus Kampen und Ulli Hütgens zog mit Dudelsack, Ukulele und Gesang durch die Zeltstadt und schuf zwischen Wimpeln, Fahnen und Gilde- beziehungsweise Lagerschildern der Teilnehmer eine fröhliche Stimmung.
Im Mittelalter definierten sich die Menschen durch „Stände“, angefangen vom Adels- und Ritterstand über Kaufleute, Krieger, Bauern, Handwerker. Bettler waren damals nicht „Sozialversager“, die auf ihrem Lebensweg irgendwo falsch abgebogen waren, sondern auch sie hatten ihren festen Platz im göttlichen Heilsplan und vererbten diesen Stand über Generationen.
Die heutige Ungewissheit der Zukunft scheint nicht nur die Aussteller auf Mittelaltermärkten in „ihre Freizeitwelt“ eintauchen und diese für ein paar Tage im Jahr leben zu lassen; auch für die Besucher scheint es eine anziehende Welt zu sein, in der es noch berechenbares Miteinander gab – und dies trotz Seuchen und schreiender „Sozialschere“, die noch viel weiter auseinanderklaffte als heute. In Rollenspielen kann jeder für ein paar Stunden Ritter, Bogenschütze oder Krieger sein, ohne Blut zu vergießen, als Wahrsagerin die Zukunft vorhersagen, ohne die Höllenstrafen oder die Verbrennung als Hexe zu fürchten, oder Schwerter schmieden, ohne diesen Stand gleich auf seine Kinder und Kindeskinder vererben zu müssen.
So war es auch auf dem Mittelalterfest im Achterhoek. Unter anderem übten „Freie Niederrheinische Bogenschützen“ mit 24 Pfeilen im Köcher ihre Treffsicherheit auf die Strohzielscheibe, und die Kelten „Amator Massa“ (wilder Haufen) führten ihre Greyhounds, die ihre Vorfahren 500 nach Christi aus Ägypten mitbrachten, umher. Eine Kräuterfrau zeigte mit Efeu-Extrakt, Lindenblüten, Weidenrindentee, Knoblauch und Beinwellumschlägen, was die Natur an Medikamenten bereithält, und was manchmal als Ersatz für Präparate aus der Apotheke dienen könnte. Die „Freien Wölfe vom Caternberg“ tollten mit ihren irischen Wolfshunden durchs Lager, und die Wikinger „Langförli fra Winternam“ (Weitgereiste aus Winternam) Moka Hansdotir (Moka Hans Tochter) vertrieb sich die Zeit mit „Nadelbinden“, Karl Karlssohn (der Sohn von Karl) flocht Weiden und ihre Tochter, die auch im realen Leben Ferun heißt, vergnügte sich mit Hufeisen-Werfen.
Viele weitere „Lager“ bereicherten den Mittelaltermarkt auf dem natürlich auch für das leibliche Wohl der zahlreichen Gäste gesorgt wurde.