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Unbekannte und den eigenen Stiefsohn betrogen

Dass eine Anwältin eine kritische Einschätzung ihres eigenen Mandanten in einem Gerichtsplädoyer vorträgt, ist nicht unbedingt die Regel. „Ich präsentiere Ihnen hier keinen Unschuldigen, sondern einen Betrüger“, sprach die Anwältin des 51-jährigen in Geldern lebenden Mannes das aus, was bei insgesamt 34 Eintragungen im Strafregister offensichtlich schien. Das wog schließlich auch bei dem Urteil gegen ihn schwer: zwei Jahre und zwei Monate Haft. Das Gericht ging damit über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus, die einen der vier Fälle für nicht belegbar betrachtete und lediglich ein Jahr auf Bewährung gefordert hatte. Die Verteidigung hatte eine milde Bewährungsstrafe gefordert.

Dem arbeitslosen Mann, dem in drei weiteren Verfahren noch weitere Haftstrafen drohen, war vorgeworfen worden, dass er in Kevelaer und andernorts zwischen Januar 2016 und Januar 2018 mehrfach versucht hatte, sich einen Vermögensvorteil zu verschaffen und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Geschäfte getätigt hatte.  

Einen Drucker verkauft und nicht geliefert

So hatte er sich im Januar 2016 von einer Frau 1000 Euro geliehen mit der Maßgabe, 1250 Euro zurückzuzahlen. Lediglich 450 Euro seien aber geflossen. „Sie haben in Kauf genommen, dass sie das Geld nicht zurückzahlen können“, so die Richterin. Das falle unter den Begriff „bedingter Täuschungsvorsatz.“ Außerdem habe er ihr einen gebrauchten Drucker für 150 Euro verkauft, diesen aber nie geliefert. 

Daneben hatte er an einen anderen Mann über „eBay“ eine Uhr für 1700 Euro verkauft, ohne diese jemals geliefert zu haben. Und wegen einer angeblichen Ferienfreizeit für den Stiefsohn hatte er von diesem erst 950 Euro, dann nochmal 265 Euro als weitere „Anmeldegebühr“ erhalten, ohne an eine solche Anmeldung gedacht zu haben. 

Dem Angeklagten halfen die während des Verfahrens mehrfach geäußerten Beteuerungen, sich ändern zu wollen, geheiratet zu haben, umfassend geständig zu sein und im Gefängnis die Ursachen seiner Spielsucht in einer Selbsthilfegruppe angegangen zu sein, nicht entscheidend. Auch das Bekenntnis, „nie wieder ins Gefängnis“ gehen zu wollen („Ich bin damit fertig. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort“), der Versuch, mit einem Opfer der Tat über Facebook in Kontakt zu treten, die Summen seines Betruges „in Raten“ zurückzahlen zu wollen oder die Einsicht, das Vertrauen der Opfer missbraucht zu haben („Ich war früher zu feige, mich dem zu stellen“) konnte die Richterin nicht überzeugen.

Er habe vom 14. Lebensjahr an 15 Jahre seines Lebens im Gefängnis verbracht, dabei „wirklich jede Bewährung verpasst“ und die Taten bei „voller Steuerungsfähigkeit und vollem Bewusstsein“ begangen, wie der anwesende Gutachter ausgeführt hatte. 

„Narzisstische Persönlichkeit“

Sowohl der anwesende Gutachter als auch ein weiteres schriftlich vorliegendes Gutachten gingen von „einer narzisstischen Persönlichkeit“ mit „verfestigter Struktur“ aus, so die Richterin. Die Spielsucht verstärke den Betrug, aber sei nicht die Ursache, hatte der Gutachter im Verfahren ausgesagt. Bei dem Angeklagten müsse „sehr viel passieren, damit sich nachhaltig was verändert“, war sein Tenor.

Die Richterin sah zwar die Bemühungen des Angeklagten. Aber „vage Ansätze“ einer Absicht zur Wesensveränderung reichten für eine Straffreiheit nicht aus. „Wie oft haben Sie das einem Richter schon erzählt?“, fragte sie schon während der Beweisaufnahme. „Sie können gut reden, so leicht Vertrauen gewinnen.“ Bei der Strafhöhe müsse sie sich über eine Bewährung keine Gedanken machen: „Aber sie hätten sie ansonsten auch nicht erhalten.“ 

Im Keller Hanf angebaut

Am Landgericht Kleve ist ein 22-jähriger Kevelaerer wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln in nicht unerheblicher Menge zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der gebürtige Niederländer gemeinsam mit einem Mann aus Winnkendonk und einem „Mario“ aus den Niederlanden als Drahtzieher an der Kevelaerer Straße 22 in Winnekendonk eine Marihuana-Plantage angelegt hat. Die Staatsanwaltschaft hatte vier Jahre und vier Monate gefordert, der Kevelaerer Anwalt des Angeklagten eine mildere Strafe.

Auch eine junge Winnekendonkerin, die der Angeklagte als Mitwirkende genannt hatte, soll in die Sache verstrickt sein. Sowohl gegen sie als auch gegen den anderen Winnekendonker wird in absehbarer Zeit ein Verfahren eröffnet. Für den Anbau sei das Gebäude im Dezember 2018 angemietet worden. Im Kellergeschoss des Gebäudes habe es drei Räume gegeben, in denen mehrere Hunderte Pflanzen gepflegt wurden.

Der leitende Ermittler in dem Fall sprach bei seiner Aussage von über 550 Töpfen, deren Abdrücke man auf dem Boden gezählt habe. Daneben wurden unter anderem noch Pflanzenreste und Amphetamine gefunden. Das Gericht ging in dem Urteil von einer Jahresmenge von produzierbaren 22 Kilogramm Marihuana aus.

Im Urteil sprach der Richter von einem Zusammenfinden einer „Bande“, das allerdings nicht auf Dauer angelegt gewesen sei und das deshalb nicht als „bandenmäßiges Vergehen“ zu werten sei. Der Angeklagte habe mit den anderen Beteiligten aber mitverantwortlich entschieden, die Plantage einzurichten, sei für die Anmietung und teilweise auch Pflege der Pflanzen mit zuständig gewesen. „Mario“ sei der Geldgeber gewesen und der Winnekendonker hatte das Equipment.

Aufklärungshilfe geleistet

Ende April hatte sich der Winnekendonker an die Polizei gewandt, Handel mit Betäubungsmitteln zugegeben und den Hinweis auf die Plantage gegeben. Nach seinen Angaben soll die Plantage plötzlich entwendet worden sein. Daraufhin habe man sich zu dritt getroffen, wobei es von Seiten des Drahtziehers fast zu Handgreiflichkeiten gekommen sein soll. Als man dann den Angeklagten aufsuchte, habe der sofort den Schlüssel für das Objekt herausgegeben, man sei zum Objekt gefahren und habe dort die ausgeräumten Kellerräume vorgefunden, so der ermittelnde Beamte. Man habe berücksichtigt, dass der Angeklagte bisher straffrei gewesen sei, sprach der Richter in seinem Urteil auch von „Aufklärungshilfe von erheblichem Gewicht“ seitens des Angeklagten, die zu der relativ geringen Strafe geführt habe.

Er habe mit dazu beigetragen, die Sachlage aufzuklären. Und er habe sich ausführlich zu den beiden anderen Beteiligten geäußert, allerdings nicht  zu dem Drahtzieher. Der leitende Ermittler sprach in seiner Aussage davon, dass der 22-Jährige wohl „Repressalien befürchtet“ habe.

Kevelaerer muss in psychiatrische Klinik

In einem Verfahren wegen sexueller Belästigung und Körperverletzung hat das Landgericht Kleve einen 27-jährigen psychisch beeinträchtigten Mann aus Kevelaer zur Einweisung in eine psychiatrische Klinik verurteilt.
Der Mann hatte im Stadium der Schuldunfähigkeit mehrfach „junge Frauen angesprochen, die ihm gefallen haben“ und versucht, sie zu umarmen und an der Brust zu streicheln. Dies geschah unter anderem am 6. August 2018 am Kevelaerer Bahnhof sowie Anfang Januar 2019 zweimal in einer Einrichtung in Kleve sowie Ende Januar in der Klinik in Bedburg-Hau.
Mit der Faust ins Gesicht
Als die Frauen es sich verbaten oder sich wehrten, habe er vornehmlich mit der Faust gegen das Gesicht der Frauen geschlagen. Eine Mitarbeiterin der Klever Einrichtung sprach davon, dass er sie sogar am Hals gedrückt und gegen die Wand gepresst habe. Zudem habe er in Weeze eine Fensterscheibe eingeschlagen und in Goch eine Tür eingetreten.
Der Richter machte deutlich, dass der Angeklagte „nicht straffähig“ für seine Taten sei, da ihm die Einsichtsfähigkeit fehle: „Er wusste nicht, dass er was tut, das nicht erlaubt ist“, was auf seiner psychischen Erkrankung beruhe.
Weitere Taten möglich
Die Sexualtaten hielten sich in Grenzen, „richteten sich aber gegen Zufallsopfer, die bis heute psychisch beeinträchtigt sind“, unterstrich der Richter nach der Vernehmung mehrerer Opfer auch aus Kevelaer. Sie berichteten zum Teil von Albträumen und Problemen im Alltag bis heute.
Außerdem hätten sich die Faustschläge jeweils gegen den Kopf der Opfer gerichtet. Die Vielzahl der Taten, auch während seiner Unterbringung, seien „das sicherste Anzeichen für Gefährlichkeit“. Solche Situationen drohten auch in Zukunft, bezog sich der Richter auf die Ausführungen des psychologischen Schachverständigen. Dieser hatte auf lange Sicht sogar von „möglichen drohenden Vergewaltigungen und damit auf schwerwiegende Straftaten“ gesprochen.
Der junge Täter folge aufgrund seiner psychischen Beeinträchtigung seinem unmittelbaren Impuls der Triebbefriedigung, so der Sachverständige. Er habe kognitive Einschränkungen, sei „wie ein dreijähriges Kind“ und könne die Unangemessenheit seines Verhaltens nicht erkennen oder empfinden, was andere wollen: „Er will das haben, und bei Zurückweisung reagiert er mit Gewalt.“
Ein langer Weg
Eine sozial- und heilpädagogische Betreuung sei erforderlich, bis er eines Tages in einem gesicherten Bereich oder vielleicht wieder in einer Werkstatt für Behinderte arbeiten kann, wo er schon mal war, so der Experte. „Das wird aber ein sehr langer Weg, um da hinzukommen.“ Die Behandlungsmöglichkeiten in einer forensischen Klinik könnten aber dazu beitragen.
In einer Verfahrenspause konnten man den jungen Mann nur mit Mühe davon abhalten, sich einer jungen Frau zu nähern, die er auf dem Flur wahrgenommen hatte. Das Gericht stufte ihn daraufhin als „nicht verhandlungsfähig ein“, ließ ihn nach Essen in seine aktuelle Unterbringung zurückfahren und setzte das Verfahren ohne ihn fort.
Die Eltern des jungen Mannes hatten ausgeführt, wie sie ihn auch zu Hause versucht hatten, zu betreuen. Sie suchten nach dem Auslöser für die aggressiven Handlungen seit 2018. Ihre persönliche Betroffenheit und die Belastung aufgrund der Situation waren im Verfahren deutlich spürbar.
Ihr Sohn sei über viele Jahre behandelt worden und in diversen Einrichtungen, unter anderem in Winnekendonk, gewesen, machten sie den Lebensweg des jungen Mannes nachvollziehbar. „Das hat alles nicht geholfen“, lautete am Ende das Fazit des Richters.