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Was kann jeder von uns zum Klimaschutz beitragen?

„Klimaschutz beginnt im Kopf.“ Mit diesen Worten schloss Dr. Nina Jordan in der vergangenen Woche die Podiumsdebatte zum Thema Klimaschutz in der Öffentlichen Begegnungsstätte Kevelaer. Jeder müsse für sich zunächst umdenken und entscheiden, was er/sie persönlich zum Klimaschutz beitragen kann. Viele Anregungen dazu gaben an diesem Abend die Teilnehmer der Debatte, die vom Kevelaerer Blatt mitorganisiert wurde: Björn Lohmann, Chefredakteur des KB, berichtete über Ökostrom und Erdwärme; Nina Jordan, Klimaschutzmanagerin der Stadt Kevelaer, sprach über ihr beinahe plastikfreies Leben; Eckehard Lüdke vom ADFC Kreis Kleve erzählte vom Leben ohne Auto und Veronika Hartmann, Fridays for Future Kevelaer, gab Anregungen zum veganen Leben. Der Podiumsdiskussion voraus ging eine Vorführung des Films „Tomorrow“ – der letzte Film der Klimaschutz-Filmreihe der Stadt Kevelaer.

Die gut 30 Gäste der Veranstaltung rund um den Klimaschutz schauten zwei Stunden lang gebannt auf die Leinwand. Sie schauten dabei zu, wie Cyril und Mélanie durch zehn Länder reisen – auf der Suche nach Menschen, die etwas in der Welt bewegen, nach alternativen wirtschaftlichen und sozialen Systemen. Der Film soll vor allem eines: Mut machen. Es wird kein mahnender Zeigefinger erhoben, der Fokus nicht auf Missstände gelegt. Experten berichten von Möglichkeiten, die Welt ein wenig besser zu machen. So erfährt der Zuschauer unter anderem von Projekten zur biologischen Landwirtschaft in England und Amerika, der „Zero-Waste-Politik“ in San Francisco und einer französischen Firma, die Briefumschläge herstellt und dabei eigene Energie erzeugt, auf Chemie verzichtet und selbst das verbrauchte Wasser wiederverwertet.

120 Minuten prall gefüllt mit Informationen bot der Film an diesem Abend – Szenen aus Frankreich, Dänemark, Island, England und einigen weiteren Ländern bekamen die Zuschauer zu sehen. Dass die Anwesenden von einigen Projekten durchaus überzeugt waren, wurde in der anschließenden Gesprächsrunde deutlich. Und wenn in Todmorden (England) eine Initiative daran arbeitet, das „Urban Farming“ zu perfektionieren und in San Francisco bereits 80 Prozent des Abfalls recycelt werden, dann ist daran sicherlich nichts auszusetzen. Doch wo können wir selbst  anfangen? Was können wir Kevelaerer hier vor Ort machen, um unseren Teil zum Klimaschutz beizutragen? Diese Frage stand an diesem Abend im Mittelpunkt der Podiumsdebatte.

Eckehard Lüdke trägt schon seit vielen Jahren einen Teil bei. Er lebt weitestgehend autofrei, nutzt sein Fahrrad. Ein eigenes Auto besitzt er nicht mehr und wenn er doch mal eins benötigt, dann nutzt er Car-Sharing Angebote. „Es gibt bei jedem Menschen andere Mobilitätsbedürfnisse“, stellte der 1. Vorsitzende des ADFC Kreis Kleve klar. Er selbst sei einfach damit groß geworden, das Fahrrad als Fortbewegungsmittel zu nutzen. Die Vorteile liegen für ihn klar auf der Hand: „Es ist sehr umweltfreundlich und ausgesprochen preiswert.“ Bei schweren Transporten, die auf dem Rad nicht möglich sind, nutze er in der Regel den Lieferdienst eines Unternehmens. Und was er bei schlechtem Wetter macht? „Bei Regen habe ich mir den Spruch angewöhnt: Es ist nur Wasser.“ Da sei vieles Gewöhnungssache.

Idee: Lastenräder zum Leihen für die Bürger

Dass das Fahrrad oft eine echte Alternative zu öffentlichen Verkehrsmitteln von Kevelaer aus ist, da waren sich viele der Anwesenden einig. Vor allem die Zugverbindungen seien unzuverlässig. Was die Personenbeförderung innerhalb Kevelaers und der Ortschaften betrifft, äußerte eine Besucherin Kritik: „Gibt es einen Sinn, dass große Schulbusse am Nachmittag relativ leer durch die Gegend fahren?“ Endgültig beantwortet werden konnte diese Frage nicht. Es stand im Raum, bei den zuständigen Stellen der Stadt nachzufragen, ob es allgemein die Möglichkeit gäbe, die Schulbusse unter bestimmten Umständen auch für andere Bürger nutzbar zu machen.

Vor allem aber sei wichtig, dass der ÖPNV in der Gegend verbessert werden würde. Denn viele Schüler, die regelmäßig mit ausfallenden und verspäteten Zügen kämpfen müssen, würden sich die Einstellung aneignen: „Hoffentlich ist das für mich bald durch“, da ist sich Eckehard Lüdke sicher. Die Folge sei das möglichst schnelle Anschaffen eines Autos. Bezüglich der Mobilität gab es einen Vorschlag aus dem Publikum: Ein Auto für einen Ortsteil, das sich die Bürger teilen. Die Schwierigkeiten sahen die Anwesenden hier in der Anschaffung und der Organisation, denn es müsste eine zentrale Annahme- und Abgabestelle des Schlüssels geben. Etwas einfacher angesetzt kam die Idee eines Lasten-Fahrrades für die Stadt auf. Einzelne Lastenräder könnten so an verschiedenen Stellen zur Verfügung stehen für die Bürger, die ein Transportmittel für größere Besorgungen benötigen, aber trotzdem auf das Auto verzichten wollen. Die Idee stieß auf Zustimmung bei den Besuchern. Denn: „Wir gewöhnen uns das Fahrradfahren ab“, stellte eine Besucherin fest. Dass man dieser Entwicklung entgegenwirken sollte, da waren sich die Anwesenden einig.

Für wen ein autofreier Alltag nicht in Frage kommt oder wer darüber hinaus etwas zum Umweltschutz beitragen möchte, hat sich womöglich schon einmal mit dem Thema „Veganismus“ beschäftigt. Doch lässt sich diese Art der Ernährung bei uns in Kevelaer – einem Ort, der nicht übersät von hippen veganen Restaurants ist – überhaupt ausleben? Veronika Hartmann hat diesen Schritt vor gut einem Jahr gewagt. Sie habe die Missstände irgendwann nicht mehr ignorieren können und sich näher mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt. Dennoch gibt sie zu: „Ich hatte nicht auf dem Schirm, dass die Ernährung so viel Einfluss auf die Umwelt nimmt.“ In ihrem Umfeld stieß sie mit ihrer Umstellung auf gemischte Reaktionen – jedoch überwiegend positiv.

Keine veganen Restaurants in Kevelaer

Den Besuchern der Debatte gab die junge Frau an diesem Abend mit auf den Weg, sich über Dokumentationen und Videos im Internet einen Überblick über das Thema zu verschaffen. Ihre Umsetzung, auch als Kevelaererin, „läuft gut“, berichtete Hartmann. „In der Schule ist das manchmal etwas schwierig“, räumte sie jedoch ein. Dort gebe es keine veganen Gerichte im Angebot und auch in den Kevelaerer Restaurants gestalte es sich schwierig, veganes Essen zu bekommen. Hartmann hat im vergangenen Jahr zur Fastenzeit mit der veganen Ernährung begonnen. „Das hat gut geklappt und dann habe ich weitergemacht“, berichtet die junge Frau, die sich in Kevelaer bei der Fridays for Future-Bewegung engagiert. Den Anwesenden empfahl sie, sich selbst eine „Challenge“ oder einen Zeitraum zu setzen. An diesem Punkt setzte Nina Jordan an und brachte die Idee auf, gemeinsam verschiedene Aktionen zu starten – zum Beispiel einen Monat vegan leben oder einen Monat auf das Auto verzichten.

Weniger laufende Kosten durch Erdwärmepumpe

Björn Lohmann, Chefredakteur des KB, lebt zwar nicht vegan, verzichtet auch nicht aufs Auto, hat für sich im Alltag aber andere Möglichkeiten gefunden, seine Belastung des Klimas zu reduzieren: Sein Auto fährt elektrisch, zu Hause nutzt er Erdwärme zum Heizen und der Strom ist zum Teil eigens produziert – bei dem restlichen Teil nutzt er Ökostrom. Vor allem die Nutzung der Erdwärme schlage sich in den Kosten nieder. Die Erdwärmepumpe sei nicht nur wartungsarm, „man spart auch bei den laufenden Kosten deutlich“, berichtet Lohmann. Ob es denn Spaß mache, solche Maßnahmen bei sich am Haus durchzuführen, lautete eine Frage. Hin und wieder freue man sich schon, wenn man merke: „Die Sonne scheint, ich produziere gerade Strom“, lachte Lohmann. An die Anwesenden appellierte er: „Wenn Sie noch keinen Ökostrom beziehen, geht ein Wechsel ganz schnell.“ Nina Jordan legte den Gästen in diesem Zuge den Beitritt in die Energiegenossenschaft ans Herz. Die Klimaschutzmanagerin der Stadt Kevelaer beschäftigt sich bereits beruflich intensiv mit dem Thema Klimaschutz. Doch auch privat verschließt Jordan nicht die Augen vor den Problemen.

„Ich versuche, plastikfrei zu leben“, erklärte sie. Die ersten 80 Prozent der Plastikeinsparung schaffe man ganz gut, danach werde es schwierig. Alles in allem liege die Schwierigkeit darin, dass es „mehr Zeit verbraucht, als mit dem Strom zu schwimmen.“ Als Tipp gab sie den Kevelaerer Bürgern, den Wochenmarkt zu nutzen – hier gebe es die meisten Produkte „fairtrade“: „Man kauft es quasi direkt vom Erzeuger.“  Allgemein versucht die Klimaschutzmanagerin, „möglichst wenig Kunststoff in jedweder Form“ zu nutzen – so macht sie zum Beispiel ihr Deo selber, achtet auf die Bestandteile ihrer Kleidung und nutzt Bienenwachstücher statt Frischhaltefolie. Auch dazu gab sie den Besuchern Tipps mit auf den Weg – vieles sei nämlich ganz einfach umzusetzen. Bei Fragen und Ideen rund um den Klimaschutz und Aktionen dazu in Kevelaer bot Nina Jordan sich als Ansprechpartnerin an – um so in der Wallfahrtsstadt vielleicht gemeinsam etwas bewirken zu können.