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Der Familienbetrieb setzt weiterhin auf Wild

Der Büssershof blickt auf eine lange Tradition zurück. „Bekannt ist, dass 1820 Heinrich Verhülsdonk auf den Hof gekommen ist und in von seiner Schwiegermutter Johanna Verhoeven gekauft hat“, erzählt Marlis Verhülsdonk, die mit ihrem Mann jahrzehntelang den Hof am Büssersweg geführt hat.

„Er hat eine Verhoeven geheiratet, die hier zu Hause war. Darüber gibt es Dokumente. Und der heißt ja Büssershof. Im Archiv in Schravelen gibt es einen Jan Büsseren, der erwähnt ist, das geht ins 16. Jahrhundert zurück.“

Es sei immer ein landwirtschaftlicher Betrieb gewesen, „der sich mit der Zeit immer wieder geändert habe, sagt die 67-Jährige. „Mein Mann war hier zu Hause. Ich bin angeheiratet. Er hat ihn als landwirtschaftlichen Betrieb 1977 übernommen und sich dann spezialisiert.“ Damals gab es auf allen Höfe Kühe, Schweine und Hühner. „Als wir heirateten, begann die Phase der Spezialisierung, die die Landwirtschaftskammern empfohlen. Wir haben die Kühe abgeschafft und uns auf Rinder- und Bullenmast, später auf Schweinemast konzentriert.“

Mit Abschaffung der Milchkühe Anfang der 80er-Jahre blieben einige Restflächen übrig, die man nicht als Acker nutzen konnte. „Damals hatte mein Schwiegervater die ersten sechs Damwildtiere, um diese Flächen zu nutzen. Man konnte damit nichts anderes machen, als die Kühe weg waren.“ Daran verdienen wollte die Familie eigentlich nichts. „Das war nur, um die Flächen zu nutzen und die ersten zehn Jahre für den Eigenbedarf. Da hat man an Vermarktung noch gar nicht gedacht.“

Dann vermehrte sich die Herde automatisch. „Da musste man sich irgendwann Gedanken darüber machen, wo bleiben wir mit den Tieren“. So entwickelte sich der neue Geschäftszweig. „Man musste damit erstmal bekannt werden, das Fleisch bekannt machen. Das hat sich über 20 Jahre entwickelt.“

Ihr Mann war für den Hof zuständig, sie für die Vermarktung des Wilds, trotz fünf eigener und zwei Pflegekinder. „Ich hatte ja noch die Schwiegereltern da. Wir waren eine Großfamilie.“ Zunächst war es schwer, Kunden zu finden, erinnert sich Marlis Verhülsdonk.

Dennoch wurde das „Wildgehege“ auf die heutigen acht Hektar erweitert.
Nach und nach entwickelte sich aber ein Kundenstamm, sie fuhren auf Märkte. Der Durchbruch sei durch die „Feines vom Land-Geschichte“ über die Genussregion Niederrhein gekommen, erzählt die 67-Jährige. „Der gehören wir seit 2010 an.“ Das habe von der Werbung so viel gebracht, „was du als Familienbetrieb nicht leisten kannst.“

Nach dem Tod ihres Mannes vor zehn Jahren stellte sie die Schweinemast ein und den Betrieb ganz um: „Man konnte sehen, die Kunden kommen. Das zahlt sich aus in der heutigen Zeit, Tiere zu halten, die in der Natur laufen und nicht zugefüttert werden.“
Nun hat sie das Zepter endgültig an Schwiegertochter Maria und Sohn Hanno weiter gegeben. Etwas schwer falle es ihr schon. „Man weiß das ja, aber es gibt nix Optimales, als den Hof in der Familie weiterzugeben. Ich bin in den Betrieb trotzdem eingebunden. Das gibt einem Sicherheit.“

Den Hofladen habe die Schwiegertochter schon „wunderbar hergerichtet“ und kenne sich mit allem, was mit Computern zu tun habe, gut aus. „Ich hoffe, dass sie mich mit ihrem Wissen unterstützt und bei der Kinderbetreuung“, lacht die 37-jährige Maria. „Erst mal schauen, wie sich das so entwickelt“, bleibt die gelernte Köchin, studierte Betriebswirtschaftlerin, Wirtschaftspsychologin und dreifache Mutter jedoch bescheiden.

Sohn Hanno ist schon seit Jahren für die Schlachtung verantwortlich. Als einziger von fünf Geschwistern interessiert er sich für den Hof. „Ich habe ursprünglich Schreiner gelernt, weil ich nicht wusste, was ich will, und danach Forstwirt“, sagt der 38-Jährige. Er machte sich dann in der Baumpflege selbstständig.

„Aber dann ist mein Vater 2010 gestorben. Ich habe vorher schon im Nebenerwerb hier die Hirschzucht betrieben.“ Aber auch da sei der Umfang begrenzt aufgrund der Fläche. Mehr als 50 Hirsche pro Jahr könne man nicht schlachten. „Mehr gibt die Weide nicht her.“ Insgesamt sind 150 Tiere auf dem Hof, 60 Alttiere plus Nachzucht. Zusätzlich zur Zucht will Hanno Verhülsdonk über die Jagd Wild aus der Region mit anbieten zu können.

Den Gedanken der Regionalität wolle man „weiter verfolgen und hervorheben. Der Umweltgedanke spielt da eine Rolle, Natürlichkeit und Nachhaltigkeit.“ Die Märkte über „Feines vom Lande“ werde man weiter besuchen, den Rest der Tiere über das Jagen ergänzen. Weitere Vermarktungsmöglichkeiten lägen in den Fellen, die man gerben könnte, oder den Geweihen.

Die Diskussionen um die zunehmende Abstinenz von Fleisch nehmen sie natürlich auch wahr. „Viele Kunden sagen, dass sie weniger Fleisch essen, aber bereit sind, dafür eine höheren Preis zu zahlen.“ Der Trend sei, bewusster zu essen. „Ich glaube nicht, dass die Haltung von den landwirtschaftlichen Tieren schlechter ist, aber die Öko-Bilanz ist auch wichtig“, sagt Hanno Verhülsdonk. „Das Futter der Tiere muss auch hergestellt werden.“

Da habe man mit dem Damwild und den Hirschen, die natürlich aufgewachsen sind, und nur im Winter etwas Zufutter erhalten, „die beste Öko-Bilanz.“ Sie würden direkt in ihrem Lebensraum geschlachtet, am Hof verarbeitet und vermarktet. Kurze Wege und Qualität, damit wollen sie auch in Zukunft punkten. „Wir schlachten auch nur anderthalbjährige Tiere.“ Sie wären älter als ein Kalb und hätten noch keinen Nachwuchs bekommen.

Ein bisschen müsse man noch mit dem Image des Damwildes kämpfen. „Die Leute denken, dass Wild streng schmeckt und noch eingelegt werden muss. Das war vielleicht früher so, weil die Hygiene noch nicht 100-prozentig war.“ Da heutzutage aber alles direkt verarbeitet würde und in die Kühlung käme, würde es nicht mehr streng riechen. Zudem sei das Fleisch leicht zu kochen.

Wo früher die Schweineställe waren, kommt Anfang 2021 eine neue Halle hin. „Da kann ich die Maschinen besser unterstellen und das Futter sowie die Hackschnitzel zum Heizen einlagern“, erklärt Hanno Verhülsdonk. „Die Tiere sind unsere Passion“, macht er stellvertretend für die Familie deutlich, dass die Bewirtschaftung de Hofes in dieser Form ein langangelegtes Projekt ist.

Corona habe sich nicht groß auf das Geschäft ausgewirkt. „ Es ist aufwändiger mit den Kindern wegen der Betreuungsmöglichkeiten“, sagt Maria Verhülsdonk. „Wir merken jetzt halt, dass das Kaufverhalten anders ist: es gibt kleinere Veranstaltungen. Viele kochen zu Hause, bestellen Portionen für ein bis zwei Personen.“