Zwischen Carglass und Rollrasen

Mit einem Vortrag, der jedem medizinischen Hörsaal Ehre gemacht hätte, informierte Privat Dozent hab. Dr. Lars Victor Baron von Engelhardt im Petrus Canisius Haus über Gelenkschäden und Gelenkverschleiß sowie deren Heilverfahren. Eingeladen hatte im Rahmen ihres Jahresprogrammes die Kolpingsfamilie Kevelaer unter ihrer Vorsitzenden Karin Koppers.
Der Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Sportmedizin des Katholischen Karl-Leisner-Klinikums in Kleve und Kevelaer schien das richtige Thema getroffen zu haben, denn gut 60 Gäste verfolgten zwei Stunden lang aufmerksam die von Fachkenntnis, aber auch Witz gekennzeichneten Ausführungen von Baron von Engelhardt.
Microfrakturierung wurde dabei mit Vertikutieren, Knorpelmatrix mit Rollrasen oder das Matrixverfahren mit Carglass-Reparaturen verglichen. Gleich zu Beginn zeigte von Englhardt anhand vieler, auch junger Prominenter, auf, dass man nicht zum alten Eisen gehöre, wenn man sich zu einer medizinischen Behandlung oder gar einem operativen Eingriff bei Gelenkschäden und Gelenkverschleiß entscheide. Bei Knie-, Hüft- und Schultergelenken berichtete er von sich immer schneller weiterentwickelten Versorgungsmethoden, die dauerhafte Verbesserung von Lebensqualität und die Vermeidung oder das Hinauszögern einer Prothese bei maximaler Patientensicherheit gewähren würde.
Gar keine Option sei auf Dauer die Einnahme von Schmerzmedikamenten. So gebe es hier eine 10 Prozent Regel. Bei Langzeiteinnahme von starken Schmerzmitteln käme es bei 10 Prozent der Patienten zu Magengeschwüren, bei 10 Prozent derer käme es zu Magenbluten und 10 Prozent der so betroffenen würden danach versterben.
Moderne Konzepte
Zum Gelenkersatz stellte von Engelhardt moderne Konzepte wie die Kurzschaftendoprothetik am Hüftgelenk, schonend und knochensparend zu implantierende Endoprothesen der Schulter und den mögliche individuelle Oberflächenersatz am Kniegelenk vor.
Bei allen Operationen, bei denen eine Endoprothese eingesetzt wird, steigen die Erfolgszahlen mit der Individualität des eingesetzten Ersatzes. „Je individueller und schonender wir unsere Patienten versorgen, desto besser sind die Ergebnisse“, so der Chefarzt.
Nach den zwei Stunden Vortrag, befürchtete der Referent, dessen Redeschwall einem Maschinengewehr ähnlich war und der ohne jede Trinkpause auskam, bei seinen Zuhörern gesundheitliche Schäden. „Jetzt habe ich Sie alle erschlagen“, mutmaßte er, aber da hatte er nicht mit dem starken Interesse der Anwesenden gerechnet.
Es prasselten jedoch noch Fragen auf ihn ein, die von Engelhardt auf freundliche Art beantwortete: „Ich behandele nicht nur Privatpatienten. Jeder darf bei meinen Sekretärinnen einen Termin machen“. „Neue Hüftgelenke halten heute nach zehn Jahren zu 98 Prozent und nach 15 Jahren auch mindestens noch zu 95 Prozent. Ich gehe davon aus, dass diese Zahlen auch nach 25 Jahren noch zutreffen. Bei älteren Menschen ist das Einzementieren der Schäfte in den Knochen sinnvoll. Und nein, alle Patienten werden nach den neuesten Methoden versorgt und es gibt nichts, was ich an besseren Materialien gegen Zuzahlung anbieten könnte und darf, denn dann würde ich im Knast sitzen.“