Zweierlei Maß
Mein lieber Nachbar und „Privatchauffeur“ nahm mich mal wieder einmal mit, dass ich auch mal die entlegeneren Kunden besuchen konnte. Man ist ja nicht mehr der Jüngste und einige Wegstrecken sind zu Fuß nicht zu bewältigen, dazu noch die beladene Kiepe – na, Sie wissen schon.
Bei der Fahrt fällt mir seine brummige Stimmung auf, die ich aufmuntern will: „Dein Auto fährt aber richtig schön leise.“ Fehlversuch!
Er brummelt weiter: „Egal wie leise, er stinkt aber.“ „Ich rieche nichts.“ „Dann lies mal die Zeitung oder setz dich vor den Flimmerkasten, da krisse alles mit, wat mit die Kiste nicht stimmt.“
Und dann legt er plötzlich los und erklärt mir „seinen Diesel“ und andere „Luftverpester“. Dabei höre ich heraus, dass in unserer schönen Republik wirklich mit zweierlei Maß gemessen wird. Man versucht, die „Dreckschleudern“ aus denselben Städten zu verbannen, wo gleichzeitig auf innerstädtischen Straßen Tourenwagen-Meisterschaften ausgetragen werden.
So geschehen u.a. in Düsseldorf. Hamburg schießt sich in ähnlicher Weise auf den Dieselfahrer ein, freut sich aber über 200 Kreuzfahrtschiffe, die seinen Hafen anlaufen und ihr Schweröl hinauspusten. Von diesen Riesenschiffen gibt es zur Freude der Touristikbranche gut 2000. Weiter schimpft mein Chauffeur über die Zigtausenden von Kerosin-Verbrauchern = Flugzeuggästen, die zumindest innerhalb Deutschlands zum großen Teil die Bahn benutzen könnten.
Ich wage die Frage, wenn auch hier – trotz vieler Trecker – auf dem Land das Problem mit der Luft nicht ganz so dringlich erscheint, ob denn sein Diesel nicht auch ein wenig mitschuldig sein könnte…
Als ehrlicher Mensch, wie ich ihn kenne, stimmt er mir zu, aber seine Klage scheint berechtigt: Es ist der machtlose „kleine“ Autofahrer, der als erster und einziger zum Umdenken gezwungen werden soll, und was ist mit den anderen?
Ich bin wieder zuhause und frage Mechel, die den Kopf wiegt: „Dat häj’e doch well geleert: Gej könnt bäter dönne Planke bohre as decke!“
Euer Hendrick