Der Busman

Wor hör ek t‘hüß ?

Manche mögen mich altmodisch nennen, manche Mitmenschen gar ewig gestrig schimpfen, aber mit manchem von diesem neumodischen Gedöns komme ich nicht klar. Was so auf Handy-Display oder Computer-Bildschirm auftaucht, seit die Telefon-Wählscheibe abgeschafft wurde, meine ich.

Ein Beispiel ist dieses „ChatGPT“, das neuerdings in aller Munde und auf noch mehr elektronischem Gerät zu finden ist. Kurz zusammengefasst: „Künstliche Intelligenz“ schreibt, einmal per Tastatur angefragt, munter drauf los, was das Zeug hält. Was nicht immer heißt, dass die Software auch das Zeug dazu hat, Intelligentes hervorzubringen. Aber das hat sie ja, um mal ganz kurz ganz böse zu werden, durchaus mit dem einen Redner oder der anderen Rednerin gemein.

Genug der Gemeinheiten, dachte ich mir neulich. Altmodisch bin ich angesichts meines Alters wohl schon, aber ich will ja nicht als ewig gestrig gelten. Also Tablet raus aus der Kiepe und rein ins Internet. Anmeldung bei ChatGPT war gar nicht so einfach, weil die zunächst mein Geburtsjahr nicht akzeptieren wollten. Habe ich ein bisschen geschummelt. Die Adressangabe „Busman, Busmannstraße, Kevelaer“ und die Berufsangabe „Wallfahrtsstadt, Gründungsmitglied“ kam dann wieder keinem im ganzen World-Wide-Web auch nur ansatzweise komisch vor. Naja, ich war jetzt jedenfalls drin in dieser Maschinerie der Tausend Worte und konnte mir ein eigenes Bild von deren Leistungsfähigkeit machen.

Was soll ich sagen? Einfache Aufgaben wie „Schreibe mir ein mehrseitiges Marketingkonzept für mittelalterliche Devotionalien“ oder „Begründe ausführlich, warum die Erde eine Scheibe ist, man aber an den Rändern nicht runterfällt“ erledigt die künstliche Intelligenz so, wie es der Auftraggeber erwartet: Schnell, gut lesbar, schlüssig und in vielen Bereichen völlig sinnentleert. Also ganz so, wie man es von vielen modernen „Ghostwritern“ gewöhnt ist. „Ghost“ kommt in diesem Falle eben auch nicht immer von Geist im Sinne kognitiver Fähigkeiten und hat nur entfernt mit geistiger Anstregung oder gar geistlicher Durchdringung zu tun.

Endgültig unterirdisch aber wurde es bei der Aufgabe: „Schreibe mir ein Heimatgedicht über Kevelaer und seine schöne Landschaft auf Kävels Platt“. Oh, mein Gott! Nicht nur, dass die Maschine plötzlich „kölsche Tön“ anschlug, nein, das ganze Gedicht hätte jedem Vortrage bei einer Kölner Karnevalssitzung ab der niedrigsten Promillegrenze standgehalten.

Kostprobe op Kölsch? Bitteschön: „Dä Wallfahrtsort, dä is bekannt, Met sien Gnadebild, dat wert verehrt, Do kütt jeda, dä es fromm, Un bidett zo Mary, dä Jesu Mutter.“

Und dann diese Landschaft, herrlich: „Dä Klostergarten un dä Kevelaerer See, Do kann ma immer en Platz vuller Ruhe find, Und dä Irrlandpark un dä Kevelaerer Berg, Do kann ma su richtig austoben un kinnerlich sparg.“ Überhaupt hat Kevelaer neben der „Wankumer Heide“ noch viel, viel mehr zu bieten: „Do sin och dä Seen, dästlich vun dä Stadt, Met dä Wisseler See un dä Gelderner Stadtsee, Do kann ma schwimme un segeln jonn, Un de Sonn, die kann ma doh jenossen.“

Na, haben Sie ihre Heimatstadt, unser schönes Kävele, wiedererkannt? Ich jedenfalls verlasse ganz schnell das Internet und gehe zum Grab von Theodor Bergmann. Mal gucken, ob er rotiert, wenn ich dieses Gedicht in voller Länge verlese.

Dor hört hän t‘hüß“, sagt meine liebe Mechel und blickt mir kopfschüttelnd hinterher.

Euer Hendrick