„Wir kriegen die Zahlen nicht gedrückt“

Nachdem Kevelaer seit Jahresbeginn relativ stabil bei 15 bis 17 Corona-Neuinfektionen pro Woche lag, gibt es nun einen weiteren Ausschlag nach oben. 82,6 beträgt die 7-Tage-Inzidenz am Montag, 15. Februar 2021. Die Zahl sei „überraschend hoch. Wir sind nicht zufrieden damit, wie sich das aktuell entwickelt“, schildert Ordnungsamtschef Ludger Holla. Nachdem die Inzidenz Ende Januar durch einen Corona-Ausbruch im Wohnstift St. Marien kurzzeitig auf über 100 gestiegen war, lag der Wert anschließend relativ konstant zwischen 50 und 60. Nun gibt es durch zwei infizierte Familien in Kevelaer erneut einen Marker nach oben. In einer der Familien liege nachweislich die britische Corona-Mutation vor, so Holla. Im Familienzentrum Sternschnuppe befinden sich aktuell aufgrund eines Index-Falles die Kinder und Erzieher*innen einer Gruppe in Quarantäne. „Wir kriegen die Zahlen nicht gedrückt. Und wir wissen nicht warum“, findet Bürgermeister Dominik Pichler klare Worte. Es seien Entwicklungen, bei denen „wir ein bisschen vor einem Rätsel stehen. (…) Es tut sich für uns in den letzten zwei Wochen zu wenig.“ 

Seit Weihnachten verzeichne man in Kevelaer eine Querbewegung, erklärt Pichler. Neben drei kleineren und größeren Ausschlägen nach oben, liegt die 7-Tage-Inzidenz seitdem konstant unter 70. Noch vor einer Woche lag sie sogar bei 44,8. Man könne sich aktuell allerdings nicht erklären, warum die Zahlen in der Marienstadt trotz des Shutdowns nicht signifikant sinken. Seit eineinhalb Monaten ist kein deutlicher Abwärtstrend mehr zu beobachten. Da sich das Infektionsgeschehen in Kevelaer weiterhin diffus gestaltet und in der Regel keine Hotspots zu lokalisieren sind, bleibt den Verantwortlichen der Stadt aktuell nur das Vertrauen in die Bürger*innen, dass alle Schutzmaßnahmen weiterhin befolgt werden.

Die Perspektive fehlt

Trotz der Ratlosigkeit über die Entwicklungen fordert Pichler weiterhin eine Perspektive für die Bürger*innen – wirtschaftlich wie privat. Von den jüngsten Bund-Länder-Beratungen am 10. Februar zeigt er sich enttäuscht. Seine Einstellung wenige Tage zuvor war klar: Durchhalteparolen reichen nicht mehr. Nun ist zwar den Friseur*innen und Schüler*innen eine Perspektive geboten worden – das reiche aber „nicht ansatzweise“, kritisiert Pichler. Man müsse weiter denken – dem Einzelhandel, der Gastronomie sowie den Menschen auf privater Ebene eine Aussicht auf Änderungen geben.

Niemandem sei geholfen, die Maßnahmen alle auf einmal über Bord zu werfen. Es sei aber ebenso wenig tragbar, von einem Shutdown in den nächsten zu gehen. Wichtig sei, den Leuten zu vermitteln, unter welchen Bedingungen es Lockerungen geben wird. In einigen Bereichen schwinde das Verständnis der Bürger*innen für die Maßnahmen. Sie müssten weiterhin ein Ziel aufgezeigt bekommen, ab dem sie wieder ein Stück Normalität zurückerlangen. „Versuchen Sie mal, einem Kind zu erklären, warum es lernen soll. Mit den Worten ‚weil ich das sage‘“ komme man da nicht weit, veranschaulicht der Bürgermeister der Stadt.

Für die Friseur*innen ist die Zeit des Wartens immerhin ab dem 1. März 2021 vorbei. Sobald diese ihre Salons wieder öffnen, wird es auch in Kevelaer Kontrollen des Ordnungsamtes geben. Auch wenn künftig Gastronomie und Einzelhandel wieder öffnen dürfen, werde man stichprobenartig kontrollieren, kündigt Ludger Holla an. Aufgrund der positiven Erfahrungen aus dem vergangenen Jahr erwarte man in Kevelaer allerdings keine weitreichenden Verstöße.