Wilder Westen am Hoensberg
Es herrscht wieder Frieden am Hoensberg in Twisteden. Winnetou und seine Stammesbrüder haben am Sonnenhügel den Bandit Santer und seine Bande zur Strecke gebracht. Das Volk der Apachen ist gerettet und kann in Frieden weiterziehen – natürlich mit dem Versprechen, in zwei Jahren wiederzukommen. Dann nämlich möchte Winnetou am schönsten Ort der Welt (das war zweifelsohne am Fronleichnamstag der Sonnenhügel in Twisteden) gemeinsam mit seinen Brüdern erneut das Lager aufschlagen, um hier für Recht und Ordnung zu sorgen. „Mein Herz wird voll Freude sein, wenn ich dann meinen Bruder Old Shatterhand wieder in die Arme schließen kann“, verkündete Winnetou, bevor er unter tosendem Applaus der 1608 Zuschauer die Freilichtbühne am Hoensberg verließ.
Ja, dem DJK-Ferienlager-Team war es auch in der zehnten Auflage der Karl-May-Festspiele in Twisteden am vergangenen Fronleichnamstag wieder einmal gelungen, kleine wie große Zuschauer zu begeistern und in den Bann des Wilden Westens zu ziehen. Auch 17 Jahre nach der Erstaufführung von „Winnetou I“ zog der Indianerhäuptling die Massen zum Hoensberg. In einer Neuauflage brachte das Ferienlagerteam „Winnetou I – der Beginn einer Freundschaft“ bereits zum dritten Mal auf die Freilichtbühne in Twisteden. Für das Drehbuch in Anlehnung an Karl May fühlte sich Niklas Jansen (er schlüpfte auch gekonnt in die Rolle des ulkigen Sam Hawkins) verantwortlich und spickte dieses mit allerlei Wortwitz und Lokalkolorit.
Gute Besetzung
Unter strahlendem Sonnenschein eröffnete Karl May höchstpersönlich (als sei er es tatsächlich: Gregor van Bettray) die Aufführung. Er berichtete von seinen zahllosen Reisen, vom schwarzen Pulver, das den Frieden stört. Es sind Geschichten, die in jede Zeit passen.
Auf dem Sonnenhügel nahte die Rettung jedoch hoch zu Ross. Winnetou (eine maßgeschneiderte Rolle für Matthias Kaenders) und Old Shatterhand (bereits zum zweiten Mal eine gute Wahl: Max Weber) verweilten schließlich am Hoensberg auf dem Sonnenhügel. Diplomatisch wie eh und je vermittelten diese zwischen den Rothäuten und Bleichgesichtern. Dem Häuptling der Apachen und seinem Blutsbruder (ihre Freundschaft sollte als Zeichen des Friedens stehen) war die Herkunft egal. Sie urteilten nach Taten und erkannten das falsche Spiel des Banditen Santer (Erfinder der Karl-May-Festspiele in Twisteden und Bestbesetzung in seiner Rolle: Rafael Keuler). Denn Santer und seine Bande hatten es auf das Gold der Indianer abgesehen und auf die schon bestehende Eisenbahnlinie.
Knall mit Verspätung
Ja, der Twest-Western Express fuhr stündlich, und damit pünktlich, durchs Bühnenbild und verursachte neben spektakulären Knalleffekten und staubig-rasanten Schlägereien so manches Staunen unter den Zuschauern. Aber auch leichtbekleidete Saloon-Damen, die unter ihrer neuen und cleveren Besitzerin, Mrs. Horsemann (gekonnt: Hannah Rossmann), für reichlich Whiskyverzehr sorgten, ließen die Herzen der Besucher höher schlagen. Dramatisch wurde es noch einmal zum Schluss. Der Tod des Häuptlings Intschu-tschuna (in dieser Rolle ist Holger van Elten nicht wegzudenken) und der schönen Schwester Winnetous, Nscho-tschi (anmutig: Elisa Angenendt), brach fast das Herz der Blutsbrüder und das des Zuschauers.
Bekannte und typische Winnetou-Melodien unterstrichen die Szenen auf der Freilichtbühne und schafften Gänsehautmomente. Ein fehlender Knalleffekt (leider versagte die Pyrotechnik zum richtigen Zeitpunkt, wurde aber nach der Aufführung mit einem großen „Ooooh!“ nachgeholt), und eine gerechte Kugel in Santers Herz stellten den Frieden am Hoensberg wieder her.
Nach zweistündiger actiongeladener Spielzeit, die etwa 50 hervorragende Laienschauspieler gekonnt in Szene setzten, neigten sich die Karl-May-Festspiele 2017 in Twisteden auf dem Sonnenhügel am Hoensberg dem Ende zu.