Wiedersehen und Abschied

Beim „Finale.Presto-Adagio“ der „Abschiedssinfonie“ von Joseph Haydn stand nach und nach jeder der 22 „aktuellen“ und 15 „ehemaligen“ jungen Streicher nebst den Bläsern der Kölner Musikschule auf und verließ die Konzertbühne des Museums, bis nur noch zwei von ihnen übrig blieben.
„Das ist in der Klassik so einmalig“ , schwärmte Dirigent Anton Brezinka später über die besondere Idee des Satzes, der als Konzertende sinnbildlich für das Besondere dieses Wochenendes stand. Denn erstmals versammelten sich frühere Schüler des Ehepaares Maren und Thomas Brezinka gemeinsam mit den Musikern des aktuellen Jugendstreichorchesters, um anlässlich des zehnjährigen Bestehens der „Jungen Streicher Kevelaer e.v.“ miteinander ein Programm besonderer Art aufzuführen.
Einen Vormittag lang hatten sich alle mächtig ins Zeug gelegt, um bei der Generalprobe noch letzte Feinheiten durchzugehen und miteinander in Gleichklang zu kommen. „Ich habe mit sechs Jahren angefangen, Cello zu spielen“, erzählte Lena Goerkens, die wie viele andere vor zehn Jahren bei den „Streichmäusen“ begann. „Die erste Probe war aufregend. Ich habe aber gelernt, wie es funktioniert“, schwärmt das Ensemblemitglied von der Zeit und der Arbeit mit Maren Brezinka. „Sie hat direkt darauf geachtet, dass es dieses Miteinander gibt“, beschrieb sie das Besondere des Musizierens. „Es fügt sich zusammen wie ein Puzzle und ist am Ende etwas Großes, Vollendetes.“
So wie sie sahen das auch die „Ehemaligen“ des Orchesters. „Das ist sehr cool. Man sieht neue Gesichter von „alten“ Ehemaligen und lernt neue Leute kennen“, hatte Violinistin Greta Schmitz ihre Freude an der Zusammenkunft. „Ich hab 2008 angefangen, da war ich 14“, erzählte Miriam Loffeld, die extra aus München angereist war. „Das war ´ne schöne Zeit“, fühlte es sich für die Medizinstudentin, die noch in Projektorchestern spielt, so an, „als wäre es erst gestern gewesen.“ Und Alessandra Wetzl bekannte: „Ohne das Orchester hätte ich nie Bass gelernt.“
Auch für die beiden Lehrer war das Wochenende mit den Ehemaligen was Besonderes: „Für sie ist es wie nach Hause kommen. Und es sind ja unsere „eigenen Kinder“ hier anwesend“, meinte Maren Brezinka, die vor 20 Jahren ihren ersten Schüler in Kevelaer unterrichtete, vor zehn Jahren sich dann über den Verein selbstständig machte. Dazu kam noch die Erfahrung, das Dirigat an den eigenen Sohn abzugeben. „Nach zehn Jahren hört man erst, was in einem Orchester passiert“, freute sich Thomas Brezinka auf das Musikerlebnis. „Wir haben nur leichte Korrekturen gemacht“, ergänzte seine Frau. Den Rest erarbeitete sich das Ensemble. „Das ist Wahnsinn“, meinte sie nur.
Sowohl die beiden Lehrenden wie das Publikum wurden nicht enttäuscht. Das Ensemble bot in Anwesenheit des Bürgermeisters Dominik Pichler und des Musemsfördervereins-Vorsitzenden Peter Hohl ein 65-minütiges Klangspektakel, das mit den moll­artigen und in den Motiv-Varianten fließenden Streichern von Henry Purcells „Chacony in g-minor“ seinen gelungenen Einstieg fand. Anschließend durfte Solist Jannis Hoesch im Rahmen von Carl Stamitz´ „Bratschenkonzert D-Dur“ seine außerordentlichen Fähigkeiten unter Beweis stellen.
Wie filigran und zugleich superschnell er mit seinen Fingern über die Bratsche flog, beeindruckte das Publikum. Genauso gefiel das mit unauffällig-behutsamer Hand von Anton Brezinka geführte, leicht-elegante und tänzerische Orchesterspiel. Das zeigte sich selbst im temporeicheren Part der Haydn‘schen „Abschiedssonate“, die mit dem bereits erwähnten „Abendlied“ und dem Verlassen der Bühne endete.
Als Zugabe gab es noch eine Orchesterbearbeitung des Mendelssohn-Chorals „Denn er hat seinen Engeln befohlen“ und langanhaltenden Applaus. Und die Idee des Brezinka-Paares, ein solches besonderes Treffen nun alle fünf Jahre zu machen, stieß bei den MusikerInnen durchaus auf Wohlwollen.

Eine einmalige Konstellation. Fotos: AF