Waldeslust

Schatz, wo führst du mich hin?“ Tapfer stapfe ich Schatz hinterher über einen stark bewachsenen und mit Laub übersäten Waldweg. Es sieht aus, als seien hier seit Jahrzehnten keine menschlichen Wesen mehr gelaufen. Irgendwie ist es mir nicht geheuer, waren wir doch soeben schon mit dem Fahrrad über Stock und Stein geholpert, um dieses Waldstück zu erreichen. Sand und Geröll, gepaart mit einigen netten Steigungen, machen das Radfahren für den gemütlichen Niederrheiner zu einer mittelprächtigen Quälerei.
Die wackelige Tour hatte ich ohne Blessuren überlebt, und nun das! Über Wurzeln stolpernd und mit den Armen wedelnd, um die Abertausenden von Insekten zu verscheuchen, trotte ich durch die Wildnis – Schatz stramm vorne- weg marschierend. Irgendwo hier im dichten Wald sollte sich ein altes Hünengrab befinden – Schatzens Ziel. Anfangs hatte es immerhin noch kleine, fast unscheinbare Schilder gegeben, die die Existenz dieses Grabes anzeigten. Aber nun ist nix mehr zu erspähen – schon seit geraumer Zeit, nur noch hohes Gras und Gebüsch.
Ich male mir schon aus, wie wir uns verirren und elendig verhungern, dann wäre der Wald wohl unser Grab. Aber so schnell gibt Schatz nicht auf, selbst als nicht mal die Ahnung eines Weges auszumachen ist. Auch auf die Gefahr, plötzlich im tiefen Wald allein dazustehen, streike ich und zetere so lange, bis Schatz nachgibt und wir zurückgehen. Und was entdecken wir da auf der Hälfte der Strecke? Einen Haufen dicker Steine. Das wird es wohl sein, wenn auch weder Grabplatte noch irgendwelche sterblichen Überreste zu sehen sind.
Ich positioniere mich für das obligatorische Foto vor den Steinhaufen – Gruppenbild mit Mücken. Und dann nix wie weg!

Christel Hundertmarck