Vorstellung von „Lasst Senait nicht warten“

Ulrich Schwarz, geboren 1954, Studium der Germanistik, Kath. Theologie und Philosophie, setzt sich seit drei Jahren als ehrenamtlicher Deutschlehrer und Inte-
grationshelfer insbesondere für aus Eritrea Geflohene ein.
Eritrea, ein Staat im nordöstlichen Afrika, grenzt im Nordwesten an den Sudan, im Süden an Äthiopien, im Südosten an Dschibuti und im Nordosten an das Rote Meer. Die Menschenrechtssituation in Eritrea ist miserabel. Es gibt keine Presse- und Meinungsfreiheit, Oppositionelle und Kritiker der Machthaber verschwinden spurlos, alle Frauen und Männer werden, teilweise unbegrenzt, zum Militärdienst zwangsverpflichtet und unabhängige rechtsstaatliche Gerichtsbarkeit existiert nicht. Das Land wird durch Präsident Isayas Afewerki bereits seit 1993 diktatorisch regiert, ist hermetisch abgeriegelt und wird als das „Nordkorea Afrikas“ oder „Afrikas Gulag“ bezeichnet. Aus keinem Land in Afrika fliehen mehr Menschen. In der Regel werden alle in Deutschland angekommenen Flüchtlinge als politisch Verfolgte anerkannt.
Der Autor
Schwarz genügt es nach einiger Zeit der ehrenamtlichen Tätigkeit nicht mehr, „nur“ zu helfen, er möchte erfahren, was sich hinter der Flucht und den Menschen verbirgt. „Unter dem Eindruck eines historischen Phänomens, dass die Massen an Flüchtlingen eines Tages unser Leben mitbestimmen werden“, wie Schwarz sich äußert, reift die Idee, diesen Menschen statt der Anonymität in der Masse ein Gesicht zu geben. Er will die menschliche Seite, die hinter jedem Asylsuchenden liegt, in einem Tatsachenroman aufdecken. „Ich habe ein ‚Sendungsbewusstsein‘, dass Menschen wie die in der AfD oder die ein ‚C‘ in ihrem Partei­namen haben, erkennen, dass hinter jedem Flüchtling ein menschliches Schicksal steht. Menschen aus Eritrea werden auf Dauer hierbleiben und es ist ein Akt der Menschlichkeit, ihre Angehörigen einreisen zu lassen.“
Schwarz gelingt es, das Vertrauen von Haile und Menasse (Namen wurden zum Schutz der Angehörigen in Eritrea geändert) zu gewinnen. Mit großer Offenheit erzählen sie ihm ihre Geschichte. „So entstand ‚natna metzhaf‘ (unser Buch), anfangs mühsam über Englisch und übersetztes Tigrinya (die Landessprache in Eritrea), dann zunehmend in deutscher Sprache“, beschreibt Schwarz den Werdegang des Buches. „Es ist kein politisches Buch, ich hoffe jedoch, dass es den, dem es in die Hände fällt, so berührt, dass seine Perspektive auf die Menschlichkeit gerichtet wird.“
Die Leser
Schwarz hat sich in der Zeit verändert, in der er an dem Buch gearbeitet hat. „Anfangs hat es mich Überwindung gekostet, die Flüchtlinge auf ihr Leben anzusprechen. Ich habe aber zunehmend Vertrauen gewonnen und habe jetzt eine andere Sicht auf Menschen. Der Kern ist in allen Menschen gleich und man kann mit allen reden. Ich habe viel gelernt, und als ich bereit war, mich auf die Menschen und deren Geschichte einzulassen, verschwand das Fremde.“
Gewidmet hat Schwarz das Buch „allen, die vor dem Leid der Flüchtlinge die Augen verschließen und die Grenzen geschlossen haben oder verschließen wollen. Im Gedenken an alle, die in der Wüste verdurstet sind, vergewaltigt wurden, ermordet wurden, weil ihre Familien kein Lösegeld zahlen konnten, und alle, die im Mittelmeer ertrunken sind, schließlich an alle, die zwar in Europa ankamen, aber für ihr Leben an Leib oder Seele gebrochen sind.“
„Lasst Senait nicht warten“ ist nicht nur die Geschichte einer Flucht und eines Familiendramas.
Das Buch vermenschlicht den Vorgang „Asylsuchender und Flüchtling“. Es zwingt den Leser zur Reflexion seiner Einstellung. Der Roman erzählt flüssig lesbar die authentische Geschichte zweier Flüchtlinge, die das Erstaunen des Lesers aufgreifen: „Ja, ja, unsere Geschichte ist unglaublich und doch wahr.“
Das Buch
Lasst Senait nicht warten, TFS-Verlag, ISBN 978-3-00-056555-7 (Hardcover), 978-3-00-056554-0 (Paperback)