Von Zufrühkommern und Fakenews

Bitte klatschen, bis ich am Mikrofon angekommen bin, das üben wir jetzt noch mal.“ Mit diesen Worten begann Stefan Verhasselt sein Programm ‚Wer kommt, der kommt – Kabarett 4.0‘ und nahm so direkt die gut 160 Gäste im Knoasesaal in Wetten mit auf eine Lehrstunde für niederrheinischen Humor und lokales Lebensgefühl.

Im Rahmen des Volksbank KulturHerbstes bot der WDR-4-Kommentator und Cabarettist einen Spitzenauftritt und sorgte für beste Sonntagabendunterhaltung.

„Wer kommt, der kommt eben und die wenigen freien Plätze liegen wohl an denen, die ihre Karten schon vor einem Jahr gekauft haben und jetzt nach ihrer Trennung doch nicht mehr zusammen ins Kabarett gehen wollten, da nutzt keine Trennungsgrundrücktrittsversicherung“, eröffnete Verhasselt sein mit viel Witz und scharfer Zunge vorgetragenes Programm.

Einen Merkelmund machen ist am Niederrhein eine „Schöpp“ ziehen, Nachdenken ist „Prakesieren“ und „Das ist ein Tun“ ist ein Kommando noch etwas zu erledigen – so nebenbei eben – ob man will oder nicht. Flammneu bedeutet sozusagen neu neu, keine halben Sachen heißt am Niederrhein „ein ganzer Tisch“ und hier gibt es auch einen „letzten Rest“.

Verhasselt, der Kempener, der ursprünglich aus Straelen stammt, kennt den Niederrhein eben wie seine Westentasche und ist sich sicher: „Fakenews fangen hier immer an, wenn der Satz fällt `Hasse schon gehört´ und als Antwort kommt oft `Sisse, hab ich doch gesacht´“. Er machte deutlich, wo der Unterschied zwischen Comedie und Cabarett liegt.

Statt nur abzulachen sind die Inhalte nachhaltig, weil sie die Menschen spiegeln und ihre Lebenswirklichkeit wiedergeben. Sie erkennen sich, wenn Verhasselt beschreibt, dass im Supermarkt vor einem Feiertag der Einkaufswagen so voll gemacht wird, als ob es den Laden nach dem Feiertag nicht mehr geben würde, oder wenn er „Gutmeiner“ beschreibt, die ihrem erwachsenen Kind sagen: „Du musst es ja selbst wissen, aber wir meinen es ja nur gut.“

Hier siedelte er auch die „Zufrühkommer“ an. Gäste, die so weit vor der Einladung erscheinen, dass sie einem noch im Bad beim Anziehen oder Frisieren helfen können oder „Zufrühaufsteher“, die im Flugzeug bereits nach dem Aufsetzen im Gang stehen oder vorzeitig die Vorstellung verlassen, um ihren letzten Bus nach Winnekendonk oder Kervenheim zu bekommen.

Viele weitere Lebenswirklichkeiten eines Niederrheiners trug Verhasselt vor und verschaffte so manchem Gast ein erleichterndes Lachen, weil es ja anderen auch so gehen würde wie einem selbst. Auch dass es eben geschickte Diplomatie und ein Befehl ist, wenn man „mal ebkes“ etwas sofort – ohne Verzögerung – machen soll und das Wort „schön“ in unserem Landstrich eben auch unschön werden kann, wenn es heißt: „Das machen wir jetzt mal schön zusammen.“

Es gab bei tosendem Applaus übrigens keine „Zufrühaufsteher“ und in der Zugabe beruhigte Verhasselt noch alle zufriedenen Gäste: „An der Himmelspforte stehen bestimmt keine Schilder mit dem Hinweis, dass man kein Eis oder kein Tier mit hineinbringen darf, und vielleicht sehen wir uns dort alle einmal wieder, denn Gott sagt bestimmt – Wer kommt, der kommt.“.