Von Peking nach Paris

14.000 Kilometer durch 12 Länder in 36 Tagen – dieser Aufgabe stellten sich Burkhard und Roman Verhaelen mit einem „Volvo Amazon“ aus dem Jahr 1968. 120 Teams waren in Peking bei der „Peking Paris“-Rallye, der ältesten Rallye der Welt, gemeldet. „Am Ende der Mongolei waren wir noch 70“, erzählt Burkhard Verhaelen und macht deutlich, dass es keineswegs sicher ist, dass man wie geplant ins Ziel kommt.

Für Burkhard Verhaelen war bis kurz vor der Rallye nicht einmal sicher, ob er überhaupt an den Start gehen konnte. Geplant war die Fahrt mit einem Freund. Da dieser jedoch kurze Zeit vor der Rallye einen leichten Schlaganfall erlitt, drohte der Traum von Verhaelen zu platzen. Kurz eine WhatsApp-Nachricht in die Familiengruppe abgesetzt, in dem er mitteilte, dass er wohl nicht an der Rallye teilnehmen könne, schon wendete sich das Blatt: „Wann muss ich wo sein?“, fragte sein Sohn Roman und ließ bei seinem Vater Hoffnung aufkeimen.

Schnelles Handeln kurz vor dem Start

Trotz der spontanen Entscheidung des 21-jährigen Sohnes, seinen Auslandsaufenthalt in Kalifornien zu unterbrechen und seinen Vater bei der Rallye zu begleiten, war der Start des Vater-Sohn-Gespannes nicht sicher. Man brauche unter anderem mehrere Visa sowie einen chinesischen Führerschein, um an der Fahrt teilzunehmen, erzählt Burkhard Verhaelen. All dies in nur wenigen Tagen zu organisieren, hielten Außenstehende für unmöglich, sagt der Oldtimer-Liebhaber. Doch die Zeit reichte. Am 2. Juni 2019 starteten Roman und Burkhard Verhaelen in Peking in einem roten Volvo Amazon.

Verhaelen befasst sich in seiner in Winnekendonk ansässigen Firma ausschließlich mit Volvos. Die Restauration alter Volvos, Reparaturen neuerer Modelle und die Ersatzteilproduktion gehören unter anderem zu seinem Aufgabengebiet.

Das Vater-Sohn-Gespann musste am Volvo Amazon keine größeren Reparaturen durchführen.

„36 Tage, 24 Stunden unter Stress mit jemandem zusammen sein“ – das sei eine große psychologische Herausforderung dieser Fahrt. Für viele Teilnehmer seien jedoch vor allem Reparaturen der Autos das größte Problem gewesen. Ein Ereignis ist Burkhard Verhaelen besonders in Erinnerung geblieben: Bei einem Vorkriegsauto sei unterwegs ein Rad abgebrochen, das dann mit der Bremstrommel in einen Fluss rollte. „Wenn die Bremstrommel weg ist, ist es vorbei“, sagt Verhaelen. Ähnliche Gedanken mag auch das Team gehabt haben, bevor die Teammitglieder im Fluss dem Reifen hinterher schwammen. Der Reifen jedoch war weg.

Hilfe von Nomaden in der Mongolei

Verhaelen und sein Sohn hatten technisch keine größeren Probleme am Auto. Zuverlässig transportierte der Oldtimer das Team bis ins Ziel – von der gesamten Strecke circa 10.000 Kilometer auf Nebenstraßen und Offroad. Acht bis zwölf Stunden pro Tag fuhren die Teilnehmer der Rallye. „Zwischendurch gab es verschiedene Rennen“, erzählt Verhaelen. Geschlafen wurde zum Beispiel in Hotels oder in von Nomaden organisierten Camps.

Verhaelen nahm in diesem Jahr zum ersten Mal an der Rallye teil. „Das ist die Rallye der Rallyes“, lächelt er, wenn er an die Zeit zurückdenkt. Für ihn war die Fahrt ein großes Erlebnis, „das ist für einen Automobilfreak die Sache.“ Für ihn sei die Motivation, die diesem Abenteuer vorausging, klar: „Das ist die Kombination aus Erfahrung in einem alten Auto und dem Fernweh.“ Krampfhaft auf Sieg gefahren ist das Team nicht. Teilweise seien die Teams allerdings sehr professionell unterwegs gewesen, erzählt Verhaelen. „Die ersten 20 sind wirklich eher auf Gewinn gefahren.“

Für Verhaelen waren vor allem die verschiedenen Länder und Kulturen interessant. Eine kuriose Geschichte aus China ist dem 58-Jährigen auch hier in Erinnerung geblieben: „Da kriegte man auf öffentlichen Toiletten nur Toi­lettenpapier, wenn man in einen Gesichtsscanner geguckt hat.“

Am besten habe ihm die Mongolei gefallen, erzählt Verhaelen. „Die Mongolei war wahnsinnig, war unglaublich“, weiß er seine Eindrücke kaum in Worte zu fassen. „Am meisten überrascht war ich von Sibirien, dass es da so schön war.“ Und dass das Leben in einigen Ländern sehr modern und fortschrittlich wirkte, erstaunte Verhaelen auf seiner Reise. Vieles sei anders, als er es sich vorgestellt hätte, zum Beispiel, „wie verwundert man bei anderen Kulturen ist, wie offen, toll und begeisterungsfähig die sind.“ Je näher sie zur europäischen Kontinentalplatte gekommen sind, desto weniger begeisterungsfähig für so „verrückte Leute“ seien die Einheimischen gewesen.

Zuverlässiges Auto ohne größere Pannen

Mit seiner Vorbereitung war Verhaelen weitestgehend zufrieden: „Ich habe mich nur autotechnisch vorbereitet. Man hätte sich vielleicht noch mehr geografisch vorbereiten können.“ Die Vorbereitung, Durchführung und technische Stabilität des Volvos bescherte dem Vater-Sohn-Gespann den 43. Platz.

„Seit fünf Jahren habe ich das im Kopf“, erzählt Verhaelen von seiner Begeisterung für die Rallye, „und alle haben gesagt, ‚wenn du das jetzt nicht machst, dann bist du blöd.‘“ Die Erleichterung über seine Entscheidung, an der Rallye teilzunehmen, ist dem 58-Jährigen anzumerken. Ob er noch einmal teilnehmen möchte? Die Meinung zu dieser Frage habe sich bei ihm im Laufe der Fahrt wöchentlich geändert, erzählt Verhaelen lachend. „Jetzt, wo man wieder ein bisschen zu sich gekommen ist, wäre das schon schön, wenn ich das mit meinem Sohn in zehn Jahren vielleicht mit einem schwierigeren Auto mal machen könnte.“