Von der fröhlichen Komödie zum beklemmenden Kammerspiel
Kevelaer. Das Pulitzer-Preis gekrönte Theaterstück „Geächtet“ des Amerikaners Ayad Akhtar spielt mit dem Leben. Mit dem Leben von fünf Menschen, deren gesellschaftliche wie religiöse Sozialisation unterschiedlicher nicht sein könnte. Was als fröhliche Komödie um ein forsch-verliebtes Yuppie-Pärchen und deren Freunde und Verwandte beginnt, entpuppt sich schließlich als ein beklemmendes Kammerspiel um Vorurteile und den alltäglichen Rassismus. Wer begreift, dass letztere in einer Zeit immer unübersichtlicher werdender Informationsfluten ein Schutzmechanismus des Geistes vor dem Wahnsinnigwerden sind, der begreift schnell den alltäglichen Wahnsinn in seinem eigenen Kopf.
Insofern muss man weder Christ oder Muslim noch Jude, weder Künstlerin noch Galerist oder Anwältin sein, um, zunächst noch fröhlich, mitzuschwimmen im großen Teich des Halbwissens, der da zwischen hippem Salat und heftigem Alkoholgenuss in das großzügege New Yorker Appartement gegossen wird. Denn wenn die intellektuelle Fassade bröckelt – und das tut sie sehr schnell – dann treten Gefühle hervor, die sich die Charaktere eben mit all ihrer vermeintlichen Aufgeklärtheit nicht erklären können: Angst, Hass, Eitelkeit werden zu unüberwindbaren Bergen am Horizont, die immer näher rücken, je kräftiger die Personen ausschreiten, um dagegen anzugehen.
Ein großer Unterschied zu komödiantischen Sichtweisen auf diesen Themenkomplex, wie man sie etwa beim explizit im Stückerwähnten Woody Allen suchen und mit viel Wohlwollen finden mag, ist die fehlende Flucht der Charaktere ins Lächerliche. Der Autor hat ihnen mit feinen, bösen Ironie-Anfall-Einfällen diese Möglichkeit genommen, weil ihn genau jene vermeintliche Unverbindlichkeit intellektueller Gespräche ärgert.
Wie gesagt: Das Stück spielt mit dem Leben von fünf Menschen. Und die hervorragenden Schauspieler spielen da mit. Mit vollem Einsatz, mit einer glaubhaften Innerlichkeit, die jedem Charakter in jeder Situation Präsenz und eine nachvollziehbare Entwicklung über fast zwei Stunden Spieldauer gibt. Was in der Vorlage manchmal etwas zu holzschnittartig erscheinen mag, was als reiner Text zu absolut erscheint – im differenzierten Spiel der großartigen Mimen wird es nachvollziehbar und buchstäblich lebendig. Viel Applaus vom Kevelaerer Publikum.