Von Beruf und Berufung

Geschäftiges Treiben wie sonst nur selten herrschte am Vormittag des vergangenen Samstages in der hiesigen Sparkassenfiliale. Zur mittlerweile 29. Auflage des „Berufs-Info-Treff“ (BIT)hatten sich zahlreiche Schülerinnen und Schüler aus den neunten und zehnten Klassen der Kevelaerer Schulen aufgemacht, um sich bei den 34 beteiligten Ausstellern Informationen aus „erster Hand“ zu holen. Gereon Heinen als verantwortlicher Mitarbeiter seitens der Sparkasse freute sich über die starke Resonanz bei Unternehmen und zukünftigen Auszubildenden. Viele Kevelaerer Firmen sind seit Jahren mit von der Partie, wie auch Polizei und Bundeswehr, aber es gab auch eine Premiere, so hatte „Edeka-Brüggemeier“ in diesem Jahr erstmalig einen Stand aufgebaut.

Aber es schwebte auch ein wenig Wehmut über den Köpfen, ist es doch der letzte BIT, bei dem die Gemeinschaftshauptschule Kevelaer federführend mit von der Partie war. Resignation ist für Schulleiterin Renate Timmermann allerdings ein Fremdwort: „Wir wollen keinesfalls das Gefühl vermitteln mit dem bevorstehenden Ende der Hauptschule in Kevelaer in unseren Anstrengungen nachzulassen. Wir sind kein Auslaufmodell!“ Befragt nach den Entwicklungen in beinahe 30 Jahren BIT stellte sie heraus, dass einerseits früher mehr klassische Ausbildungen gefragt waren, etwa Friseur oder der einstige KFZ-Mechaniker. Andererseits hat aus vielerlei Gründen der Anteil der Schüler auf nur noch 10% abgenommen, die direkt nach dem Hauptschulabschluss eine Ausbildung aufnehmen, früher war es ein gutes Drittel. Viele setzen heute anschließend ihre Ausbildung am Berufskolleg fort. Als kleines Bonbon brachte die Hauptschule eine „Abschiedszeitung“ unter die Besucher mit zahlreichen Schlaglichtern und Rückblicken auf 29 Jahre BIT.

Starker Ansturm auf Polizei und Bundeswehr

Starken Ansturm gab es klassischerweise auf Polizei und Bundewehr. So interessierten sich auch Nike Reichling, Leonie Pelzer, Valentina Fornari und Hannah Müller für eine Laufbahn bei den Ordnungshütern – eine der vier jungen Damen konnte sich diesen Wunsch aber gleich wieder aus dem Kopf schlagen, nachdem das Gespräch auf die Mindestgröße kam: Kleiner als 163 cm darf man einfach nicht sein. Für Nike Reichling bekommt das Berufsbild seinen Reiz aus dem Kontakt mit Menschen und der abwechslungsreichen Tätigkeit: „Es sind immer verschiedene Sachen, es wird nie langweilig“.

Hannah Müller blickt schon etwas weiter in die Zukunft und interessiert sich für die Arbeit bei der Kriminalpolizei: „Ich schaue gern Krimis, rätsele mit und mag es, Lösungen zu finden, die ziemlich schwierig sind“. Polizeihauptkommissar Rüdiger Reusch und Kommissarsanwärterin Melanie Leimann stellten ihren Beruf und die Ausbildung lebendig dar, beantworteten Fragen und mussten sicher auch die eine oder andere „Fernseh-Illusion“ zerstören. Zur Sprache kam dabei auch der gewandelte Stellenwert der Polizei in der Gesellschaft – auch das sollte man bei der Berufswahl im Blick haben: Tätliche Angriffe auf die Beamten sind leider keine Seltenheit, sodass der Eigensicherung heute ein viel höherer Stellenwert in der Ausbildung beigemessen wird, als das noch vor Jahren der Fall war.

Auch wenn in Kevelaer die Welt ein wenig mehr in Ordnung scheint als anderswo, die gängigen Trends auf dem Ausbildungsmarkt schlagen sich auch hier nieder. Das Thema Bewerbermangel konnte man allerorten besprechen und dieses nicht nur im „klassischen Handwerk“. Stephanie Helmus vom Parkhotel beklagte: „Es ist leider ein Trend ‚erstmal weiter zur Schule‘ zu gehen“ – auch in ihrem Hause bleiben Ausbildungsplätze in Hotelfach und Gastronomie mittlerweile unbesetzt. Ähnliches hörte man auch von Pia Schmidt vom Modehaus „Vrede“ und selbst Zahnarzt Dr. Roland Klein konstatierte eine schon länger anhaltende Abnahme des Interesses an einer Ausbildung zur (Zahn-)Medizinischen Fachangestellten.

Dass es auch möglich ist, „gegen den Trend“ unterwegs zu sein, versichert Silvia Albat vom St. Elisabeth-Stift – viele junge Leute interessierten sich bei ihr für eine Ausbildung im Bereich Altenpflege. Der Fachkräftemangel ist mediales Dauerthema. Da ist es für die Leiterin der Altenpflegeeinrichtung umso wichtiger, den Nachwuchs im eigenen Haus heranzubilden. Michael Kahn und Danny Robbers von der Gesamtschule Kevelaer-Weeze, beide 14 Jahre alt, haben den Weg an den Stand gefunden, lassen sich das Berufsbild erläutern und stellen ihre Fragen. Beide treibt der Wille an, mit Menschen zu arbeiten – „Ich bin auf den Beruf gekommen, weil ich viel mit Betreuung zu tun haben möchte, weil ich es schön finde, anderen Leuten zu helfen“, sagt Michael Kahn.