Vertrauen und Verlässlichkeit

Möchte man wissen, wie es Menschen und Wirtschaft in einer Region geht, ist die Verabredung mit einem Banker ein sicherer Weg, dieses zu erfahren – niemand anderes hat einen besseren Überblick über wirtschaftliche Vitalwerte, die sich letzten Endes in finanzmathematischen Messgrößen widerspiegeln. Ein solcher Herr über „Geld und Zahlen“ ist zweifelsohne Thomas Müller, Vorstandsvorsitzender der Verbandssparkasse Goch-Kevelaer-Weeze, dem der dritte und letzte Teil unserer Serie über die Repräsentanten in der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer (IHK) gewidmet ist.

In vielerlei Hinsicht hebt sich Thomas Müller von den beiden vorangehend porträtierten Unternehmerinnen Annegret Welbers und Anna van den Hövel ab. Das ist nicht nur die aus Mitarbeiterzahl und Bilanzvolumen sich ergebende reine Größe der Bank, die er leitet und die anders geartete Branche, sondern auch der Umstand, dass er schon die Erfahrung aus einer Wahlperiode in die Waagschale werfen kann – für ihn ist es Runde zwei in der Vollversammlung.

Dass er als Banker einen etwas anderen Zugang zu den Belangen der IHK hat als beispielsweise ein Einzelhändler oder eine Unternehmerin aus der Kreativwirtschaft, empfindet Müller selbst so. Er sieht sich damit auch weniger als explizite Stimme der Sparkasse, sondern mehr als Vertreter der Belange der heimischen Wirtschaft und damit auch der eigenen Kunden. Da spielen natürlich unternehmerische Interessen eine Rolle, aber Thomas Müller stellt klar, dass sich viel von seinem Antrieb aus seiner Liebe zur niederrheinischen (Wahl-)Heimat speist.

Große Vielfalt im IHK-Bezirk Niederrhein

Die erste „kreative Planungssitzung“ steht zwar noch bevor, aber Müller sieht das Themenspektrum der neuen Wahlperiode ähnlich zu jenem der vorangegangenen: Mobilität in der Region, Breitband- und Mobilfunkausbau, Auswirkungen der Digitalisierung, aber auch ganz „Bodenständiges“ wie das Thema Auskiesungen. Diese Themenbreite macht die enorme Vielfalt im IHK-Bezirk Niederrhein (Kreise Kleve, Wesel, Duisburg) deutlich, die sich aus dem großen Spektrum vertretener Unternehmen ergibt. Die metallverarbeitende und chemische Industrie in der Region Duisburg will genauso repräsentiert sein wie die Binnenschifffahrt – oder der Handel in gleichem Maße wie das Hotel- und Gaststättengewerbe am ländlichen Niederrhein.

Letzten Endes treibt aber alle in der IHK vereinigten Unternehmer ein grundlegendes Themenbündel um, das alle angeht: Ohne Ausbau des Glasfaser- und Mobilfunknetzes ist Teilhabe an der Digitalisierung nicht möglich und diese wird voranschreiten, völlig unabhängig davon, ob es Politik und Netzbetreiber endlich schaffen, den Niederrhein auf einen Stand zu bringen, der einem Hochtechnologieland im 21. Jahrhundert entspricht oder nicht. Und hier geht es nicht nur darum, ein unterbrechungsfreies Telefongespräch auf der Bahnfahrt von Kempen nach Kevelaer führen zu können, sondern um die Zukunftsfähigkeit einer ganzen Region: Digitale Vernetzung im Bereich Mobilität, im Gesundheitssektor oder aber auch, um schlicht und einfach von zu Hause aus arbeiten zu können, werden entscheidende Punkte bei der Frage nach der ‚Lebensqualität‘ am Niederrhein sein.

Vertrauensbasis liegt in der zwischenmenschlichen Kommunikation

Dass Thomas Müller als Banker in diesen Themen tief drinsteckt, versteht sich von selbst – in kaum einer Branche wird die Digitalisierung des Alltagslebens derart stark erfahrbar wie bei den Banken. Über die Hälfte der Überweisungen werden mittlerweile auch bei der Sparkasse Goch-Kevelaer-Weeze digital getätigt und das ist nur die Spitze des Eisberges. Dennoch ist sich der Sparkassenchef sicher, dass auch in 20 Jahren die Basis für Vertrauen in der direkten zwischenmenschlichen Kommunikation liegen wird – und die „Währung“ im Bankengeschäft ist Vertrauen.

Aus diesem Gedanken ergeben sich für ihn auch weitergehende Herausforderungen im Bereich der beruflichen Ausbildung, deren Betreuung zum „Kerngeschäft“ der IHK zählt. Zukünftig wird das Thema Beratung noch mehr Bedeutung bekommen und eher automatisierbare Tätigkeiten aus dem Servicebereich in den Hintergrund drücken. Zu Deutsch: Menschen sollten sich auf das konzentrieren, was nur Menschen können. Hierbei nicht übereuphorisch jedem Trend hinterherzulaufen, sondern auch ein Stück weit ein Gegengewicht gegen den Mainstream zu setzen, zählt zu den großen Linien, die Müller für die IHK herausstellt.

Anders macht er es im eigenen Hause letztlich auch nicht – kein hochfahrendes „Worldwide Banking“ assoziiert man mit einer Sparkasse, sondern Bodenständigkeit und Verwurzelung in der Region. Gerade diese garantiert, nicht von jedem Lüftchen in eine andere Richtung gepustet zu werden.