Unscheinbar Kevelaer
„Unverwechselbar Kevelaer“? Die „Schöpfung“ dieses Stadt-Slogans ist lange her. Anfang der 1990er Jahre waren die Schöpfer des aktuellsten Bildbandes mit Motiven aus der heutigen Wallfahrtsstadt und ihrer Ortschaften noch gar nicht auf der Welt. Sie haben den Blick in diesen Tagen nicht auf Unverwechselbares, sondern auf Unscheinbares in Kevelaer gerichtet.
Mike Krüger habe es 2010 auf den Punkt gebracht, erklärt Paul Wans: „Is‘ das Kunst oder kann das weg?“, fragte der Komiker im Titel seines damaligen Programms, mit dem er gleichzeitig 35 Jahre Bühnenerfahrung feierte. Der Kevelaerer Künstler und Kunstpädagoge Paul Wans gehört zu denjenigen, die eine Antwort von berufs- und ihrer Berufung wegen geben können. Unter seiner professionellen Anleitung gingen Schülerinnen und Schüler zweier Kunstkurse des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums am „letzten Wandertag“ auf die Pirsch. Im Visier: „das in ihrem Lehrplan vorgesehene Nebensächliche, Unscheinbare als Gestaltungs- und Werkgegenstand in der bildenden Kunst“, das es doch tatsächlich in die Kunst-Lehrpläne unserer Schulen geschafft hat. Die 39 Zehntklässlerinnen und Zehntklässler hatten sich damit mehrere Wochen im Kunstunterricht auseinandergesetzt und sollten nun mit den Mitteln der Fotografie versuchen, die Lerninhalte umzusetzen. Ob ihnen dies gelungen ist, davon kann sich nun jeder selbst ein Bild machen, in einer Ausstellung im Gymnasium und in dem Kevelaer-Bildband „Der künstlerische Blick auf Unscheinbares in Kevelaer. Fotos von Zehntklässlern des Kardinal-von-Galen-Gymnasiums Kevelaer“. Eine Auswahl von 130 Bildern aus den zahlreichen Ergebnissen ist da nämlich zu sehen.
Und die hat‘s in sich: Merkwürdige Brechungen in scheinbar symmetrischen Architektur- oder Naturbildern erschließen sich da erst nach mehrmaligem Hinsehen, obschon man vom ersten Augenblick an überzeugt war, dass hier was nicht stimmt. Besondere Blickwinkel schaffen Verbindungen zwischen Gegenständen und Szenerien, die wir in unserem Alltag – obwohl wir sie hunderte Male gesehen haben, so nicht herstellen würden. Erst wenn die Momente festgehalten und der Blick gerichtet ist, erschließen sich neue Verbindungen in unseren Köpfen. Und das so einzufangen und zu präsentieren, ist nun wirklich eine Kunst.
„Dieser Bildband zeigt kein besucherfreundliches, touristengefällig geschminktes Gesicht der Wallfahrtsstadt, sondern eine sehr kurze und stets unveränderte Momentaufnahme von nebensächlichen Sujets in Kevelaer und seinen Ortschaften“, schreibt Paul Wans im Vorwort des Bandes. Die Ausstellung und der Bildband zeigten „das Besondere im Unauffälligen, das Kuriose im Normalen, das Reizvolle im Nutzlosen oder das Schöne im Unansehnlichen“, dass die Schülerinnen und Schüler auf ihrer eintägigen Ekursion durch ihre eigene Stadt gesucht und gefunden hätten. Und das nötigte auch dem Ersten Bürger der Stadt, Dominik Pichler, bei seiner Begrüßung zur Ausstellungseröffnung viel Respekt und einige nachdenkliche Worte zum Thema „Ist das Kunst?“ ab.
Den Bildband gibt‘s zum Preis von 15 Euro in der Bücherstube im Centrum und in der Buchhandlung Bercker zu kaufen. Am Mittwochabend wurde die Ausstellung im Gymnasium eröffnet. Sie ist dort noch bis zum 5. April zu sehen.