Überfallen, ausgeraubt und vertröstet

„Plötzlich stand er mit einem Messer vor mir und rief: ‚Ich will das Portmonee!‘“, Brigitte Haesters schlottern immer noch die Knie, wenn sie an den brutalen Überfall in der letzten Woche denkt. Was war geschehen?
Die Düsseldorferin (77) ist mal wieder zu Besuch in Kevelaer und wohnt im „Goldenen Hammer“. Gemeinsam mit einem weiteren Hotelgast war sie am Nachmittag auf dem Kreuzweg unterwegs. Als die beiden Frauen auf einer Bank eine Rast einlegten, wurden sie von einem jungen Mann auf 10 Euro Bargeld angesprochen. „Angeblich, um sich eine Fahrkarte zu kaufen“, kam der Rentnerin die Sache gleich „verdächtig“ vor. Hatte der Mann doch ein Rad dabei.
Euro war ein Fehler
Dennoch gab sie ihm einen Euro. „Ein Fehler“, wie sich für Brigitte Haesters im Nachhinein herausstellte. „Denn so wusste er, dass ich mein Portmonee in einem roten Stofftäschchen hatte.“
Zwar entfernte sich der Mann zunächst Richtung Klostergarten. „Doch plötzlich kam er von hinten angeradelt, warf sein Rad zur Seite und zückte ein Messer“, erinnert sich die 77-Jährige mit Schrecken. „Ich sah nur die rund 15 Zentimeter lange Klinge.“ Dennoch ließ sich die rüstige Rentnerin nicht einschüchtern und klammerte sich an ihrer Tasche fest. Kurzerhand stieß der Täter daraufhin die Frau zu Boden und entriss ihr die Tasche. Die Begleiterin hatte in der Zwischenzeit laut schreiend die Flucht ergriffen, um Hilfe zu holen.
So war die Polizei zwar schnell zur Stelle. Doch trotz einer sofort eingeleiteten Fahndung verlor sich die Spur des Räubers. Er wird als schlank und ca. 170 bis 175 Zentimeter groß beschrieben. Es war hell gekleidet und trug eine schwarze Baseballkappe.
„Rund 400 Euro waren in dem Portmonee“, erzählt die gläubige Katholikin, die überzeugt ist, dass Gott ihr in diesem Moment beigestanden hat. „Aber viel mehr schmerzt mich der Verlust der persönlichen Sachen in der Tasche.“ In der Hoffnung, wenigstens ihre Bilder und Briefe wiederzubekommen, stand sie jeden Morgen bei der Polizei auf der „Matte“. Die versicherte ihr stets, dass sie alles in die Wege leiten würde, um den Täter zu fassen. „Und die Tasche hätte er bestimmt mit nach Hause genommen“, klingen dem Dauergast in Kevelaer die Worte der Beamten immer noch im Ohr. Aber so richtig was getan, hätte sich nicht.
Auf eigene Faust
Deshalb war Eigeninitiative angesagt. Zusammen mit Norbert Janssen ging sie den Kreuzweg nochmal ab. „Denn an gleicher Stelle wurde ja erst kurz zuvor eine junge Frau überfallen“, erinnert sich Janssen, der Kevelaer wie seine Westentasche kennt.
„Und siehe da, in einem Gebüsch am Mariendenkmal blitzte uns etwas Rotes entgegen“, strahlt Brigitte Haesters. Sie hatte ihre Tasche doch tatsächlich wiedergefunden. Das Geld war zwar weg. Die persönlichen Habe lagen aber noch darin.
„Die Polizei war von meinem Fund aber gar nicht so begeistert“, zeigt sich die Düsseldorferin enttäuscht, als sie die Tasche aufs Revier bringt. „Angeblich hätte ich so alle Spuren verwischt.“ Ihr ist es egal, selbst wenn sie die 400 Euro nicht zurückbekommt: „Ich bin froh, dass ich meine Andenken wiederhabe. Denn schließlich liebe ich Kevelaer.“