Die Sparkasse Rhein-Maas lud Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der „DekaBank“, zu Vortragsreihe ein

Über Putin-Inflation und ein neues Zeitalter an den Kapitalmärkten

Die Sparkassenvorstände Thomas Müller und Wilfried Röth (von links) begleiteten die Kundschaft bei drei Vorträgen von Dr. Ulrich Kater (DekaBank – Mitte) durch die Kapitalmärkte. Foto: Sparkasse Rhein-Maas

Die Sparkassenvorstände Wilfried Röth und Thomas Müller stellten einleitend fest, dass sich das Umfeld der für März 2020 geplanten Veranstaltung grundlegend verändert hat: verschoben wegen einer Krise (Corona) jetzt in einer Situation, bei der die Welt mitten in einer Vielzahl von Krisen steht. Erfreulich dagegen, dass durch die zwischenzeitliche Fusion der Sparkassen Rhein-Maas und Goch-Kevelaer-Weeze der fundierte Ausblick des Wirtschaftsexperten direkt an drei Orten des neuen Geschäftsgebietes stattfinden konnte. Und die „Hoffnung“ (mit einem Kunstwerk aus dem Museum Kurhaus Kleve) erfüllte sich für Dr. Kater und die Sparkasse: die Reihen waren in Emmerich, Kleve und Kevelaer bei seinem Ein- und Ausblick auf die Situation der Kapitalmärkte ausgebucht.

Durchaus selbstkritisch die Signale von Dr. Ulrich Kater: Viele Probleme haben sich schon länger angebahnt, vieles hat man nicht sehen wollen, man hat lange an Wandel durch Handel geglaubt, Experten aller Richtungen haben nicht mit dem Ausbruch eines Krieges gerechnet. Rein wirtschaftliche Vorteile waren wichtiger als politische Werte. Notenbanken und Fiskalpolitik haben zu spät und dann teilweise mit falschen Instrumenten reagiert.

Die EU-Staaten und hier vor allem Deutschland haben lange von einer Epoche wirtschaftlichen Erfolges profitiert: ein großes Produktangebot zu günstigen Preisen, höchster Lebensstandard – und von den Entwicklungen der Industrienationen haben aber auch die Länder der sog. 3. Welt profitiert.

Dr. Kater machte aber auch Mut: Der Volkswirt sieht durchaus die erheblichen Auswirkungen, die Summe dieser Krisen trifft den Nerv von Wirtschaft und Gesellschaft, aber sie ist nicht das wirtschaftliche Ende. Die Stärke der Marktwirtschaft ist gerade die Anpassung – wie man jetzt bei der Energieversorgung sieht. Auch der Rückblick auf die schnelle Erholung der Wertpapiermärkte nach dem ersten Corona-Lockdown bestätigt diese Aussage. Natürlich ist die Lage sehr komplex und die Politik vermittelt den Eindruck mit Schrotschüssen helfen zu können – gezielte Maßnahmen sind nach Auffassung des Experten besser, aber die Finanzlage, die politischen Befindlichkeiten und die Sprengkraft der sozialen Komponente sind herausfordernd.

Im Hinblick auf die Inflation, die sich erstmals seit Jahren in ungeahnten Höhe bewegt, stellte er den interessierten Zuhörerinnen und Zuhörern seine Analyse plastisch vor. Die Unterscheidung von Preisentwicklung und Preisniveau, die Inflationsrate, die zu einem großen Teil auf die „Pution-Inflation“ (nämlich 6 %-Punkte) infolge des Ukrainekrieges zurückzuführen ist, aber auch die in der Öffentlichkeit nicht so recht beachtete Inflation von 4 %-Punkten, die durch die Notenbanken und Politik hervorgerufen bzw. verstärkt wurde.

Sein Aufruf: Wenn wir alle auf Pessimismus machen, dann geht die Welt unter. Auch rückblickend betrachtet, bestätigt sich immer wieder: Erwartungen bestimmen die tatsächliche Entwicklung – so das berühmte Schlagwort der selbsterfüllenden Prophezeiungen.

In der sich abzeichnenden Abwärtsspirale muss der Staat mit „seinen tiefen Taschen“ das Steuer herumreißen: Unternehmen müssen wissen, dass sie nicht in die Pleite gehen müssen – das hat in der Corona-Krise geholfen, um die Zeit des Lockdowns zu überstehen.
Dr. Kater zeigte sich zuversichtlich, dass die Energie-Inflation zurückgehen wird, die Energieversorgung wird sich andere Beschaffungs- und Transportwege suchen – eine Hoffnung, die viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer sicherlich gerne teilen werden.
Seine Mahnung an die Politik: Es darf nicht wieder – wie z. B. zuletzt in den USA – das Füllhorn ausgeschüttet werden, denn damit wird ein Kaufrausch ausgelöst und so die Inflation angeheizt. Politik und Notenbanken hätten hier eher gegensteuern müssen, aber „30 Jahre Stabilität trüben den Blick“ – so die Einschätzung des Fachmanns.

Seine Prognose: Wir werden mittelfristig keine Inflation unter 2 % sehen, aber auch nicht mehr bei der aktuellen Teuerungsrate von 10 % verharren. Von der Preisentwicklung schlug er den Bogen zur Geldanlage. Sein Credo: selbst wenn es wieder  1- 2 % Zinsen auf dem Sparbuch gibt, reicht dies nicht aus, um einen Vermögenserhalt zu erreichen. Wichtig war, ist und bleibt ein Anlagemix – oder wie er plastisch ausführte „ein Gericht aus vielen Zutaten“ : Immobilien, Sachwerte und Aktienwerte gehören zwingend dazu. Und für die Aktienwerte gilt dies unabhängig von Börsenentwicklungen. Nach seiner Einschätzung ist der deutsche Aktienmarkt immer noch günstig, schwierig schätzt er die Lage bei Technologiepapieren und auf dem US-Markt ein. Seine Warnung: Wir neigen zu sehr dazu, prozyklisch zu handeln. Stattdessen gilt es jetzt „ein Prise Aktien“ mehr zu nehmen, Substanzwerte kaufen und dabei einen langfristigen Anlagehorizont zu verfolgen. Das bedeutet bei Aktien eine Anlagedauer von mindestens 5 Jahren, besser sogar 8 Jahre und länger. Aber auch für Dr. Kater ist klar: In der Krise haben vielen Menschen keine Lust, sich mit der Geldanlage zu beschäftigen.

Sein Tipp: weniger über einzelne Branchen oder Regionen, mehr über die Erhöhung der Aktienquote insgesamt nachdenken – und so manche Einschätzung und Empfehlung wurde nach seinem kurzweiligen und interessanten Vortrag noch lange im direkten Gespräch mit Dr. Ulrich Kater diskutiert.