Das Wachstum voranbringen
Seit fast drei Jahrzehnte pendelt Erich Reiser beruflich zwischen Winnekendonk und Krefeld. „Ich bin eine echter Zugereister – zusammen mit meiner Frau“, gesteht der neue Ortsvorsteher von Winnkendonk. „Wir kommen beide aus Schleswig-Holstein, aus Wrohe nahe Kiel.“ Die Vorfahren waren bis zur vierten Generation Binnenfischer, auch der Vater noch.
„Der hat aber selbst den Beruf gewechselt, weil das einfach nicht mehr viel gebracht hat“, berichtet der Vorruheständler, der zuletzt als Projektleiter im Maschinen- und Anlagenbauer gearbeitet hat und jetzt der Gemeinde „100-prozentig zur Verfügung“ steht. „Mein Vater war zum Schluss Verwaltungsangestellter und 16 Jahre lang Bürgermeister seiner Heimatstadt. Das ist mein erstes Vorbild, damit bin ich groß geworden“, sagt der 62-Jährige. „Daher rührt auch der Kontakt zur Kommunalpolitik.“
Selbst ging Reiser in Kiel zur Schule, machte dann eine Ausbildung zum Schreiner, holte das Abitur auf dem technischen Gymnasium nach. 1980 folgte die Bundeswehr und ein Jahr später begann er sein zum Studium der Holzwirtschaft in Hamburg, das er als Diplom-Holzwirt abschloss. Seine Frau lernt er im Alter von 20 Jahren auf einem Sommerfest kennen. „Jeden Lebensschritt haben wir gemeinsam gemacht“, sagt er nicht ohne Stolz. Zu der Zeit engagierte er sich noch in der Jungen Union, trat aber aus. „Das war die Zeit von Pershing II, die Entscheidung mit Kohl und der Nachrüstung, das war nicht meins“, sagt er heute „Die Antworten, die ich damals bekam, waren nicht die Richtigen. Ich bin auch nicht links gewesen, aber ich konnte mich da einfach nicht wiederfinden.“ Danach verlor er die Politik, auch berufsbedingt, erst mal aus dem Auge.
Nicht für immer ins Saarland
Der erste Sohn wurde geboren, man musste Geld verdienen. Ein Angebot lockte die junge Familie ins Saarland in die Nähe von Saarlouis. Dort arbeitete Erich Reiser als Projektingenieur für ein Sperrholzwerk. Fünf Jahre blieb er mit seiner Familie dort. „Wir waren uns einig, dass wir nicht bis zum Lebensende im Saarland bleiben“, erinnert er sich. Der Unterschied zwischen katholischen Saarländern und protestantischen Norddeutschen wie ihm war doch „zu krass“ gesteht Reiser zu. „Das ging zwar, aber nicht auf Dauer. Und wir wollten uns noch bewegen.“
So machte sich das Paar mit Sohn und erster Tochter auf den Weg nach einem Ort, wo die Familie bleiben wollte. 1991 stieg er als Projektleiter bei einer Krefelder Firma ein, ein zeitraubender Job. „Ich war 100 bis 120 Tage pro Jahr im Ausland. Das war internationale Projektabwicklung, die mich durch die ganze Welt geführt hat, außer nach Afrika und Australien, aber in den Iran, Brasilien, Kanada, Russland oder China.“ Das viele Reisen kam ihm entgegen: „Wir sind weltoffen trotz unseres norddeutschen Charakters. Meine Mutter hat immer gerne Ferienwohnungen vermietet. Da bin ich in meiner Kindheit immer mit Fremden zusammengekommen.“
Auf der Suche nach einem Haus in der Nähe wurden sie schließlich in Winnekendonk fündig. Am Heiligenweg stand ein Haus frei, das gerade neu erbaut war. „Da haben wir die ersten 16 Jahre gewohnt.“ Die zweite Tochter wurde in Geldern geboren. „Jede Station ein Mitbringsel“, schmunzelt Reiser. Die Entscheidung für Winnekendonk sei bewusst so gefallen: „Meine Frau und ich sind beide ländlich orientiert, nie Stadtmenschen gewesen. Deshalb verstehen wir die Lebensart und Weise der Landbevölkerung, wie wir sie hier auch wiederfinden. Wir lieben diese Freiheiten, diesen Abstand zu den Menschen. Aber man hat trotzdem eine Nähe zur Nachbarschaft. Man kennt sich, bringt sich ein und man weiß das auch wert zu schätzen, den klassischen Schnack vor der Haustor.“
Hinter den Vorhang schauen
1995 stieg er in Winnekendonk wieder in die CDU ein „wegen meines Nachbarn Ulrich Völlings“, der ihn dazu motivierte. Seit 2006 ist er im CDU-Vorstand des Ortsverbandes Winnekendonk aktiv. Und seit letztem Jahr ist er Vorsitzender des Evangelischen Arbeitskreises der CDU im Kreis Kleve, „was mich weiterbringt, weil dort die grundlegenden Grundwerte diskutiert und angerissen werden, die man weitergeben kann. Und man ist besser informiert.“ Das entspricht seinem Bedürfnis, „hinter dem Vorhang zu schauen, um der Wahrheit näher zu kommen.“
Seine Grundwerte habe er „immer in der CDU gesehen“, spricht er von einer „geistig-politischen Heimat.“ Er sei „kein Hardcore-Evangelist, aber lebe bewusst in der Kirche als Protestant. Ich bin mit dem Familienbild der CDU einverstanden“, sagt Reiser. Und er stehe zu Dingen wie Selbstverwirklichung und Besitz. „Diese Sachen sind für mich unumstößlich.“
Seit der letzten Kommunalwahl sitzt Reiser jetzt im Stadtrat. „Mein einziges wirkliches Manko“, sagt er, sei die Tatsache, „dass ich kein Vereinsmensch bin “ Das habe ihn, wie auch die anderen CDU-Kandidaten, denen das ähnlich ging, „nicht daran gehindert, für die Allgemeinheit tätig zu werden.“
Dass das Ortsvorsteheramt fünf Jahrzehnte lang von Hansgerd Kronenberg ausgefüllt wurde, schreckt ihn nicht ab. „Ich habe mich nicht von dieser herausgehobenen Persönlichkeit beeindrucken lassen. Hansgerd hat auf eigenem Wunsch gebeten, aufzuhören“, sagt Erich Reiser. „Wir haben ganz bewusst rücksichtsvoll keine Avancen gemacht und auch nicht gedrängt dass er das tun soll, aus Respekt vor seinem Ehrenbürgertum und seiner 50-jährigen Erfahrung.“ Dann musste der CDU-Vorstand eine Entscheidung fällen. „Wir haben im Vorfeld diskutiert, was machen wir für den Ernstfall und waren da vorbereitet.“ Er selbst habe da keine Bedenken gehabt, „weil ich das Für und Wider der Amtsfunktion kenne von Kindheit an.“ Er könne auf diesem Weg „eine gewisse Professionalität“ beweisen, hat er vor den großen Fußstapfen keinerlei Furcht. Auch wenn er sich nicht habe vorstellen können, einmal dieses Amt zu bekleiden. „Man verliert den Respekt vor hohen Tieren im Beruf.“
Winnekendonk als Nebenzentrum
Als Ortsvorsteher werde er „Repräsentant und Ansprechpartner für alle“ sein. Politisch wolle man auch mit anderen außerhalb der CDU das Gespräch suchen, „Wir haben auch andere starke Ratsmitglieder in Winnekendonk und Achterhoek. Mit zehn von 40 Ratsmitgliedern kann man für die Ortschaft schon was bewegen.“ Die detaillierte Sachkenntnis in Projekten, die fehle ihm natürlich nach einem Monat Ratsmitgliedschaft noch. „Deshalb lese ich sehr viel.“ Was Winnekendonk angehe, habe Kronenberg „Bemerkenswertes zustandegebracht.“ Das merke er jetzt, wo er erstmals im Rat sitzt, an den Vorlagen und den ganzen Stadtentwicklungsprojekten, die gelaufen sind. „Die Regionalplanungsbehörden sprechen von Winnekendonk als Nebenzentrum. Das ist ein Wort, das eine Bedeutung hat, wenn man die anderen Ortschaften sieht. Das hat eine große Auswirkung.“
Die Ortschaft sei „ein Zuzugsort in dem Kontext, ein attraktiver Standort. Wir wachsen, das spürt das Gewerbe sehr fein, wo es sich lohnt, Zukunftsinvestition zu tätigen. Das möchte ich auf jeden Fall ausnutzen und voranbringen.“ Und welche Projekte sind Winnekendonk noch wesentlich? Angesichts der Ortsumgehung OW1 denke man in der CDU vor Ort darüber nach, einen „Anstoß zur Neugestaltung des Ortskerns“ zu geben. Der Umzug des SV Viktoria vom alten zum neuen Sportplatz werde 2021 garantiert ein Thema. „Die sind da schon in heller Aufregung“, sagt Reiser. Den Bürgerpark als „schönen Erlebnisort“ neu zu gestalten, fände er auch sinnvoll. „Jedes Jahr dort andere Sträucher zum Blühen bringen, ihn auf die Höhe der Zeit bringen“, damit Kinder und Ältere dort verweilen, das schwebt ihm da vor. „Das geht bestimmt auch mit einfachen gestalterischen Mitteln“, zum Beispiel einer Boulebahn.
Die Frage, wie lange er das Amt des Ortsvorstehers ausüben will, stelle sich ihm erstmal nicht, versichert Reiser. Der frühere Jahrgangs-Landesmeister Schleswig-Holsteins auf 100 Meter Brust in der Staffel schwimmt noch immer gerne und fährt mit seiner Frau jede nur mögliche Strecke mit dem Rad. „Es geht erst mal darum, Akzeptanz in der Ortschaft selbst zu erreichen“, steckt er die Ziele niedriger. „Ich brauche da auch ein Feedback, ob das funktioniert.“