Treibende Kraft des Kevelaerer Künstlerbundes

In diesen Tagen jährte sich zum 130. Mal der Geburtstag von Karl Wenzel , der später über Jahre als Künstler in Kevelaer wirkte und an der Ausmalung der Basilika beteiligt war.
Ein Großteil seiner Werke wurde bei einem Bombenangriff auf Kevelaer zerstört. Wenige Jahre danach, im September 1947, starb der aus Ibbenbüren stammende Maler, der als bedeutender Künstler aus dem Kreis der Schüler um Friedrich Stummel hervorgegangen ist.
Karl W. Wenzel wuchs in einer musisch sehr vielseitigen Familie auf und schaute oft seinem Vater Louis (1852 bis 1920) über die Schulter, der ein bekannter Landschafts- und Porträtmaler war. Nach Abschluss seiner Gymnasialzeit kam Wenzel als 19-Jähriger nach Kevelaer in das Atelier von Friedrich Stummel, der weithin als Kirchenmaler bekannt war.
Wenzel galt, wie Peter Lingens einmal schrieb, als der begabteste Schüler Stummels. Von 1906 bis 1914 wirkte Wenzel an der Ausmalung der Marienbasilika mit. Nach seiner Zeit im Stummel-Atelier arbeitete er 1921 mit Heinrich Holtmann am Kathedralchor der Basilika, das durch Bauarbeiten stark entstellt war. Gemeinsam banden die beiden Künstler den Chorraum wieder ins Gesamtkunstwerk ein.
Wenzels Tochter, Gerte Paessens-Wenzel, über ihren Vater: „[In Kevelaer] lehnte er schon bald die in überlieferten Formen erstarrte Kunstauffassung innerlich ab und suchte nach langen Jahren schwerer Kämpfe mit sich selbst nach eigenen Wegen.“ Seine Studienreisen führten ihn durch Deutschland, die Schweiz und durch die Niederlande.
Als Vorsitzender des Künstlerbundes organisierte Wenzel 1932 eine umfangreiche Kunstausstellung in Kevelaer, die die breite Palette des Schaffens einheimischer Maler zeigte. Offenbar weil Aufträge für ihn als Kirchenmaler in den 1930er- und 1940er-Jahren ausblieben, wandte er sich in dieser Zeit der profanen Malerei zu.
Seine naturalistische Arbeit erregte im NS-Deutschland positives Aufsehen. Aus seinem zeitangepassten „’völkischen’ Malstil“ (Lingens) dürfe nach Aussagen seiner Tochter Gerte Paessens-Wenzel nicht der Fehlschluss gezogen werden, Wenzel sei ein Anhänger der Nazi-Politik gewesen. Seine Malweise in jener Zeit – eine in der Kunstgeschichte sich immer wieder zeigende Entwicklung – und seine so erzielten Erfolge als Maler seien ihm in keiner Weise vorzuwerfen.
Als Wenzel nach dem Krieg nach Kevelaer zurückkehrte, das ihm ab 1906 längst zur zweiten Heimat geworden war, „fand er Heim und Atelier, auch das Atelier im Gartenhaus Bausch, bis auf die Grundmauern von Bomben zerstört. Was im Keller war, die besten seiner Bilder in Kisten eingenagelt, Rahmen, Malgerät, Material, Arbeiten jahrelangen Studiums, alle Kupferplatten, seine literarischen Werke, alles war gestohlen worden. Nur einen kleinen Teil seiner Radierungen hatte ein Kunstfreund retten können“.
Für Wenzel war der Verlust der künstlerischen Zeugnisse vieler Jahre eine tiefe Erschütterung. Freunde und Verehrer gaben ihm Mut für einen neuen Anfang. Unermüdlich schuf er neue Werke.
Doch Wenzel dachte nicht allein an sein eigenes Fortkommen. Nach dem Krieg versuchte er eine Neubelebung des Kevelaerer Künstlerbundes, dem er angehört hatte und dessen treibende Kraft er war. Der Bund veranstaltete noch eine große niederrheinische Ausstellung, bei der auch Werke von Wenzel zu sehen waren. Doch da der Künstler wenige Wochen nach der Ausstellung starb, „ging das junge Pflänzchen des organisierten Kevelaerer Kunstlebens bald wieder ein“, schrieb Peter Lingens in „Unsere Heimat“ 3/1996.
In Kevelaer wurde im Januar 1967 eine viel beachtete Ausstellung von Grafik und Bildern von Karl W. Wenzel gezeigt. Heute verfügt auch das Museum in Kevelaer über einige Werke des Künstlers: Seine Tochter aus Bad Neuenahr-Ahrweiler hatte sie dem Verein für Heimatschutz und Museumsförderung aus dem Nachlass ihres Vaters gestiftet, darunter eine von Will Horsten geschaffene Bronzebüste, acht gerahmte Bilder in Aquarell und Mischtechnik aus der „Städte-Serie“ sowie vier Radierungen.
Zwei Radierungen von Karl W. Wenzel konnte 1994 der Verein aus einem anderen Nachlass für eine symbolische Mark kaufen. Die Federzeichnungen und Radierungen aus der „Städte-Serie“ waren deswegen so willkommen und wichtig für das Kevelaerer Museum, weil diese Wenzel-Reihe seinerzeit die Abteilung „Wallfahrts- und Ortsgeschichte von Kevelaer“ im neuen Teil des Museums abschloss. In der Einschätzung von Sachverständigen nimmt Karl W. Wenzel als Maler, Musiker, Schriftsteller und Kinderbuchautor eine der ersten Stellen im Reigen der Kevelaerer Künstler im 20. Jahrhundert ein.
Die Stadt benannte eine Straße auf Kevelaer-Nord nach Wenzel, wo er sich im „Künstlerviertel“ mit Dürer, Stummel, Korthaus, Grünewald, Holbein, Kolbe, Klee, Rubens, Spitzweg und Zille in illustrer Gesellschaft befindet.