Tischler können Hoffnung haben

Die Geschäftslage im nordrhein-westfälischen Tischlerhandwerk hat durch die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie einen Dämpfer erlitten. „Nach mehreren Jahren der Hochkonjunktur zeichnet sich nun eine Verschlechterung der Lage und eine deutliche Verunsicherung ab. Das zeigt die aktuelle Konjunkturumfrage des Fachverbandes Tischler NRW“, sagt Dipl.-Ing. Heinz-Josef van Aaken aus Kevelaer, Obermeister der Tischler-Innung des Kreises Kleve. Anders als in vielen anderen Branchen könne man aber nicht von einer Vollbremsung sprechen. Denn noch immer beurteilen 32,1 Prozent der Tischlerbetriebe die derzeitige Geschäftslage als gut, weitere 43,4 Prozent als befriedigend.

„Deutlich düsterer sieht es beim Blick auf die Erwartungen für das nächste halbe Jahr aus“, sagt van Aaken. Nur jeder 20. der befragten Betriebe glaubt an einen baldigen Aufschwung. Drei Viertel der Unternehmer hingegen sehen für die nächsten Monate einer sich verschlechternden Geschäftslage entgegen, wobei die Skepsis mit der Betriebsgröße wächst.

Zum saisonal üblichen Auftragsrückgang kommen in diesem Frühjahr die aktuellen Effekte hinzu. Heinz-Josef van Aaken: „Schon ohne die Pandemie war der Auftragsbestand gegenüber dem Vorjahr leicht rückläufig. Die Corona-Maßnahmen und das Herunterfahren der Wirtschaft und des öffentlichen Lebens haben diesen Trend verstärkt.“ Zwar sind bei der Mehrheit der Unternehmen die Bestände stabil geblieben (46,1 Prozent) oder sogar gestiegen (14,6 Prozent); mit 39,3 Prozent liegt der Anteil der Tischlereien mit Auftragsverlusten jedoch um rund 20 Prozentpunkte über denen der Vorjahre, wie die Konjunkturumfrage ergab. Besonders deutlich zeigen sich die Einschnitte bei der Auftragsreichweite (5,9 Wochen).

Sorge vor Arbeitsplatzverlust

Drei Viertel aller befragten Betriebe geben an, in den letzten Monaten keine Anpassungen vorgenommen zu haben. Unter den besonderen Umständen kam es lediglich bei 12,9 Prozent der Unternehmen zu Personalabbau. Gleichzeitig vermelden 11,1 Prozent der befragten Betriebe zusätzliche Einstellungen. „Das ist allerdings eine Momentaufnahme. Die Sorge ist groß, dass sich die Personalsituation verschlechtern wird“, so van Aaken. Ein Drittel der Branche (35,6 Prozent) rechnet mit dem Verlust von Arbeitsplätzen.

„Wenn die zukünftige Entwicklung von so viel Unsicherheit geprägt ist und mit Skepsis betrachtet wird, dann wachsen auch Befürchtungen hinsichtlich der eigenen Verkaufspreise“, erklärt Heinz-Josef van Aaken. Insgesamt hatten die Tischler in NRW zuletzt durchaus erfolgreich ihre Stundenverrechnungssätze den gestiegenen Kosten entsprechend anpassen können. „Mit weiteren Steigerungen müssen Kunden vorerst aber nicht rechnen“, sagt van Aaken. Eine Mehrheit der befragten Unternehmen (65,1 Prozent) setzt auf Preisstabilität. Jeder fünfte Betrieb (20,2 Prozent) erwartet, dass die Verbraucherpreise sinken werden.

„Bei allen berechtigten Sorgen können wir als Tischler aber durchaus Hoffnung haben, die Coronakrise relativ glimpflich überstehen zu können“, erwartet der Obermeister. „Anders als andere Branchen sind wir kaum von Produktionsstilllegungen, Schließung von Geschäften oder unterbrochenen Lieferketten betroffen.“ Dennoch machen zahlreiche Betriebe von der Möglichkeit der Kurzarbeit Gebrauch, um Entlassungen zu vermeiden. Heinz-Josef van Aaken: „Die insgesamt gute Auftragsreichweite und unverhoffte Neuaufträge von Einrichtungen, die die Corona-bedingte ‚Auszeit‘ für überfällige Renovierungsmaßnahmen nutzen, halten viele Betriebe über Wasser. Von Vorteil ist zudem die gute Eigenkapitalausstattung, die viele Unternehmen in den zurückliegenden Jahren aufbauen konnten.“