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Plötzlich waren sie Gastwirte

Ihr zehnjähriges Bestehen als Gastwirte hatten sich Anja und Thomas „Scholle“ Scholz wahrlich anders vorgestellt. Statt einer Feier mit vielen Gästen und DJ gab es am 10. Mai für das Ehepaar nur je eine Flasche Bier zum Anstoßen. „Flaschenbier“, murmelt Thomas Scholz und schüttelt bei dem Gedanken daran lachend den Kopf. Die Fässer waren aufgrund der Schließung durch die Corona-Pandemie alle leer und die geplante Feier war durch den Lockdown natürlich auch ausgeschlossen. Auch wenn die Party vorerst aufgeschoben ist, erinnern sich die Eheleute anlässlich des Jubiläums gerne an die Anfänge ihrer Tätigkeit in der Winnekendonker Traditionsgaststätte zurück.

Thomas Scholz begann bereits vor fast 30 Jahren, als Kellner in dem Lokal zu arbeiten – 16 Jahre davon bei Heinrich Hebben als Betreiber. Von ihm übernahm das Ehepaar Scholz vor zehn Jahren die „Brücke“. „Wir hatten eine Woche Zeit, um uns das zu überlegen“, erinnert sich Thomas Scholz. Optimal war der Zeitpunkt damals nicht. Die Familie hatte gerade ein Eigenheim gebaut, Tochter Maren war noch sehr jung und auf Jobsuche war das Paar ebenfalls nicht. „Wir haben dann gesagt, wir machen das erstmal für ein Jahr“, sagt Anja Scholz. Sie haben sich nicht gleich an einen zehn-Jahres-Vertrag binden wollen. Der gelernte Bäcker und Lagermeister arbeitete in der Anfangszeit noch weiter in seinem Beruf bei „Butzon und Bercker“. Später schließlich widmete er sich vollständig seinem Lokal, in dem seine Frau Anja sich hauptsächlich um die Küche kümmert und auch Tochter Maren hin und wieder aushilft.

Große Unterstützung der Winnekendonker

Die gelernte Wirtschafterin Anja hatte die Küche mit ihrem Team schnell im Griff, wurde nun in der Corona-Krise allerdings nochmal vor eine große Herausforderung gestellt. Das Ehepaar Scholz richtete nämlich einen temporären Lieferdienst ein und bot zudem Speisen zum Mitnehmen an. „Wir haben teilweise bis 100 Essen gemacht sonntags“, blickt die 51-Jährige zurück. Für die beiden Services seien natürlich andere organisatorische Strukturen notwendig als im normalen Betrieb. Während der zahlreichen Einschränkungen durch Covid-19, durch die viele Gastronomen am Rande der Existenz standen, konnten sich Anja und Thomas Scholz über große Unterstützung aus dem Golddorf freuen. Neben zahlreichen unterstützenden Einzelkunden habe auch der Winnekendonker Sportverein seine Mitglieder mobilisiert, das Dorflokal aufzusuchen. Auch der Vermieter sei ihnen durch das Erlassen zweier Monatsmieten sehr entgegengekommen.

Und auch unabhängig von Corona weiß das Ehepaar, dass es ohne die Gäste aus dem Dorf nicht geht. Auf der einen Seite habe man im Laufe der Zeit viele Gäste durch das erweiterte Speisenangebot gewinnen können. „Meine Frau bereitet alles frisch zu“, sagt Thomas Scholz. „Man braucht gleichbleibende Qualität“, fügt Frau Anja hinzu. Andererseits hätten sich vor allem bei den Sportlern die Traditionen gewandelt. Während es früher noch Selbstverständlichkeit war, nach dem Sport in der Kneipe beisammen zu sitzen, kämen die Sportler in der heutigen Zeit oft erst spät. Denn an beinahe jeder Sportstätte gibt es heute ein Getränkeangebot und das kühle Feierabendbier steht nach der Dusche direkt bereit.

1998 läuteten die Hochzeitsglocken

Dennoch: Durch viele Kegelclubs, große Kegel-Events, einige Skatclubs und die Vermietung eines Feiersaals vor allem für Geburtstage ist immer etwas los in der Winnekendonker Gaststätte. Auch die Karnevalstradition haben die Betreiber wieder aufleben lassen. „Wenn dann feiern wir wieder richtig Karneval“, hätten sie damals beschlossen. Seit einigen Jahren veranstalten sie Karnevalspartys in der ÖBS, erzählt das Ehepaar, das 1998 bereits die eigene Hochzeit in dem Lokal feierte. Und wer die „Brücke“ aus früheren Jahren kennt, wird sich auch heute nicht fremd fühlen. Größere Veränderungen haben lediglich in Form einer neuen Bestuhlung und eines neuen Bodenbelages stattgefunden. Außerdem wurden die beiden Kegelbahnen aufbereitet.

In einer Sache sind sich Anja und Thomas Scholz einig: „Man muss Spaß dabei haben.“ Denn die Arbeitszeiten scheinen oft keinen Grund zur Freude zu geben. Bis spät in die Nacht hinein, am Wochenende, an Feiertagen und generell an sechs Tagen in der Woche stehen die Gastwirte mit ihrem Team für die Gäste bereit. Und an ihrem einzig freien Tag – dem Mittwoch – stehe dann oft die Fahrt zum Großhandel an. Aber vor allem der 53-Jährige wusste durch seine langjährige Kellnertätigkeit vorab, worauf er sich einlässt. Und bereut haben die beiden die Entscheidung bisher nicht. Dennoch ist ihnen bewusst, dass es mit den Jahren nicht unbedingt leichter wird, einen Nachfolger zu finden. Ob sie schon daran denken, die Gaststätte abzugeben? Aktuell gibt es noch keine konkreten Pläne, lediglich eine Prognose: „Solange wir gesund sind, werden wir das, denke ich, weitermachen“, kündigt Thomas Scholz an.