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Gärtnernd durch die Krise

Jüngst lief es mehrfach in verschiedenen Facetten über den Nachrichten-Ticker: „Die Deutschen“ gärtnern wieder mehr – Corona sei Dank. Gerade in Großstädten wären Kleingartenparzellen wohl auf Jahre nicht mehr zu bekommen, glücklicherweise ist diesbezüglich die Lage in Kevelaer noch entspannt. Bester heimischer Seismograph für derartige Entwicklungen ist das Gartencenter Breuer, findet man doch genau dort all jenes, was einem dem Wunsch nach ‚Autarkie in der Gemüsefrage‘ ein kleines Stück näher bringt. Verzeichneten die Supermärkte Umsatzrekorde bei Toilettenpapier, Hefe und Dosenravioli, bestätigt Geschäftsführerin Annemone Breuer, dass während des Lockdowns deutlich mehr Jungpflanzen für Gemüse und Kräuter verkauft worden seien. Hinzu kam die vermehrte Nachfrage nach außergewöhnlichen Pflanzen, die eigens beschafft werden mussten – „Der Deutsche“ hatte ja Zeit, sein privates Reich zu verschönern, was sich auch in der ungewohnt hohen Zahl an Fragen rund ums Gärtnern äußerte.

Vielleicht schließt sich für manch einen an dieser Stelle gedanklich ein Kreis, der sich schon immer fragte, worin die Systemrelevanz von Bau- und Gartenmärkten besteht, die zumindest in Nordrhein-Westfalen während des Lockdowns nie schließen mussten. Über diesen Umstand ist Gartenmarkt-Chefin Breuer verständlicherweise froh. Schon früh suchte man einen Modus, um durch die Krise zu kommen und den Kunden einerseits das gewohnt breite Sortiment an Pflanzen anbieten zu können und andererseits wegen wegbrechender Nachfrage selbige nicht vernichten zu müssen – die bekannten Bilder aus den Blumen-Großmärkten in den Niederlanden waren doch bedrückend.

Beschränkte Kundenzahl

Kommt man dieser Tage zum Gartencenter, läuft es dort genauso ab wie an vielen anderen Orten auch: Die Kundenzahl im Markt ist beschränkt, an den Knotenpunkten markieren Pfeile den Weg und es werden kontinuierlich die Einkaufswagen desinfiziert, so dass jeder Kunde definitiv immer einen sauberen Wagen in die Hand bekommt.

In der Hochphase des Infektionsgeschehens bestand auch die Möglichkeit, in einem speziellen Bereich eine Auswahl an Gemüse-, Kräuter- und Blumenpflanzen kontaktlos zu kaufen – so eine Art „Kohlrabi to-go“. Und die Kasse des Vertrauens hat auch immer gestimmt, darüber ist Annemone Breuer froh. Weniger froh ist sie über den Umstand, dass Diebe in der Anfangszeit des Masketragens die damit einhergehende „Anonymität“ ausnutzten und es auf im Auto deponierte Wertsachen absahen, während die ahnungslosen Kunden beim Einkaufen oder Beladen ihres Fahrzeugs waren. Zum Glück hat man diese Lage inzwischen im Griff und auch die Polizei geht der Angelegenheit nach, die in dieser Art nicht nur in Kevelaer auftrat.

Aber allen Mühen zum Trotz gilt besonders in Deutschland: „Irgendwas ist immer“. Und so bekam das Team vom Gartencenter nicht nur Applaus für seine Mühen, einen reibungslosen Betrieb aufrechtzuerhalten. Annemone Breuer berichtet von einzelnen Anfeindungen für die Tatsache, dass das Gartencenter durchgängig geöffnet blieb und besonders in den Sozialen Medien legte mancher Zeitgenosse ein Zeugnis mangelnden Benehmens ab – auf Facebook pöbelt es sich leider angenehm leicht.

Rückblickend auf die vergangenen Wochen bleibt dennoch ein bitterer Nachgeschmack, denn trotz aller Bemühungen war die Kundenzahl in den Hauptumsatzmonaten des Frühjahrs spürbar niedriger, auch wenn der Umsatz pro Kunde in der Tendenz etwas höher war. Inwieweit es zu Nachholeffekten kommt, wird die Zeit zeigen. Letztlich sind diese auch nur bedingt möglich – die Vegetationsperiode im Rahmen des Konjunkturpaketes nach hinten verschieben, kann noch nicht einmal die Kanzlerin. Dafür gibt es ab Juli eine Mehrwertsteuersenkung für ein halbes Jahr. Annemone Breuer ist Willens, diese an die Kunden weiterzugeben, auch wenn ihr derzeit die dafür notwendigen Anpassungen in Warenwirtschaft, Kassensystem und Buchhaltung noch einiges Kopfzerbrechen bereiten – der Aufwand ist nicht unerheblich und zum Jahreswechsel heißt es „Rolle rückwärts“.

Weniger Anlässe

In Summe über alle Maßnahmen ist es ein ziemlicher Mehraufwand, der für den Betrieb des Gartencenters entsteht, bei geringeren Umsätzen. Und erschwerend kommt hinzu, dass beispielsweise das Geschäft mit Floristik für Hochzeiten und besondere Anlässe stark zurückgegangen ist.

Wenn eine bleibende Konsequenz aus der Corona-Krise ist, dass „die Deutschen“ wieder mehr Zeit und Aufwand in ihre Gärten investieren, so wäre das gewiss etwas Positives, schlussendlich auch für das Gartencenter Breuer. Sogar Uli Hoeneß teilte jüngst der Öffentlichkeit via YouTube mit, die Corona-Krise zur vermehrten Gartenarbeit genutzt und dabei acht Kilo abgenommen zu haben – und den Effekt gibt’s sogar steuerfrei.

St. Marien und St. Antonius wollen stärker kooperieren

Rund 400 Meter liegen zwischen der Marienbasilika und der St.-Antonius-Kirche. Zwei Kirchen, die zu eigenständigen Pfarreien gehören. Doch auch in der Pilgerstadt wird der Trend spürbar, dass weniger Menschen die Gottesdienste besuchen, und das Bistum muss das Geld aus den Kirchensteuereinnahmen verantwortungsvoll investieren. In beiden Pfarreien sind umfangreiche Sanierungsmaßnahmen geplant, etwa am Priesterhaus und am Pfarrheim von St. Antonius.

Vor diesem Hintergrund haben die Pfarrer Gregor Kauling von St. Marien und Andreas Poorten von St. Antonius beschlossen, enger zusammenzuarbeiten. Vorausgegangen waren Gespräche mit Weihbischof Rolf Lohmann, dem Generalvikar des Bistums Münster Dr. Klaus Winterkamp und Mitgliedern mehrerer Gremien. Vorweg betonen beide Pfarrer, dass es nicht um eine Fusion der Pfarreien gehe. Vielmehr sei das Ziel, Räume sinnvoll gemeinsam zu nutzen, um Doppelinvestitionen zu vermeiden. Für St. Antonius gelte dies primär für die Gemeinde in der Stadt selbst und nicht für die Gemeinden in den Ortschaften. „Niemand auf den Dörfern muss befürchten, dass nun plötzlich Pfarrheime geschlossen werden“, betont Poorten.

Verbindungen stärken und neue Brücken schlagen

Verbindungen zwischen St. Antonius und St. Marien gebe es schon jetzt, weiß Wallfahrtsrektor Kauling. „Man kennt sich hier“, sagte er. Nun gelte es, bestehende Verbindungen zu stärken und neue Brücken zu schlagen. Das sei zum Beispiel bei der Arbeit vieler Gruppen denkbar, ohne dass die jeweilige Identität genommen werde. „Die eigenständigen Pastoralkonzepte der beiden Pfarreien werden auch weiterhin ernst genommen“, betont Kauling, weist aber darauf hin, dass bei allen Konzepten eine ständige Überprüfung und Anpassung beschlossen wurde.

In einem Brief an die Mitglieder der Pfarreiräte und Kirchenvorstände schreiben Poorten und Kauling: „In einem ersten Schritt muss nun geprüft werden, wie oft die Räumlichkeiten von welchen Gruppen genutzt werden. Da gilt es für St. Marien, die Nutzung durch die Kirchengemeinde und der Wallfahrt zu unterscheiden, St. Antonius muss die vier anderen Gemeinden im Blick behalten. Dann werden sich Vertreter der beiden Kirchengemeinden zusammensetzen und überlegen, wie ein gemeinsames Konzept für die Innenstadt aussehen kann.“ Die Pfarrer zeigen sich zuversichtlich, dass dies gelingen wird. In den vergangenen Monaten habe es bereits eine „vielversprechende Zusammenarbeit auf einigen Feldern gegeben“, erklären sie.

Reisebüros setzen auf Trendwende

Sandra Jacobs sitzt hinter ihrer Plexiglasschreibe in ihrem „TUI Reise Center“ an der Amsterdamer Straße und wartet an diesem Morgen auf die ersten Kunden. „Es hat sich alles verändert. Unsere Arbeit ist komplett nicht mehr so wie früher“, beschreibt die Betreiberin des Reisebüros die aktuelle Situation.

Seit den coronabedingten Reisewarnungen seien kaum noch Buchungen zu verzeichnen gewesen, viele Reisen storniert worden. „Der Juli ist sonst der Hauptreisemonat, da sind von den gut sechzig Vorgängen noch 14 über. Das tut schon weh.“ Der Umsatz seit März sei „faktisch gleich Null“. Die paar, die fliegen wollten, seien ein Tröpchen auf dem heißen Stein. „Bei einer 2000-Euro-Buchung bleiben ohne das Finanzamt für mich 200 Euro übrig – also ein Abendessen bei Stassen“, meint sie zuspitzend. Jede zweite Buchung sei gefühlt eine Kreuzfahrt, der Mai da sonst der stärkste Monat. „Die sind alle ausgefallen.“ Bei Fernreisen sei die Situation generell schwierig. „Wir hatten zum Beispiel, was die USA angeht, viele Anfrage für Rundreisen, Flüge, Mietwagenbuchungen. Die sind bis weit in den Juli/August schon storniert.“

Jacobs hofft darauf, dass viele Reisende jetzt doch wieder auf ein Auslandsreiseziel setzen. „Es gibt so viele sichere Ziele und Länder, die bereisbar sind wie Griechenland, was die Hygiene betrifft, die spanischen Hotels definitiv auch. Kroatien mit Flug oder eigener Anreise geht auch, die hatten kaum Corona. Und Portugal.“ Mit Blick auf die Kreuzfahrten werde sicher die „TUI Cruise“ die erste Linie sein, die im Juli ab Griechenland unterwegs sein könne und ein Hygienekonzept hinkriegen werde. So ab Juli/August gebe es die „blauen Reisen“ von Hamburg und Kiel aus auf das Meer hinaus, „um zu gucken, wie geht der Alltag mit 1500 Leuten an Bord“. Für diese Angebote gebe es schon Anfragen.

Provisionsrückzahlungen

Jacobs hofft, „wenn im Juli die erste Urlauber zurückkehren und sagen, Malle war super“, dass dann diese Ziele wieder angesteuert werden. „Ich habe die leichte Hoffnung, dass es ab August anzieht und wir hier aus der Kurzarbeit rauskommen.“ Illusionen über die Jahresbilanz macht sie sich aber keine: „2020 habe ich abgeschrieben.“ Mit der Soforthilfe des Bundes komme man aktuell irgendwie hin. Die bringe sie aber nicht weiter, weil sie das, was sie verdiene, teilweise an TUI oder DER Tours zurückzahlen müsse, die im Voraus zahlen. „Da kommt so eine Rückzahlung von geschätzt 40- bis 50.000 Euro auf mich zu. Dafür müsste ich dann einen Kredit aufnehmen.“ Es gebe aber ein kleines Licht am Horizont: „Es sieht so aus, dass das neue Überbrückungsgeld des Bundes die Provisionen mit einschließt.“

Was auf keinen Fall aber passieren dürfe, sei die erneute Pleite eines Reiseanbieters. „Dann wäre das Vertrauen in Sachen Pauschalreisen weg.“ Sie setze aber darauf, dass die Branche jetzt ans Laufen komme. „Ich will durchhalten und das hinkriegen.“

Reihenweise Reiseabsagen, die durfte Jacobs‘ Kollegin Astrid Lamenta von DER Tours schräg gegenüber auch verzeichnen. „Wir arbeiten quasi seit Oktober unentgeltlich. Alles, was danach gebucht wurde für März bis Juli, ist alles weg“, meint die engagierte Frau, die seit vierzehn Jahren in Kevelaer ansässig ist. Ihr Mann betreut seit 2002 den zweiten Standort am Weezer Flughafen, der bis zum 15. Juni geschlossen war.

„Alle Schiffsreisen sind auf 2021 umgebucht. Was will ich mit Schiffsreisen, wo ich nie anlegen kann?“, erzählt sie von ihren Erfahrungen der letzten Zeit. „Die meisten wollten das Geld zurück. Und die Provisionen durften wir zurückzahlen.“ Man sei aber jeden Tag erreichbar gewesen, habe die Leute am Telefon beruhigt, was deren Geld angehe und sich gekümmert. „Das ist der Unterschied zum Internet.“

So kurzfristig, wie die Öffnung jetzt kam, müsse man schnell umsteuern. „Wir hatten hier eine Reise nach Kroatien für den 16. Juni. Die haben wir für den 20. Juni umgebucht, weil der Flug für den 16. abgesagt war.“ Auch einige Reiseveranstalter seien nicht immer zu erreichen. Und einige Hotels seien noch nicht vorbereitet. „Wir haben Kunden, die am 2. Juli nach Zypern fliegen würden. Aber da ist das Hotel geschlossen.“

Nach der Ankündigung von Außenminister Heiko Maas, die Reisewarnung für die Nicht-EU-Länder und die Türkei bis zum 31. August zu verlängern, sei ihr aber für einen Moment „nur noch zum Heulen“ zumute gewesen. „Danach ging hier nur das Telefon.“ Denn Fernreisen wie nach Thailand, Mexiko oder eben die Türkei werden dann wohl abgesagt.
Insgesamt sei das Interesse noch zögerlich. „Ich kann jeden verstehen – der eine will fliegen, der andere nicht.“ Die Leute informierten sich aber sehr genau.

Flüge hält sie für unbedenklich. „Mit Masken und der Lüftung in den Maschinen dürfte eigentlich nichts passieren“, sagt sie. Und dass man am Strand eine Maske tragen müsse, entspreche nicht den Tatsachen. „Die darf man abnehmen, wenn man am Strand sitzt.“
Jetzt sei es für sie wichtig, dass die Menschen überhaupt reisen. Denn die 9000 Euro Coronahilfen seien für zwei Büros „nur ein Tropfen auf dem heißen Stein“. Die Kurzarbeit laufe zwar über die Arbeitsagentur und man habe die Monate auch irgendwie überstanden. „Aber wir müssen jetzt wieder Geld verdienen“, sagt Lamenta. Denn sonst, so lässt sie durchblicken, wird es eng. „Wenn es so weitergeht, können Reisebüros schließen, wenn von oben nix kommt.“

Im Schatorjé-Reisebüro an der Hauptstraße sitzen Mara Boll und Christiana van Elst, beraten persönlich und telefonisch ihre Kunden. Bei Boll sitzt in diesem Moment Jörg Lehmann, der für sich und seine Partnerin Karin Brockerhoff „zum Warmwerden“ eine Tagestour nach Nordwijk bucht. „Für mich ist das der erste Urlaub nach langem Krankenhausaufenthalt“, erzählt der 54-Jährige. „Das ist für mich wie eine Befreiung.“ Natürlich habe er sich über Corona Gedanken gemacht. „Aber man muss es nicht provozieren oder in Massen gehen.“

Viele Anfragen erfolgten zur Zeit für Reisen innerhalb Deutschlands wie Nord- oder Ostsee und mit Busreisen, berichtet Christiane van Elst, „weil wir da Abstand haben.“ Natürlich seien die Öffnungen noch frisch, viele hätten abgewartet. „Wir hoffen, dass da was reinkommt.“ Naturgemäß gab es zwischen März und Mai weniger Buchungen und viele Stornierungen wegen der Pandemie. Auch der Service des Büros war eingeschränkt, die Kollegen mit in der Kurzarbeit. Ihr Chef habe das Ganze bisher aber „super gemanagt“. Einige Kunden hätten aber über 2020 hinaus Reisen abgeschlossen. Auch solche Signale machen ihr Hoffnung. „Die Leute brauchen Erfolgserlebnisse in dieser Zeit. Und eine Karibik-Kreuzfahrt 2021, das ist dann ein Ziel, das motiviert.“ Die Beratung sei kein einfaches Geschäft zurzeit. „Gefühlt alle zwei, drei Tage kommt eine neue Bestimmung. Da ist das, was ich gestern erzählt habe, heute schon kalter Kaffee.“

Die Situation der vergangenen Monate sei schon heftig gewesen, gesteht Renate Schatorjé. „Da war so ziemlich alles im Stillstand, weil alles nach und nach eingebrochen ist – es kamen zig Stornierungen im Gelegenheitsverkehr, bei den Klassen- und Gruppenfahrten. Dann gab es ein Flugreiseverbot, dann brach der Schulverkehr ein. Und anschließend wurde der Linienverkehr so weit eingeschränkt, dass es da nur noch Samstagsdienst gab.“ Da musste dann auch mal das Reisebüro geschlossen werden. Jetzt ist es stundenweise besetzt und zu erreichen. Möglicherweise nächste oder übernächste Woche soll es zu normalen Zeiten geöffnet werden.

Buchungen für 2021

„Mein Mann und ich haben die Stellung gehalten, Kurzarbeit gemacht und haben noch Kurzarbeit.“ Mit dem Schulstart sei man jetzt wieder etwas mehr unterwegs. „Und wir haben Verkehrszeiten, wenn Erntehelfer abgeholt wurden.“ Das sei aber minimal. Der Gelegenheitsverkehr als eines der Standbeine sei für 2020 so gut wie stillgelegt. „In den Sommerferien wird das eine oder andere wieder stattfinden.“ Viele Ferienfreizeiten seien zwar abgesagt, aber einige würden wieder stattfinden dürfen.

„Jetzt dürfen demnächst wieder Reisebusse fahren. Wir wollen ab dem 1. Juli da ein eigenes Programm durchführen.“ Ziele seien hauptsächlich Deutschland mit Ost- und Nordfriesland, der Ostsee, „aber auch Richtung Schwarzwald wollen wir fahren, nach Österreich und Holland an die Nordsee.“ Die Fahrten werde man aber „halbieren“, um den Abstand wahren zu können und damit die Fahrgäste während der Fahrt nicht mit Mundschutz reisen müssen. „Wir möchten, dass die Kunden sich wohlfühlen, sich entspannen – und Sicherheit an erster Stelle steht.“

Auch Flugreisen nach Apulien und Emilia-Romagna wolle man im Herbst durchführen. „Wir glauben auch, dass die Leute das wollen.“ So komme man nach und nach aus dem Stillstand raus. Viele Reisegäste hätten zudem für 2021 gebucht. „Wir haben einige Buchungen, die vor Corona schon getätigt wurden, die die Leute noch nicht storniert hatten und wo man jetzt fahren kann.“ Ganz klar sei aber, dass man in der Tourismusbranche „das, was man im ersten Halbjahr nicht verkauft hat, nicht mehr aufholen kann. Alles, was man schon investiert hatte, ist alles ausgegeben und bezahlt – und wir haben nix dran verdient. Das ist schon bitter und problematisch.“ Dass das Unternehmen mehrere Standbeine habe, erweise sich in so einer Situation als Vorteil. „Das ist ein schweres Jahr, aber wir werden da auf jeden Fall durchkommen“, ist die Unternehmerin zuversichtlich. Was bei einer zweiten Kontaktsperre passieren würde, diese Frage lässt sie nicht an sich heran. „Das darf halt nicht passieren.“

Weniger optimistisch klingt die Einschätzung von Anja Puhl vom Kervenheimer Reisebüro. „Die Reisebusbranche ist ziemlich kaputt“, meint die 50-jährige Selbstständige. „Es gibt mehr Stornos als Buchungen. Wer jetzt Linienbetrieb führt, der hat Glück, ob er den Wagen voll hat oder nicht. Aber wer 60 bis 70 Prozent Gelegenheits- und Reiseverkehr fährt, muss rätseln, ob er es schafft.“

Noch reagierten die Leute auf die neuen Reisemöglichkeiten sehr eingeschränkt. „Die fahren selbst nicht nach Deutschland.“ Das liege nach ihrer Einschätzung einfach daran, dass die Fahrgäste „gar nicht mit diesen Einschränkungen leben“ wollten. „Eine Kegeltour mit Maske geht nicht, die dürfen nicht mal was verzehren.“ Selbst so kurze Fahrten wie zur Landesgartenschau nach Kamp-Lintfort wurden nicht immer angetreten. „Da spricht man ja auch die Risikogruppen an. Und so was wie Fahrten nach Italien oder Frankreich „kannste knicken“, sagt sie.

Nicht aufgeben

Zur Zeit fahre sie vereinzelt für die Bundeswehr oder transportiere Menschen mit Handicap zur Werkstatt. Auch Radtouren sollten stattfinden – im Juni zum Beispiel nach Thüringen. „Das machen wir schon mal, es gibt ja Fahrradhänger und dann geht es ab.“ Die Teilnehmerzahl sei aber nicht sehr hoch. Die Veränderung bei den Reisehinweisen bringe nicht viel, solange die Kontaktsperren noch so seien. „Da fühlen sich die Leute eingeengt.“
Das Jahr mit Tagesausflügen überbrücken und sich einschränken, das ist ihre Strategie für 2020. „Ich denke, mit Ach und Krach werden wir es packen.“ Das hänge auch davon ab, ob sie an die Altersvorsorge dran gehe. Die Hilfen von Land und Kreis hätten zwar „schnell und unkompliziert gegriffen. Nur am Ende lassen sie uns auch auflaufen.“ Sie würde sich ein Anschluss-Hilfspaket wie bei der Gastronomie wünschen.

Ihr Mann habe die Firma verlassen und arbeite jetzt auf Steuerkarte, damit sie eine weitere Existenzbasis haben. „Aufgeben tut man nicht nach 15 Jahren.“ Sie glaube fest daran, dass es „auch wieder bessere Zeiten geben“ werde, wenn die Angst aus den Köpfen gehe „und der Wintersport beginnt zu greifen“.

Viele Kunden kaufen „unverpackt“

Mila Dingemans und ihre Kollegin Marion Schmitz haben hinter der Theke in der „Büsch“-Filiale am Antwerpener Platz gut zu tun. Mit einem Korb reichte Schmitz einer Kundin die Brötchen hinüber. Seit dem Frühjahr werben die Damen mit ihren Kollegen der anderen Filialen für die Aktion „Unverpackt“ und den Umweltpass, den das Unternehmen ins Leben gerufen hat.  Die Aktion war an dem „Unverpackt-Tag“ am 5. Februar gestartet, erläuterte die Marketing-Leiterin des Unternehmens, Annett Swoboda. „Vor Corona war ja die Nachhaltigkeit ein großes Thema, ‚Fridays for Future‘ in aller Munde. Und jeder Mensch hat seinen Einfluss auf das Umweltverhalten.“

An diesem Tag konnte jeder Kunde in jeder Filiale alle Produkte des Unternehmens „unverpackt“ einkaufen, seine eigene Verpackung dafür mitbringen. Und wer seinen eigenen Kaffee- oder Mehrwegbecher mitbrachte, konnte einen „Coffee-to-go“ umsonst genießen. „Dann befüllt das Team mit Kännchen die Tasse.“ Danach wurde der Umweltpass eingeführt, auf dem man sich für den umweltbewussten Einkauf jedes Mal einen Stempel geben lassen konnte – und nach zwölf Stempeln ein „Bauernkrusten“-Brot gratis erhält. „Die Aktion wurde sehr gut angenommen“, lautet Swobodas Fazit – trotz Anlaufschwierigkeiten. „Der erste Tag war da noch sehr zögerlich. Wir dachten damals, wir werden damit überrannt.“ Das war allerdings nicht der Fall. „Das war für uns enttäuschend.“

Es war ein Lernprozess

Nach und nach habe der Ansatz aber gegriffen. „Wir haben dafür ja die Umfüllstationen mit den Backwaren. Da haben wir die Brötchen in Körbchen gefüllt und dann wurde das umgepackt.“ Dabei sei das über die Monate ein Lernprozess für alle Beteiligten gewesen – sowohl für die Verkäufer, die sich erst mal an den Polybeutel und die Körbe gewöhnen mussten, und für die Kunden, die die Alternative für die Brot-Plastiktüte dabeihaben mussten. „Viele bringen einfach ihre Taschen mit.“

Der „Lockdown“, bedingt durch die Corona-Pandemie, habe dabei die Aktion und die Idee des Ganzen nicht unterbrochen, unterstreicht die Büsch-Marketingreferentin. „Bemerkenswert ist, dass es stabil geblieben ist.“ Mittlerweile seien „einige tausend Umweltpässe“ schon zurückgekommen.  „Das heißt, wir haben Zigtausend ‚to go‘-Bäcker und Tüten eingespart“, sieht Swoboda den Effekt der ganzen Sache. „Denn zum Beispiel die Deckel sind da gar nicht recyclefähig, die Becher selbst erst über Jahre.“ So gesehen habe das Ganze schon jetzt eine Menge gebracht. „Und wir haben lobende Verbraucherbriefe erhalten – auch das ist ja nicht unbedingt selbstverständlich.“

Das Unternehmen setzt darauf, dass die Aktion, die noch bis zum 30. Juni weiterläuft, auch darüber hinaus langfristig trägt. Swoboda ist davon überzeugt, dass es wirklich eine nachhaltige Veränderung der Verhaltensmuster bewirkt hat. „Wir hoffen, dass diese feste Konstanz erhalten bleibt, auch wenn wir ab Juli keinen Einblick mehr haben, ob das zunimmt. Auch wenn die Stempel und der Anreiz weg sind, werden wir weiter nachhaltig verkaufen. Und die Kunden können weiter ihre Taschen mitbringen.“

Die Kunden brauchen noch Unterstützung

Die Hoffnung auf langfristig anderes Verhalten haben auch die Büsch-Verkäuferinnen am Antwerpener Platz. „Da waren davor schon Leute, die das gemacht haben“, erzählte Mila Dingemans. „Aber es gibt viele, die bringen selber Tüten mit.“ Meistens geschehe das „am Wochenende und morgens, wenn das Brot und die Brötchen über die Theke gehen und die Kunden mit dem Baumwollbeutel kommen“, war die Erfahrung von Marion Schmitz. „Man muss die Leute da schon anstupsen.“

An dem Nachmittag ließ sich auch Irmgard Simmes „anstupsen“, die sich gleich einen Umweltpass rüberreichen ließ. „Ich bemühe mich in der Hinsicht. Das geht nicht immer so gut“, klang es fast entschuldigend, dass die 51-Jährige angesichts des Spontaneinkaufs in dem Moment nichts zum Umverpacken dabei hatte. „Ich habe aber einen Brotbeutel zu Hause, womit ich dann Brot ‚ohne‘ kaufe.“

Caritasverband stellt Arbeitsschwerpunkte vor

Frischer Wind ist in Corona-Zeiten immer gut: Beim „ersten Pressegespräch in diesem Jahr“, das laut des „frischen“ Pressesprechers Christian Hälker gleichzeitig auch das erste Pressegespräch unter Pandemie-Bedingungen war, nutzte der Vorstand des Caritasverbandes nicht allein zur Vorstellung eines neuen Mitgliedes, sondern auch zur Vorstellung künftiger Arbeitsschwerpunkte.

Stephan von Salm-Hoogstraeten (siehe letzter Absatz) komplettiert seit dem 15. Mai 2020 den Vorstand des Caritasverbandes Geldern-Kevelaer e.V.. Interimschef Rainer Borsch widmet sich nun wieder voll seiner Aufgabe als Vorstand des Caritasverbandes Kleve. Als sozialpolitischer Vorstand bildet von Salm-Hoogstraeten gemeinsam mit dem kaufmännischen Vorstand Karl Döring die neue Doppelspitze.

„Nicht nur rote Autos“

Der „Neue“ hat sich, angelehnt an das Credo der Caritas, eine Menge vorgenommen: „Not sehen“ und „was Gutes tun“ wolle er, sagt er, – aber auch „wirtschaftlich verantwortlich handeln. Beides zu verbinden, das reizt mich“, erklärt der 43-Jährige, der gerade „die Vielfältigkeit der Einrichtungen“ und „viele hochmotivierte Menschen im Caritasverband“ kennenlernt.

Er wolle künftig „die Aufmerksamkeit darauf legen, dass wir nicht nur mit roten Autos in der Pflege wahrgenommen werden“, sagt er, sondern als Anlaufstelle für die Hilfesuchenden und Schwächeren. Sprich: Die sozialpolitischen Themen will er zeitnah anpacken. Beispiele gibt‘s zuhauf: In der Corona-Krise seien etwa die „unwürdigen Lebensbedingungen von Leiharbeitern“ besonders deutlich geworden, aber auch die Situation verschuldeter Familien habe sich durch die Pandemie noch einmal verschlechtert. Hier sieht er Raum für dringend notwendige Reformen: Konkrete Angebote für Leiharbeiter, aber auch einen „bedarfsgerechten Ausbau familien- und sozialpolitischer Leistungen“, etwa bei der Grundsicherung, der Sozialhilfe und im Bereich Bildung.

„Tolle Wertegemeinschaft“

Mit Blick auf die ältere Generation spricht Salm-Hoogstraeten die Themen Alterseinsamkeit und Überforderung älterer Menschen in finanzieller wie organisatorischer Hinsicht an. „Hier muss die Gesellschaft mehr tun.“ In der Corona-Zeit habe man „erlebt, wie Gesellschaft funktionieren kann“; dies dürfe nun aber kein Strohfeuer bleiben. Gezielte Beratung von Senioren sei dabei eine Seite, „Quartiersarbeit“ eine weitere. „Wir wollen Jung und Alt zusammenbringen.“ In der Caritas sehe er dazu „eine tolle Wertegemeinschaft“, die dies sicherlich leisten könne.

Karl Döring richtet das Augenmerk in diesem Zusammenhang auf ein weiteres Schwerpunktthema, das sich der Caritasverband auf die Agenda der kommenden Jahre gesetzt hat: Ambulante und Tagespflegeangebote sollten ausgebaut werden, „ohne dabei die stationäre Pflege aus den Augen zu verlieren“. Mit drei neuen Einrichtungen gehe der Caritasverband hier aktuell an den Start (Uedem, Straelen, Kevelaer). Der Bedarf kleinerer Kommunen sei „noch nicht klar“, sagt Döring, doch auch hier wolle man gegebenenfalls tätig werden. Der Verbleib pflegebedürftiger Menschen in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung sei dabei nicht nur für die Betroffenen selbst von Bedeutung, sagt Döring, auch die pflegenden Angehörigen könnten über entsprechende Angebote deutlich entlastet werden. Das alles seien natürlich „große Themen, die man nicht auf Jahresfrist lösen kann“, erklärt Stephan von Salm-Hoogstraeten abschließend. Der komplettierte Vorstand sei jedoch fest entschlossen, diese anzupacken.

Über Stephan von Salm-Hoogstraeten

Der 43-Jährige, der bald mit seiner Partnerin nach Goch umziehen will, war zuletzt als Diözesangeschäftsführer des Malteser Hilfsdienstes in Münster tätig. Hauptamtlich wurde er ab 2011 für die Malteser tätig, zuvor arbeitete er als Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Er hat eine persönliche Beziehung zu Kevelaer: Seine Mutter habe an einer Ampelkreuzung am Kreuzweg gewohnt und bei Besuchen habe er die Caritas als das größte Sozialunternehmen in Kevelaer wahrgenommen.

MERA radelt in eine zweite Runde

Nach der erfolgreichen ersten Auflage von „MEhr RAdeln“ im vergangenen Jahr, bei der in der Summe über 12.000 Kilometer erfahren wurden, radeln die Mitarbeiter der „MERA Tiernahrung“ auch in diesem Jahr erneut für den guten Zweck. Auch 2020 werden die erradelten Kilometer und das dadurch eingesparte CO2 wieder in Hunde- und Katzenfutter umgerechnet und für die Tierschutzorganisation „Helden für Tiere“ gespendet. Die gesamte Aktion läuft über drei Monate von Juni bis August. Der Spitzenreiter aus dem Vorjahr, Abteilungsleiter Tim Gasseling, möchte dabei in diesem Jahr deutlich mehr Kilometer sammeln. Um das zu schaffen, wird er unter dem Motto „MEhr RAdeln Extreme“ gleich 24 Stunden am Stück auf dem Sattel sitzen.

Auch in Corona-Zeiten verfolgt MERA weiterhin das Thema Nachhaltigkeit. Daher stand schnell fest, dass die geplante Wiederholung der erfolgreichen Aktion „MEhr RAdeln“ in jedem Fall auch 2020 stattfinden soll. „Mit ‚MEhr RAdeln‘ können wir nicht nur einen positiven Beitrag für unsere CO2-Bilanz leisten, auch die Gesundheit unserer Kollegen profitiert dabei. Zusätzlich hoffen wir natürlich auch wieder auf viele Kilometer und dementsprechend eine möglichst große Futterspende – dank der tatkräftigen Unterstützung unserer Mitarbeiter“, erklärt Felix Vos, Geschäftsführer der MERA Tiernahrung GmbH.

Tim Gasseling will bei einem 24-Stunden-Rennevent besonders viele Kilometer erradeln. Foto: MERA Tiernahrung

MERA-Mitarbeiter Tim Gasseling vom Racing Team des in Erkelenz beheimateten „Coffee & Chainrings Mountainbikevereins“ ist in erster Linie Mountainbiker, aber auch Rennradfahrer und Ultracyclist: „Als nach und nach die Veranstaltungs- und Wettkampfabsagen bekannt wurden, war mir klar, dass ich die gesparte Energie gerne in einen karitativen Zweck investieren möchte.“ Gasseling wird am Samstag, 20. Juni, über einen Zeitraum von 24 Stunden am Stück Rad fahren – jeder gefahrene Kilometer bedeutet 1 Kilogramm Futter für die Tierschutzorganisation „Helden für Tiere“ von Ralf Seeger. Hierfür wurde eine fünf Kilometer lange Strecke abgemessen, auf der so viele Runden wie möglich gefahren werden. Gasseling ist optimistisch und hofft auf eine Distanz zwischen 500 und 700 Kilometern.

Knappes Ergebnis bei der Abstimmung über Kundenstopper

Gleich mehrere Themen, die das Stadtbild der Wallfahrtsstadt Kevelaer nachhaltig verändern könnten, hatte der Stadtentwicklungsausschuss am Dienstagabend auf der Tagesordnung. Einerseits wurden erstmals zwei Bauvorhaben an der Lindenstraße vorgestellt, eines gegenüber der Einmündung zur Dondertstraße, eines auf dem Gelände der ehemaligen Bronzegießerei gegenüber der Tankstelle. Andererseits stand ein Antrag auf der Tagesordnung, welcher die sogenannte „Sondernutzungssatzung“ betraf. Hier hatte es Widerstand aus den Reihen der Einzelhändler der Innenstadt gegeben, da die Satzung das Aufstellen von „Kundenstoppern“ und das Anbieten von Waren auf der Straße restriktiv handhabt.

Nachdem der Rat im Sommer 2018 die Satzung einstimmig beschlossen hatte, warb der Verkehrsverein Kevelaer und Umgebung e.V. für eine weniger strenge Handhabung und beantragte im Dezember 2019 eine entsprechende Änderung der Sondernutzungssatzung (das KB berichtete). In der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses im Januar und des Haupt- und Finanzausschusses im Februar beantragte die CDU-Fraktion eine Verschiebung der Diskussion, weil sich noch Gesprächsbedarf ergeben habe. Den Gepflogenheiten gemäß folgten die Ausschussmitglieder diesen Anträgen, die Beschlussempfehlung zu verschieben, sodass – mit einer Corona-bedingten Verspätung – das Thema nun am Dienstagabend wieder auf der Tagesordnung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung landete.

Gespaltene Meinungen

Für die CDU sprach sich der frisch gekürte Bürgermeisterkandidat Mario Maaßen für eine Änderung des Paragraphen 5 der Sondernutzungssatzung aus. Im Sinne des Einzelhandels sollten „bestimmte Stopper“ erlaubt werden, deren Erscheinungsbild aber „ein gewisses Niveau“ habe müsse. Heinz Melzer (KBV) machte mit der weitergehenden Forderung nach „einheitlichen Stoppern“ klar, dass seiner Fraktion der vorliegende Vorschlag nicht genau genug gefasst sei und sie diesem nicht folgen werde. Jan Itrich (FDP) wünschte sich zwar persönlich durchaus eine „Auflockerung der etwas sterilen Hauptstraße“, enthielt sich aber ob der „vielen verschiedenen Meinungen in der FDP“ in der Abstimmung der Stimme. Die Grünen lehnten den Antrag rundheraus ab, die SPD ebenfalls, sie wolle „hier keinen Wahlkampf machen“, erklärte der SPD-Fraktionschef Horst Blumenkemper.

Ludger Holla, Bereichsleiter der Stadtplanung, warb noch einmal für die Beibehaltung der bestehenden Satzung: Einerseits gebe es nach seiner Recherche viele Kommunen, in denen die Initiative zur Abschaffung der Kundenstopper von den Einzelhändlern selbst ausgehe. Andererseits „können wir die Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft der Städte mit historischem Stadtkern ab morgen einstellen“, wenn die Satzung geändert werden sollte, meinte er. Zudem gab er zu bedenken, dass man mit den aufgestellten Waren und Werbetafeln im öffentlichen Raum „genau das Gegenteil von dem, was wir erreichen wollen“ bewirke: Die Besucher würden von den Schaufenstern weg zur Mitte der Einkaufsstraßen gedrängt. Und er erinnerte noch einmal an die Expertise des Gestaltungsbeirates, der ausdrücklich zu einer sehr restriktiven Handhabung von Werbe- und Verkaufsmaßnahmen im öffentlichen Bereich geraten hatte.

Das nahm Bürgermeister Dominik Pichler zum Anlass, „losgelöst von der Diskussion um die Sondernutzungssatzung“, klare Kante zu zeigen: Es falle zunehmend auf, dass die Expertisen des Gestaltungsbeirates nur ernstgenommen würden, „wenn sie ins eigene Meinungsbild passen“. Da müsse man, auch mit Blick auf die „nicht unerheblichen Kosten“,  „darüber nachdenken, ob man sich auf Sicht das Gremium Gestaltungsbeirat gönnen möchte“, sagte Pichler. Das saß. Michael Kamps (CDU) erholte sich als erster: Dann könne man sich ja gleich fragen, ob er Stadtentwicklungsausschuss nicht auch überflüssig sei, sagte der Ausschussvorsitzende. Und Burkhard Bonse (CDU) hielt das Statement des Bürgermeisters, nachdem er es hatte „sacken lassen“, gar für „ungeheuerlich“: „Wir versuchen in der Verantwortungsethik hier für unsere Stadt tätig zu sein“, stellte er gegenüber der Verwaltung klar.

Die Entscheidung war gefallen

Was folgte, war ein knappes Abstimmungsergebnis, das sicherheitshalber zwei Mal nachgezählt wurde: Mit acht Ja-Stimmen und neun Nein-Stimmen bei einer Enthaltung sprachen sich die Mitglieder im Stadtentwicklungsausschuss mehrheitlich gegen den Antrag aus.

Ob die scharfe Diskussion zu größeren Abgrenzungen der Fraktionen in Zeiten beginnenden Wahlkampfes führen wird, sei mal dahingestellt. Zuvor hatten sich die Ausschussmitglieder jedenfalls bei der Vorstellung zweier neuer Bauvorhaben wesentlich einvernehmlicher gegeben: Einmütig begrüßten die Fraktionen, dass an beiden Stellen im Verlauf der Lindenstraße Wohnbebauung das Ziel sei (das KB stellt die Vorhaben zu einem späteren Zeitpunkt vor).

Und ebenfalls einmütig forderten alle, die Verwaltung möge die dazu notwendigen Schritte in die Wege leiten, damit eine entsprechende Beteiligung der Öffentlichkeit möglich wird. Da sich beide Verfahren noch am Anfang befinden, baten sie jedoch auch darum, das Wort „zustimmend“ aus der Beschlussfassung zu entfernen. Ohne Zustimmung verlief die Abstimmung dann einstimmig.

Pichler will neue Regeln für Sonntagsverkauf

Die NRW-Gesetzgebung rund um das Ladenöffnungsgesetz erhitzt seit Jahren die Gemüter in Kevelaer. Unter den Pandemiebedingungen wird einmal mehr deutlich, wie schwierig die geforderte Koppelung an Großveranstaltungen umzusetzen ist, mit der die zulässigen Ausnahmen für den Sonntagsverkauf gerechtfertigt werden müssen. Speziell in Kevelaer dreht sich die Debatte zudem darum, für welche Sortimente die zusätzlichen Ausnahmen gelten, von denen Kevelaers Wirtschaft als Wallfahrtsstandort profitiert. Bürgermeister Dr. Dominik Pichler hat das zum Anlass genommen, sich mit einem Vorschlag an NRW-Wirtschaftsminister Dr. Andreas Pinkwart zu wenden und eine Überarbeitung des Gesetzes zu fordern.

In seinem Schreiben kritisiert er unter anderem die hohe Hürde, empirisch nachzuweisen, dass mehr Besucher wegen einer Veranstaltung als wegen der Ladenöffnung in die Stadt kommen. „Es genügen aber nicht unbedingt Besucherschätzungen der letzten Jahre oder gar Besucherprognosen“, erläutert Pichler gegenüber dem KB. Hinzu kämen die Pilger als dritte Gruppe. „Wie will man da trennen?“ Er moniert auch die parzellengenaue Festlegung und Begründung der Ausnahmen, die das Gesetz fordert. „Für jeden einzelnen verkaufsoffenen Sonntag muss parzellengenau und gerichtlich überprüfbar dargelegt werden, in welchem ,Einzugsbereich‘ der anlassgebenden Veranstaltung Geschäfte öffnen dürfen“, so Pichler zum Status Quo. „Das alles ist hochkompliziert und fehleranfällig.“ Eine Begrenzung des Verkaufsgebietes sei für ihn generell nicht zwingend, aber ob das verfassungsrechtlich überhaupt möglich sei, wolle er nicht beurteilen.

Kevelaers Bürgermeister plädiert stattdessen dafür, sechs statt derzeit acht Sonntage für den Verkauf zu öffnen, aber ohne dass dies anlassbezogen geschehen müsse. Mit einem Anteil von rund zehn Prozent an den Sonn- und Feiertagen eines Jahres sei dies weiterhin zweifellos eine Ausnahme. Gelten würde die Maßnahme nach Vorstellung Pichlers etwa für den zentralen Versorgungsbereich, der dann nur einmal definiert werden müsste.

Darüber hinaus wirbt Kevelaers Bürgermeister dafür, die Ausnahmen für Wallfahrtsorte, nach der „ortskennzeichnende Ware“ an 40 weiteren Sonn- und Feiertagen verkauft werden darf, an die Gesetzeslage in Niedersachsen anzupassen. Ist in NRW der Verkauf von Waren zum sofortigen Verzehr, frischen Früchten, Tabakwaren, Blumen und Zeitungen erlaubt, so benennt Niedersachsen unter anderem auch Bekleidungsartikel und Schmuck. Das sollte nach Pichlers Vorstellung auch für NRW gelten. Kevelaer sei ja neben Wallfahrtsort auch Erholungsort und wäre damit – nach dem niedersächsischen Gesetzestext – doppelt privilegiert.

Grundsätzlich sei es durchaus sinnvoll, verkaufsoffene Sonntage mit einer Veranstaltung zu verknüpfen, erläutert Kevelaers Bürgermeister auf Rückfrage des KB – in Zeiten von Corona-Beschränkungen solle man jedoch die Stadt nicht noch voller machen. Und während Pichler durchaus glaubt, dass sich ein Teil des Umsatzes durch die Sonntagsöffnung nur verlagert, sieht er aber auch zusätzliche Besucher, die Kevelaer wegen des Einkaufens besuchen würden. Einen Konflikt mit Stille suchenden Pilgern erwartet der Bürgermeister nicht, da es den auch nicht gegeben habe, als faktisch noch alle Sonntage in Kevelaer verkaufsoffen waren.

„Ich glaube schon, dass ein unkontrolliertes ganzjähriges Öffnen von Verkaufsstellen nicht erforderlich ist, auch wenn es derartige Zustände etwa in den Niederlanden jedenfalls in Teilen gibt“, betont Pichler. Darüber hinaus diene die Sonntagsruhe auch der Erholung und des individuellen Ausgleichs vom Alltag und auch die Kinder sollen etwas von ihren Eltern haben dürfen. „Ich weiß, dass sich das in manchen Arbeitsbereichen gar nicht vermeiden lässt.“ Dennoch sehe er es kritisch, die dort gegebene Notwendigkeit auch großflächig im Einzelhandel vorzugeben.

Vereine erhalten wieder Unterstützung

Trotz der Corona-Pandemie setzen vier Unternehmen aus Kevelaer auch in diesem Jahr ein Zeichen und unterstützen mit 50.000 Euro hiesige Vereine. Insgesamt 67 Anträge haben die Bürgerwind Kevelaer, die Bürgerenergie Schwarzbruch Nord, die Stadtwerke Kevelaer und die NiersEnergie mit dem Fonds „Energie für Kevelaer“ unterstützt.

Damit mit dem Kauf von benötigten Musikinstrumenten sowie Sport- und Spielgeräten ein weiteres Stück Normalität zurückkehren kann; damit sich Vereinsmitglieder auf den nächsten Umzug freuen können, bei dem sie ihre restaurierte Vereinsfahne stolz präsentieren werden; damit die Freude an der gemeinsamen Freizeitgestaltung unter Corona-Maßnahmen in den neu gestalteten Räumlichkeiten und Plätzen noch größer ist.

Die Vergabe der Spendengelder aus dem Fonds „Energie für Kevelaer“ verlief in diesem Jahr andes als bisher. „Gerne hätten wir wie in den vergangenen beiden Jahren die Vertreter der Vereine zu einem gemeinsamen Abend in festlichem Ambiente ins Priesterhaus eingeladen, als Dank für ihr besonderes Engagement“, sagt Bürgermeister Dr. Dominik Pichler. „Leider ist das in der jetzigen Zeit überhaupt nicht denkbar.“

Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. „Vielleicht können wir den ‚Abend für die Vereine‘ zum Jahresende hin nachholen und damit ein für alle aufregendes Jahr besonders ausklingen lassen“, fasst Pichler die Hoffnung der Fondsgeber zusammen.

Wichtig war allen vier Unternehmen das Signal, dass es eine Zeit nach den strikten Corona-Beschränkungen geben wird, in der die Gemeinschaft im Verein wieder erlebbar sein wird. Normalerweise ist der Zuschuss an die im Antrag genannte Ausgabe oder Aktivität geknüpft. „Wie wir haben auch einige Vereine Veranstaltungen geplant – ob ein Konzert, eine Projektwoche oder einen Ausflug.

Ob die in diesem Jahr durchgeführt werden können, ist fraglich. Da ist es für uns selbstverständlich zu sagen, dass diese Antragsteller auch alternative Kosten einreichen können“, erklärt Hans-Josef Thönnissen, Betriebsleiter der Stadtwerke Kevelaer und Geschäftsführer der NiersEnergie.

Insgesamt 67 Anträge sind beim Fonds „Energie für Kevelaer“ eingegangen. Von Notenpultleuchten über Trommeln und Uniformen für Vereinsmitglieder, Bücher und Spiele für Jung und Alt, Sportmaterial und –ausrüstung, die Neugestaltung von Gruppenräumen und Außengeländen, Modellbaumaterial, die Kopie einer Grundsteinurkunde bis hin zur Pflanzung von Bäumen waren die Anträge breit gefächert.

Mit Blick auf die Antrags-Vielfalt erläutert Gerd Baumgärtner von der Bürgerwind Kevelaer und der Bürgerenergie Schwarzbruch Nord: „Es freut uns, dass wir mit den beiden Windparks nicht nur die natürlichen Ressourcen schützen, sondern auch die Kevelaerer Vereine und das umfangreiche ehrenamtliche Engagement unterstützen können.“

Echte Hoffnung oder Strohfeuer?

Beim Autohaus von Rafael Sürgers am Gewerbering 2 hat man sich mental schon auf die Mehrwertsteueranpassung vorbereitet, weswegen der Geschäftsführer bei einem seiner Fahrzeuge schon mal symbolisch den Schilderwechsel andeutet.

„Ich stehe dem positiv gegenüber, weil in unserer Branche mit dem Handel von hochpreisigen und langlebigen Gütern der größte Effekt zu erwarten ist“, gibt sich Sürgers optimistisch. Gerade bei Möbeln, Elektronik oder eben Autos lasse sich das vermuten. „Das sind bei einem Auto mit Bruttokosten von 20.000 Euro 504 Euro Effekt.“ Klar ist aus seiner Sicht auch, das an seine Kunden weiterzugeben. „Das selbst in die Tasche stecken, das werden wir nicht machen.“ Und selbstverständlich sei auch, dass „wir den neuen Mehrwertsteuersatz nehmen, wenn die Lieferung des Fahrzeugs durch Corona verzögert ist.“

Alle Preise würden entsprechend nach unten angepasst. „Wir werden da komplett neu auszeichnen.“ Mit dem Sortiment an Fahrzeugen vor Ort sei das alles kein Problem, die „ins System einzugeben, neu einzupreisen. Und dann erscheint es so auch auf den Autobörsen.“ Das sei zwar ein gewisser Aufwand, aber das müsse man einfach auf sich nehmen. Viel schlimmer stellt er sich die Situation für den Lebensmittel-Einzelhandel vor. „Da ist das mit 5.000 Artikeln ein deutlich größerer Aufwand.“

So ein ähnliches Problem, wenn auch noch verschärfter als von Sürgers angenommen, könnte auch auf Ketten wie Edeka zukommen. „Wir müssten ja sonst bei 25.000 Produkten neue Karten stecken“, sieht der Marketing-Verantwortliche bei Edeka Brüggemeier, André Spittmann, welche praktischen Fragen im Zuge einer Umstellung auftreten. „Ob die Preise nun gesteckt oder an der Kasse abgezogen werden, ist noch unklar.“

Am Mittwoch (Ergebnis lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor) sollte es bei einer großen Geschäftsführersitzung Informationen für die Einzelhändler dazu geben, wie das Ganze gehandhabt werden soll. „Wir werden die Mehrwertsteuersenkung aber auf jeden Fall eins zu eins an unsere Kunden weitergeben. Das kann ich schon verbindlich sagen.“

Markus Kaenders sortierte in seinem Laden auf der Busmannstraße noch die Kleider. Seine erste Reaktion auf die Initiative des Bundes war positiv überrascht.Er war eher davon ausgegangen, dass „Klientelpolitik“ zugunsten von Branchen wie der Automobilindustrie gemacht wird. Da seien „viele gute Sachen“ dabei. Ob das glückseligmachend sei mit der Mehrwertsteuer, das könne man noch nicht sagen.

„Aber es ist ein Impuls.“ Wie man das Ganze machen wird, da hat er sich noch nicht festgelegt. „Aber da rauschen schon ein paar Ideen durch den Kopf.“ Man müsse erstmal schauen, ob es kommt. „Aber die ersten Agenturen fahren da ja schon ihre Werbekampagnen.“ Als Modehändler sei man „ein saisonaler Händler. Da haben wir immer wieder Rabatte.“ Und in den Juli falle eh der Sommerschlussverkauf. „Da geht es irgendwie unter“, ist seine Vermutung.

Ein bisschen versonnen blickt Sabine Dicks, Inhaberin des „Goldenen Schwan“ auf der Hauptstraße, in das extra neu für Einzelgäste angelegte Corona-Wallfahrtsbuch. Sie freut sich über die Gäste, die ihrem Hotel- und Gaststättenbetrieb die Treue halten. Wie das mit der Mehrwertsteuer laufen wird, da befinde man sich noch im Gespräch mit der Kammer.

Denn es gab für die Gastronomiebetriebe 2020 nun zwei Mehrwertsteuersenkungen – eine, die Anfang Mai beschlossen war und eine Reduzierung von 19 auf 7 Prozent vorsah, und jetzt eine, die zum 1. Juli eine Absenkung von 19 auf 16 bzw von 7 auf 5 Prozent festlegt.

„Jetzt müsste man wissen: Ist die erste zurückgenommen? Das heißt also erstmal Verwirrung“, meint Dicks. Und: die aktuelle Absenkung gilt nicht für Getränke. „Das wird alles kompliziert mit den Gutscheinen, war mein erster Gedanke.“ Ob die Senkungen eine Anregung sein werden, verstärkt essen zu gehen? „Ich sehe die gute Absicht des Gesetzgebers. Ich glaube aber nicht, weil diejenigen, die essen gehen wollen, es auch mit 19 Prozent tun werden.“

In welcher Form sie das weitergeben werde, müsse sie noch überdenken. Erstmal koste das Ganze Aufwand. Ob man nun die Kasse anpasse oder die Karten der Tische, das werde man sehen, wenn das Gesetz beschlossen ist.

Schuhhändler Dirk Heystermann unternahm nach dem Feierabend von der Busmannstraße aus mit dem Hund noch einen Spaziergang. „Das ist schwierig umzusetzen für uns“, lautet seine Meinung zum Thema Mehrwertsteuer. „Wenn sie es dauerhaft machen würden… Aber so muss ich danach dann wieder alles umzeichnen“, sieht er die praktischen Aspekte. „Das habe ich bei der ‚Euro-Umstellung‘ miterlebt, das hat mir gereicht“, sagt er offen. „Und ich weiß nicht, ob das ein Anreiz für den Kunden ist. Das macht den Kohl nicht fett.“

Aus Sicht des Unternehmers sei es keine Option, auf die Preise was draufzuschlagen und den Rahm abzuschöpfen. „Wir verdienen dadurch keinen Euro mehr.“ Er hofft, dass der so gut gemeinte Effekt nach sechs Monaten von der Psychologie her nicht umschlägt. „Ich hoffe, dass das dann im Januar nicht in die Hose geht, wenn das Argument kommt: Es wird wieder alles teurer, weil ihr ja drauf geschlagen habt.“