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Eine dramatische Beziehung endet vor Gericht

Im Prozess gegen einen 37-jährigen Mann aus Kervenheim hat sich der Angeklagte am Freitag, 5. Februar 2021, dem zweiten Verhandlungstag, zu den Vorwürfen gegen ihn geäußert. Dem mehrfach wegen Körperverletzung, der Einfuhr von Betäubungsmitteln und Fahrens ohne Führerschein vorbestrafte Mann werden unter anderem mehrfache Körperverletzungsdelikte, darunter teilweise gefährliche Körperverletzung, Sachbeschädigung und Freiheitsberaubung zur Last gelegt. Ein Verfahren im Zusammenhang mit einer weiteren Frau wurde wegen der Corona-Pandemie und des damit verbundenen Aufwandes vom Gericht abgetrennt. Die Delikte soll er in der Zeit zwischen März und Juli 2020 gegenüber seiner damaligen Freundin verübt haben. 

Über einen seiner zwei Anwälte ließ der ausgebildete Fleischer und Gabelstaplerfahrer eine Erklärung verlesen, in der er ausführliche Details zu sich ausführte, die Entwicklung der Beziehung zu der Frau beschrieb und etwas zu den vorgeworfenen Taten sagte. Demnach habe er schon mit 16 Marihuana und mit 18 Amphetamine konsumiert. Das habe sich über die Jahre hin zu weiteren Drogen gesteigert. 2014 habe er eine Therapie gemacht, sei drei Jahre abstinent gewesen, bevor er „zurück ins alte Umfeld“ gekommen sei und wieder „leicht“ mit Marihuana angefangen habe. Dann habe es sich wieder „eingeschlichen.“

Die Frau habe er 2018 kennengelernt, führte die Anwältin aus. Im August 2018 seien sie dann zusammengekommen und vier Monate zusammen gewesen, bis sie mit einem Herzinfarkt 14 Tage lang im Krankenhaus gewesen sei. Er habe sich in der Zeit um ihre Kinder gekümmert. Danach hätten sie sich getrennt, er habe Kontakt zu Frauen aufgenommen.

Im Januar 2019 habe sie ihn gebeten, seine Adresse als Postadresse anzugeben. Sie habe damals in Duisburg gelebt, habe dann bei ihm die Post geholt und sei wieder mit ihm zusammengekommen, dann aber wieder von ihm getrennt gewesen. Von Dezember 2019 bis Mai 2020 seien sie dann wieder zusammen gewesen. Beide hätten die Beziehung immer wieder beenden wollen, sich aber keine Hilfe von außen geholt. Der Angeklagte räumte ein, dass sie Psychopharmaka, Ecstasy sowie Amphetamine und er Marihuana, Amphetamine, Ecstasy und Kokain zu sich genommen habe.

Er buddelte ein Loch im Garten

Die Streitigkeiten habe es erst im Mai / Juni 2020 gegeben, räumte der Angeklagte in der Erklärung ein, dass er die Sachen der Frau „aus Wut angezündet habe“, sie mit der flachen Hand geschlagen und mehrfach auf den Boden geschubst habe, „so dass sie gegen die Wand und auf den Boden gefallen sei“, als sie bezüglich anderer Männer gelogen habe. Er gestand auch ein, sie getreten zu haben, sprach selbst von „Kontrollverlust“. Er habe sie „tausendmal gebeten, zu gehen, ihr gesagt, dass sie mich aggressiv macht.“ Und er habe auch „mal schwarz gesehen“ und ihr den Mund zugehalten, als sie im Hausflur laut geschrien habe. Er habe sie „verbal fertig gemacht“. Das Loch im Garten habe er gebuddelt, aber „nicht gedroht, sie zu zerstückeln und in das Loch zu werfen.“  

Zwischenzeitlich habe sie zwei Gläser auf einer Küchenplatte zerschlagen, dort hineingegriffen und gedroht, sich die Schlagadern aufzuschneiden. „Du kannst jetzt keinen Abgang machen“, habe er ihr gesagt. Sie sei „wahnsinnig“ gewesen. Daraufhin „schlug ich ihr ins Gesicht.“ Danach habe er die Wunden versorgt. Sie habe sich am Folgetag entschuldigt mit dem Hinweis: „Ich bin etwas durchgeknallt.“ 

Weitere Vorwürfe weist der Angeklagte zurück

Der Richter verwies auf die Vorwürfe, die in der Stellungnahme nicht erwähnt seien – wie das Anwenden einer brennenden Zigarette, das Würgen bis zur Bewusstlosigkeit, die Gabel-Stichwunde oder den Vorwurf, ihr etwas in den Kaffee getan zu haben. Der Angeklagte wies den Vorwurf zurück, er habe sie niemals bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt, sie mit einer Gabel gestochen oder irgendwelche Gegenstände gegen sie verwand. 

Auch den Vorwurf der Freiheitsberaubung wollte er nicht gelten lassen. Er habe die Fenstergriffe abgedreht und die Wohnungstür nur mit Ketten gesichert, weil er Angst hatte, dass der Mitbewohner im Obergeschoss die Drogen sehe, die er und seine Freundin konsumierten. Außerdem habe es einen Raum gegeben, den man offen habe begehen können. Sie habe über eine Schiebetür in den Hausflur gehen können und das Haus jederzeit verlassen können. Man sei außerdem gemeinsam rausgegangen und habe die Eltern von seiner damaligen Freundin besucht, sagte der Angeklagte später selbst aus. „Sie hat so viel gelogen. Warum, weiß ich nicht“, meinte er. 

Am Ende des Verhandlungstages wies die Rechtsanwältin auf einen Entschuldigungsbrief hin, den der Angeklagte dem Opfer geschrieben hat. Der Vertreter der Nebenklage wolle sich mit seiner abwesenden Mandantin dahingehend absprechen, ob sie den Brief annehmen wolle oder nicht.

Der Prozess wird am 24. Februar um 9.30 Uhr mit der Aussage der Frau fortgesetzt. 

Abruptes Ende im Panzerknacker-Prozess

Der siebte Senat des Landgerichts Kleve hat das Verfahren gegen einen 29-Jährigen wegen schweren Bandendiebstahls durch das Aufbrechen von Geldautomaten mittels einer Sprengstoffexplosion und weiteren Delikten nach gut drei Stunden vertragt.
Anlass für dieses abrupte Ende war der Antrag des Angeklagten und seines Anwalts, zwei weitere Zeugen zu vernehmen, die sie zuvor nicht benannt hatten und die in den Ermittlungen bisher so gut wie keine Rolle gespielt hatten. Richter Gerhard van Gemmeren schloss daraufhin die Sitzung. Ein genaues Datum für die Fortsetzung des Prozesses steht aktuell noch nicht fest.

Der in Kempen geborene Mann soll zwischen Juni und Oktober 2018 mit zwei weiteren Komplizen Geldautomaten in Tönisvorst, Moers, Kevelaer und Mülheim-Kärlich aufgesprengt haben beziehungsweise es versucht haben.

Unter anderen richtete das Trio an dem Geldautomaten am Twistedener „Irrland“ erheblichen Schaden an. Ob oder wieviel Geld sie dabei erbeuteten, ist unklar.

Außerdem werden dem Trio der Einbruch in eine Schule in Grefrath, in eine Kindertagesstätte in Meerbusch (26.-28.12.18), in eine Wohnung in Korschenbroich Ende Dezember sowie der Einbruch in eine Gaststätte in Krefeld am 21. Juli des gleichen Jahre zur Last gelegt.

Ein 20-jähriger gebürtiger Mülheimer und ein 28-jähriger Krefelder waren im Oktober 2019 am Landgericht Kleve dafür schon zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Sie hatten den Angeklagten der jetzigen Verhandlung damals als Kopf der Bande charakterisiert. Diesem Eindruck widersprach der Mann am ersten Prozesstag deutlich.

Selbstbewusst

Er übte scharfe Kritik daran, dass ihm eine gerechte Verteidigung nicht mehr möglich sei. Der Mann war 2019 noch in Österreich wegen einer Straftat angeklagt gewesen. Seine Auslieferung habe sich wegen „erhöhter Sicherheitsvorkehrungen“ so verzögert, dass er am Verfahren im vergangenen Oktober nicht habe teilnehmen können. Die Kammer hatte die Verfahren voneinander abgetrennt.

Der Angeklagte trat selbstbewusst auf, verwies oft auf die Aktenlage und bat das Gericht, sich Notizen dazu zu machen – auch zu der Tatsache, dass ein österreichischer Psychologe bei ihm Ende 2019 ein Asperger-Syndrom, eine Form des Autismus, festgestellt haben soll.

Er gestand den jahrelangen Konsum von Kokain, weiteren Drogen und Alkohol ein. Sein Anwalt stellte in dem Zusammenhang den Antrag auf ein psychiatrisches Sachverständigen-Gutachten. Kernauslöser für das jahrelange unstete Leben des Angeklagten soll dabei die Loveparade-Katastrophe am 24. Juli 2010 gewesen sein, die sein Leben „auseinandergerissen“ und von „rechts auf links gedreht habe.“ Konkreter wurde der Angeklagte an dem Punkt allerdings nicht.

Danach sei sein Leben durch Drogen- und Alkoholkonsum sowie Straftaten bestimmt gewesen, schilderte er diese Zeit. Er habe seit 2010 häufig Kokain genommen, um „die Nächte durchzustehen“, später auch Alkohol oder auch Speed. „Spritze war für mich ein no go“, sagte er.

Er kam schon 2010 für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis, saß etwas mehr als zwei Jahre davon ab, machte Fachabitur und seine Ausbildung als Hochbaufacharbeiter, ehe er sich als Student in Aachen versuchte, mit dem Glücksspiel anfing, als Kellner auf Mallorca und in Krefeld arbeitete und als Teilhaber in Spielcafes unter anderem in Rom einstieg, um seine Sucht zu finanzieren.
Eine Drogentherapie habe er nie gemacht, weil er ein Mensch sei, „der sich mit seinen Problemen ungern öffnet.“ Er strebe eine Alkohol-und Drogentherapie während des Vollzugs an, sagte er, und sprach von seiner fünfjährigen Tochter, „die alles mitkriegt.“. Eine Entlassung ohne Therapie bedeute laut eigener Aussage „ein Todesurteil“.

Der 29-Jährige gestand die Teilnahme an den Einbrüchen, zumeist als Aufpasser, dementierte aber einen Wagendiebstahl in Korschenbroich. Die Aktivitäten der anderen beiden hinsichtlich der Geldautomaten habe er „mitbekommen“, sich selbst aber gar nicht aktiv daran beteiligen wollen. „Ich sprenge überhaupt nichts“, habe er immer wieder seinen Freunden klar gemacht. In Tönisvorst will er am Vorabend versucht haben, mit den anderen mittels eines Akkuspreizers Zugang zu dem Automaten zu erhalten und diesen mit einem Zugseil aufzumachen, was schiefging. Am Folgetag habe er sich vor dem Sprengversuch aus der Tat herausgezogen.

Nur Schmiere gestanden

Nach Moers sei er nur mitgefahren, um sich zum Kellnern absetzen zu lassen, habe später erfahren, dass bei dieser Tat nur ein paar Euro erbeutet worden seien.

In Kevelaer am „Irrland“ sei er nur mitgekommen, „um sich das mit anzugucken“ – um schließlich am Kreisverkehr „Schmiere“ zu stehen, um anschließend aber doch nach Twisteden an den Dorfplatz gefahren zu werden, um dort zu warten. Und mit Mülheim-Kärlich habe er gar nichts zu tun, weil er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Krefeld gewesen sei.

Einer der beiden verurteilten Mittäter, der gegen sein Urteil in Berufung gegangen ist, verweigerte anschließend seine Aussage.