Beiträge

Am Tag der Deutschen Einheit erlebte Kevelaer die vierte Auflage der Oldtimer-Treckerwallfahrt

Landwirtschaftliche Kraftprotze rollten an

Der Himmel über Kevelaer war blau, die Pilger auf dem Kapellenplatz wieder zahlreich, und ein Großteil von ihnen schien gespannt darauf zu warten, was sich gleich anbahnen sollte. Und dann war es zu hören, dies unnachahmliche Geknatter, das sich erst leise und später erdbebengleich über die Kerzenkapelle und Basilika ergoss und so typisch war für diesen Tag der deutschen Einheit in der Marienstadt: Die Oldtimer-Treckerwallfahhrt kündigte sich an.

Die Jakobsmuschel an seinem Trecker begleitet Johannes Thodam (r.) auf allen Strecken. André Dahlke und Gerd Lemkens freuen sich mit Dr. Bastian Rütten (v.l.) auf die zweite Wallfahrt der Oldtimer-Trecker nach Kevelaer. Foto: Bischöfliche Pressestelle / Christian Breuer
Am 3. Oktober pilgern wieder viele Treckerfreunde mit ihren alten Gefährten zum Kapellenplatz der Wallfahrtsstadt

Eine bodenständige Wallfahrt

 „Mittlerweile ist es schon eine Tradition“, lacht Pastoralreferent Bastian Rütten, der sich auf die dritte Treckerwallfahrt am Tag der Deutschen Einheit freut.

Vernarrt in Fahr D 130 AH

Mit Baujahr 1957 zählt der „Fahr D 130 AH“ als 17 PS leistender Fahr-Dieselschlepper schon zu den Oldtimern unter den Treckern. Auf Hochglanz poliert steht ein Exemplar davon in Kevelaer. Besitzer ist Gerd Müskens und er ist in das Agrarfahrzeug wirklich vernarrt. Vor 12 Jahren kaufte Familie Müskens aus Goch-Kessel kommend ein Haus in Kevelaer. Und wonach wurde es ausgesucht? Natürlich musste es zum Trecker passen, das heißt: Ein Schuppen und eine zweite Einfahrt mussten schon vorhanden sein.
Trecker statt Fußball
Am 22.9.1940 in Goch-Kessel geboren arbeitete Gerd Müskens viele Jahre als Facharbeiter bei Unilever. Einige Arbeitskollegen hatten einen Trecker und „statt über Fußball zu reden, redeten sie ständig über ihre Fahrzeuge“, so Müskens. Da sein Vater früher einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb hatte und er selbst bereits mit 14 Jahren auf einem 12er Hanomag gefahren war, brauchte es nicht lange Zeit, bis er „infiziert“ war und sich ebenfalls einen Trecker zulegen wollte. Gebrauchen konnte er so ein Fahrzeug auch, denn seine 6500 m² große Wiese am Haus wollte gemäht werden und da lohnt sich schon ein Trecker.
In Kranenburg-Frasselt wurde er 2003 fündig. „Er sah schlimm aus, richtig wie eine Schrottkarre, aber er ist direkt angesprungen und das Äußere kann man ja wieder richten“, schmunzelt der passionierte Treckerfan. Er machte sich an die Arbeit. Ein Hochdruckreiniger, Schmirgelpapier und Originalfarbe machten aus dem alten Trecker ein glänzendes Schmuckstück. Um den Fahr D 130 AH die ganzen Jahre zu pflegen, hatte Müskens einen treuen Treckerfreund. Albert Böger, selber Treckerbesitzer, war immer mit Rat und Tat zur Stelle oder besorgte Original-Ersatzteile und half, den Oldtimer in Gang zu halten. Bei besonderen Anlässen (Geburtstage o.ä.) hängt eine große Fahr/Deutz Fahne im Garten und der Trecker wird auf den Rasen davor gestellt. Die Wiese im neuen Garten muss nicht mit dem Mähwerk von 1,50 Meter geschnitten werden, dafür ist sie zu klein, aber Ausfahrten in die Umgebung (früher holte Müskens die Enkelinnen mit dem Trecker im Kindergarten ab und die waren dann mehr als stolz), Teilnahme an der Treckersegnung in Kessel oder die dreitägigen Besuche des Treckertreffens in Hommersum sind Unternehmungen, die der D 130 auch heute noch ohne Probleme bewältigt. Die passende Fahr-Mütze hat Müskens dabei immer auf dem Kopf. Ein Anhänger, der zum Trecker gehört, wird auch immer noch genutzt, wenn Brennholz aus dem Wald geholt werden muss.
Müskens meint: Die Hauptsache ist, dass er läuft.“ So richtig glauben kann man ihm diese Aussage jedoch nicht, denn Ausflüge macht er nur noch bei gutem Wetter und auf Asphalt, kein Staubkörnchen ist am Trecker zu sehen, die Felgen sind sogar von innen in Sandfarbe gestrichen und die Reifen hat der Treckerfan sogar mit Reifenschwarz zum Glänzen gebracht.
Und auch seine Aussage, dass er bei Treckertreffen nicht an Wettbewerben mitmacht, weil sonst zu viel Dreck und Kratzer an sein schönstes Freizeitvergnügen kommen, zeigt: Der Fahr D 130 AH wird von einem vernarrten Besitzer sicher auch die nächsten Jahre gehegt und gepflegt.