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Vortrag mit Orgelspiel zum 100. Todestag des Malers Friedrich Stummel

Als Elmar Lehnen, Organist der Marienbasilika in Kevelaer, an diesem Abend zum ersten Mal die Orgel erklingen lässt, sind die Schwingungen des tiefen, satten Tons förmlich zu spüren. Die Musik lässt das Gotteshaus mit seinen hohen Wänden und den angestrahlten Malereien noch eindrucksvoller wirken.
Und so spricht Weihbischof Dr. Stefan Zekorn, einst Wallfahrtsrektor in Kevelaer, auch von einem „Gesamtkunstwerk“, als er in der Basilika über den Maler Friedrich Stummel referiert.
Stummel, der vor 100 Jahren starb, war für die künstlerische Ausgestaltung der Kirche verantwortlich. „Als Gesamtkunstwerk“, erläutert der Weihbischof, „bezeichnet man seit dem 19. Jahrhundert ein Werk, in dem verschiedene Künste wie Musik, Dichtung, Theater, Architektur und Malerei vereint sind.“
Alles in der Basilika diene dem Lobpreis Gottes, führt Zekorn weiter aus. „Wer in der Basilika einem festlichen Gottesdienst beiwohnt, der kann seine Seele und seine Sinne von all dem umfangen und prägen lassen. Alle, ja wirklich alle Sinne, werden bei einer festlichen Messfeier in der Basilika angespro-chen. Und vieles davon verdanken wir Stummels Genie“, erklärt er.
Im Laufe des Abends geht Zekorn auf unterschiedliche Themen ein und gibt den Zuhörerin-nen und Zuhörern Einblicke in die künstlerischen, inhaltlichen und spirituellen Aspekte von Stummels Werk. Dazu lässt er Fotos der Malereien auf eine Leinwand projizieren und weist auf Details hin, die bei einer ersten Betrachtung wohl kaum ins Auge fallen würden. Einige Darstellungen, weiß Zekorn, sind kunstgeschichtlich einzigartig und ausschließlich in Kevela-er zu finden.
Das „Gesamtkunstwerk Basilika“ lasse sich aber nur mit Orgelspiel erfahren. Zekorn bittet die Besucher, in den hinteren Teil der Basilika zu gehen und, während Lehnen spielt, langsam nach vorne zu kommen und die Atmosphäre wirken zu lassen. Ein Experiment, das viele Teil-nehmer sichtlich beeindruckt. Überhaupt schafft Lehnen es immer wieder, in kurzen Pausen den Vortrag des Weihbischofs aufzugreifen und musikalisch mit den passenden Liedern um-zusetzen.
Nachdem Zekorn etwa über die Darstellung der Wurzel Jesse gesprochen hat, spielt der Organist Variationen von „Es ist ein Ros‘ entsprungen“. Mal leise, fast zaghaft und mal mit der ganzen Klangfülle, die die Orgel zu bieten hat, interpretiert er im Laufes des Abends viele bekannte Kirchenlieder.
„Wir werden, was wir schauen“, sagt Zekorn zum Ende seines Vortrags. Wer nur Gewalt se-he, bei dem könne die Schwelle zur Gewalt gesenkt werden. Wer aber Gutes sehe, der wer-de davon geprägt. So könne die Basilika „unsere Augen und alle unsere Sinne prägen“, er-klärt Zekorn und verweist auf Maria und das Gnadenbild, das als letzte Projektion im Altar-raum zu sehen ist: „Viele, die unser Gnadenbild anschauen, verlassen es verwandelt.“ Wer Maria anschaue, in dem wachse der Wunsch, „zu werden wie sie“, erklärt Zekorn.

Stummels Erbe(n) im Museum

Friedrich Franz Maria Stummel (1850 – 1919) gilt als einer der bedeutendsten Künstler Kevelaers. Mit dem Angebot, den nackten Grauputz in der Kevelaerer Basilika zu bemalen, ändert sich im Leben des Kirchenmalers die Perspektive. Mit einem Mal hat er ein Lebenswerk vor Augen – das er allein gar nicht bewältigen kann. Und so stellt er Anfang der 1880er Jahre, in denen er gerade mit dem Wandgemälde des Jüngsten Gerichts in der Beichtkapelle begonnen hat, mit Heinrich Lamers seinen ersten „Gehilfen“ ein. Ihm folgen bald weitere, denn Stummel ist so etwas wie ein „Workaholic“ und nimmt unzählige Aufträge an. Das Niederrheinische Museum in Kevelaer hat sich Stummel bereits gewidmet – nun zeigt man hier die erste große Ausstellung mit Werken seiner Schüler und Mitarbeiter.
Bekannte Namen

Namen wie Brey, Derix, Holtmann, Pauels, Renard, Sensen und Wenzel sind in der Region durchaus bekannt. Das Kunstschaffen dieser künstlerischen „Erben“ des großen Kirchenmalers – teils direkte Schüler, teils Mitarbeiter, das sei nicht immer so leicht einzuordnen, sagt die Leiterin des Kevelaerer Museums, Veronika Hebben – wird beleuchtet. Auf rund 90 schätzt Hebben die Zahl derer, die mit dem ,Großunternehmer‘ Stummel zusammen oder für ihn arbeiteten. „Viele Personen können wir in der Literatur nicht mehr finden“, sagt sie. Doch Werke und Wirken der nachvollziehbaren Stummel-„Erben“, die nach dessen Tod ein eigenes künstlerisches Profil entwickelten, reichen allemal für eine äußerst interessante Ausstellung.
Die zeigt nicht nur Werke aus der Sammlung des Museums, sondern auch viele Leihgaben aus Wohnstuben Kevelaers und anderer Orte – und damit auch den Einfluss, den Stummel und seine Erben auch heute noch auf den künstlerischen Ruf der Wallfahrtsstadt haben.