Bei den Kommunalwahlen erzielte Silke Gorißen (CDU) mit über 48 Prozent das beste Ergebnis. Der parteilose (von SPD, Grünen, FDP und Freien Wählern unterstützte) Kandidat Peter Driessen folgte mit 24 Prozent. Am kommenden Sonntag, 27. September 2020, sind Stichwahlen.
Die Interviews führte Alexander Florié-Albrecht.
Peter Driessen
KB: Herr Driessen, welche Impulse können Sie geben, um Kevelaer touristisch mehr ins Blickfeld zu rücken und die Übernachtungszahlen zu verbessern?
Peter Driessen: Neben dem Hotel, das dort von Herrn Zevens konzipiert wurde, muss im Grunde der gesamte Tourismus neu gedacht werden. Ich bin selber Aufsichtsratsmitglied bei der Tourismusagentur Niederrhein in Viersen. Wir stellen da fest, dass coronabedingt viel mehr Menschen zu Hause bleiben und die Schönheit ihrer Umgebung kennenlernen. Diese Schönheit müssen wir mehr vermarkten, den Niederrhein noch ein bisschen mehr pushen und mehr Geld in die Tourismusagentur reinbringen. Davon hat Kevelaer dann auch sehr viel.
Wie werden Sie sich dafür einbringen, den Gastronomen und Einzelhändlern auch in Kevelaer finanziell durch die Pandemie zu helfen?
Noch eine schwere Frage. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Hilfsmittel, die Herr Spreen nach draußen gegeben hat, nochmal aufgelegt werden. Wir müssen natürlich dafür sorgen, dass mehr Kontext in den Einzelhandel reinkommt und dass mehr Menschen Gaststätten und Hotels besuchen. Das ist ein unglaublich schweres Moment. Ich kann mir vorstellen, nachdem die Biergärten im Sommer relativ prominent besucht worden sind, dass es sehr schwer ist, die Angst der Menschen zu nehmen, in geschlossene Räume und in die Gastwirtschaft zu gehen. Der Kollege Pusch in Heinsberg hat Maschinen, die Aerosole vernichten. Ich kann mir vorstellen, dass wir als Kreis Kleve mehrere von diesen Maschinen kaufen und dann Gastwirten zur Verfügung stellen, damit beispielsweise wieder eine Hochzeit gefeiert werden kann und größere Veranstaltungen im Rahmen der Corona-Regeln wieder abgehalten werden können. Der Dehoga arbeitet auch an einem TÜV-Siegel, der ein vertrauensbildendes Element ist. Und wenn dann draußen draufsteht „Geprüft vom TÜV“ kann ich mir vorstellen, dass wir dann auch Menschen wieder in die Läden und die Gastronomie hinein bekommen.
Werden alle öffentlichen Gebäude des Kreises, wo es sinnvoll möglich ist, mit Solarpaneelen ausgestattet werden?
Ich habe es in Bedburg-Hau auf den Dächern installieren lassen, wo die meisten Sonnenstunden sind. Ich werde dafür sorgen, dass da Photovoltaik draufkommt – und nicht nur Photovoltaik. Ich bin bei einer wasserstoffverarbeitenden Firma in Weeze gewesen. Ich kann mir vorstellen, dass das als Speichereinheit zusätzlich genutzt werden kann, um den Photovoltaik-Strom auch langfristig zu binden.
Werden Sie alle Busse im Kreis Kleve mit Wasserstoff ausstatten lassen?
Ich hätte gerne ein Konzept, das ganz neu gedacht wird, der gesamte Nahverkehr neu gedacht wird. Es gibt Busse, die auf Wasserstoffbasis arbeiten und die entsprechenden Züge werden schon in Niedersachsen und Hessen eingesetzt. Wir sprechen von Elektrifizierung der RE10-Strecke, da kann ich mir auch Wasserstoff als Ersatz-Antriebsart ohne Weiteres vorstellen. Und ich würde mit der NIAG und den Linien darüber sprechen wollen, alternative Energien einzusetzen. Das ist der Sprung, den wir brauchen, um die Umwelttechnik nach vorne zu bringen.
Inwieweit werden Sie sich für eine flächendeckende Infrastruktur mit E-Ladestationen und einen Ausbau des Radwegenetzes einsetzen?
Ich habe mir mehrere Strecken angesehen, wo es möglich wäre, Fahrradschnellstraßen zu konzipieren, die weg von einer Straße sind und nicht neben einer Straße laufen, die zum Beispiel Geldern mit Rheurdt verbinden (…). Das ginge vielleicht auch von Kevelaer nach Weeze. Dafür werde ich mich deutlich einsetzen. Aber ich möchte den Nahverkehr neu denken, ihn bedarfsgerechter fahren lassen, ein Konzept entwickeln, das den Namen Nahverkehrskonzept auch wirklich verdient. Wir müssen sehen, ob wir sowas wie „taxi-on-demand“ reinbringen und das vom Fußgänger, Radfahrer bis Bus und Bahn über den straßengebundenen Verkehr neu regeln.
Wie stehen Sie zur Überführung der Schienenstrecke RE10 in die Trägerschaft aus Kreis und Kommune, die NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst in Kevelaer angeregt hat?
Ich bin sehr dafür, dass in den RE10 auch kommunales Geld fließt. Wir müssen gucken, dass wird da mit Hendrik Wüst an einen Tisch kommen, um genau das zu schaffen, weil wir in Konkurrenz zu anderen Kreisen stehen, die ähnliche Bahnstrecken haben. Und die Fördermittel, die gerade im Land existieren, die können in 2024 bis 2027 nur ein einziges Mal in einen Kreis fließen. Da müssen wir sehen, dass wir schneller sind. Und wenn wir Wüst damit locken können, dass ein Teil der Kosten, die vom Land getragen werden, von uns auch selbst bezahlt werden, dann sind wir da auf einem guten Weg.
Welche Zukunft soll nach Ihrer Vorstellung der Weezer Flughafen haben?
Das ist eine schwere Frage. Ich halte ihn in manchen Dingen für wichtig. Seitdem es Parookaville gibt, weiß jeder, wo Weeze und der Kreis Kleve liegen. Wir merken auch im Tourismus, dass vor Corona auch Menschen in den Kreis Kleve reinkamen. Er hat Arbeitsplätze, die wir dringend brauchen. Meine Aussage ist und da bleibe ich bei: keine Subventionen mehr für den Flughafen. Ich werde sehen, dass eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft darüber guckt, welche Erfolgsaussichten der Flughafen noch haben kann.
Welche weiteren Anreize sollte der Kreis für die Ansiedlung von Ärzten geben?
Wir in Bedburg-Hau gehen hin, haben da ein zentrales Grundstück „bevorratet“ – Wert des Grundstückes pro Quadratmeter 150 Euro. Ich habe dann mit Banken, Projektentwicklern, Steuerberatern gesprochen. Wenn ein Arzt kommt, kostet das Grundstück nur noch 100 Euro, wenn zwei kommen 50 und vier Ärzte 25. Wir haben da zwei Interessensbekundungen gehabt, die erfolgversprechend sind. Das könnte ein Modell sein. Der Kreis macht weiter Förderung der Medizinstudenten, die sich danach verpflichten, so und solange im Kreis zu bleiben. Das ist eine Sache, die erst in acht oder zehn Jahren sichtbar wird. Wir müssen gucken, dass wir da schneller sind. Ich kann mir auch vorstellen, da selbst Ärzte anzustellen – das geschieht zum Beispiel in Büsum oder auf Rügen. Die Kommunen dort haben das gemacht, die werden gut bezahlt und können sich drauf verlassen, dass sie einen Acht-Stunden-Job haben. Das könnte der Kreis machen – vielleicht auch in Verbindung mit den Kommunen. Das müssen wir in Verbindung mit der Politik, den Bürgermeistern vor Ort machen, damit wir Ärztehäuser gründen.
Würden Sie sich für einen Kleinkaliber-Sportleistungsstützpunkt Kevelaer einsetzen?
Ja. Ich möchte mindestens einen, wenn nicht sogar mehrere Leistungsstützpunkte im Kreis nach vorne bringen. Das habe ich beim Kreissportbund schon versprochen (…). Und den Spitzensportlern kann nicht zugemutet werden, mehrere Stunden im Auto zu sitzen, um irgendwo hinzufahren, wo sie trainiert werden. Ich möchte das Training vor Ort, damit die jungen Menschen wesentlich mehr Zeit haben, Schule zu machen und den Sport in Gänze auszuführen.
Was tun Sie als Erstes, wenn Sie Landrat geworden sind?
Mich bei allen Leuten bedanken, die mich unterstützt haben und eine Flasche Bier trinken.
Und was tun Sie, wenn Sie es nicht werden?
Dann werde ich mich trotzdem bedanken für die Unterstützung, die ich bekommen habe, und zwei Flaschen Bier trinken.
Die gleichen Fragen stellten wir Silke Gorißen:
Silke Gorißen
KB: Frau Gorißen, welche Impulse können Sie geben, um Kevelaer touristisch mehr ins Blickfeld zu rücken und die Übernachtungszahlen zu verbessern?
Silke Gorißen: Um die Übernachtungszahlen zu verbessern, muss man gemeinsam mit Hoteliers und denen, die Ferienwohnungen anbieten arbeiten. Dazu sollte man eine Broschüre digital und in Papierform auflegen, wo wir den Kreis insgesamt bewerben – mit Sehenswürdigkeiten, Gastronomie, Natur und Ausflugstipps. Wenn wir den Kreis da so vermarkten können mit den bestehenden Angeboten, dann muss da auch Kevelaer seinen Platz finden, weil Kevelaer ganz spezielle Angebote vorhält. Das müssen wir vom Kreis aus machen. Die Leute kommen nicht nur für eine Stadt oder Gemeinde in den Kreis Kleve, sondern wir wollen versuchen, dass sich die Menschen mindestens für ein, zwei Übernachtungen und mehr aufhalten (…).
Wie werden Sie sich dafür einbringen, den Gastronomen und Einzelhändlern auch in Kevelaer finanziell durch die Pandemie zu helfen?
Da kann ich, ohne dass man Zahlen kennt und wir wissen, wo wir finanziell stehen und am runden Tisch miteinander gesprochen haben, wie die Zahlen aussehen und was von dem Dehoga zurückgemeldet meldet, nichts zu sagen. Ich hielte es auch für falsch, finanzielle Zusagen zu treffen. Wir werden Geld in die Hand nehmen müssen, was die Förderung der Wirtschaft angeht. Aber da schiele ich, muss ich ehrlich sagen, erstmal darauf, was Land und Bund mit weiteren Förderprogrammen machen, was da aufgelegt wird, was unseren Gastronomen helfen kann. Wir dürfen nicht den Fehler machen, Land und Bund aus der Pflicht zu entlassen, und wir stemmen alles auf Kreisebene. Und wir müssen gucken, welche Möglichkeiten es in der schweren Corona-Zeit gibt, die die Gastronomen mit enormer Härte trifft. Wir müssen Lösungsmöglichkeiten finden, Menschen in die Gastronomie reinzubekommen (…). Das wird nicht nur über finanzielle Möglicheiten gehen. Da muss man überlegen, was da umsetzbar ist – vielleicht über Gutscheinaktionen (…). Das ist nicht so einfach, weil wir unter Corona weiter Bedingungen haben werden, wo es wahrscheinlich ist, dass Gastronomen nicht komplett Tische freigeben können, alles öffnen und Abstandsregeln einhalten müssen. Das muss man in der ganzen Gruppe überlegen.
Werden alle öffentlichen Gebäude des Kreises, wo es sinnvoll möglich ist, mit Solarpaneelen ausgestattet werden?
Das muss komplett durchgeprüft werden. Ich habe im Wahlprogramm als eines meiner Ziele den klimaneutralen Kreis Kleve beschrieben. Dazu gehört energetische Sanierung der Gebäude und zu prüfen, ob da, wo es sinnvoll ist, Solarpaneele aufgesetzt werden können. Das hängt davon ab, ob sie das tragen können, in welche Himmelsrichtungen sie zeigen. Das ist ein wichtiges Ziel, das da zu handhaben, wo es möglich ist.
Werden Sie alle Busse im Kreis Kleve mit Wasserstoff ausstatten lassen?
Die Busse werden von den Unternehmern gestellt, die im Rahmen der Ausschreibung Vertragspartner werden. Die müssen die Fahrzeuge selbst anschaffen und da muss man sehen, was es da am Markt gibt. Wenn ich überall Busse habe, die Wasserstoff fahren, würden dazu auch die Tankstellen fehlen. Das ist die Technologie der Zukunft und ich halte sie für sehr wichtig, weil die E-Mobilität auch Probleme mit sich bringt, zum Beispiel was mit ausgedienten E-Autos passiert. Und das muss finanziert werden. Der Kreis kauft nicht Busse, das ist ein Prozess, der mit den Unternehmern durchlaufen werden müsste. Wenn das irgendwann so käme, wäre das ein Riesenschritt.
Inwieweit werden Sie sich für eine flächendeckende Infrastruktur mit E-Ladestationen und einen Ausbau des Radwegenetzes einsetzen?
Da ist der Kreis Kleve im Spiel, was die Kreisstraßen angeht. Das müssen wir ausbauen und klare Alternativen schaffen zu reinen Autostraßen. Wir sehen, dass E-Mobilität bei Rädern stark zunimmt. Und wenn wir wollen, dass die Menschen nicht nur in der Freizeit, sondern im täglichen Bereich – zur Schule, Richtung Arbeit – auf das E-Bike umsteigen, müssen wir die Voraussetzungen schaffen. Da sind wir auf einem guten Weg, dass es da entsprechende Förderprogramme geben wird. Ich halte das für das absolut richtige Signal für die Zukunft.Und die Gemeindestraßen, wofür die Kommunen zuständig sind, da denke ich, werden die Kommunen sehen, was machbar ist. Das muss erstmal alles vernünftig geplant werden, wo die Streckenführung das zulässt. Das sind ja große Prüfungsverfahren. Es wäre gut, da in gutem Kontakt mit den Städten und Gemeinden für ein gemeinsames Konzept zu sein.
Wie stehen Sie zur Überführung der Schienenstrecke RE10 in die Trägerschaft aus Kreis und Kommune, die NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst in Kevelaer angeregt hat?
Das finde ich einen sehr interessanten Gedanken. Wir sind da verabredet, das zu beleuchten und zu prüfen, wenn der Wahlsonntag vorbei ist und ich im Amt sein sollte.
Welche Zukunft soll nach Ihrer Vorstellung der Weezer Flughafen haben?
Da sieht es im Moment so aus, dass er massiv unter der Coronakrise zu leiden hat. Wir wissen alle nicht, wie sich der Flugverkehr in den nächsten Monaten und Jahren entwickeln wird. Es gibt auf Landesebene keinen Gutachter, der da eine Prognose wagt. Das wird davon abhängen, wann es einen Impfstoff gibt und wann man reisen können wird (…). Ich hielte es für falsch, zum jetzigen Zeitpunkt dazu eine Aussage zu treffen, weil wir sie nicht treffen können. Wir müssen sehen, wie die nächsten Monate laufen und dem neuen Geschäftsführer des Flughafens die Möglichkeit geben, neue Konzepte zu entwickeln und vorzustellen. Der Flughafen hat aktuell nicht nach Geld gefragt. Wenn das der Fall ist, werden sich Verwaltung und Kreistag damit befassen müssen, sich eine Meinung dazu bilden und beschließen müssen. Ich halte es für schwer vorstellbar, dass der Flughafen dauerhaft an einem finanziellen Tropf hängen wird. Er darf kein Fass ohne Boden werden. Ich hoffe, dass der Flughafen die Krise schafft.
Welche weiteren Anreize sollte der Kreis für die Ansiedlung von Ärzten geben?
Wir versuchen da im Moment schon eine Menge mit dem Stipendienprogramm. Das müssen wir beibehalten mit den Kliniken und dem LVR. Wahrscheinlich werden wir nicht drumherum kommen, weitere Anreize für junge Ärzte zu schaffen, weil uns ein Stück weit die Zeit davonläuft. Die ärztliche Nahversorgung wird sich weiter zuspitzen und ich kann mir nicht vorstellen, dass wir nicht noch zusätzliche Förderprogramme überlegen müssen für den Kreis, um junge oder ältere Mediziner herzuholen. Ich glaube, der Weg wird auch dahin gehen, Anreize für Ärztehäuser zu schaffen, wo sich Fachärzte zusammentun, um Kosten zu sparen (…).
Würden Sie sich für einen Kleinkaliber-Sportleistungsstützpunkt Kevelaer einsetzen?
Das muss man durchprüfen. Mit dem Gedanken müsste ich mich näher befassen. Da darf es kein Denkverbot geben, ob das nicht eine gute, attraktive Sache für Kevelaer wäre.
Was tun Sie als Erstes, wenn Sie Landrätin geworden sind?
Wenn ich die Wahl schaffe, dann werde ich erst mal mit meinen Unterstützern feiern. Es wird ein kleinerer Kreis wegen Corona sein. Aber an dem Abend in Kleve, wo der CDU-Bürgermeisterkandidat Wolfgang Wehling sein wird, werden wir ganz sicher anstoßen, wenn es so kommt.
Und was tun Sie, wenn Sie es nicht werden?
Dann würde ich mir wünschen… (überlegt kurz). Den Gedanken kann ich eigentlich nicht zulassen. Da denke ich nicht dran. Ich denke nur daran, dass wir da schön feiern können und das gut verläuft.