Beiträge

In Kevelaer und den Ortschaften wachsen 92 „grundlose Bäume“

Wer in 20 Jahren durch Kevelaer läuft und sich in den Schatten eines großen Baumes setzt, wird kaum wissen, warum dieser Baum dort steht und wer ihn gepflanzt hat. Eigentlich ist es auch egal, weil es keinen wichtigen Grund gab, ihn dort an diesem Platz gedeihen zu lassen. Das Schöne wird sein, dass er eben dort ist. Im Juni 2018 legte der Verein „Natur und Kultur im Acherhoek“ (NuK) die ersten 1000 Euro in einen Spendentopf, um Bäume anzuschaffen und jene zu ersetzen, die zum Beispiel Krankheit, Trockenheit oder dem Sturm zum Opfer fielen und die gewöhnlich aber nicht ersetzt werden. Der Grund, um einen Baum zu pflanzen, geht heute oft mit einem Ausgleich einher. Grundlos werden sie kaum noch in die Erde gebracht. Dieser Gedanke war der Startschuss für die Aktion „Grundlos Bäume pflanzen“.

„Mit dieser Zwischenbilanz zählen wir heute schon 92 ,Grundlose Bäume‘, die über ganz Kevelaer und seine Ortschaften verteilt sind“, berichtet NuK-Geschäftsführer Matthias David. „Zu Beginn dieser Baum-Spendenaktion waren wir recht euphorisch gestimmt. Viele Menschen folgten dem Aufruf und spendeten Geld für Bäume, die nicht als Ausgleich oder Ersatz gepflanzt werden sollten.“ Eine Privatperson hat sogar die stolze Summe von 5000 Euro auf das Konto eingezahlt. Im Folgejahr legte dieser Spender noch einmal 3000 Euro oben drauf. Ein weiterer Löwenanteil kam durch die Auflösung der „Unternehmervereinigung Kevelaer“ zustande, an deren Stammkapital der NuK zu einem Drittel teilhaben durfte. Es waren aber auch viele kleine Spenden von Privatleuten dabei, die Freude an dem Gedanken hatten.

Der „Baum-Topf“ wurde zunehmend größer. „Ein tolles Signal für die Bereitschaft in der Bevölkerung etwas zu bewegen“, blickt David zurück und erinnert sich: „Es fehlte nur noch eines: Platz!“ Was die Initiatoren sich so einfach vorgestellt hatten, erwies sich bei näherer Betrachtung als doch gar nicht so einfach. Die meisten Flächen der Kommune wurden bereits als Ausgleichsflächen benötigt. Die Idee eines Stadtwaldes erschien gar unmöglich. „Da standen wir nun mit einem Sack voller Geld und kamen nicht voran“, schmunzelt David rückblickend. In der Folge weichte der Verein ein hartes Kriterium auf und bot Pflanzungen auch auf teil-öffentlichen Flächen an. Zudem gab es einen fleißigen Mitarbeiter im Betriebshof, der sich stets mit offenen Augen für Lücken im Gelände bewegt. Und so kam dann doch langsam Schwung in die Sache.

Aktion am Kevelaerer Gymnasium

„In diesem Jahr konnten wir dann etwas verwirklichen, das einem Stadtwald recht nahe kommt“, erzählt David von einem großen Erfolg. „Das Kevelaerer Gymnasium (KvGG) wird 60 Jahre alt. Die Planungsgruppe der Lehrer kam mit dem Gedanken, eine entsprechende Anzahl Bäume zu pflanzen auf uns zu und fragte, ob wir helfen könnten.“ Mit dieser Frage rannte sie beim NuK offene Türen ein. Noch im ersten Gespräch gab der Verein die Zusage, die komplette Anpflanzung mit 6000 Euro zu finanzieren, und legte zudem noch 1200 Euro für eine entsprechende Anzahl Wassersäcke obendrauf.

Es reiche aber nicht aus, „nur“ zu finanzieren. Bäume wollen gepflanzt und gegossen werden. Rein rechnerisch koste dieses Unterfangen ähnlich viel Geld wie der Baum selbst, erläutert David. „An dieser Stelle müssen wir die sehr feine Zusammenarbeit mit dem SOS-Kinderdorf und der Stadt Kevelaer deutlich hervorheben. Ohne diese Partner hätte sich das Projekt nicht durchführen lassen.“

Folgende Pflanzungen wurden seit Beginn der Aktion „Grundlose Bäume“ getätigt:

In Winnekendonk auf dem Sportplatz: 12 Bäume

In Winnekendonk an der Kervenheimer Straße: 4 Bäume

In Wetten beim Worldhouse: 13 Bäume

Auf der NuK-Vereinswiese: 1 Baum

In Sonsbeck nahe dem Dassendaler Weg: 2 Bäume

In Kevelaer am KVGG: 60 Bäume

Von den bisher gespendeten 15.260 Euro wurden damit 13.165 Euro in Pflanzungen und Pflege investiert. 2095 Euro stehen für weitere Bäume noch zur Verfügung. „Es bleibt zudem zu hoffen, dass sich noch mehr Menschen dazu entschließen, den NuK beim Bäumepflanzen in Form einer Spende zu unterstützen“, wirbt David. Die IBAN des eigens eingerichteten Spendenkontos lautet: DE16 3206 1384 4500 5270 27 / Stichwort: „Grundlose Bäume“.

Flüchtlingszelt in Kevelaer als Zeichen

Es ist ein einfaches weißes Zelt, zwei Meter hoch, etwa 20 Quadratmeter groß im Inneren. Im Brunnenhof neben der Basilika wird es stehen, ab Freitag, 13. März. Die Kevelaerer Stiftung „Aktion pro Humanität“ hat drei dieser Zelte gekauft. Es sind keine Freizeitzelte, keine Campingoasen für die kommende Ferienzeit.

Es sind Flüchtlingszelte, exakt jene Zelte, in denen mehrköpfige Familien untergebracht sind – in den Flüchtlingslagern auf Lesbos etwa. Mit Fotos und kurzen Texten zum „Flüchtlingsalltag“ soll so ein schlichtes, weißes Zelt zum Symbol für Mitmenschlichkeit in Kevelaer werden.

Mit dieser „Zeltaktion“ möchte die in Kevelaer beheimatete Hilfsorganisation „Aktion pro Humanität“ (APH) das Thema Flüchtlingskrise aufgreifen und aufmerksam machen auf die Situation in den Flüchtlingslagern.

„Ein solches Flüchtlingszelt soll ein Symbol sein“, erklärt APH-Gründerin Dr. Elke Kleuren-Schryvers, „ein Symbol für unser Mitfühlen, Mitleiden und gleichzeitig auch ein Symbol für unsere konkrete Hilfe, für unser Nichtwegschauen, sondern unser Eintreten für Menschen in Not.“ Kevelaer ist der erste Ort am Niederrhein, an dem so ein „Flüchtlingszelt“ aufgestellt wird.

Weitere Standorte sollen folgen, in Pfarrgemeinden, Schulen, Kindergärten, überall am Niederrhein. Die Zelt-Aktion in Kevelaer wurde möglich in Zusammenarbeit mit der Kirchengemeinde St. Marien und der Wallfahrtsleitung.

Kevelaer ist von der Organisation mit Bedacht gewählt als Auftakt-Standort – hier ist Erzbischof Laurent Lompo aus dem Niger ein häufiger Gast und Freund und hat schon oft aus seinem Land berichtet. Der afrikanische Flüchtlingsstrom Richtung Europa führt quer durch das Land. Vor wenigen Wochen war Weihbischof Rolf Lohmann mit einem kleinen APH-Team im Niger. In seiner Heimatdiözese in Niamey stellte Erzbischof Lompo eine Paten-Idee vor:

Nigrische Familien werden Gastfamilien für Menschen, die vor Terror und Gewalt auf der Flucht sind – damit sie sich nicht auf den Weg zu Fuß durch die Wüste machen, nicht in einem der Boote sitzen, die dann auf dem Mittelmeer kentern, damit sie nicht in den überfüllten Lagern auf Lesbos landen und sie nicht ihren Heimatkontinent verlassen müssen.

Erzbischof Lompo hat nigrische Gastfamilien gefunden, die bereit sind, eine Flüchtlingsfamilie bei sich aufzunehmen. „Dies ist ein viel persönlicheres, menschlicheres Domizil als die Unterkunft in einem Flüchtlingslager“, sagt Dr. Elke Kleuren-Schryvers.

Die Paten-Familien bekommen für ihren Einsatz 30 Euro im Monat – mit dem Geld kann mit Holz und Wellblech die eigene Hütte erweitert werden und zweimal am Tag eine einfache warme Mahlzeit (Mais- oder Hirsebrei) für die Flüchtlinge bereitgestellt werden.„Wir hoffen nun“, so die Kevelaerer Medizinern, „dass wir am Niederrhein viele Menschen gewinnen können, die diese 30 Euro im Monat spenden – im Idealfall für ein Jahr.“

„Wir brauchen Eure Stimme, Euer Wort, Euer Handeln“, hat Erzbischof Laurent Lompo vor wenigen Wochen der kleinen Delegation der Aktion pro Humanität mit auf den Heimweg gegeben. „Wir sind alle gefordert, die emotionale Neutralisierung, die Gleichgültigkeit zu überwinden und in Mitmenschlichkeit zu wandeln“, appelliert Kleuren-Schryvers. „Das ist es, was angesagt ist. Wir werden nicht mehr ‚unter uns‘ bleiben können in Anbetracht der Not so vieler Menschen auf der Welt. Angesichts der Flucht vor Armut, Hunger, Terror und Krieg von mehr als 70 Millionen Menschen weltweit. Mehrere Millionen davon unmittelbar vor unserer Haustüre, an den Außengrenzen Europas (…)“

Einen Blickwechsel wagen

Bastian Rütten, theologischer Referent der Wallfahrt in Kevelaer, bezieht die „Aktion Flüchtlingszelt am Niederrhein“ und das Thema Flucht in die Vigilfeier am Freitag, 13. März, um 19.30 Uhr, in der Marienbasilika ein. „Seht das Zelt Gottes unter den Menschen – lesen wir in der Bibel. Diese Aktion lädt dazu ein, in diesen Zelten der Menschen auch die Anwesenheit Gottes zu sehen.

Das Zelt ist einziges und letztes Obdach für Menschen, die Gottes geliebte Kinder sind; somit aber auch seine Ebenbilder. In dieser Fastenzeit wollen wir in St. Marien bewusst Blickwechsel wagen. Es ist im wahrsten Sinne des Wortes notwendig, auf diese furchtbare Situation zu schauen, sie ins Gebet zu nehmen und vor allem zu helfen, wo es eben geht.“

Wer die Patenaktion im Niger unterstützen möchte, kann mit einer Spende helfen: Stichwort Patenfamilie Niger. Stiftung Aktion pro Humanität; Volksbank an der Niers, IBAN DE 39 3206 1384 4330 1300 11. Die Flüchtlingszelte am Niederrhein gehören in die Reihe der Friedensaktionen der Stiftung Aktion pro Humanität. Das Thema der diesjährigen Friedensaktionen lautet: Mitmenschlichkeit in Not. Erneut übernimmt Weihbischof Rolf Lohmann als Kuratoriumsmitglied der Stiftung hierfür die Schirmherrschaft.

APH startet Hilfs-Sammlung

Am Wochenende wird sich von Nettetal aus ein Lkw mit Sachspenden auf den Weg nach Syrien machen. Khalil Kermani und sein Team, Avicenna e.V. Köln, werden in die umkämpfte Krisenregion aufbrechen, um die Menschen in den Lagern in der Region Idlib mit dem Nötigsten zu versorgen.

APH hat die Kölner Organisation bereits vor drei Wochen unterstützt, um Flüchtlinge auf Lesbos mit Medikamenten zu versorgen. „Nun haben uns unsere Freunde von Avicenna erneut um Hilfe gebeten“, so Dr. Elke Kleuren-Schryvers. APH organisiert von Kevelaer aus eine Hilfs-Sammlung. Benötigt werden vor allem saubere, warme Decken. Die können bis einschließlich Donnerstag, 12. März, im Klarissenkloster in Kevelaer, St. Klara Platz 2, abgegeben werden.

Das neue Bettenhaus im Buschkrankenhaus ist fertig

Nicht zum ersten und wohl auch nicht zum letzten Mal standen die Kevelaerer Medizinerin Dr. Elke Kleuren-Schryvers und ihr Team der Aktion Pro Humanität (APH) in den vergangenen Monaten vor Herausforderungen, die nicht unbedingt eingeplant waren. Seit mehr als 20 Jahren unterhält APH ein Buschkrankenhaus im westafrikanischen Benin, baut im Niger Brunnen und bald auch ein Krankenhaus – dank der treuen und zuverlässigen Unterstützung ihrer Spender. So wurde vor einigen Jahren auch die Installation eines Operations-Containers im Buschkrankenhaus in Benin realisiert – mit dem Ergebnis, dass die hochmoderne Operations-Einheit nahezu rund um die Uhr ausgebucht ist und die Patienten im kleinen Krankenhaus der APH mitunter zu zweit oder gar zu dritt ein Bett teilen mussten.

APH reagierte und trommelte einmal mehr Spenden zusammen, um den Bau eines neuen Bettenhauses zu verwirklichen. Der Kraftakt ist geglückt. Nach knapp siebenmonatiger Bauzeit ist der neue Trakt fertiggestellt. Im November werden für APH erneut Mediziner, Fachkräfte und Techniker auf eigene Kosten dorthin reisen, um vor Ort wieder gemeinsam zu helfen und nahezu rund um die Uhr im Operationscontainer und im Projekt zu arbeiten. Dann wird das neue Bettenhaus feierlich eingeweiht. Insgesamt verfügt das Buschkrankenhaus der Aktion pro Humanität nun über 65 Betten. Für den neuen Trakt konnten knapp 65.000 Euro an Spendengeldern verbaut werden. 

Nahrungsmittel für Niger

Immer wieder erschüttern das Team auch Nachrichten aus dem Niger, dem zweiten afrikanischen Einsatzland der Aktion pro Humanität. So musste Erzbischof Laurent Lompo bei einem seiner jüngsten Besuche am Niederrhein von Nahrungsmittel-Engpässen berichten, die vor allem Familien in den Wüstendörfern treffen. Hier konnte die Aktion Pro Humanität mit Hilfe von Freunden und Förderern insgesamt 78.000 Euro zusammentrommeln.

Einen Großteil der Spenden übernahmen wieder einmal die Stiftung der Familie Seibt von der Grav Insel in Wesel, das Bistum Münster über APH, die Pfarrgemeinde St. Marien in Kevelaer, die Aktion pro Humanität und drei größere, private Einzelspender. Erzbischof Laurent Lompo konnte mit seinem Team nun Spezialmilch und Medikamente für unterernährte Kinder kaufen und viele Familien mit Nahrungsmitteln versorgen, sodass die schlimmste Zeit bis zur nächsten Ernte überbrückt werden kann. Ein Sack Hirse kostet derzeit etwa 40 Euro – eine mehrköpfige Familie benötigt sechs Säcke Hirse, um drei Monate zu überstehen.

„Es beeindruckt uns alle im Team der Aktion Pro Humanität immer wieder, wie engagiert und großherzig die Menschen hier am Niederrhein und auch darüber hinaus zu helfen bereit sind“, sagt die APH-Vorsitzende Dr. Elke Kleuren-Schryvers. „Danke für das Vertrauen und die wirklich großartige Unterstützung für alle die, die am Wegesrand dieser Welt ihr Leben fristen müssen,  armgemacht, perspektivlos, ohnmächtig.“

Das gilt auch für Hilfe, die die Menschen in anderen Winkeln der Erde erreichen kann. So konnten nach den schweren Überschwemmungen im indischen Kerala 5.000 Euro Soforthilfe bereitgestellt werden. Pater Benny, Geistlicher in der Pfarrgemeinde St. Marien in Kevelaer, hat den Betrag in seine Heimat geschickt. Dank dieser Hilfe wurden 300 Schüler wieder mit dem Nötigsten versorgt. Kleidung, Bücher, Schreibutensilien – alles war von den Fluten weggespült worden. Pater Benny hatte APH um Unterstützung gebeten und den Kontakt mit Kerala hergestellt und betreut.

Medikamente für den Jemen

Es hat lange gedauert, doch dann erreichte APH die erlösende Nachricht von Matthias Dentler von MOAS (Seenotrettungsorganisation in Deutschland): Die Container mit medizinischen Hilfsgütern und Nahrungsergänzungsmitteln sind im Hafen von Aden angekommen und konnten mit der lokalen Hilfsorganisation unter den bedürftigen Menschen in mehreren Flüchtlingslagern verteilt werden – trotz vieler unvorhersehbarer Schwierigkeiten und einer stark verschlechterten Sicherheitslage.   

Orgelkonzert als Dankeschön

Als die Trompeten des jüngsten Gerichts losschmetterten – ja, da ahnte man schon, dass es ein besonderer Abend werden würde. Und als Basilikaorganist Elmar Lehnen die romantischen Streicher kurz dazurief, – einfach um die Vielfalt der musikalischen Möglichkeiten seines Lieblingsinstruments aufzuzeigen – nun, da spürten die knapp 200 Zuhörer schon vor Beginn des Konzerts, dass der Orgelbauverein nicht zu viel versprochen hatte, als er Freunde und Förderer zu einem „musikalischen Hochgenuss mit Überraschungen“ eingeladen hatte.
2013 hat sich der Orgelbauverein gegründet, um die Restaurierung der Seifert-Orgel möglich zu machen und einer der größten romantischen Orgeln weltweit wieder ihren Originalzustand zu schenken. 14 neue Register konnten seitdem dank der finanziellen Unterstützung von Freunden und Förderern eingebaut werden. „Mir läuft es jeden Tag heiß und kalt den Rücken hinunter, ich genieße jeden Tag, jede Stunde an diesem einzigartigen Instrument“, so Basilikaorganist Elmar Lehnen. „Danke, dass Sie alle das möglich gemacht haben.“ – „Als wir vor fünf Jahren den Orgelbauverein gründeten“, so Schatzmeister Gottfried Mülders, „hatten wir ein Investitionsvolumen von 450.000 Euro vor der Brust.“ Ein Großteil des Weges sei geschafft.

Das Wunschkonzert
Und so hatte der Orgelbauverein zum Dankeschön-Konzert all seine Orgelpaten, Freunde, Gönner und Förderer eingeladen. Und die Gäste hatten sich im Vorfeld wünschen können, was die beiden Organisten Elmar Lehnen und Viktor Fischer-Emmerich spielen sollten. Die Liste war so lang, dass, so Lehnen, „wir die nächsten zehn Jahre brauchen, um sie abzuarbeiten.“
Und dann zogen die beiden Organisten tatsächlich alle Register. Mal dröhnten, mal tobten, mal explodierten die Töne nahezu, dass man fürchten musste, das Kirchendach hebt ab. Dann wurden sie leise, zart, zerbrechlich, umschlang Emotionen und Sinne und trug sie dem Himmel entgegen. Lehnen und Fischer-Emmerich wurden geradezu eins mit der Orgel – und die Zuhörer konnten gebannt via Leinwand zusehen, wie die Töne entstanden und sich durch den weiten Raum der Basilika verteilten, sich austobten und durcheinanderstieben, auf und ab purzelten und sich dann in der Melodie wiederfanden.
Nun, es war u.a. die Toccata von Widor, es war die Bach-Kantate 147, es war die Morgenstimmung aus Griegs Peer Gynt und es war, ganz zum Schluss, der Bolero von Ravel – vierhändig gespielt – bärenstark. Die beiden Musiker lagen sich nach dem letzten Ton in den Armen, die Zuhörer arbeiteten ihre Begeisterung in minutenlangem Beifall ab. Und zwischendrin, bei den Improvisationen an der Orgel, da waren zum allerersten Mal die fünf neuen Pedalpfeifen zu hören. Mächtige Holzkastenpfeifen, mehr als zehn Meter hoch – man kann sie eigentlich gar nicht hören, man spürt sie im Zwerchfell, so gewaltig tief sind die Töne, die sie produzieren.
Bei einem Gläschen Wein im Priesterhausgarten klang der besondere Abend aus. Noch etwa 150.000 Euro muss der Orgelbauverein zusammentrommeln, um die große Seifert-Orgel vollständig ausgerüstet zu haben. Man darf sich schon jetzt auf den Moment freuen, wenn wirklich einmal wieder alle Register zu hören sein werden.
www.wallfahrt-kevelaer.de/orgelbauverein

Das Leid der Kinder in Aleppo

Wie Kartenhäuser sind ganze Stadtteile in sich zusammengefallen, Wände durch Gewehrkugeln zu Sieben verwandelt, mit Bombentrichtern übersäte Straßen, ein Trümmermeer das die hässliche Fratze eines Krieges zeigt. Mittenrin befinden sich 1,5 Millionen Menschen, überwiegend Kinder und Frauen. Franziskanerpater Firas Lutfi, der in Aleppo lebt, war in der letzten Woche zu Gast in Kevelaer und hatte Bilder der zerstörten Stadt in Syrien mitgebracht. Die Fotos erschreckten und belegen, dass von der einstmals blühende und kulturreiche Stadt, in der zuvor über 2,5 Millionen Menschen lebten, wenig erhalten geblieben ist.
Pater Firas ist Ordensoberer des St. Anthony‘s Convent in Aleppo und versucht mit seinen Mitbüdern den traumatisierten Menschen, unter ihnen viele Kindern, die ihre Eltern verloren haben, mit Gebet, Tat und materieller Hilfe zur Seite zu stehen und Zuversicht zu geben. Er versucht auf die Frage: „Wo ist Gott gewesen und wo ist er heute“, mit christlicher Zuwendung und Nächstenliebe zu antworten. „Er ist genau hier bei euch und leidet mit euch“, so Pater Firas. So schließt sich der Kreis zur Consolatrix Afflictorum, der Trösterin der Betrübten, die der Grund des Jubiläums 375 Jahre Wallfahrt ist.
„Das Wort Schrecken reicht nicht aus, um die Lage zu beschreiben“, sagte der Wallfahrtsrektor und designierte Weihbischof Rolf Lohmann, „Mit Bezug auf Maria in der Welt, können wir dieses Leid vor die Mutter Gottes tragen und ihr die Menschen ans Herz legen.“
Auf Initiative der Stiftung „Aktion pro Humanität“ von Dr. Elke Kleuren-Schryvers und durch das Spendenengagement eines Klever Unternehmers, waren kurz vor Weihnachten in der Kirchengemeinde St. Marien 40.000 Euro für die Menschen in Aleppo gespendet worden. Angesicht der Zerstörung, die an die Bilder vieler deutscher Städte nach dem zweiten Weltkrieg erinnert, wird aber dringend weitere Hilfe benötigt.
„Seit die Kämpfe um Weihnachten 2016 zum Erliegen kamen, hat sich die Lage im Bereich Infrastruktur verbessert und es gibt viele Zeichen der Hoffnung. Das Beste für die Kinder ist aber, dass sie einmal lachen können und Spaß haben“, sagt Firas. „Ich kann nicht zaubern. Aber ich bin immer nah bei den Menschen und ihrem Leid. Wir beten viel und geben einander Kraft. Das ist auch eine Art Wunder.“
„Drei Dinge sind wichtig in Aleppo: Essen, Schlafen, Gehen“, sagt der Franziskaner. Elke Kleuren-Schryvers unterstützt mit ihrer Hilfsorganisation weiter die Arbeit des Paters. Auch in der St. Marien Gemeinde soll beim bevorstehenden Pfarrfest ein Viertel der Einnahmen nach Aleppo gehen und in die Projekte Nahrungsmittel, Medikamente, Notfallhilfe und Hilfe beim Wiederaufbau fließen. Angesichts der vielfältigen und umfangreichen Aufgaben wird weitere Hilfe zum Helfen benötigt.