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Scharfe Worte, Kritik und Beschlüsse

Mit einigen Minuten Verspätung konnte die Aufstellungsversammlung der Kreis-SPD Kleve im Kevelaerer Bühnenhaus beginnen. Der Vorsitzende des SPD-Unterbezirks, der Kevelaerer Norbert Killewald, begrüßte die Delegierten, die aufgrund der Corona-Abstandsregeln bis in die Tribünen hinein saßen – darunter auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Barbara Hendricks, die für die Kommunalwahl keine Prognose wagte. „Die Wahlen sind oft von Stimmungen beeinflusst“, sah sie die SPD bei der Wahl des Landrats mit Peter Driessen gut positioniert und sprach davon, dass die CDU „aufgrund der Leistung im Kreis kein gutes Ergebnis erzielen“ dürfte. Der Landrat habe „alles falsch gemacht, was falsch zu machen war.“ Und die CDU im Kreis ziehe sich nur auf Zuständigkeiten zurück.

Killewald blies bei seinem Grußwort in ein ähnliches Horn, versah das aber noch mit mehr polemischer Schärfe und schwor die Delegierten auf den Wahlkampf ein. Die SPD habe stets die Probleme der Menschen aufgegriffen und zu unterschiedlichen Themen Vorschläge gemacht und Konferenzen abgehalten. Vom Landrat und der CDU dagegen habe es eine Politik der „Nichtzuständigkeit und der niedrigen Kreisumlage“ gegeben, egal welche Folgen das für die Bürgerinnen und Bürger habe. Wolfgang Spreen  habe sich im „Kreishaus seiner Wagenburg“ verschanzt, fühle sich  „von eigenen Wahlkämpferinnen, eigenen und anderen Bürgermeistern, von Medien, die er offen angreift, und uns und anderen, denen er arrogant entgegentritt“, umzingelt, meinte Killewald. Seine Haltung habe immer „Beifall und Unterstützung“ der CDU im Kreis erhalten. Und der CDU-Kreisvorsitzende Günther Bergmann und die CDU-Landratskandidatin Silke Gorißen hatten verkündet: „Wir haben mit Ministerinnen und Ministern gesprochen“, um Probleme von außen her lösen zu lassen.

Killewald bezeichnete das als „Offenbarungseid zur Verantwortung zum Gestaltungswillen“ vor Ort. Und nicht „Inhalte, sondern der Kreis soll billig sein.“ Das zähle in Sachen Kreisumlage nur. Dafür habe die CDU die SPD mit „Hohn und Spott“ bedacht, ihre Macht demonstriert. „Ob Corona oder Leiharbeiter: Diese falsche Politik für den Kreis Kleve fällt jetzt der CDU und ihren Verantwortlichen auf die Füße. (…) Sie werden gerade von dieser erschlagen“, waren Killewalds Worte. Die CDU solle den bisherigen Weg abbrechen und im Kreisausschuss und Kreistag an einer „gestaltenden Politik“ mitwirken.

Peter Driessen

Beim Thema Leiharbeiter solle man „die Zusammenarbeit vor Ort im Kreis und mit dem Kreis endlich erzwingen“, sagte der SPD-Politiker. Der Verweis auf andere staatliche Ebenen sei „nichts mehr als Arbeitsverweigerung“.  Das sei aber weniger ein Grund für Häme, sondern gebe aus SPD-Sicht Anlass zur Sorge um den Kreis. „Inzwischen hat es diese CDU geschafft, dass jeder in der Republik den Kreis verwundert betrachtet“, sagte Killewald. Vor Wochen habe er zum Thema Corona mit CDU-Leuten im NRW-Sozialministerium geredet. Da sei der Satz: „Gut, dass Gangelt nicht im Kreis Kleve liegt“, gefallen. Dieser Satz sei genug Motivation, „um die Lage zu verändern und der bisherigen Mehrheitspolitik ein Ende zu setzen.“

Zusammenstehen und Menschen mobilisieren

Im Anschluss warb Peter Driessen für seine von mehreren Parteien getragene Landratskandidatur. Beim Thema Flughafen Weeze brauche es transparentes Agieren, „damit politische Entscheidungen nachvollziehbar sind.“ Es bestehe die abstruse Situation mit einem „Landrat, der alle mit Nichthandeln gegen sich aufbringt.“ Die Amtszeit des Landrats gehe aber in ein paar Monaten zu Ende. Er wolle nicht auf ihn draufschlagen. „Dann verlieren wir Potenzial. „Mit den Bündnispartnern sei eine rechnerische Mehrheit im Kreistag und für seine Wahl denkbar. Dafür gelte es jetzt, „fest zusammenzustehen sowie Familien und Freunde zu mobilisieren.“

Nach einer Diskussion mit Änderungsvorschlägen wurde das zwölf Punkte umfassende Kommunalwahlprogramm der Kreis-SPD „Gemeinsam in sozialer Verantwortung für eine solidarische Gesellschaft“ verabschiedet, das der SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Jürgen Franken, vorstellte. Das Programm enthält unter anderem die Forderung nach familiengerechten Arbeitszeiten und fairen Löhnen, die Stärkung des Gesundheitssektors und des Digitalen, den Naturschutz, die Förderung der Mobilität und die Gebührenfreiheit für die Betreuung von Kindern.

Ulrich Franken

Franken nutzte seine Rede auch zur Kritik an Landrat Wolfgang Spreen und der CDU. Die Union lasse Spreen „fallen wie eine heiße Kartoffel“ und mache in Sachen Kreisumlage einen „wahlbedingten Schwenk“, weil nächste Woche alle Bürgermeister in den Kreisausschuss kommen. Dazu komme der Schwenk bei dem Sofortprogramm von zehn Millionen Euro, von dem bislang nur 3,3 Millionen Euro abgerufen worden seien. Man werde den Nachtragshaushalt des Kreises ablehnen, kündigte Franken an. Die Corona-Soforthilfe des Kreises solle auf fünf Millionen Euro beschränkt, die Kreisumlage nicht erhöht werden. In Sachen Flughafen sehe er ein „Licht am Ende des Tunnels“, weil die Kosten für die Flugsicherung 2021 übernommen werden. Die SPD könne nicht nachvollziehen, warum der Landrat eine Soforthilfe von sechs Millionen Euro vom Kreis und der Gemeinde Weeze als stille Beteiligung aufsetzen wolle. Die Gesellschafter des Airports und das Land seien jetzt in der Pflicht, den Flughafen zu stützen. Im Kreisausschuss will die SPD den Antrag stellen, dass Gespräche mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet darüber geführt werden sollen.

Personell beschloss die Versammlung die Reserveliste für die Kandidat/innen zur Kommunalwahl mit Jürgen Franken an der Spitze. Aus Kevelaer befinden sich mit Jörg Vopersal (Platz 9) und Irene Vonscheidt (Platz 18) zwei Personen auf der Liste. Dazu kommt noch für das nördliche Stadtgebiet im kommunenübergreifenden Wahlkreis der Uedemer Frank Thon auf Platz 13. Er hatte im Februar seinen Anspruch auf den Kreisvorsitz angemeldet. Die Debatte darüber soll nach den Kommunalwahlen stattfinden.

Er will gestalten, motivieren und sich einbringen

Gerne hätte er sein Jubiläum mit einem großen Tag der offenen Tür gefeiert, gesteht Winfried Janssen, als er seinen Gesprächsgast an dem Eingangszaun empfängt und durch die Einfahrt die Treppe hinauf entlang der Fenster in die Wohnung führt. „Aber das fällt alles wegen Corona ins Wasser“, bedauert der mittlerweile 80-Jährige. In seinem Wohnzimmer fallen mir die Zeichnungen seiner Enkel auf, die an den Wänden verteilt zu sehen sind. „Und das hier, das bin ich im Alter von fünf Jahren“, zeigt er auf einen Rahmen. „Das hat ein Engländer gezeichnet, der in Sonsbeck gelebt hat.“ Auf der Zeichnung findet sich der Name „Jaar Sonbroeck“ und das Datum „Mai 1945“.

Winfried Janssen wurde am 24. Mai 1940 in Sevelen als ältester von fünf Kindern als Sohn eines Organisten und Küsters geboren. „Krieg war Alltagsgeschehen für uns“, sagt Janssen heute. „Wir haben noch von Weitem den blutroten Himmel im Ruhrgebiet gesehen. Und ich kann mich gut an den Alarm erinnern, wo die Maschinen von England kamen. Da mussten wir in die Keller rein.“

Aus der Zeit sind ihm noch einige bruchstückhafte Fragmente in Erinnerung geblieben. „Anfang 1945 wurden wir Richtung Paderborn evakuiert, und da habe ich die kaputten Städte gesehen. Unterwegs kamen dann die Tieffliegerangriffe. Die schossen die Leute vom Rad, wenn Du nicht schnell genug warst. Da mussten wir raus aus dem Bus, da war ein Haus in der Nähe, rein in den Keller.“

Zwischen Krieg und Kirche

Er sah auch ein Flugzeug, das über Sevelen brannte und in Geldern abstürzte. „Und neben dem Bürgermeister lagen die Soldaten im Garten, da bin ich in einen Panzer rein, als die Deutschen noch die Front hier hatten.“ Als der Vater auf Heimaturlaub war und dann wieder weg musste, „weiß ich noch genau die Stelle, wo er auf den Laster gestiegen ist und weggefahren ist.“ Ob er an der Front war, weiß er nicht. Sein Vater war im ersten Weltkrieg gefallen und er war der einzige Sohn.

Das kirchliche Leben „das hat mich geprägt“, sagt er. „Das war ein Bestandteil unseres Lebens.“ Als Messdiener ging er dem Vater, als der aus dem Krieg zurückkehrte, viel zur Hand. „Bis auf Beichte habe ich alles mitgemacht“, muss er an der Stelle schmunzeln. „Ich war ja auch ‘backstage’ bei allen, die da bei den Vorbereitungen mit einbezogen waren“, sagt Janssen. „So habe ich Kirche, die Kapläne, die Pfarrer, die Vielzahl dieser geistlichen Herren kennen und schätzen gelernt. Da waren einige dabei, die waren menschlich gesehen für jungen Menschen solche, an denen man sich orientieren konnte.“

Der Vater war ein begnadeter Musiker, leitete den Chor in Sevelen. „Da hatte ich aber nix von“ – im Gegensatz zu seinen beiden Brüdern, die beide Instrumente lernten. „Mein Talent war, an dem Musik-Studium vorbei zu kommen. Aber die Liebe zur Musik, die ist geblieben.“ Der kleine Winfried verbrachte viel Zeit bei der Familie des Großvaters mütterlicherseits, der Bürgermeister von Sevelen war und selbst acht Kinder hatte. „Eine Schwester wohnte in Geldern, wo ich zur Schule ging. Da wohnte ich, um den Weg abzukürzen. Die jüngste Schwester wohnte in Hönnepel, wo wir auf dem Hof die Pferde auf die Weide führten. Und im Krefeld wohnten zwei Vettern. Das war für mich die große weite Welt.“

Eine Schwester meiner Mutter war mit dem ehemaligen Gelderner Stadtdirektor Matthias op de Hipt verheiratet. „Da habe ich viel mitbekommen.“ Aus seinen Erzählungen bekommt er einen Begriff des demokratischen politischen Systems, das im Entstehen begriffen ist. „Das war ja britische Verwaltungszone, und die Bürgermeister und Stadtdirektoren sind ja erstmals eingesetzt worden. Und nach 1949 kamen die ersten Wahlen.“ Als der Vater aus dem Krieg zurückkam, hatte der kleine Winfried „intensive Erziehungsversuche – vor allem meiner Tanten“ – hinter sich. „Als mein Vater ansetzte, da hatte ich soviel ‘Abwehrkräfte’ aufgebaut, dass er da nicht viel ausrichten konnte, auch wenn das Regiment streng war. „Wenn Gleichaltrige draußen spielten, musste ich Zähne putzen und ins Bett.“

Vom Starkstromelektriker zum Rektor

Mit 17 Jahren absolvierte Winfried Janssen nach der Volksschule in Krefeld eine Lehre als Starkstromelektriker. „Da lernte ich was Anderes kennen als die gut behütete Situation zu Hause. Da kam ich in eine Welt, wo der Arbeiter im Stundenlohn sein Geld unter teilweise sehr schwierigen Verhältnisse verdienen musste.“ Erstmals erlebte er „die Kontraste derjenigen, die die Fabriken betreiben, und der Arbeitnehmer. Da habe ich Einblicke in deren Gegebenheiten, deren Denken und wirtschaftlichen Verhältnisse bekommen.“

Seine Frau Ingrid heiratete er im Dezember 1963 in Geldern erst standesamtlich, im April 1964 kirchlich. Aus der Ehe gingen die beiden Kinder Verena und Daniel hervor. Das Paar zog 1970 nach Winnekendonk. Janssen ging über den zweiten Bildungsweg und in die Abendschule nach Kempen. Im Jahr 1968 wurde er Lehrer. „Während meiner aktiven Zeit als Elektriker hatte ich viel mit Azubis zu tun. Da habe ich für mich gesagt: Mit deinem Wissen kannst Du das besser rüberbringen, indem Du in die Schule gehst.“ Naheliegend wäre da Berufsschullehrer gewesen. „Aber ich habe mich für die jüngere Schüler entschieden, weil ich die mit meinem Wissen und Möglichkeiten auf das Berufsleben vorbereiten wollte“, sagt Winfried Janssen. Das habe er bis 2004 als Schwerpunkt seiner schulischen Arbeit gesehen. Aus dieser Arbeit ging dann später unter anderem der Berufsinfotreff bei der Sparkasse hervor.

Die alte Form Volksschule wurde durch die Schulreform 1968 und die Fachlehrer der 70er Jahren grundlegend verändert. Janssen lehrte Naturwissenschaften, Physik, Mathematik und Wirtschaftslehre, später auch Geschichte. Von 1977 bis 1984 war er Konrektor der Edith-Stein Schule, kehrt 1984 als Direktor an die Theodor-Heuss-Hauptschule zurück und ging am 31.Juli 2004 in den Ruhestand. „Ich habe gerne unterrichtet. Das war nicht so, dass ich vor den Schülern geflohen bin. Ich konnte deren Macken, Methoden und Verhaltensweisen schnell erkennen. Und ich habe versucht, bei Schülern, die erziehungsresistent waren, Akzeptanz zu bekommen und denen eine Perspektive zu zeigen.“

Heute komme er mit vielen Ehemaligen ins Gespräch, die die Sinnhaftigkeit seiner Bemühungen anerkennen. Viele seien Unternehmer, Lehrer oder Menschen mit besseren Bezügen als er selbst geworden. „Das sind so die Momente, wo du ein bisschen zurückkriegst und denkst: verdammt, hast Du doch nicht alles falsch gemacht.“

Vom Jungsozialisten zum Bürgermeister-Kandidaten

Die politische Karriere begann, als er 1973 in die SPD eintrat und Vorsitzender der Jungsozialisten wurde. „Ich habe immer nur Kommunalpolitik gemacht, weil ich dann nah an den Leuten bin, um direkt was tun zu können und direkt die Verantwortung zu übernehmen, wenn was schief ging. Und ich bin keinem Streit aus dem Weg gegangen.“

Anfang der 70er Jahre kamen viele neue Lehrer aus der 68er-Generation nach Kevelaer. „Und es war damals das Gesamtschulprojekt hier, das anstand.“ Dem Rat in der Form wollte man nicht die Zukunft der Jugend überlassen. Und die SPD befand sich über die Willy-Brandt-Jahre im Aufschwung. „Da waren selbst Peter Hohl und Edmund Bercker in der SPD“, erinnert er sich. Aber das ging auch nicht ohne Konflikten ab. „Der Werner Helmus sagte: solange der mit am Tisch sitzt, bleibe ich nicht. Da ist der aufgestanden und gegangen.“ Denn als Jungsozialist habe man in der damals „stark schwarz gefügten Welt“ wortwörtlich als „ein rotes Tuch“ gegolten.

Über den Bundestagsabgeordneten Helmut Esters wurde diese Strömung parteiintern allmählich gesellschaftsfähig. Im Juli 1974 wurde Janssen stellvertretender Vorsitzender des Ortsverbandes. Und 1975 folgte der erste Wahlkampf, den die jungen Leute mit aufzogen. „Das hat uns Mut gemacht, weiter zu machen.“ Er selbst kam mit in den Stadtrat, wurde später auch Fraktionsvorsitzender im Rat. Weitere erfolgreiche Wahlkämpfe an der Haustür folgten, in denen er sein Organisationstalent mit einbringen konnte.

Zu ungeduldig

„Auf Widerstand zu stoßen, das war in Kevelaer so gesehen Tagesgeschäft“, beschreibt Janssen die politische Zeit. „Da musstest Du tricksen, Mehrheiten schaffen.“ Zugleich sei „Politik immer ein Feld, das von Kompromissen beherrscht wird. Da habe ich nie meinen Kopf durchgesetzt. Meine Ideen haben aber nicht allen gefallen“, räumt er ein. Und dazu kommt noch eine weitere persönliche Eigenschaft. „Ich bin in vielen Dingen zu ungeduldig“, gesteht er selbstkritisch. Als Wahlkampfleiter habe er immer das aufgebaute Konzept zügig und so gut wie möglich umsetzen wollen. „Da erwarte ich sicher auch zu viel – und erwarte, dass die anderen auch so mitmachen.“ Wichtig sei in der Politik aber auch eins: „Man kann politisch verschiedener Meinung sein, auch mit den CDU-Leuten. Aber da war immer eine Ebene, wo man das besagte Bier danach trinken konnte und die Ideologien nicht so wesentlich waren.“ Dass er mit CDU-Hilfe zum Rektor der Theodor-Heuss-Hauptschule gewählt wurde, gefiel nicht jedem Sozialdemokraten.

Einen besonderen Draht entwickelte er zu seinem Parteikollegen Klaus Hölzle. „Der war Anwalt, ein begnadeter Redner. Wenn der zum Haushalt sprach, war alles im Rat still. Das war ein Ereignis.“ Beide hätten als Tandem gut funktioniert, sagt Janssen. „Da war schwer gegen uns anzukommen“, gibt er zu.

„Ich hatte realistisch nie eine Chance“

Im Jahr 1986 trat der begeisterte Stadionsprecher beim KSV vom Fraktionsvorsitz zurück, als er den SPD-Platz im Verwaltungsrat der Sparkasse nicht an Werner Helmus freimachen wollte – und ihm die Fraktion ein Ultimatum stellte. 1988 endet seine Arbeit im Parteivorstand, ein Jahr später schaffte er es in den Kreistag. 1992 ist er zurück im Ortsvorstand, mit in der Fraktionsführung, 1996 auch im Unterbezirksvorstand. Drei Jahre später zog Winfried Janssen für die SPD 1999 in den Wahlkampf um das erstmalig zu besetzende Amt des hauptamtlichen Bürgermeisters. „Ich hatte realistisch nie eine Chance“, sagt Janssen heute, auch wenn er sich in den Wahlkampf voll reingehängt hatte und „dafür breite Unterstützung“ erfuhr.

Das Handicap war, dass es fünf Kandidaten damals gab, wo sich das Wählerpotenzial zergliederte. „Da konnte ich nie auf eine Größenordnung kommen, die den Pahl gefährden hätte können.“ Und die SPD im Bund „hatte in der Regierung zu der Zeit auch keine gute Bilanz vorzuweisen.“ Immerhin erreicht er mit 24,6 Prozent mehr Stimmen als seine Partei. „Aber es hat mir schon weh getan“, gesteht Janssen, als er Pahl als Erster zum Sieg gratulierte. „Die Nacht habe ich nicht geschlafen. So abgebrüht war ich nicht.“ Der erste Schultag danach war „für mich wie im Film. Aber das Leben geht ganz schnell weiter.“

Die Beförderung des Ehrenamts sieht Janssen als eine wichtige Weichenstellung. Als einen der größten konkreten Erfolge bezeichnet er „die Tatsache, dass wir mit der CDU die Wirtschaftsförderung haben gründen können. Umso mehr hat es mich getroffen, dass die unter Stibi aufgelöst wurde – auch weil das bis heute nicht richtig funktioniert. So sehe ich das, und bin da sicher nicht der Einzige.“

Abschied und letzte Karriere

Ab der Stadtratswahl 1999 war er SPD-Fraktionsvorsitzender und mit Hilfe der CDU zweiter stellvertretender Bürgermeister, was der SPD missfiel – und das problematische Verhältnis zu dem eigenwilligen Denker erneut offenlegte. „Anfang der 2000er Jahre gab es eine unliebsame Zeit“, ist Janssens Bezeichnung dafür. „Da kam eine jüngere Generation, die das Gefühl hatte, die Alten waren jetzt lange genug dran.“ Obwohl für ihn klar war, dass 2004 Schluss ist. „Das war terminiert und abgesprochen. Aber das ging einigen nicht schnell genug.“

2001 ersetzen die Genossen ihn durch Sigrid Ehrentraut im Fraktionsvorsitz. Der Konflikt um den Posten als stellvertretender Kreisvorsitzender – die Kevelaerer wollten Jörg Vopersal, Parteichefin Barbara Hendricks ihn – führte ein Jahr später zu Janssens Rückzug. Er blieb aber bis zu seinem politischen Karriereende 2004 zweiter stellvertretender Bürgermeister. Danach wollte er Herr über seinen eigenen Terminkalender werden. 2005 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Ein Jahr später wurde er „aus Geselligkeit und Spaß an der Freud’“ Mitglied der Bürgerschützen, arbeitete die Chronik des Vereins auf und machte die Öffentlichkeitsarbeit. „In der Zeit sind wir 2008 nach Kevelaer gezogen.“

Über die Bürgerschützen kam er 2017 zum Krippenmarkt, wo er als „Marktmeister“ und mittlerweile auch Geschäftsführer der „Event- und Marketing-Agentur“ noch immer aktiv ist. Seine „letzte Karriere“ nennt er die Arbeit an diesem Projekt. „Bei dem Marktmeister kann das durchaus noch zwei-,drei Mal so sein, bis mich jemand mit dem Rollator drüber schiebt“, sollte die Gesundheit mitmachen, sagt er. Dafür will er mit der neuen „Fiets“ so viel fahren wie möglich. Für den Geschäftsführer will er so bald wie möglich einen Nachfolger benennen. Ob er es brauche, gebraucht zu werden? „So würde ich das nicht sehen, auch wenn meine Frau das oft sagt. Ich will gestalten. Ich will was tun, bringe mich dafür 100 Prozent und mehr ein, will motivieren und Leute finden, die mitmachen. Das ist mir an vielen Stellen gelungen.“

„Kevelaer wird nicht untergehen“

Natürlich ist Janssen seiner Frau Ingrid, die seit Jahrzehnten an seiner Seite ist, dankbar für ihren Beitrag. „Politik ist nicht immer familienfreundlich“, formuliert er diplomatisch das, was an Zeit für Sitzungen, Wochenenden und politische Treffen drauf ging. „Aber die Kinder sind in der Erziehung nicht zu kurz gekommen.“ Heute pflegt er das Home-schooling mit seinen Enkeln.

Wie er die Zukunft Kevelaers sieht  Da will er angesichts von Corona lieber noch keine Prognose wagen. „Nichts wird mehr so sein wie vorher, aber es wird sich auch nicht alles ändern.“ Der Schwerpunkt für das persönliche Lebensumfeld werde stärker werden. Das sehe man am Peter-Plümpe-Platz „Kein Auto wird es genauso wenig geben wie nur Grün“, da komme es auf die Gewichtig an. „Der totale Grün-Plan, davon wird 2030 mehr umgesetzt sein, als dass das Auto im Mittelpunkt steht.“ Kevelaer werde die Bedeutung als Wallfahrtsstadt sicher behalten, ist er überzeugt. „Das Bedürfnis, die Trösterin der Betrübten zu besuchen, wird sicher nicht weniger.“ Außerdem sei er sehr überzeugt von der jungen Generation der Geschäftsleute, die „Kevelaer in diesem Bestand erhalten“ können mit inhabergeführten Geschäften und Leuten, die „Ahnung haben“. An eins, daran glaubt er fest: „Kevelaer wird nicht untergehen.“

SPD Kevelaer verteilt rote Nelken

Der SPD Ortsverein Kevelaer hat, anlässlich des Weltfrauentages, auf dem Roermonder Platz rote Nelken verteilt. Dazu gab es Infoflyer zu den Themen Gleichstellung und feministische Politik. Die Aktion wurde sehr gut angenommen, binnen kürzester Zeit waren knapp 200 Nelken verteilt.

Die rote Nelke ist bereits seit 1889 Symbol der Sozialdemokratie und erfreut sich auch heute noch großer Beliebtheit unter den Genossen/Genossinnen. „Mit der erfolgreichen Nelkenaktion am Roermonder Platz haben wir von der SPD den vorbeikommenden Passantinnen hoffentlich etwas den Tag verschönern können. Des Weiteren ist es uns als Sozialdemokraten natürlich immer ein Anliegen, für Feminismus und Parität einzutreten, nicht nur zum Weltfrauentag, sondern auch an allen anderen Tagen im Jahr“, sagt Moritz Walter, Pressesprecher des Ortsvereins.

Foto: SPD Kevelaer

Ein Mann des Ausgleichs

Wenn Horst Blumenkemper beschreiben soll, was ihn persönlich und politisch geprägt hat, muss er nicht lange überlegen. „Das hatte alles mit Gerechtigkeit zu tun“, sagt der SPD-Politiker, der am heutigen Mittwoch 75 Jahre alt wird. Blumenkemper wurde am 5. Februar 1945 in Sachsen-Anhalt in der kleinen Gemeinde Pömmelte geboren. Er hat noch eine fünf Jahre ältere Schwester. „Wir waren von Kevelaer evakuiert im Bereich der Elbe“, erzählt der Jubilar. Nach dem Krieg  kehrte die Familie nach Kevelaer an die Weezer Straße zurück. Sein Vater war bei der Bundesbahn im Weichenbau lange Jahre tätig, dann Soldat und nach dem Krieg war er Schrankenwärter, Polsterer und Dekorateur – und Sozialdemokrat. „Aber der hat sich weniger engagiert. Er war ja von Berufs wegen nicht viel zu Hause.“

Den jungen Horst interessierte Politik brennend. „Wir haben immer schon im Radio Bundestagssitzungen gehört.“ Aus Büchern bekam er später „die Rolle der SPD in der ‚Braunzeit‘ und welchen Attacken sie schon unter Hindenburg ausgesetzt war“ vermittelt. „Und mein Vater beschrieb mir auch das Soldatenleben unter der ‚braunen Brühe‘.“ 1951 kam Blumenkemper in die Hubertusgrundschule, danach auf das Pro-Gymnasium in der Bogenstraße. Nach der Schulzeit trat er 1965 – nach einem Jahr im Wartestand – in die Polizei ein, fuhr zur Ausbildung unter anderem nach Linnich und Bochum. Nebenbei machte er Musik in einer Beatband namens „Scorpions“. Im Dezember 1967 heiratete Blumenkemper seine Margarete. Um 1963/1964 trat er in die Kevelaerer SPD ein, knüpfte Kontakte zu Sozialdemokraten wie Hein Friesen und Helmut Esters, den er sich nicht scheut, „eine Art Ziehvater“ zu nennen.

Eine Art Neuanfang in Kevelaer

1968 kam Blumenkemper als Polizist nach Köln, fuhr da Funkstreife, wohnte dort auch neun Jahre. Politisch engagierte er sich für Themen wie Verkehr und für die Personen am Rande der Gesellschaft. Er machte seine Ausbildung zum Kommissar, wurde Einsatzleiter der Polizei im Müngersdorfer Stadion. Im Jahr 1977 kam er erst nach Moers, dann nach Geldern und nutzte die Chance, nach Kevelaer als stellvertretender Stationsleiter zu kommen. „Das war wie ein Neuanfang, ein zweites Erleben von Kevelaer. “

Den Brand der Antoniuskirche erlebte er hautnah als Beamter vor Ort mit. Als sachkundiger Bürger vertrat er die SPD im Planungsausschuss, kümmerte sich um bauliche Fragen, die Verkehrsstruktur und die OW1. Im Jahr 2014 übernahm Blumenkemper nach dem gesundheitsbedingten Rückzug von Ralf Angenendt die SPD-Fraktion. „Das war nicht einfach“, meint der Jubiliar. „Aber wir haben das integrierte Handelskonzept positiv begleitet und erreicht, dass das Mehrzweckbecken gebaut werden konnte.“ Und der Gestaltungsprozess auf der Hüls komme allen zugute.

Ein Abschied mit Wehmut

Für ihn sei wichtig gewesen, große Entscheidungen die Stadt betreffend „auf große Füße“ zu stellen, auch zusammen mit anderen Fraktionen. „Der Bürger erwartet von uns, die Stadt nach vorne zu bringen, dass alle was davon haben. Das ist meine Art von Politik.“ Fairer Umgang und Glaubwürdigkeit spielten dabei die entscheidende Rolle. Bei der Kommunalwahl im September tritt Blumenkemper nicht mehr an. Den Abschied sieht er mit  Wehmut. „Aber mit 75 nach gut 50 Jahren kann man vielleicht auch mal sagen, es muss gut sein.“ Ein politischer Mensch werde er aber immer bleiben, sagt Blumenkemper.

Hobbys gibt es mit Tennis, Fahrradfahren, der alten  Fender Stratocaster aus Bandzeiten und Schalke 04 genug. Und wie er die Zukunft seiner Partei sieht? „Ich bin nicht optimistisch im Moment. Das liegt aber immer an den Charakteren, die in der Politik unterwegs sind – sowohl oben als auch unten.“

SPD Kevelaer wählt neuen Vorstand

Der SPD-Ortsverein Kevelaer hat am Freitag, 31. Januar 2020, in der Gaststätte „Gelder Dyck“ im Rahmen der Jahreshauptversammlung einen neuen Vorstand gewählt. Dieser wird nun für zwei Jahre tätig sein.

Die 30 anwesenden Sozialdemokrat*Innen, darunter auch sieben Neumitglieder, wählten Ulli Hütgens als Vorsitzenden, Heinz Ermers als stellv. Vorsitzenden, Lothar Hermens als Kassierer, Michael Vonscheidt als stellv. Kassierer, Karin Heyer als Schriftführerin, Moritz Walter als Pressesprecher, Jasmin Ermers als Bildungsbeauftragte sowie Irene Vonscheidt und Udo Fischer als Beisitzer/in.

Der neugewählte Vorstand bedankt sich bei allen Anwesenden und freut sich auf erfolgreiche zwei Jahre in Kevelaer.

Verkehr, Klimaschutz und ein Nachfolger

Die wichtigste akute Personalie, die die Kevelaerer SPD in dem Moment beschäftigte, wurde erst gegen Ende der Mitgliederversammlung in der Gaststätte „Gelder Dyck“ von dem Ortsvorsitzenden Michael Vonscheidt angesprochen. „Bedauerlicherweise hat Heinz Ermers entschieden, sein Mandat als Ratsmitglied zurückzugeben“, sagte Vonscheidt und dankte ihm „für die langjährige Zusammenarbeit, die Du geleistet hast.“ Keine Silbe sagte Vonscheidt allerdings zu der Motivation für den Rückzug. „Wenn, dann soll er das selbst beantworten.“

Der anwesende Ermers hüllte sich zu dieser Frage in Schweigen. Der SPD-Ortsvorsitzende machte lediglich eine indirekte Andeutung. „Wenn Gras über die Sache gewachsen ist, können wir Dich vielleicht irgendwann wieder mit einbinden.“ Eine Diskussion über den aktuellen Zustand der Fraktion fand im Anschluss im Rahmen der Versammlung nicht statt. Als Ermers‘ offiziellen Nachfolger bestätigte Michael Vonscheidt Niklas Jansen, der das Mandat von Ermers ab der Ratssitzung am 19. Dezember 201 bis zur Kommunalwahl Mitte September 2020 wahrnehmen wird.

Anregungen zur Verbesserung des Radwegeverkehrs

Zuvor hatten die beiden Gäste – die Kevelaerer Klimaschutzmanagerin Nina Jordan und der Vorsitzende des ADFC im Kreis, Eckehard Lüdke – in komprimierter Form ihren jeweiligen Tätigkeitsbereich erläutert. Dabei machte Nina Jordan in Sachen Klimaschutz deutlich: „Wir liefern die Rezepte – kochen müssen die Parteien.“ Ausführlicher ging dann Lüdke auf die Gründung des ADFC-Kreisverbandes ein, wobei er positiv hervorhob, wieviel an positiven Impulsen man in dem knappen Jahr seit der Zusammenkunft der verschiedenen Aktiven bereits gesetzt habe. Dazu zählte er unter anderem auch die Podiumsdiskussion im Petrus-Canisius-Haus, bei der Anregungen aus dem Plenum für die Verbesserung des Radwegeverkehrs in der City gekommen waren.

Ausgehend von diesem kurzen Bericht entwickelte sich unter den Anwesenden eine Diskussion über E-Ladestationen in der City – und über die Frage darüber, ob eine autofreie Innenstadt für Kevelaer eine Option und für die SPD eine politische Forderung sein könnte, um mit klarem Profil in die bevorstehende Kommunalwahl zu ziehen

Das SPD-Mitglied Klaus Hölzle nannte das Beispiel Oslo, wo es „auch erst einen Aufschrei“ gegeben hatte, als das entschieden wurde. „Heute funktioniert das tadellos.“ Norbert Baumann argumentierte: „Entweder man zwingt die Leute oder man überzeugt sie davon. Beim Zwingen habe ich ein ungutes Gefühl.“ Die Geschäftsleute der Stadt hätten es ja eh schon schwer.

Den Bürgerbus stärken

Björn Völlings hielt die Idee, den Autoverkehr einzuschränken, für nicht schlecht, „weil uns effektiv Platz fehlt.“ Ein komplettes Verbot sah er aber nicht. „Die Marktstraße ist eng und unübersichtlich“, konnte er sich an der Stelle durchaus vorstellen, dass dort nicht mehr geparkt werden sollte. Der Juso-Vertreter Moritz Walter regte an, den Bürgerbus zu stärken.

Die Klimaschutzmanagerin Nina Jordan machte klar, dass im kommenden Jahr ein Fuß- und Radwegekonzept seitens der Stadt auf der Agenda steht. Die Entwicklung des Peter-Plümpe-Platzes sehe sie fußgänger- und radtechnisch als Chance. „Man muss sich ein Stück die Innenstadt als Bürger zurückholen“, gab sie der Hoffnung Ausdruck, „dass sich die SPD da positioniert.“ Und Lüdke regte an, bei dem Thema „das Feld nicht den Grünen“ zu überlassen. Es brauche Rad-Abstellflächen unter anderem an Schulen und Bahnhof. „Ich setze darauf, dass sich über die Kinder der Gedanke der Mobilität verändert.“

Was die SPD und den Haushalt 2020 angeht, berichtete Michael Vonscheidt von der Fraktionsklausur von vor zwei Wochen im Priesterhaus, wo die Beteiligung seiner Aussage nach aber nur „mäßig“ gewesen sei. Einige Anträge seien bei der Beratung aber herausgekommen, die er an dem Abend allerdings nicht konkret benennen konnte.

In Sachen Kreistagspolitik berichtete das Kreistagsmitglied Jörg Vopersal über ein Modellprojekt zur Hebammen-Unterstützung, der Schulsozialarbeit in den Berufskollegs und dem Kies-Abgrabungskonzept für den Kreis. „Wir müssen das Augenmerk darauf richten, dass wir nicht ein noch löchriger Käser werden“, verwies er auch auf das Beispiel des benachbarten Kreises Wesel, wo zur Zeit heftig gegen weitere Abgrabungen protestiert wird.

Flughafen mit Perspektive?

Ein zentraler Punkt der Diskussion war dann die Frage nach der Zukunft des Flughafens Weeze-Laarbruch, wo sich die Kreistagsfraktion noch nicht festgelegt hat, wie sie vorgehen will und ob der Flughafen trotz der geplanten millionenschweren Kreis-Unterstützung eine langfristige Perspektive hat. Aufklärung soll die Fraktionssitzung am Montag im Weezer Rathaus erbracht haben, wo der Flughafen-Geschäftsführer Ludger van Bebber nähere Informationen zum aktuellen Stand der Situation am Flughafen geben wollte.

Moritz Walter von den Jusos dankte der Kreistagsfraktion dafür, dass sie das Anliegen von sieben Euro Zuschuss für das „Nightmover-Ticket“ mit unterstützt hat. Und die Versammlung wählte die Delegierten für die SPD-Kreiskonferenz Anfang 2020 – der genaue Termin steht noch nicht fest.

Das Gesundheitswesen krankt

“Der frühe Vogel fängt den Wurm”, dem Geist des Sprichworts folgend, hatten sich rund 80 Teilnehmer schon recht früh zum Zukunftsforum “Gesundheit” im Hotel Klostergarten zusammengefunden. Zu dem Treffen hatte die SPD-Fraktion im Kreis Kleve eingeladen.
Man habe dieses wichtige Thema “”Gesundheit” schon länger auf dem Schirm und wolle über solche Diskussionen und Impulse wie an diesem Tag als Partei „diesen emotionalen Kümmer­aspekt wieder packen“, erklärte der SPD- Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Jürgen Franken.
Im Jahr 2013 habe man mit verschiedenen Trägern einen gemeinsamen Gesundheitsbericht verfasst, sagte Norbert Killewald, SPD-Unterbezirksvorsitzender und Mitverfasser des Berichts. Die Beteiligten hätten das auch jetzt angestrebt, aber „der Kreis hat da geblockt“. Entsprechend habe man sich dazu entschlossen, die Beteiligten im Gesundheitswesen an einen Tisch zu bringen und die Ergebnisse in einem Dokument der Öffentlichkeit vorzustellen.
Regionale Experten
Aus diesem Grund hatte die Fraktion zahlreiche Akteure aus dem Gesundheitsbereich der Region eingeladen, um die diversen Aspekte des Themas auch beleuchten zu können. Das Impulsreferat hielt die Bielefelder Professorin für Gesundheitswissenschaften, Kerstin Hämel, die unter anderem die Bedeutung der quartiersnahen Versorgung und die Notwendigkeit der stärkeren Steuerung und Koordinierung der einzelnen Bereiche im Gesundheitswesen unterstrich.
Im Anschluss daran kamen an acht Thementischen die regionale Expertinnen und Experten zu Wort – darunter alle drei im Kreis Kleve tätigen Krankenhausträger mit dem Pro-Homine-Geschäftsführer Johannes Hartmann, dem Pflegedirektor Andreas Kohlschreiber für das Clemens-Hospital und Thomas Peters, Regionaldirektor des Kevelaerer Marienhospitals.
Daneben schilderten der stellvertretende AOK-Regionaldirektor Bruno Overkamp, Alexia Meyer für den Caritasverband Kleve, Regina Schüren für den Caritasverband Geldern-Kevelaer sowie Christian Nitsch als Inhaber der Clivia-Gruppe die Lage in ihrem jeweiligen Bereich.
Am Nachmittag fasste Norbert Killewald die Ergebnisse der Diskussion ausführlich zusammen. Es sei deutlich geworden, dass Gesundheit und Pflege ein wachsender Markt in den nächsten dreißig Jahren sein werden, so Killewald. So würden kreisweit 633 Pflegeplätze bis 2025 fehlen – das bedeute den Bau von acht bis zehn neuen Altenheimen, sagte der SPD-Politiker.
In der Diskussion stellte sich auch heraus, dass es richtiggehende „weiße Flecken“ wie Issum oder Rheurdt gebe, wo gar keine Pflegeeinrichtugen existierten.
Die AOK habe klargemacht, dass ein Großteil der Krankenhausaufenthalte vermeidbar seien und zu häufig ambulante Dienste in der Notaufnahme verrichtet werden müssten. Die Hospitäler erhielten zu wenig an Investitionskostenbeihilfe. „Das Land muss die Steine bezahlen“, forderte Killewald. Die Finanzierung des Systems sei in allen Gruppen ein großes Thema gewesen – genauso wie die Personalsituation in der stationären und ambulanten Hilfe und das Problem der niedergelassenen Ärzte.
34 Hausarztstellen frei
In der Diskussion sei außerdem herausgekommen, dass kreisweit 34 Hausarztstellen unbesetzt sind. „Das ist eine große Zahl, die uns nicht kalt lässt.“ Schon jetzt zeige sich in Orten wie Kervenheim, welche Auswirkungen das für die Lebensqualität der Menschen habe. „Wenn wir da nicht einschreiten, sind das Probleme, die wir in zehn Jahren gar nicht mehr eingefangen bekommen.“
Es sei klar geworden, dass es einer hohen Flexibilität und Kreativität seitens der Arbeitgeber bedürfe, um Mitarbeiter zu halten oder zu gewinnen. Man versuche das über Dienstplan-Modelle und über Mitarbeiter aus Drittstaaten, meinte Christian Nitsch von der Clivia-Gruppe. „Aber selbst mit 1.100 Euro Ausbildungsvergütung im ersten Jahr gelingt es oft nicht, Ausbildungswillige zu halten.“ Die öffentliche Hand müsse dazu ergänzend die Rahmenbedingungen wie Kinderbetreuung, öffentlichen Nahverkehr oder bezahlbaren Wohnraum für Alleinerziehende verbessern.
In Sachen Schwangeren-Versorgung meinte Killewald: „Was mich erschreckt hat, war, dass wir kein Angebot für alle haben.“ Man erreiche nicht alle der 2.500 Schwangeren, da gebe es vor allem auch Sprachbarrieren.
Wichtig war bei diesem Thema auch die Diskussion um die Haftpflichtversicherung für Hebammen. „Da stellte sich die Frage, ob da Kommunen oder der Kreis nicht einspringen sollen.“ Daneben wurden auch Forderungen nach einer Senioren- und Pflegeberatungsstelle sowie einer Palliativstation im Kreis Kleve laut.
Am Ende des Forums dankte der SPD-Kreistagsvorsitzende Jürgen Franken den Teilnehmern für die konstruktive Diskussion. „Wir werden uns die Ergebnisse genau ansehen und für die nächste Legislaturperiode nutzen.“ Das Thema “Gesundheit” sei ein wichtiges Schwerpunktthema. An dem Thema zeige sich, „dass Politik anders gedacht werden muss, weniger parteipolitisch, sondern pragmatisch.“

Die Jusos sind wieder da in Kevelaer

Es schien schon etwas überraschend. In Zeiten, in denen scheinbar das Interesse für und das Vertrauen in die Politik zunehmend sinkt, beschließen einige junge Kevelaerer, dass es höchste Zeit ist, sich wieder politisch zu formieren und für die Jusos aktiv zu werden.
An diesem Nachmittag bleibt die Beteiligung allerdings ernüchternd gering. Gerade mal zwei Mitglieder haben den Weg in das SPD-Bürgerbüro an der Annastraße 70 gefunden- Moritz Walter und Nils Schink. Ein drittes Mitglied verletzt sich auf dem Weg zur Versammlung und entschuldigt sich kurzfristig.
Einstimmig gewählt – mit zwei Stimmen
Nach der Begrüßung durch Moritz Walter geht es auch schon schnell über zur Nominierung und Wahl des Vorsitzenden und seines Stellvertreters. Es wirkt etwas skurril, wenn zwei Mitglieder eine geheime Wahl durchführen und die Wahlzettel von einer Wahlkommission gezählt werden müssen, aber so sagt es die Satzung. Daran halten sich die Anwesenden auch penibel. So werden Moritz Walter und Nils Schink dann auch einstimmig gewählt, ein Ergebnis, was im politischen Umfeld nicht allzu häufig vorkommt.
Nach den Formalien geht es über zur Vorstellung der Pläne und Positionierungen der Jusos in Kevelaer. Man möchte die Bezuschussung des NightMover-Tickets anheben von jetzt 5 auf mindestens 7 Euro, damit es den heutigen Kosten für Personentransport mehr entspräche. Auch möchte man mehr Fahrradständer installieren, beispielsweise am Museum.
Die Fahrradboxen am Bahnhof sollen besser beleuchtet werden, damit man der wachsenden Anzahl an Diebstählen entgegenwirken könne. Aber auch umweltpolitische Themen stehen auf dem Programm, so wolle man sich für die Anlage von Kleingärten stark machen. Sowieso wolle man sich mit den Jugendorganisationen der anderen Partien zusammensetzen; sich kennenlernen und sehen, wo man Themenüberschneidungen habe, für die man gemeinsam kämpfen könne.
„Das hat jetzt nicht so geklappt wie erhofft“, zeigt sich Moritz Walter enttäuscht, dass so wenige Interessenten zur Gründungsveranstaltung gekommen sind. Manche hätten es schlichtweg vergessen, andere haben sich nicht zurückgemeldet. Man wolle eine Analyse machen, woran es gelegen hat. „Aber“, so der 25-jährige Student, „die Jusos existieren wieder in Kevelaer. Jetzt kann Aufbauarbeit geleistet werden.“ Viele Ziele und Ideen haben sie auf jeden Fall. Jetzt wolle man mehr Jugendliche mobilisieren, sich politisch zu engagieren.
“Bildet Banden”
„Bildet Banden“, erklärt der frisch gewählte Moritz Walter, dass man sich zusammenschließen muss, damit man, auch im kleinen Rahmen, bei wichtigen Entscheidungen mitreden und was bewirken kann. Gerade in der letzten Zeit gibt es bei den Jugendlichen so etwas wie es eine Renaissance des politischen Widerstandes. Ein Aufbegehren gegen die Apathie, ein Aufruf des Protestes geht von den Jugendlichen aus, weshalb es auch in unserer Region „Friday-for Future“-Kundgebungen gibt. Die Jugend sieht, dass was gemacht werden muss, und daran möchten sich Moritz Walter und Nils Schink beteiligen.

Kevelaerer Jusos gründen sich

Es ist einige Jahre her, dass es in Kevelaer zuletzt eine Ortsgruppe der Jusos gab, der Jugendorganisation der SPD. Ab Sonntag soll das wieder anders werden: Dann will sich erneut eine Ortsgruppe gründen. Initiator ist der Kevelaerer Moritz Walter.

Walter hat im Studium in Paderborn in der Juso-Hochschulgruppe erstmals „SPD-Luft geschnuppert“, wie er im Gespräch mit dem KB erzählt. „Von den Aktionen und der Energie war ich begeistert“, erinnert er sich. In die Partei eingetreten ist der heute 25-Jährige, „weil ich von Martin Schulz begeistert war“. Sympathien für die SPD und deren Themen habe er aber schon immer gehabt und auch die Geschichte der Partei imponiere ihm. Das „Hamburger Programm“, das Grundsatzprogramm der SPD, habe er gelesen und „das hat Hand und Fuß.“

Zurück in der Heimat nahm Walter Kontakt zu den Jusos in Kleve auf, fand aber schnell: „Politische Jugendarbeit wäre doch auch eine schöne Sache für Kevelaer.“ Beim Ortsverband der SPD in Kevelaer rannte er offene Türen ein. Neun Mitglieder sind dort derzeit im „Juso-fähigen Alter“, also nicht älter als 35 Jahre. „Fünf von ihnen habe ich schon persönlich kennengelernt, die sind alle klasse!“, freut sich Walter. Gemeinsam wollen sie nun offiziell als Jusos auftreten.

„Wir werden uns zunächst auf das konzentrieren, was Jugendliche und junge Erwachsene in Kevelaer wollen“, sagt der 25-Jährige. „Wir wollen uns Wünsche anhören und diese, wenn möglich, in die Tat umsetzen.“ Ein erstes Thema könnte der öffentliche Nahverkehr in Stadt und Kreis sein. So sei eine Juso-Forderung, die Fahrtkosten für den Nightmover auf circa 7,50 Euro anzuheben, damit dieser besser finanziert werden kann. In Kevelaer möchte Walter sich für mehr Abstellmöglichkeiten für Fahrräder einsetzen. „Das ist ausbaubar.“

Am 16. Januar starb Wolfgang Funke

Der langjährige Lokalpolitiker und ehemalige Rektor der Kevelaerer Edith-Stein-Hauptschule, Wolfgang Funke, ist am 16. Januar 2019 im Alter von 76 Jahren verstorben.
Der gebürtige Essener hate in jungen Jahren zunächst eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann gemacht, bevor er auf dem zweiten Bildungsweg sein Abitur nachholte, um in Bochum und Essen Pädagogik und Erziehungswissenschaften zu studieren.
1972 heiratete er seine Frau Anita. Drei Jahre später kommt Tochter Sonja zur Welt, noch einmal drei Jahre später folgt Sohn Robin. Für seine Familie war Funke immer da und hat seine Kinder auch nachdem diese längst das Haus verlassen hatten, immer gerne beraten und unterstützt. Als „liebevoll, großherzig und stets optimistisch“ beschrieb ihn seine Familie.
Seine Laufbahn als Pädagoge begann Funke 1973 nach einem kurzen Intermezzo als Fachleiter Wirtschaftslehre in Geldern als Lehrer an der Kevelaerer Theodor-Heuss-Hauptschule. Von 1985 bis 2004 leitete er als Konrektor und schließlich als Rektor die Kevelaerer Edith-Stein-Hauptschule. Seine Schüler beschrieben ihn als Leistung einfordernd, aber stets fair – ein Urteil, das viele Kevelaerer teilten, nicht zuletzt in der Politik.
Denn Funke war für die SPD von 1975 bis 1999 Mitglied im Rat der Stadt Kevelaer und von 1984 bis 1991 Vorsitzender des hiesigen SPD-Ortsvereins. Der Sozialdemokraten lag das Gemeinwohl sehr am Herzen und er wollte stets Dinge vorantreiben und besser machen. Neben Helmut Esters und Winfried Janssen war es vor allem Wolfgang Funke zu verdanken, dass die SPD in Kevelaer bei der Kommunalwahl 1989 erstmals mehr als 30 Prozent der Stimmen erhielt. Als sachkundiger Bürger gehörte Funke bis zuletzt der SPD-Fraktion an und war Mitglied der Spielplatzkommission.
In der Arbeiterwohlfahrt Kevelaer und im Generationenhaus der evangelischen Kirchengemeinde Kevelaer war Funke auch nach seiner Pensionierung als ehrenamtliches Vorstandsmitglied tätig. Außerdem arbeitete er seit Beginn des Ruhestands an einer Schulchronik und widmete sich ausgiebig dem Reisen. Seinen weiteren Hobbys – Langlauf, Segeln, Motorboote, Fahradfahren und Kieser-Training – ist er bis zuletzt gerne nachgegangen und hat sich zu Hause an seinen diversen Haustieren erfreut.
Wolfgang Funke hinterlässt seine Frau, seine beiden Kinder sowie vier Enkel.


Update: Der Nachruf wurde am 22. Januar 2019 um weitere Facetten aus dem Leben von Wolfgang Funke ergänzt.