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SPD will mehr Schutz für Radfahrer in Twisteden

Die SPD-Fraktion beantragt zu prüfen, inwieweit in Twisteden der Beetenackersweg mit einem Radweg und der Gerberweg im Anschluss in Richtung NL mit Schutzstreifen für den Radverkehr ausgestattet werden können. „Sollte für die absehbare Zeit keine Förderkulisse in Aussicht stehen, bitten wir für den Beetenackersweg alternativ um die beidseitige Markierung eines Schutzstreifens für den Radverkehr und die Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h“, heißt es in einem Schreiben an den Bürgermeister.

In der Begründung führt Fraktionschef Horst Blumenkemper die für Radler oft gefährliche Situation in dem Bereich an: „Der Beetenackersweg ist eine Außerortsstraße, die ca. 700m lang ist und unmittelbar hinter den Sportanlagen der Ortschaft Twisteden verläuft. Sie ‚verbindet‘ den Maasweg mit dem Gerberweg. Auf dem Beetenackersweg gilt die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70km/h. Dass diese Geschwindigkeit auf freier Strecke häufig nicht eingehalten wird, lehrt die Erfahrung. Den Beobachtungen zufolge findet hier tatsächlich ein sehr schneller motorisierter Verkehr (PKW und LKW) und ein landwirtschaftlicher Verkehr mit teils überbreiten Gespannen statt.

Seit Jahren wird diese Straße aber auch in erheblichem Maße von deutschen und niederländischen Fahrradgruppen befahren, die Tagesausflüge machen oder für den Wettkampfsport Trainingsfahrten unternehmen. Diese sehen wir durch den motorisierten Verkehr zunehmend gefährdet. Gleiches gilt für den Gerberweg bis etwa zur Haus-Nr. 155, obwohl dort eine höchstzulässige Geschwindigkeit von 50 km/h gilt. Ein Durchgangsverkehr in die Niederlande findet im weiteren Verlauf des Gerberwegs trotz entgegenstehender Beschilderung mit Kraftfahrzeugen ständig statt.

Mit den beantragten Maßnahmen könnte außerdem ein weiterer Beitrag zur Förderung des Radverkehrs geleistet und das Radwegenetz an einer weiteren Stelle des Stadtgebiets erweitert werden. Ein Ortstermin mit Herrn Metzelaers hat bereits stattgefunden, ein Gespräch mit Herrn de Ryck bzgl. der Fördermöglichkeiten und der Verfügbarkeit von Grundstücken ebenfalls“, heißt es in dem Schreiben.

Die SPD setzt auf offensiven Wahlkampf

Bevor es an die inhaltlichen Fragen des zukünftigen Kommunalwahlprogramms ging, galt es für die zwei Dutzend Mitglieder des SPD-Ortsvereins erst einmal eine wichtige Personalie zu klären – nämlich die des stellvertretenden Ortsverbandsvorsitzenden. Im Vorfeld hatte sich Thomas Ammich als möglicher Kandidat für den Posten angeboten. Am Ende wurde der 47-jährige kaufmännische Angestellte und Entspannungstrainer, der seit 26 Jahren bei der SPD Mitglied ist, bei nur einer Enthaltung zum neuen Stellvertreter von Ulli Hütgens gewählt. Als seine politischen Schwerpunkte benannte Ammich „Familie, Jugend, Kinder.“ Was für Kevelaer in den nächsten fünf Jahren dringend verwirklicht werden sollte? „Aus dem Bauch heraus was für die Schulen und Kindergärten, dass wir vor allem in Kindergarten und Grundschule dafür sorgen, dass Kinder kostenlos Essen haben und dass Kindergartenbeiträge möglichst weg- kommen.“ Damit ging die Debatte auch nahtlos von den Personalien zu der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Kommunalwahlprogramm der SPD über, das bei drei Enthaltungen angenommen wurde.

Thomas Ammich wurde zum Stellvertreter für Ulli Hütgens gewählt. Foto: AF

Der stellvertretende Bürgermeister und SPD-Ratsmitglied Norbert Baumann trug die wichtigsten Punkte zu dem zwölf Kernthemen umfassenden Papier vor, das er als „Leitfaden für die nächste Legislaturperiode“ charakterisierte, wobei immer wieder ergänzende Diskussionen entstanden. Beim Thema „Jugend und Schule“ stand eine kostenfreie Bildung im Fokus, die man allerdings nicht ohne die Unterstützung der NRW-Landesregierung stemmen will. Auch die Forderung nach kostenfreier Verpflegung in Kindergarten und Offenem Ganztag ist im Programm enthalten. Was die Bildung betrifft, will die SPD die schulische Bildung und die Grundschulstandorte der Ortschaften stärken. Auch die Neueinstellung von Schulsozialpflegern wie an der Antonius-Grundschule ist für die SPD ein Thema. Und „Jugendliche sollen motiviert werden, einen Schülerrat einzurichten“, vermisste Borgmann da aber auch das Engagement der jungen Leute über den Skaterpark hinaus. Im Bereich „Digitale Medien“ hofft die SPD, dass bis Anfang des neuen Schuljahres alle Schüler mit eigenen Laptops ausgestattet sein können – für den Fall, „dass eine zweite Corona-Welle“ kommen sollte.

Bei „Sozialem“ soll es bei Neubauten 30 Prozent sozialen Wohnraum verbindlich geben, „aber keine Ghettobildung“, wie Borgmann meinte, „sondern eine Durchmengung“ der verschiedenen Gesellschaftsschichten. Man solle auch privaten Investoren da Hifestellung geben, schlug Karin Raimondi vor. Bürgermeister Dominik Pichler wies darauf hin, dass viele Private von sich aus sagten, „dass sich das nicht rechnet.“

Glaubenskämpfe

Ausführlich geriet die Debatte zum Thema „Gesundheit“, bei der Pichler auf den Umstand hinwies, dass die Ratsmehrheit bei der Drogenberatung „sich geweigert habe, auch die Diakonie zu bezahlen und nicht nur die Caritas.“ Er sprach da von „Glaubenskämpfen.“ Klaus Hölzle regte an, auch gesetzlich Versicherte kardiologisch ambulant behandeln zu lassen. Die kassenärztliche Vereinigung bewege sich da nicht, gab Pichler zu bedenken. Harte Kritik äußerte Hölzle auch an dem Notfallsystem. Der Bürgermeister ging zudem auf die Debatte um die Ärztequote in der Stadt ein. Man habe noch eine vergleichsweise gute Facharzt-Quote, aber die Altersstruktur bei den Hausärzten werde „nach hinten raus relativ schnell dünn“ – und das gerade in Ortschaften wie Twisteden, Wetten oder Winnekendonk. „Da wird es in den nächsten fünf bis zehn Jahren erhebliche Probleme geben.“ 

Das Ehrenamt soll in dem Bereich „Vereine / Kultur“ unterstützt werden. Im Bereich „Wirtschaft“ soll auf gerechte Bezahlung und auf Mindestlohn bei Firmenvergaben, auch im Kontext von Corona und dem Fall Tönnies, auf die Unterkünfte von Hilfsarbeitern geachtet werden. In Bezug auf „Wallfahrt und Tourismus“ wolle man mit der Wallfahrt zusammenarbeiten.

Nach dem Punkt „Umwelt / Naturschutz und Energie“ unterstrich Borgmann beim Thema „Verkehr“ die Punkte „Mehr Sicherheit für Radfahrer“ und die Unterstützung für die OW1. An dem Punkt konnte Pichler vermelden, dass einer der beiden Kläger die Klage im Hauptsacheverfahren zurückgezogen hat. Die zweite Klage sei Anfang Juli im Hauptsacheverfahren erstinstanzlich abgelehnt worden. „Der zweite Kläger hat aber die finanziellen Mittel, das fortzusetzen“, sagte Pichler, äußerte aber „Zweifel, ob er das mit dem nötigen Ernst betreibt.“ Die Bezirksregierung sei sich bei dem Verfahren sehr sicher. „Das Ding ist nach wie vor noch nicht rechtskräftig, aber die erstinstanzliche Entscheidung ist eindeutig.“

Nicht im Normalmodus

Mit klarer Mehrheit sprach sich die Versammlung noch dafür aus, den Text noch „gendermäßig“ redaktionell anzupassen. Anschließend verlas Ulli Hütgens noch ein Vorwort zu dem Programm, in dem er ausführlich auf die Auswirkungen der Corona-Krise einging. „Aktuell entsteht der Eindruck, wir sind wieder im Normalmodus. Das sind wir aber nicht.“  Inwieweit sich die Auswirkungen auf das Wahlprogramm bemerkbar machen werden, wisse man nicht. „Wir werden uns jedenfalls verantwortlich und angemessen verhalten und den Fokus auf unsere sozialpolitischen und umweltpolitischen Themen erhalten.“ Die Bevölkerung sei durch den Bürgermeister umfassend informiert und mit Hilfe der SPD Maßnahmen ergriffen worden, die finanzielle Nachteile für Familien und Geschäftsleute gemindert hätten.

Im Anschluss daran nutzte Dominik Pichler die Gelegenheit zu einer aufrüttelnden Rede, um seinen Genossen Mut für die Wahlauseinandersetzung zu machen, Er forderte sie zu einer „kämpferischen“ Haltung im Wahlkampf auf und „dass wir den Wahlkampf ernst nehmen.“ Die Ausgangslage sei gut, eine Dominanz der CDU keinesfalls zementiert. Das politische Klima sei in den letzten fünf Jahren ein anderes gewesen, ein konstruktives Klima entstanden. „Der langhaarige Bombenleger wurde Bürgermeister und die Stadt ist trotzdem nicht zusammengefallen“, meinte er rhetorisch etwas leger-überspitzt. Diesen Weg wolle er fortsetzen. „Ziel solle sein: Der Bürgermeister ist nicht CDU – und die absolute Mehrheit liegt nicht bei der CDU.“

Aktuell „knabbere“ die CDU Kevelaers an der „Merz-Revolution“ und der Ablösung von Paul Schaffers vom Partei- und Fraktionsvorsitz. Er lobte ausdrücklich dessen Art, die für Kevelaer „viele gute Kompromisse“ hervorgebracht habe und der „die gute Arbeit des Bürgermeisters unterstützt“ habe. Die CDU bemühe sich in der Zeit nach Schaffers „recht glücklos“ um ein eigenes Profil. Sein Konkurrent Mario Maaßen  habe „mehr klare Kante“ gefordert. Pichler benannte die politischen Themen „bezahlbaren Wohnraum“, „Klima“ und „sichere Häfen“ als Negativbeispiele. „So sieht das aus, wenn man da klare Kante zeigt.“ Und auch auf ein Programm warte man bei der CDU noch. „Die haben genug Probleme“, erinnerte Pichler an die diversen „legendären“ Kämpfe innerhalb der CDU in den letzten Jahren. Es sei angesichs der Schaffers-Geschichte erstaunlich, dass Maaßen auch gegenüber der SPD den Kontrast Gemeinschaft-Einzelkämpfertum aufmache. Natürlich habe es auch bei der SPD „erhebliche Streitereien“ gegeben, der Blick gehe jetzt aber „ganz klar nach vorne.“

Den Vorwurf, von der SPD unterstützt zu werden, wo er doch parteiübergreifend antreten wollte, konterte Pichler. „Was hätte er gesagt, wenn die SPD ihren Bürgermeister nicht unterstützt hätte“, verwies er auf die Tatsache, dass Grüne und FDP ihn bereits unterstützten, man lediglich noch auf die Festlegung der KBV warte, die inzwischen auch feststeht (das KB berichtete).

„Wir können nur für die Visionen der Zukunft stehen“

Einen eingefleischten Sozialdemokraten kann man Ulli Hütgens nicht nennen. Denn der 54-jährige, ausgebildete Elektrotechnikmeister, Energieanlagen-Installateur und gelernte Lokführer ist erst seit Januar 2018 Mitglied der SPD. „Es ging damals darum, die GroKo zu verhindern – da wurde mit geworben“, begründet er heute den damaligen Schritt. Gemeinsam mit seiner langjährigen Lebensgefährtin Katrin Heyer, mit der er sich jetzt gemeinsam in der SPD engagiert, war der gebürtige Aldekerker Jahre zuvor mal Mitglied in der „Piratenpartei“. Die digitale Frage, die habe ihn damals schon angesprochen. „Das war 2012, da war ich ein Jahr aktiv. Wir standen mal am Roermonder Platz“, erinnert er sich. Allerdings habe es bei dem Ganzen an Substanz gemangelt. „Das Professionelle fehlte, trotz guter Ideen“, bewertet Hütgens diese Zeit aus heutiger Perspektive.

2017 begann seine Lebenspartnerin dann, regelmäßig in die Fraktionssitzungen und die Treffen der SPD zu gehen. Dann trat er ein, wurde Beisitzer im Vorstand – und beschloss, als sich im Januar 2020 die Situation ergab, sich bei der Mitgliederversammlung um das Amt des Vorsitzenden zu bewerben. Er sei schon das Jahr zuvor darauf angesprochen worden, ob er Interesse hätte. „Ich bin nicht der Typ für halbe Sachen – wenn, dann bringe ich mich auch ein.“ Er habe gesehen, „wo man unterpacken kann und ich war dabei.“

Die Wahlen am 30. Januar riefen parteiintern deutliche Reaktionen hervor. Björn Völlings wechselte kurzerhand zu den Grünen, wo sich schon die frühere SPDlerin Brigitte Middeldorf befand. Und SPD-Fraktionschef Horst Blumenkemper beklagte öffentlich den schlechten Zustand der SPD. Das habe ihn „überrascht“, gesteht Hütgens. Er verstehe, dass Völlings „eine politische Karriere verfolgt“ und dass er bei den Grünen gelandet sei, störe ihn nicht so sehr. „Meine zweite Hälfte ist grün“, meint er verschmitzt. Aber es störe ihn „die Art und Weise, dass er nicht kooperationsbereit war und dass es nur in Richtung Vorwürfe und Abrechnung ging. Das ist nicht schön.“ Und „wenn man Sozialdemokrat ist, dann ist man das.“

Jeder hat die Berechtigung, dabei zu sein

Natürlich sei bei der SPD in den letzten Jahrzehnten „ja gut gesäbelt worden“, umschreibt er die Personalkonflikte der Partei etwas martialisch. Er ganz persönlich habe in dem Geist nicht gehandelt. „Ich habe gemerkt, dass es nicht richtig ist, dass sich Leute aus Befindlichkeiten heraus entfernen sollen oder müssen.“ Die Partei brauche schlicht „jeden, der sich einbringen will.“ Und jeder habe die Berechtigung, dabei zu sein. „Als seine Wünsche nicht so in Erfüllung gingen, bockte er etwas rum“, meint Hütgens etwas salopp zu seinem Parteikollegen Blumenkemper.

Er bedauert, dass sich auch Heinz Ermers zurückgezogen hat – und dass öffentlich das Bild einer SPD besteht, in der es nur Querelen gibt. „Natürlich ist das Käse. Wir haben nicht das beste Ansehen. Wir haben den Vorwurf der Querelen zur Kenntnis genommen – und da dagegengehalten. Wir können nichts für die Vergangenheit. Wir können nur für die Visionen der Zukunft stehen.“ Ihm ganz persönlich sei es wichtig, „Leute zusammenzuhalten, in Prozesse einzubinden. Ich bin bemüht, möglichst viele Leute dabeizuhalten.“ Hütgens nennt das „im kleinen Team die Entscheidungen treffen, im großen Team Entscheidungen finden.“ Deswegen habe er auch mit einigen geredet, die sich von der SPD in der Vergangenheit zurückgezogen haben. „Ich habe denen gesagt, wir stehen für die Sache.“ Den Eindruck, dass es nur um das eigene Ego und Befindlichkeiten ginge, „den wollen wir nicht.“

Natürlich steht ja nach Ermers´ Abgang noch die Wahl des zweiten Vorsitzenden an. „Das sollte schon jemand sein, mit dem die Chemie stimmt und der mich so vertritt, wie ich das auch gerne hätte.“ Und er würde sich wünschen, dass „auch mit dem zukünftigen Fraktionsvorsitzenden die „Zusammenarbeit in Zukunft besser ist“. 

„Wir wollen mehr Sozialdemokratie in Kevelaer platzieren”

Dass man mit Dominik Pichler den Bürgermeister mit SPD-Parteibuch unterstützt, obwohl er „aus dem Amt heraus“ kandidiert, verstehe sich von selbst, sagt Hütgens. „Das war ein schönes Foto mit den Grünen“, findet er – und sieht das entspannt. Pichlers Ansatz versteht er. „Als die CDU noch ,1.0‘ war, wollte er sich neutraler darstellen.“ Seit es offiziell klar ist, dass Mario Maaßen für die CDU antritt, hat sich die Konstellation da natürlich verändert. Man müsse jetzt ein vernünftiges Fundament für vernünftige Arbeit erzeugen, glaubt Hütgens fest daran, dass „viel mehr möglich für die SPD“ in Kevelaer ist. „Wir wollen mehr Sozialdemokratie in Kevelaer platzieren – back to the roots“, ist sein Credo.

Er setze dabei auf Authentizität und kreative Ideen. „Dass die Sache nach vorne kommt. Wenn jemand sagt, er kann es besser, kein Problem.“ Sein Vorteil sei es, noch einen gewissen „unbefangenen Blick zu haben und nicht soviel zurückzugucken. Da habe ich nicht so ein starres Denken.“ Dass es „ein ungünstiger Zeitpunkt“ für die Kommunalwahl ist, räumt er ein. „Aber es kommt, wie es kommt.“ Die letzten sechs Jahre Politik in Kevelaer einzuordnen, fällt ihm schwer, „weil ich jetzt erst in diesem Jahr mit der richtigen politischen Arbeit angefangen habe. Es sind Dinge auf den Weg gebracht worden, aber es hätte auch mehr werden können.“

Diskussionsprozess

Bei der Ausgestaltung des Wahlprogramms in den vergangenen Monaten habe sich gezeigt, wie viele sich in den Diskussionsprozess – wenn auch schwierig via online aufgrund der Corona-Pandemie – mit eingeschaltet haben. „Das hat es ewig nicht mehr gegeben“, gibt er die Eindrücke wieder, die an ihn herangetragen worden sind. „Wir haben da bestimmt zehnmal zusammengesessen und an dem Programm gearbeitet. Das war sehr effizient und effektiv, da ist viel Zeit und Engagement reingeflossen.“

Was die gestalterischen Schwerpunkte der SPD für die nächsten Jahre sind? Da nennt Hütgens die Ansiedlungsmöglichkeiten auch für kleine Unternehmen in den Industriegebieten, in Sachen Klima nachhaltiges Bauen und zukunftsorientiertes Begrünen, mehr Natur und eine „entschleunigte“ Innenstadt. Es sollen weniger Fahrzeuge in die Stadt kommen, der Schwerlastverkehr möglichst herausgehalten werden, Ältere sich unbeschwert in der Stadt fortbewegen können. Und es soll „Straßen geben, wo man nur noch mit dem Fahrrad fährt.“ Die Pilgerströme mit den Bussen solle man „nach außen“ bringen, einen Shuttle-Service einrichten und eine bessere Anbindung der City an die Hüls ebenfalls durch einen Shuttle-Service erreichen.

Eher Grün

Beim Peter-Plümpe-Platz wäre er persönlich „eher für eine Begrünung, aber da muss man ein gesundes Mittelmaß“ zwischen den Anliegen der Geschäftsleute und den Menschen finden, die eine bessere Lebensqualität wollen. Ob die Kirmes da das „Zünglein an der Waage“ sein sollte? An der Stelle zögert Hüttgens. „Sich in der Innenstadt lieber aufhalten, weil es dort schöner ist“, das ist eher seine Idee. Luftschleusen wären da auch ein Thema und vor allem Maßnahmen, um dem Klimawandel zu begegnen. Denn man brauche praktische Lösungen, wenn es zum Beispiel um Starkregenereignisse gehe. Hütgens ist in jedem Fall ein Fan stärkerer Bürgerbeteiligung. „Die Bürgerbeteiligung beim Peter-Plümpe-Platz finde ich eine Supersache, das ist ein altes Ding der SPD.“ Schade sei nur, dass da so wenige Bürger mitgewirkt hätten, findet der Ortsverbands-Vorsitzende.

Das Bauprojekt Lindenstraße, das im Stadtentwicklungsausschuss vorgestellt wurde, habe ihn persönlich überrascht, passe möglicherweise aber zu einem der Topthemen der SPD in der Wahl: der Frage nach sozialem, bezahlbarem Wohnraum. „Wir müssen gucken, dass die Leute erschwinglich wohnen.“

Die SPD befürworte die OW1 – auch wenn Hütgens seine persönlichen Bauchschmerzen nicht verhehlen mag. „Ich finde die OW1 wichtig, aber würde mir wünschen, sie wäre nicht nötig. Insgesamt ist das ein riesiges Ding, das man da hinbaut“, spricht er von einem „einschneidenden Eingriff“. In einem KB-Leserbrief dazu in einer der jüngsten Ausgaben seien ihm viele Dinge „nahe gegangen“, sagt er. „Wenn man es schaffen würde, diese ganze Pendler- und Verkehrsstruktur herunterzufahren, dann wäre die OW1 vielleicht nicht notwendig. Das würde für mich die bessere Variante sein. Aber ich glaube trotzdem, dass sie für Kevelaer wichtig ist.“ Denn als „indirekter Anwohner“ bekomme er mit, „wie die Menschen darunter leiden.“

Nicht zufriedenstellend

Die SPD wirbt für einen „Streetworker“ als Schnittstelle zwischen der Jugend und der Verwaltung und eine bessere Anbindung des ÖPNV. Was da mit dem RE10 ablaufe, sei „alles andere als zufriedenstellend“. 

Und die Probleme, die das Coronavirus und die bevorstehenden Defizite im Haushalt auslösen werden, die sieht er schon. „Angepasst und angemessen an Corona handeln“, sagt Hütgens dazu. „Man kann nur priorisiert Projekte machen – aber nicht auf Kosten von Minderheiten und Schwachen“, stellt er klar. So gesehen sei das Wahlprogramm eine „Absichtserklärung“ – aber natürlich auch ein Statement, welche Ideen eine Partei für eine Stadt hat.

Der Termin müsse noch kommuniziert werden, sagt Hütgens.  Aber das Programm soll auf einem Parteitag am 8. Juli 2020 verabschiedet werden. Und dann will man mit klassischen Ständen – unter den Bedingungen von Corona – und auch digital den Wähler von den Vorschlägen überzeugen. „Es hatten viele Leute Lust da mitzumachen – und so soll es auch weitergehen“, sagt Karin Heyer, die am Ende des Gesprächs dazustößt. Was aus Hütgens´ Sicht für die SPD ein Erfolg bei der Wahl wäre? „Wenn wir die Mandatszahl halten können, das wäre erfolgreich.“ 

Mitglieder der SPD Kevelaer radelten durch die Ortschaften

Am vergangenen Samstag radelte der Ortsvereinsvorstand der SPD Kevelaer im Rahmen der Stadtradeln-Aktion von der Kevelaerer Innenstadt aus zunächst zum Gradierwerk und danach weiter nach Kleinkevelaer und Twisteden, wo man sich zum gemeinsamen Minigolfen mit Bürgermeister Dr. Dominik Pichler und der Landtagsabgeordneten Ina Spanier-Oppermann traf. Bei Sonnenschein gab es viele interessante Gespräche zu den Themen Politik, Kultur und Entwicklung in Kevelaer. Weitere Ausflüge nach Winnekendonk und Kervenheim sind bereits in Planung.

„Für uns als SPD Ortsverein geht es beim Stadtradeln um zweierlei Dinge: zum einen natürlich um den Umweltschutz, also das Auto lieber mal stehen zu lassen und stattdessen den Drahtesel zu nehmen. Zum anderen auch darum, die vielen schönen Sehenswürdigkeiten unserer Heimatgemeinde zu besuchen und mit den Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt zu kommen.“, sagt Moritz Walter, Pressesprecher des Ortsvereins. „Politik muss auch Spaß machen“, ergänzt Ulli Hütgens, Ortsvereinsvorsitzender. „Daher liegt es bei einem wunderschönen Wetter wie am Samstag natürlich nahe, politischen Austausch mit einer guten Aktion wie dem Stadtradeln zu verknüpfen.“

Scharfe Worte, Kritik und Beschlüsse

Mit einigen Minuten Verspätung konnte die Aufstellungsversammlung der Kreis-SPD Kleve im Kevelaerer Bühnenhaus beginnen. Der Vorsitzende des SPD-Unterbezirks, der Kevelaerer Norbert Killewald, begrüßte die Delegierten, die aufgrund der Corona-Abstandsregeln bis in die Tribünen hinein saßen – darunter auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Barbara Hendricks, die für die Kommunalwahl keine Prognose wagte. „Die Wahlen sind oft von Stimmungen beeinflusst“, sah sie die SPD bei der Wahl des Landrats mit Peter Driessen gut positioniert und sprach davon, dass die CDU „aufgrund der Leistung im Kreis kein gutes Ergebnis erzielen“ dürfte. Der Landrat habe „alles falsch gemacht, was falsch zu machen war.“ Und die CDU im Kreis ziehe sich nur auf Zuständigkeiten zurück.

Killewald blies bei seinem Grußwort in ein ähnliches Horn, versah das aber noch mit mehr polemischer Schärfe und schwor die Delegierten auf den Wahlkampf ein. Die SPD habe stets die Probleme der Menschen aufgegriffen und zu unterschiedlichen Themen Vorschläge gemacht und Konferenzen abgehalten. Vom Landrat und der CDU dagegen habe es eine Politik der „Nichtzuständigkeit und der niedrigen Kreisumlage“ gegeben, egal welche Folgen das für die Bürgerinnen und Bürger habe. Wolfgang Spreen  habe sich im „Kreishaus seiner Wagenburg“ verschanzt, fühle sich  „von eigenen Wahlkämpferinnen, eigenen und anderen Bürgermeistern, von Medien, die er offen angreift, und uns und anderen, denen er arrogant entgegentritt“, umzingelt, meinte Killewald. Seine Haltung habe immer „Beifall und Unterstützung“ der CDU im Kreis erhalten. Und der CDU-Kreisvorsitzende Günther Bergmann und die CDU-Landratskandidatin Silke Gorißen hatten verkündet: „Wir haben mit Ministerinnen und Ministern gesprochen“, um Probleme von außen her lösen zu lassen.

Killewald bezeichnete das als „Offenbarungseid zur Verantwortung zum Gestaltungswillen“ vor Ort. Und nicht „Inhalte, sondern der Kreis soll billig sein.“ Das zähle in Sachen Kreisumlage nur. Dafür habe die CDU die SPD mit „Hohn und Spott“ bedacht, ihre Macht demonstriert. „Ob Corona oder Leiharbeiter: Diese falsche Politik für den Kreis Kleve fällt jetzt der CDU und ihren Verantwortlichen auf die Füße. (…) Sie werden gerade von dieser erschlagen“, waren Killewalds Worte. Die CDU solle den bisherigen Weg abbrechen und im Kreisausschuss und Kreistag an einer „gestaltenden Politik“ mitwirken.

Peter Driessen

Beim Thema Leiharbeiter solle man „die Zusammenarbeit vor Ort im Kreis und mit dem Kreis endlich erzwingen“, sagte der SPD-Politiker. Der Verweis auf andere staatliche Ebenen sei „nichts mehr als Arbeitsverweigerung“.  Das sei aber weniger ein Grund für Häme, sondern gebe aus SPD-Sicht Anlass zur Sorge um den Kreis. „Inzwischen hat es diese CDU geschafft, dass jeder in der Republik den Kreis verwundert betrachtet“, sagte Killewald. Vor Wochen habe er zum Thema Corona mit CDU-Leuten im NRW-Sozialministerium geredet. Da sei der Satz: „Gut, dass Gangelt nicht im Kreis Kleve liegt“, gefallen. Dieser Satz sei genug Motivation, „um die Lage zu verändern und der bisherigen Mehrheitspolitik ein Ende zu setzen.“

Zusammenstehen und Menschen mobilisieren

Im Anschluss warb Peter Driessen für seine von mehreren Parteien getragene Landratskandidatur. Beim Thema Flughafen Weeze brauche es transparentes Agieren, „damit politische Entscheidungen nachvollziehbar sind.“ Es bestehe die abstruse Situation mit einem „Landrat, der alle mit Nichthandeln gegen sich aufbringt.“ Die Amtszeit des Landrats gehe aber in ein paar Monaten zu Ende. Er wolle nicht auf ihn draufschlagen. „Dann verlieren wir Potenzial. „Mit den Bündnispartnern sei eine rechnerische Mehrheit im Kreistag und für seine Wahl denkbar. Dafür gelte es jetzt, „fest zusammenzustehen sowie Familien und Freunde zu mobilisieren.“

Nach einer Diskussion mit Änderungsvorschlägen wurde das zwölf Punkte umfassende Kommunalwahlprogramm der Kreis-SPD „Gemeinsam in sozialer Verantwortung für eine solidarische Gesellschaft“ verabschiedet, das der SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Jürgen Franken, vorstellte. Das Programm enthält unter anderem die Forderung nach familiengerechten Arbeitszeiten und fairen Löhnen, die Stärkung des Gesundheitssektors und des Digitalen, den Naturschutz, die Förderung der Mobilität und die Gebührenfreiheit für die Betreuung von Kindern.

Ulrich Franken

Franken nutzte seine Rede auch zur Kritik an Landrat Wolfgang Spreen und der CDU. Die Union lasse Spreen „fallen wie eine heiße Kartoffel“ und mache in Sachen Kreisumlage einen „wahlbedingten Schwenk“, weil nächste Woche alle Bürgermeister in den Kreisausschuss kommen. Dazu komme der Schwenk bei dem Sofortprogramm von zehn Millionen Euro, von dem bislang nur 3,3 Millionen Euro abgerufen worden seien. Man werde den Nachtragshaushalt des Kreises ablehnen, kündigte Franken an. Die Corona-Soforthilfe des Kreises solle auf fünf Millionen Euro beschränkt, die Kreisumlage nicht erhöht werden. In Sachen Flughafen sehe er ein „Licht am Ende des Tunnels“, weil die Kosten für die Flugsicherung 2021 übernommen werden. Die SPD könne nicht nachvollziehen, warum der Landrat eine Soforthilfe von sechs Millionen Euro vom Kreis und der Gemeinde Weeze als stille Beteiligung aufsetzen wolle. Die Gesellschafter des Airports und das Land seien jetzt in der Pflicht, den Flughafen zu stützen. Im Kreisausschuss will die SPD den Antrag stellen, dass Gespräche mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet darüber geführt werden sollen.

Personell beschloss die Versammlung die Reserveliste für die Kandidat/innen zur Kommunalwahl mit Jürgen Franken an der Spitze. Aus Kevelaer befinden sich mit Jörg Vopersal (Platz 9) und Irene Vonscheidt (Platz 18) zwei Personen auf der Liste. Dazu kommt noch für das nördliche Stadtgebiet im kommunenübergreifenden Wahlkreis der Uedemer Frank Thon auf Platz 13. Er hatte im Februar seinen Anspruch auf den Kreisvorsitz angemeldet. Die Debatte darüber soll nach den Kommunalwahlen stattfinden.

Er will gestalten, motivieren und sich einbringen

Gerne hätte er sein Jubiläum mit einem großen Tag der offenen Tür gefeiert, gesteht Winfried Janssen, als er seinen Gesprächsgast an dem Eingangszaun empfängt und durch die Einfahrt die Treppe hinauf entlang der Fenster in die Wohnung führt. „Aber das fällt alles wegen Corona ins Wasser“, bedauert der mittlerweile 80-Jährige. In seinem Wohnzimmer fallen mir die Zeichnungen seiner Enkel auf, die an den Wänden verteilt zu sehen sind. „Und das hier, das bin ich im Alter von fünf Jahren“, zeigt er auf einen Rahmen. „Das hat ein Engländer gezeichnet, der in Sonsbeck gelebt hat.“ Auf der Zeichnung findet sich der Name „Jaar Sonbroeck“ und das Datum „Mai 1945“.

Winfried Janssen wurde am 24. Mai 1940 in Sevelen als ältester von fünf Kindern als Sohn eines Organisten und Küsters geboren. „Krieg war Alltagsgeschehen für uns“, sagt Janssen heute. „Wir haben noch von Weitem den blutroten Himmel im Ruhrgebiet gesehen. Und ich kann mich gut an den Alarm erinnern, wo die Maschinen von England kamen. Da mussten wir in die Keller rein.“

Aus der Zeit sind ihm noch einige bruchstückhafte Fragmente in Erinnerung geblieben. „Anfang 1945 wurden wir Richtung Paderborn evakuiert, und da habe ich die kaputten Städte gesehen. Unterwegs kamen dann die Tieffliegerangriffe. Die schossen die Leute vom Rad, wenn Du nicht schnell genug warst. Da mussten wir raus aus dem Bus, da war ein Haus in der Nähe, rein in den Keller.“

Zwischen Krieg und Kirche

Er sah auch ein Flugzeug, das über Sevelen brannte und in Geldern abstürzte. „Und neben dem Bürgermeister lagen die Soldaten im Garten, da bin ich in einen Panzer rein, als die Deutschen noch die Front hier hatten.“ Als der Vater auf Heimaturlaub war und dann wieder weg musste, „weiß ich noch genau die Stelle, wo er auf den Laster gestiegen ist und weggefahren ist.“ Ob er an der Front war, weiß er nicht. Sein Vater war im ersten Weltkrieg gefallen und er war der einzige Sohn.

Das kirchliche Leben „das hat mich geprägt“, sagt er. „Das war ein Bestandteil unseres Lebens.“ Als Messdiener ging er dem Vater, als der aus dem Krieg zurückkehrte, viel zur Hand. „Bis auf Beichte habe ich alles mitgemacht“, muss er an der Stelle schmunzeln. „Ich war ja auch ‘backstage’ bei allen, die da bei den Vorbereitungen mit einbezogen waren“, sagt Janssen. „So habe ich Kirche, die Kapläne, die Pfarrer, die Vielzahl dieser geistlichen Herren kennen und schätzen gelernt. Da waren einige dabei, die waren menschlich gesehen für jungen Menschen solche, an denen man sich orientieren konnte.“

Der Vater war ein begnadeter Musiker, leitete den Chor in Sevelen. „Da hatte ich aber nix von“ – im Gegensatz zu seinen beiden Brüdern, die beide Instrumente lernten. „Mein Talent war, an dem Musik-Studium vorbei zu kommen. Aber die Liebe zur Musik, die ist geblieben.“ Der kleine Winfried verbrachte viel Zeit bei der Familie des Großvaters mütterlicherseits, der Bürgermeister von Sevelen war und selbst acht Kinder hatte. „Eine Schwester wohnte in Geldern, wo ich zur Schule ging. Da wohnte ich, um den Weg abzukürzen. Die jüngste Schwester wohnte in Hönnepel, wo wir auf dem Hof die Pferde auf die Weide führten. Und im Krefeld wohnten zwei Vettern. Das war für mich die große weite Welt.“

Eine Schwester meiner Mutter war mit dem ehemaligen Gelderner Stadtdirektor Matthias op de Hipt verheiratet. „Da habe ich viel mitbekommen.“ Aus seinen Erzählungen bekommt er einen Begriff des demokratischen politischen Systems, das im Entstehen begriffen ist. „Das war ja britische Verwaltungszone, und die Bürgermeister und Stadtdirektoren sind ja erstmals eingesetzt worden. Und nach 1949 kamen die ersten Wahlen.“ Als der Vater aus dem Krieg zurückkam, hatte der kleine Winfried „intensive Erziehungsversuche – vor allem meiner Tanten“ – hinter sich. „Als mein Vater ansetzte, da hatte ich soviel ‘Abwehrkräfte’ aufgebaut, dass er da nicht viel ausrichten konnte, auch wenn das Regiment streng war. „Wenn Gleichaltrige draußen spielten, musste ich Zähne putzen und ins Bett.“

Vom Starkstromelektriker zum Rektor

Mit 17 Jahren absolvierte Winfried Janssen nach der Volksschule in Krefeld eine Lehre als Starkstromelektriker. „Da lernte ich was Anderes kennen als die gut behütete Situation zu Hause. Da kam ich in eine Welt, wo der Arbeiter im Stundenlohn sein Geld unter teilweise sehr schwierigen Verhältnisse verdienen musste.“ Erstmals erlebte er „die Kontraste derjenigen, die die Fabriken betreiben, und der Arbeitnehmer. Da habe ich Einblicke in deren Gegebenheiten, deren Denken und wirtschaftlichen Verhältnisse bekommen.“

Seine Frau Ingrid heiratete er im Dezember 1963 in Geldern erst standesamtlich, im April 1964 kirchlich. Aus der Ehe gingen die beiden Kinder Verena und Daniel hervor. Das Paar zog 1970 nach Winnekendonk. Janssen ging über den zweiten Bildungsweg und in die Abendschule nach Kempen. Im Jahr 1968 wurde er Lehrer. „Während meiner aktiven Zeit als Elektriker hatte ich viel mit Azubis zu tun. Da habe ich für mich gesagt: Mit deinem Wissen kannst Du das besser rüberbringen, indem Du in die Schule gehst.“ Naheliegend wäre da Berufsschullehrer gewesen. „Aber ich habe mich für die jüngere Schüler entschieden, weil ich die mit meinem Wissen und Möglichkeiten auf das Berufsleben vorbereiten wollte“, sagt Winfried Janssen. Das habe er bis 2004 als Schwerpunkt seiner schulischen Arbeit gesehen. Aus dieser Arbeit ging dann später unter anderem der Berufsinfotreff bei der Sparkasse hervor.

Die alte Form Volksschule wurde durch die Schulreform 1968 und die Fachlehrer der 70er Jahren grundlegend verändert. Janssen lehrte Naturwissenschaften, Physik, Mathematik und Wirtschaftslehre, später auch Geschichte. Von 1977 bis 1984 war er Konrektor der Edith-Stein Schule, kehrt 1984 als Direktor an die Theodor-Heuss-Hauptschule zurück und ging am 31.Juli 2004 in den Ruhestand. „Ich habe gerne unterrichtet. Das war nicht so, dass ich vor den Schülern geflohen bin. Ich konnte deren Macken, Methoden und Verhaltensweisen schnell erkennen. Und ich habe versucht, bei Schülern, die erziehungsresistent waren, Akzeptanz zu bekommen und denen eine Perspektive zu zeigen.“

Heute komme er mit vielen Ehemaligen ins Gespräch, die die Sinnhaftigkeit seiner Bemühungen anerkennen. Viele seien Unternehmer, Lehrer oder Menschen mit besseren Bezügen als er selbst geworden. „Das sind so die Momente, wo du ein bisschen zurückkriegst und denkst: verdammt, hast Du doch nicht alles falsch gemacht.“

Vom Jungsozialisten zum Bürgermeister-Kandidaten

Die politische Karriere begann, als er 1973 in die SPD eintrat und Vorsitzender der Jungsozialisten wurde. „Ich habe immer nur Kommunalpolitik gemacht, weil ich dann nah an den Leuten bin, um direkt was tun zu können und direkt die Verantwortung zu übernehmen, wenn was schief ging. Und ich bin keinem Streit aus dem Weg gegangen.“

Anfang der 70er Jahre kamen viele neue Lehrer aus der 68er-Generation nach Kevelaer. „Und es war damals das Gesamtschulprojekt hier, das anstand.“ Dem Rat in der Form wollte man nicht die Zukunft der Jugend überlassen. Und die SPD befand sich über die Willy-Brandt-Jahre im Aufschwung. „Da waren selbst Peter Hohl und Edmund Bercker in der SPD“, erinnert er sich. Aber das ging auch nicht ohne Konflikten ab. „Der Werner Helmus sagte: solange der mit am Tisch sitzt, bleibe ich nicht. Da ist der aufgestanden und gegangen.“ Denn als Jungsozialist habe man in der damals „stark schwarz gefügten Welt“ wortwörtlich als „ein rotes Tuch“ gegolten.

Über den Bundestagsabgeordneten Helmut Esters wurde diese Strömung parteiintern allmählich gesellschaftsfähig. Im Juli 1974 wurde Janssen stellvertretender Vorsitzender des Ortsverbandes. Und 1975 folgte der erste Wahlkampf, den die jungen Leute mit aufzogen. „Das hat uns Mut gemacht, weiter zu machen.“ Er selbst kam mit in den Stadtrat, wurde später auch Fraktionsvorsitzender im Rat. Weitere erfolgreiche Wahlkämpfe an der Haustür folgten, in denen er sein Organisationstalent mit einbringen konnte.

Zu ungeduldig

„Auf Widerstand zu stoßen, das war in Kevelaer so gesehen Tagesgeschäft“, beschreibt Janssen die politische Zeit. „Da musstest Du tricksen, Mehrheiten schaffen.“ Zugleich sei „Politik immer ein Feld, das von Kompromissen beherrscht wird. Da habe ich nie meinen Kopf durchgesetzt. Meine Ideen haben aber nicht allen gefallen“, räumt er ein. Und dazu kommt noch eine weitere persönliche Eigenschaft. „Ich bin in vielen Dingen zu ungeduldig“, gesteht er selbstkritisch. Als Wahlkampfleiter habe er immer das aufgebaute Konzept zügig und so gut wie möglich umsetzen wollen. „Da erwarte ich sicher auch zu viel – und erwarte, dass die anderen auch so mitmachen.“ Wichtig sei in der Politik aber auch eins: „Man kann politisch verschiedener Meinung sein, auch mit den CDU-Leuten. Aber da war immer eine Ebene, wo man das besagte Bier danach trinken konnte und die Ideologien nicht so wesentlich waren.“ Dass er mit CDU-Hilfe zum Rektor der Theodor-Heuss-Hauptschule gewählt wurde, gefiel nicht jedem Sozialdemokraten.

Einen besonderen Draht entwickelte er zu seinem Parteikollegen Klaus Hölzle. „Der war Anwalt, ein begnadeter Redner. Wenn der zum Haushalt sprach, war alles im Rat still. Das war ein Ereignis.“ Beide hätten als Tandem gut funktioniert, sagt Janssen. „Da war schwer gegen uns anzukommen“, gibt er zu.

„Ich hatte realistisch nie eine Chance“

Im Jahr 1986 trat der begeisterte Stadionsprecher beim KSV vom Fraktionsvorsitz zurück, als er den SPD-Platz im Verwaltungsrat der Sparkasse nicht an Werner Helmus freimachen wollte – und ihm die Fraktion ein Ultimatum stellte. 1988 endet seine Arbeit im Parteivorstand, ein Jahr später schaffte er es in den Kreistag. 1992 ist er zurück im Ortsvorstand, mit in der Fraktionsführung, 1996 auch im Unterbezirksvorstand. Drei Jahre später zog Winfried Janssen für die SPD 1999 in den Wahlkampf um das erstmalig zu besetzende Amt des hauptamtlichen Bürgermeisters. „Ich hatte realistisch nie eine Chance“, sagt Janssen heute, auch wenn er sich in den Wahlkampf voll reingehängt hatte und „dafür breite Unterstützung“ erfuhr.

Das Handicap war, dass es fünf Kandidaten damals gab, wo sich das Wählerpotenzial zergliederte. „Da konnte ich nie auf eine Größenordnung kommen, die den Pahl gefährden hätte können.“ Und die SPD im Bund „hatte in der Regierung zu der Zeit auch keine gute Bilanz vorzuweisen.“ Immerhin erreicht er mit 24,6 Prozent mehr Stimmen als seine Partei. „Aber es hat mir schon weh getan“, gesteht Janssen, als er Pahl als Erster zum Sieg gratulierte. „Die Nacht habe ich nicht geschlafen. So abgebrüht war ich nicht.“ Der erste Schultag danach war „für mich wie im Film. Aber das Leben geht ganz schnell weiter.“

Die Beförderung des Ehrenamts sieht Janssen als eine wichtige Weichenstellung. Als einen der größten konkreten Erfolge bezeichnet er „die Tatsache, dass wir mit der CDU die Wirtschaftsförderung haben gründen können. Umso mehr hat es mich getroffen, dass die unter Stibi aufgelöst wurde – auch weil das bis heute nicht richtig funktioniert. So sehe ich das, und bin da sicher nicht der Einzige.“

Abschied und letzte Karriere

Ab der Stadtratswahl 1999 war er SPD-Fraktionsvorsitzender und mit Hilfe der CDU zweiter stellvertretender Bürgermeister, was der SPD missfiel – und das problematische Verhältnis zu dem eigenwilligen Denker erneut offenlegte. „Anfang der 2000er Jahre gab es eine unliebsame Zeit“, ist Janssens Bezeichnung dafür. „Da kam eine jüngere Generation, die das Gefühl hatte, die Alten waren jetzt lange genug dran.“ Obwohl für ihn klar war, dass 2004 Schluss ist. „Das war terminiert und abgesprochen. Aber das ging einigen nicht schnell genug.“

2001 ersetzen die Genossen ihn durch Sigrid Ehrentraut im Fraktionsvorsitz. Der Konflikt um den Posten als stellvertretender Kreisvorsitzender – die Kevelaerer wollten Jörg Vopersal, Parteichefin Barbara Hendricks ihn – führte ein Jahr später zu Janssens Rückzug. Er blieb aber bis zu seinem politischen Karriereende 2004 zweiter stellvertretender Bürgermeister. Danach wollte er Herr über seinen eigenen Terminkalender werden. 2005 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Ein Jahr später wurde er „aus Geselligkeit und Spaß an der Freud’“ Mitglied der Bürgerschützen, arbeitete die Chronik des Vereins auf und machte die Öffentlichkeitsarbeit. „In der Zeit sind wir 2008 nach Kevelaer gezogen.“

Über die Bürgerschützen kam er 2017 zum Krippenmarkt, wo er als „Marktmeister“ und mittlerweile auch Geschäftsführer der „Event- und Marketing-Agentur“ noch immer aktiv ist. Seine „letzte Karriere“ nennt er die Arbeit an diesem Projekt. „Bei dem Marktmeister kann das durchaus noch zwei-,drei Mal so sein, bis mich jemand mit dem Rollator drüber schiebt“, sollte die Gesundheit mitmachen, sagt er. Dafür will er mit der neuen „Fiets“ so viel fahren wie möglich. Für den Geschäftsführer will er so bald wie möglich einen Nachfolger benennen. Ob er es brauche, gebraucht zu werden? „So würde ich das nicht sehen, auch wenn meine Frau das oft sagt. Ich will gestalten. Ich will was tun, bringe mich dafür 100 Prozent und mehr ein, will motivieren und Leute finden, die mitmachen. Das ist mir an vielen Stellen gelungen.“

„Kevelaer wird nicht untergehen“

Natürlich ist Janssen seiner Frau Ingrid, die seit Jahrzehnten an seiner Seite ist, dankbar für ihren Beitrag. „Politik ist nicht immer familienfreundlich“, formuliert er diplomatisch das, was an Zeit für Sitzungen, Wochenenden und politische Treffen drauf ging. „Aber die Kinder sind in der Erziehung nicht zu kurz gekommen.“ Heute pflegt er das Home-schooling mit seinen Enkeln.

Wie er die Zukunft Kevelaers sieht  Da will er angesichts von Corona lieber noch keine Prognose wagen. „Nichts wird mehr so sein wie vorher, aber es wird sich auch nicht alles ändern.“ Der Schwerpunkt für das persönliche Lebensumfeld werde stärker werden. Das sehe man am Peter-Plümpe-Platz „Kein Auto wird es genauso wenig geben wie nur Grün“, da komme es auf die Gewichtig an. „Der totale Grün-Plan, davon wird 2030 mehr umgesetzt sein, als dass das Auto im Mittelpunkt steht.“ Kevelaer werde die Bedeutung als Wallfahrtsstadt sicher behalten, ist er überzeugt. „Das Bedürfnis, die Trösterin der Betrübten zu besuchen, wird sicher nicht weniger.“ Außerdem sei er sehr überzeugt von der jungen Generation der Geschäftsleute, die „Kevelaer in diesem Bestand erhalten“ können mit inhabergeführten Geschäften und Leuten, die „Ahnung haben“. An eins, daran glaubt er fest: „Kevelaer wird nicht untergehen.“

SPD Kevelaer verteilt rote Nelken

Der SPD Ortsverein Kevelaer hat, anlässlich des Weltfrauentages, auf dem Roermonder Platz rote Nelken verteilt. Dazu gab es Infoflyer zu den Themen Gleichstellung und feministische Politik. Die Aktion wurde sehr gut angenommen, binnen kürzester Zeit waren knapp 200 Nelken verteilt.

Die rote Nelke ist bereits seit 1889 Symbol der Sozialdemokratie und erfreut sich auch heute noch großer Beliebtheit unter den Genossen/Genossinnen. „Mit der erfolgreichen Nelkenaktion am Roermonder Platz haben wir von der SPD den vorbeikommenden Passantinnen hoffentlich etwas den Tag verschönern können. Des Weiteren ist es uns als Sozialdemokraten natürlich immer ein Anliegen, für Feminismus und Parität einzutreten, nicht nur zum Weltfrauentag, sondern auch an allen anderen Tagen im Jahr“, sagt Moritz Walter, Pressesprecher des Ortsvereins.

Foto: SPD Kevelaer

Ein Mann des Ausgleichs

Wenn Horst Blumenkemper beschreiben soll, was ihn persönlich und politisch geprägt hat, muss er nicht lange überlegen. „Das hatte alles mit Gerechtigkeit zu tun“, sagt der SPD-Politiker, der am heutigen Mittwoch 75 Jahre alt wird. Blumenkemper wurde am 5. Februar 1945 in Sachsen-Anhalt in der kleinen Gemeinde Pömmelte geboren. Er hat noch eine fünf Jahre ältere Schwester. „Wir waren von Kevelaer evakuiert im Bereich der Elbe“, erzählt der Jubilar. Nach dem Krieg  kehrte die Familie nach Kevelaer an die Weezer Straße zurück. Sein Vater war bei der Bundesbahn im Weichenbau lange Jahre tätig, dann Soldat und nach dem Krieg war er Schrankenwärter, Polsterer und Dekorateur – und Sozialdemokrat. „Aber der hat sich weniger engagiert. Er war ja von Berufs wegen nicht viel zu Hause.“

Den jungen Horst interessierte Politik brennend. „Wir haben immer schon im Radio Bundestagssitzungen gehört.“ Aus Büchern bekam er später „die Rolle der SPD in der ‚Braunzeit‘ und welchen Attacken sie schon unter Hindenburg ausgesetzt war“ vermittelt. „Und mein Vater beschrieb mir auch das Soldatenleben unter der ‚braunen Brühe‘.“ 1951 kam Blumenkemper in die Hubertusgrundschule, danach auf das Pro-Gymnasium in der Bogenstraße. Nach der Schulzeit trat er 1965 – nach einem Jahr im Wartestand – in die Polizei ein, fuhr zur Ausbildung unter anderem nach Linnich und Bochum. Nebenbei machte er Musik in einer Beatband namens „Scorpions“. Im Dezember 1967 heiratete Blumenkemper seine Margarete. Um 1963/1964 trat er in die Kevelaerer SPD ein, knüpfte Kontakte zu Sozialdemokraten wie Hein Friesen und Helmut Esters, den er sich nicht scheut, „eine Art Ziehvater“ zu nennen.

Eine Art Neuanfang in Kevelaer

1968 kam Blumenkemper als Polizist nach Köln, fuhr da Funkstreife, wohnte dort auch neun Jahre. Politisch engagierte er sich für Themen wie Verkehr und für die Personen am Rande der Gesellschaft. Er machte seine Ausbildung zum Kommissar, wurde Einsatzleiter der Polizei im Müngersdorfer Stadion. Im Jahr 1977 kam er erst nach Moers, dann nach Geldern und nutzte die Chance, nach Kevelaer als stellvertretender Stationsleiter zu kommen. „Das war wie ein Neuanfang, ein zweites Erleben von Kevelaer. “

Den Brand der Antoniuskirche erlebte er hautnah als Beamter vor Ort mit. Als sachkundiger Bürger vertrat er die SPD im Planungsausschuss, kümmerte sich um bauliche Fragen, die Verkehrsstruktur und die OW1. Im Jahr 2014 übernahm Blumenkemper nach dem gesundheitsbedingten Rückzug von Ralf Angenendt die SPD-Fraktion. „Das war nicht einfach“, meint der Jubiliar. „Aber wir haben das integrierte Handelskonzept positiv begleitet und erreicht, dass das Mehrzweckbecken gebaut werden konnte.“ Und der Gestaltungsprozess auf der Hüls komme allen zugute.

Ein Abschied mit Wehmut

Für ihn sei wichtig gewesen, große Entscheidungen die Stadt betreffend „auf große Füße“ zu stellen, auch zusammen mit anderen Fraktionen. „Der Bürger erwartet von uns, die Stadt nach vorne zu bringen, dass alle was davon haben. Das ist meine Art von Politik.“ Fairer Umgang und Glaubwürdigkeit spielten dabei die entscheidende Rolle. Bei der Kommunalwahl im September tritt Blumenkemper nicht mehr an. Den Abschied sieht er mit  Wehmut. „Aber mit 75 nach gut 50 Jahren kann man vielleicht auch mal sagen, es muss gut sein.“ Ein politischer Mensch werde er aber immer bleiben, sagt Blumenkemper.

Hobbys gibt es mit Tennis, Fahrradfahren, der alten  Fender Stratocaster aus Bandzeiten und Schalke 04 genug. Und wie er die Zukunft seiner Partei sieht? „Ich bin nicht optimistisch im Moment. Das liegt aber immer an den Charakteren, die in der Politik unterwegs sind – sowohl oben als auch unten.“

SPD Kevelaer wählt neuen Vorstand

Der SPD-Ortsverein Kevelaer hat am Freitag, 31. Januar 2020, in der Gaststätte „Gelder Dyck“ im Rahmen der Jahreshauptversammlung einen neuen Vorstand gewählt. Dieser wird nun für zwei Jahre tätig sein.

Die 30 anwesenden Sozialdemokrat*Innen, darunter auch sieben Neumitglieder, wählten Ulli Hütgens als Vorsitzenden, Heinz Ermers als stellv. Vorsitzenden, Lothar Hermens als Kassierer, Michael Vonscheidt als stellv. Kassierer, Karin Heyer als Schriftführerin, Moritz Walter als Pressesprecher, Jasmin Ermers als Bildungsbeauftragte sowie Irene Vonscheidt und Udo Fischer als Beisitzer/in.

Der neugewählte Vorstand bedankt sich bei allen Anwesenden und freut sich auf erfolgreiche zwei Jahre in Kevelaer.

Verkehr, Klimaschutz und ein Nachfolger

Die wichtigste akute Personalie, die die Kevelaerer SPD in dem Moment beschäftigte, wurde erst gegen Ende der Mitgliederversammlung in der Gaststätte „Gelder Dyck“ von dem Ortsvorsitzenden Michael Vonscheidt angesprochen. „Bedauerlicherweise hat Heinz Ermers entschieden, sein Mandat als Ratsmitglied zurückzugeben“, sagte Vonscheidt und dankte ihm „für die langjährige Zusammenarbeit, die Du geleistet hast.“ Keine Silbe sagte Vonscheidt allerdings zu der Motivation für den Rückzug. „Wenn, dann soll er das selbst beantworten.“

Der anwesende Ermers hüllte sich zu dieser Frage in Schweigen. Der SPD-Ortsvorsitzende machte lediglich eine indirekte Andeutung. „Wenn Gras über die Sache gewachsen ist, können wir Dich vielleicht irgendwann wieder mit einbinden.“ Eine Diskussion über den aktuellen Zustand der Fraktion fand im Anschluss im Rahmen der Versammlung nicht statt. Als Ermers‘ offiziellen Nachfolger bestätigte Michael Vonscheidt Niklas Jansen, der das Mandat von Ermers ab der Ratssitzung am 19. Dezember 201 bis zur Kommunalwahl Mitte September 2020 wahrnehmen wird.

Anregungen zur Verbesserung des Radwegeverkehrs

Zuvor hatten die beiden Gäste – die Kevelaerer Klimaschutzmanagerin Nina Jordan und der Vorsitzende des ADFC im Kreis, Eckehard Lüdke – in komprimierter Form ihren jeweiligen Tätigkeitsbereich erläutert. Dabei machte Nina Jordan in Sachen Klimaschutz deutlich: „Wir liefern die Rezepte – kochen müssen die Parteien.“ Ausführlicher ging dann Lüdke auf die Gründung des ADFC-Kreisverbandes ein, wobei er positiv hervorhob, wieviel an positiven Impulsen man in dem knappen Jahr seit der Zusammenkunft der verschiedenen Aktiven bereits gesetzt habe. Dazu zählte er unter anderem auch die Podiumsdiskussion im Petrus-Canisius-Haus, bei der Anregungen aus dem Plenum für die Verbesserung des Radwegeverkehrs in der City gekommen waren.

Ausgehend von diesem kurzen Bericht entwickelte sich unter den Anwesenden eine Diskussion über E-Ladestationen in der City – und über die Frage darüber, ob eine autofreie Innenstadt für Kevelaer eine Option und für die SPD eine politische Forderung sein könnte, um mit klarem Profil in die bevorstehende Kommunalwahl zu ziehen

Das SPD-Mitglied Klaus Hölzle nannte das Beispiel Oslo, wo es „auch erst einen Aufschrei“ gegeben hatte, als das entschieden wurde. „Heute funktioniert das tadellos.“ Norbert Baumann argumentierte: „Entweder man zwingt die Leute oder man überzeugt sie davon. Beim Zwingen habe ich ein ungutes Gefühl.“ Die Geschäftsleute der Stadt hätten es ja eh schon schwer.

Den Bürgerbus stärken

Björn Völlings hielt die Idee, den Autoverkehr einzuschränken, für nicht schlecht, „weil uns effektiv Platz fehlt.“ Ein komplettes Verbot sah er aber nicht. „Die Marktstraße ist eng und unübersichtlich“, konnte er sich an der Stelle durchaus vorstellen, dass dort nicht mehr geparkt werden sollte. Der Juso-Vertreter Moritz Walter regte an, den Bürgerbus zu stärken.

Die Klimaschutzmanagerin Nina Jordan machte klar, dass im kommenden Jahr ein Fuß- und Radwegekonzept seitens der Stadt auf der Agenda steht. Die Entwicklung des Peter-Plümpe-Platzes sehe sie fußgänger- und radtechnisch als Chance. „Man muss sich ein Stück die Innenstadt als Bürger zurückholen“, gab sie der Hoffnung Ausdruck, „dass sich die SPD da positioniert.“ Und Lüdke regte an, bei dem Thema „das Feld nicht den Grünen“ zu überlassen. Es brauche Rad-Abstellflächen unter anderem an Schulen und Bahnhof. „Ich setze darauf, dass sich über die Kinder der Gedanke der Mobilität verändert.“

Was die SPD und den Haushalt 2020 angeht, berichtete Michael Vonscheidt von der Fraktionsklausur von vor zwei Wochen im Priesterhaus, wo die Beteiligung seiner Aussage nach aber nur „mäßig“ gewesen sei. Einige Anträge seien bei der Beratung aber herausgekommen, die er an dem Abend allerdings nicht konkret benennen konnte.

In Sachen Kreistagspolitik berichtete das Kreistagsmitglied Jörg Vopersal über ein Modellprojekt zur Hebammen-Unterstützung, der Schulsozialarbeit in den Berufskollegs und dem Kies-Abgrabungskonzept für den Kreis. „Wir müssen das Augenmerk darauf richten, dass wir nicht ein noch löchriger Käser werden“, verwies er auch auf das Beispiel des benachbarten Kreises Wesel, wo zur Zeit heftig gegen weitere Abgrabungen protestiert wird.

Flughafen mit Perspektive?

Ein zentraler Punkt der Diskussion war dann die Frage nach der Zukunft des Flughafens Weeze-Laarbruch, wo sich die Kreistagsfraktion noch nicht festgelegt hat, wie sie vorgehen will und ob der Flughafen trotz der geplanten millionenschweren Kreis-Unterstützung eine langfristige Perspektive hat. Aufklärung soll die Fraktionssitzung am Montag im Weezer Rathaus erbracht haben, wo der Flughafen-Geschäftsführer Ludger van Bebber nähere Informationen zum aktuellen Stand der Situation am Flughafen geben wollte.

Moritz Walter von den Jusos dankte der Kreistagsfraktion dafür, dass sie das Anliegen von sieben Euro Zuschuss für das „Nightmover-Ticket“ mit unterstützt hat. Und die Versammlung wählte die Delegierten für die SPD-Kreiskonferenz Anfang 2020 – der genaue Termin steht noch nicht fest.