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Bürgermeister geht als Favorit ins Rennen

Im angemessenen Abstand, mit Gesichtsmasken und reichlich Desinfektionsmittel konnte die Aufstellungsversammlung des Kevelaerer SPD-Ortsverbandes im Bühnenhaus kein großes Flair verbreiten. „Es waren widrige Umstände, unter denen wir agieren mussten“, sagte der Ortsverbands-Vorsitzende Ulli Hütgens zum Abschluss der Versammlung.

Dabei ging es vornehmlich um die Aufstellung der SPD-Kandidaten für die Kommunalwahl, die nach dem Willen der NRW-Landesregierung auf jeden Fall am 13. September stattfinden soll. Dementsprechend hatten die 28 Mitglieder auch genug zu tun, die Wahl der 17 Kandidaten für die jeweiligen Stimmbezirke vorzunehmen.

Kandidaten stehen fest

Unter der Moderation des SPD-Kreisvorsitzenden Norbert Killeweit bestimmte die Versammlung Lothar Hermens, Moritz Walter, Ulli Hütgens, Karin Raimondi, Uwe Janssen, Thomas Ammich, Pierre Keysers, Michael Vonscheid und Udo Fischer zu den Kandidaten für die neun Wahlbezirke in Kevelaer.

Für Twisteden treten Niklas Janßen und Norbert Borgmann (einstimmiges Ergebnis für ihn) an. Nicole Kraft-Englich und Jörg Vopersal (einstimmig) gehen in Wetten auf Wählerstimmen. Eva Faltermeyer, Magnus van Oeffelt und Karin Heyer wollen in Winnekendonk ihre Mandate für den Rat erringen. Und Irene Vonscheid wird sich in Kervenheim dem Wählervotum stellen.

Als Kandidaten für den Kreis benannte die Versammlung (in der Reihenfolge) Jörg Vopersahl, Irene Vonscheid, Karin Heyer und Nicole Kraft-Englich.

Dass nach dem überraschenden Wechsel an der Spitze des SPD-Ortsverbandes Ende Januar die Wogen parteiintern noch nicht geglättet sind, zeigte sich an dem Punkt „Aussprache und Abstimmung über das Wahlprogramm“. Es wurde an diesem Tag dem Plenum nicht zur Abstimmung vorgelegt. Der neue UB-Vorsitzende Ulli Hütgens erläuterte, das Programm liege während der Veranstaltung aus. Der Vorstand habe sich aber vor zwei Tagen darauf verständigt, es nicht zu debattieren und zu verabschieden, „weil das Wahlprogramm in der vorliegenden Form noch nicht allen zugänglich“ sei.

Jürgen Völlings machte deutlich, dass bei der letzten Versammlung Ende Januar genau das kritisiert worden sei, „dass noch kein Wahlprogramm“ da sei. „Und jetzt höre ich nach Monaten, dass es noch nicht spruchreif“ sei für die Mitglieder, noch überarbeitet werde und dann noch mal in einer Versammlung abgestimmt werden solle. „Das kann doch wohl nicht sein.“

Die Verzögerung „in der Vorbereitung der Wahl und des Programms liege schon im letzten Jahr zurück“, entgegnete Hütgens. Man sei sogar soweit gewesen, „dass wir ursprünglich gar kein Wahlprogramm überarbeiten wollten“, ehe man sich dann doch drangesetzt habe. Bis September sei es „auch noch ein bisschen hin“, sagte Hüting. „Von daher ist das schon ein guter Kompromiss, den wir vorgeschlagen haben.“

Norbert Killewald führte durch die Versammlung.

Assistiert wurde er von Schriftführerin Karin Heyer. „Das war ein sehr demokratischer Prozess Jeder hat sich eingebracht“. Es habe Vorschläge, Kleingruppen, E-mails und Dutzende Telefonate dazu gegeben. Der Vorstand ließ dann symbolisch alle im Raum aufstehen, die daran mitgearbeitet haben. Anschließend erhielt Bürgermeister Dominik Pichler aus den Reihen der Genossen ein einstimmiges Votum der Unterstützung für seine Kandidatur.

Das Stadtoberhaupt nutzte anschließend die Gelegenheit, ausführlich darzulegen, „welche Probleme anstehen aus meiner Sicht, und wie ich sie gern lösen möchte.“ Zum Einstieg machte er klar: „Ja, ich bin in der SPD – und ich kandidiere aus dem Amt heraus“, weil er „als Bürgermeister für alle Kevelaerer“ zur Wahl stehen wolle. Die CDU habe noch im Januar mit sich gerungen, ob sie überhaupt einen eigenen Kandidaten aufstellen solle oder ihn unterstützen. Jetzt wollten sie doch einen eigenen Kandidaten. „Ich rechne mit einem „sozialistischen“ Ergebnis“, scherzte er, „aber das wird ihm auch nichts helfen.“

Ein wichtiges Thema für die nächsten Jahre sei für Pichler für „bezahlbaren Wohnraum“. Dabei führte er das Beispiel GWS-Fläche an, weil der Rat auf Druck der Anwohner trotz des Bedarfs mehrheitlich den Grundstücksverkauf für bezahlbaren Wohnraum abgelehnt hatte. „Es gibt immer noch Menschen, die dringend bezahlbaren Wohnraum brauchen.“

Den Bereich „Klimaschutz“ nannte er als zweiten Schwerpunkt. Das sei eine „weltweite Herausforderung, die sich mit der derzeitige Corona-Pandemie ja nicht Luft aufgelöst hat“, nannte er die „Vereinbarkeit von Wohlstand und nachhaltigem Wirtschaften, die Rückkehr von Grau zu Grün, in den geschlossenen Ortslagen und Entsiegelung von Flächen“ sowie „die Verbesserung der Radinfrastruktur“ als Teilaspekte des Themas.

Stadtplanung gelungen

Im Bereich der Stadtplanung sei im Großen und Ganzen eine Menge gelungen. Auch wenn vieles über den Kompromiss geregelt worden sei, sprach Pichler von einer gelungenen Umsetzung des integrierten städtebaulichen Handlungskonzepts.

Er habe bei seinem Amtsantritt mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung versprochen. „Ich blicke im Zusammenhang mit dem Großprojekt Peter-Plümpe-Platz auf die unfassendste Bürgerbeteiligung zurück, die je in Kevelaer im Zuge eines Einzelprojekts durchgeführt wurde“, bilanzierte er mit einem gewissen Stolz, dass aus sämtlichen Bürgervorschlägen über den Gestaltungsbeirat die fünf Planungsvarianten in die Politik eingebracht worden seien.

Dabei machte Pichler auch deutlich: „Die Empfehlungen des Gestaltungsbeirats scheinen manchem nur willkommen, wenn die eigene Position bestätigt wird.“ Er bezeichnete das als „kognitive Dissonanz.“ Was der Stadt noch ein Stück weit fehle, sei nicht ein technischer Beigeordneter, sondern „der Mut, Veränderung wirklich zu wollen und als Chance zu begreifen, nicht als Risiko.“

Kevelaer habe „in den letzten 30/40 Jahren im Dornröschenschlaf gelegen und von der Substanz gelebt.“ Die angestoßenen Veränderungen würden teils noch mit Argwohn beäugt. „Hier bedarf es noch einer Menge Überzeugungsarbeit, und die möchte ich leisten.“
In Sachen „Tourismus“ sei mit dem Solegarten St. Jakob ein neuer Besuchermagnet entstanden. Erholungsort sei man wieder. Jetzt sei es die reizvolle Aufgabe, auch das Prädikat „Ort mit Heilquellen-Kurbetrieb“ zu erhalten. „Von dieser Sorte gibt es nicht so furchtbar viele Orte in Deutschland.“ Das Prädikat werde sich „für Kevelaer, seine Bürger, seine Unternehmen und seine Besucher auszahlen“, sagte Pichler.

Was das Unternehmertum betrifft, verwies der Bürgermeister auf den Umbau des Verkehrsvereins. Der habe dazu geführt, dass für Unternehmer und Gewerbetreibenden „wieder mehr Kommunikation in der Stadt möglich“ sei. Die Wirtschaftsförderung sei personell aufgestockt, der Gastfaserausbau nach vorne getrieben worden. Es gelte jetzt, „gemeinsam Wege zu finden, dass die Firmen und die Selbstständigen die Auswirkungen der Corona-Pandemie wirtschaftlich überstehen.“

Sollte das gelingen, „werden die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiterhin in Arbeit sein und die Unternehmer mit ihren Steuerzahlungen der Stadt den finanziellen Spielraum“ für den hohen Lebensstandart Kevelaers in Bereichen wie Feuerwehr, Bürgerbusse, Vereinswesen, Kultur, Kindergärten und Schulen“ erhalten können. Pichler griff das Beispiel des Fussballspiels St. Pauli gegen Bayern am 6. Februar 2002 auf, wo der Underdog gegen den hohen Favoriten nach großem Kampf 2:1 gewonnen hatte. „Auch ich galt als krasser Außenseiter. Auch ich wurde völlig unterschätzt. Auch ich habe gekämpft. Auch ich habe knapp gewonnen.“

Heute sei die Situation eine andere. „Heute kann ich mich in Kevelaer und den Ortschaften hinstellen und im besten Merkelschen Sinne mitteilen: „Sie kennen mich.“ Die Menschen hätten ihn und seine Arbeitsweise in den letzten fünf Jahren kennengelernt. Von denen würden heute viele, die ihn nicht gewählt hatten, „heute rückblickend sagen, dass das nicht die schlechtesten Jahre für Kevelaer waren und dass sich viel getan hat.“
Er sei sicher der Favorit bei der Bürgermeisterwahl. Aber auch der politische Gegner spiele „auf Sieg“, bezog er sich auf die bevorstehende Wahlauseinandersetzung mit dem designierten CDU-Kandidaten Mario Maaßen.

Und er stellte einen erneuten Fußball-Vergleich zum Champions-League-Finale 1999 an, als Bayern München 1:0 nach 90 Minuten gegen Manchester United führte und nach 93 Minuten mit 1:2 verloren hatte. „Die Chancen stehen gut, aber das Spiel ist noch nicht entschieden, es fängt gerade erst an.“

Deswegen bat er die Anwesenden , ihn nach Kräften zu unterstützen, um dann am 13. September gemeinsam ein jeweils gutes Ergebnis zu feiern. „Es gibt viel zu tun. Packen wir‘s an.“.