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Der Kevelaerer Wochenmarkt lockt ab sofort wieder mit regionalem Spargel. Foto: Wallfahrtsstadt Kevelaer
Gastronomie und Wochenmarkt locken mit frischem Spargel

Spargelsaison 2024

 Mit dem Frühling feiert ein besonderes Gemüse sein jährliches Comeback. Der Spargel, auch als „Königsgemüse“ bekannt, ist bereit, geerntet zu werden.

Die Spargelsaison 2024 soll in diesem Jahr mithilfe von Gastronomie-Betrieben aus dem Kreis Kleve Feinschmecker anlocken. Foto: WFG Kleve
Kreis-Wirtschaftsförderung weist auf kulinarische Vorzüge der Region hin

Spargel mit Klavier oder direkt vom Feld

Ab Mitte April bis zum 24. Juni ist für viele Spargelfans die schönste Zeit im Jahr.

Spargelbauern beginnen mit den Vorbereitungen für die Saison und hoffen, dass in Sachen „Arbeitskräfte“ alles gut geht

Frühjahrserwachen auf den Feldern

Bei strahlendem Sonnenschein nahmen Stefan Baumanns und ein paar Bekannte die Folie zur Hand. „Wir legen jetzt ,Tunnel’ zur Verfrühung für den Spargel – das ist so wie Minitreibhäuser über die Wellen machen, damit die Sonne, die jetzt noch nicht so kraftvoll ist, den Damm möglichst schnell erwärmt“, erläuterte der 37-jährige Spargel- und Erdbeerbauer. 

Sie schuften und hoffen

Dass man durchaus auch mal die eine oder andere wirtschaftliche Delle aushalten kann, ist für eine Selbstständigen-Familie wie die Baumanns auf Keylaer durchaus nichts Neues. Der 36-jährige Stefan Baumanns ist mittlerweile in der vierten Generation Spargel- und Erdbeerbauer, zeigt stolz die Felder. Was sich aber aktuell in Zeiten von Corona tut, das nötigt ihm schon sehr viel Respekt ab. „Wir haben ja schon viel erlebt die letzten zwei Jahre durch die schnelle, trockene Hitze. Aber wenn das jetzt so kommt, ist das richtig schlecht.“ Denn die Sperrung aller Grenzen hat für den in Keylaer ansässigen Hofbesitzer Konsequenzen. „Ich habe mit meinem Vorarbeiter in Rumänien gesprochen. Der meinte: Es ist alles dicht. Sie lassen keinen mehr raus oder rein.“ 

Eine Studentin der Agrarwissenschaften habe sich bei ihm als Helferin beworben. „Vielleicht kommen da noch Bekannte von dem Vorarbeiter dazu, und die, die vielleicht in Gärtnereien schon mit den Arbeiten da fertig sind“, lautet Stefan Baumanns – allerdings eher vage – Hoffnung. „Wir machen schon selber sehr viel – ich, meine Frau Anja, die Eltern und dann eben fünf bis sechs Erntehelfer“, macht er klar, was der Ausfall von Helfern momentan bedeutet. Aus dem 13-Stunden-Tag ist mittlerweile ein 16- bis 17-Stunden-Tag geworden: „Und wenn die nicht kommen, dann lasse ich einen Teil des Feldes weg.“ 

Den Spargel genau treffen

Mit völlig Ungelernten drei Hektar Fläche Feld zu bestellen, wie es viele mit Blick auf Studenten, Asylbewerber oder Arbeitslose aktuell diskutieren, sei mal nicht eben so zu machen. „Das ist so, als würde man mich in die Küche stellen und sagen: Du kochst jetzt. Das kann nicht jeder“, sagt Baumanns. „Man muss den Spargel ganz genau treffen, sonst würde man ihm den Kopf abstechen.“ Und nicht jedem sei die Härte der Arbeit wirklich bewusst. „Nicht jeder wird wissen, worauf er sich da einlässt“, meint der 36-Jährige.  Die Rumänen, Polen und Bulgaren hätten einen unmittelbaren Bezug zu diesem urbanen Leben und Arbeiten „wie in den 50er-Jahren. Die haben noch Kühe und Schafe bei sich zu Hause, schlachten noch, backen ihr Brot selbst.“

Momentan spiele das Wetter noch mit, blickt Baumanns in Richtung Himmel und auf die Folienbahnen, unter denen sich der Spargel befindet. „Wenn die Nächte noch kalt sind, kommt er noch zögerlich.“ Schwierig werde es dann, wenn die Temperaturen anziehen und der Spargel schnell wächst. „Ende April/Anfang Mai ist viel Musik im Boden – und dann treibt es aus.“ Man habe ja auch noch ein Treibhaus, erzählt Baumanns. Es werde spannend, wie man den Arbeitsablauf in der Reihenfolge Treibhaus – Folie – Freiland – ohne Folie/Stellage für die Spargel- und Erdbeerernte organisieren kann.

Auswirkungen auf die Abnahmefrequenz

Was in den nächsten zwei bis drei Wochen in Sachen Corona passiere, „wird für den ganzen Markt sehr große Folgen haben“, befürchtet er. Denn das wird sich auch in der Abnahmefrequenz der Restaurants und Bäckereien niederschlagen, die sonst gerne auf Spargel oder Erdbeeren zurückgreifen. Ob da die Besucher auf den Wochenmärkten in Kevelaer und Umgebung ausreichen, der Verkauf am Hofladen angesichts der Situation überhaupt in Gang kommt? Keiner kann das voraussagen. Den Handel mit Supermärkten hat er nach seinen Erfahrungen mit einem Anbieter abgeschrieben, weil „die drücken ihre Händler so, bis man kotzt.“

Aber wenn jemand Erdbeeren oder Spargel haben wolle, müsse man auch liefern können. Und die laufenden Kosten für den Betrieb bleiben ja auch bestehen. Die Erdbeerpflanzen, die bestellt Baumanns zum Beispiel schon im September des Vorjahres – und muss sie dann auch bezahlen. Die Überlegung, beim Staat einen Antrag auf Soforthilfe zu stellen, die gebe es schon.  Aber er will weiter das Beste versuchen, schaut, welche Arbeitsschritte er jetzt schon vorarbeiten kann. „Wir bleiben Saisonarbeiter. In den drei Monaten Spargel- und Erdbeerenernte muss ich mein Geld verdient haben. Sonst habe ich das ganze restliche Jahr Probleme.“

Man muss ihn stechen, wenn er kommt

Es war kein Aprilscherz, den Heinz Kempkes da erleben durfte. „Da haben wir mit dem Spargel angefangen“, erinnert er sich an den 1. April und verkaufte am Folgetag das „weiße Gold“ auf den Marktplätzen im Rheinland.

„Das ist viel zu früh“, sagt der 60-jährige, erfahrene Landwirt, der seit 32 Jahren seinen Hof am Gerberweg in Twisteden betreibt – in der fünften Generation. „Sonst geht es so am 20. April los.“ Man müsse den Spargel aber dann stechen, wenn er komme. „Und man muss früher aufhören oder ihn kaputtstechen und dann spritzen bis Mitte September.“ Im Jahr zuvor „sind wir fast vertrocknet“, erinnert er sich noch lebhaft an die vergangene Saison, als das Ganze noch viel früher vonstatten ging. „Ende Februar Spargel stechen, das ist nicht normal“, klingt mehr als deutlich durch, dass er so was wohl noch nicht erlebt hat.

Die Bedingungen auf seinem Hof sind gut, was das Erdreich betrifft. „Wir haben hier leichten, kiesigen Sandboden. Da werden auch die Steine warm“, sieht er die Bodenqualität „ähnlich gut wie in Walbeck.“

Viel Spargel, billige Preise

Kempkes rechnet damit , dass in diesem Jahr sehr viel Spargel auf den Markt kommt. „Von der Menge her ist es gut“, geht er für sich davon aus, dass er gut 12 Tonnen Spargel wird verkaufen können. Was gut für den Verbraucher ist, ist eher schlecht für die Produzenten. „Der Gewinn wird nicht so hoch sein“, verfolgt er auf seinem Handy die Entwicklung der Spargelpreise.  „Eine Sorte dick 3 Euro 90 das Kilo“, zeigt das Display an.

„Die Stundenlöhne haben sich erhöht“, verweist er auf die Lohnkosten, die sich bei ihm aufgrund der nicht so großen Anzahl an Helfern noch in Grenzen halten. „Auf dem Spargeltag in Straelen sprach man davon, dass 12 Euro pro Stunde das Maß aller Dinge sind. Und vom Preis her hat man keinen Ausgleich dafür“, sagt er und denkt da nicht nur an sich. 

Das „weiße Gold“ vom Niederrhein macht die Spargelbauern nicht unbedingt reich. Foto: nick

Denn in dem harten Verdrängungswettbewerb hätten die größeren Produzenten, die mittlerweile sogar für ihre Stände auf den Märkten zahlten und über Lagerbestände verfügten, die besseren Karten.

Die Kombination aus Lohnkosten, dem Klimawandel mit der verkürzten Saison – abgesehen von der chemischen Behandlung der Felder – und der Konkurrenz könnten dazu führen, dass „ein Haufen Betriebe“ dicht machten, sieht Kempkens die Entwicklung skeptisch. Dazu komme neuerdings noch die „ökologische Debatte“ um den Gebrauch von Folien. „Grünspargel geht ohne Folie, aber die Menschen wollen alle Bleichspargel haben“, macht Kempkens damit indirekt klar, dass der Genuss von Spargel einen Preis hat, der nicht nur in Cent und Euro zu berechnen ist.

Von 40 auf 1,8 Hektar

Früher umfasste das Abbaugebiet des Spargels auf dem Kempkes-Hof in der Spitze 40 Hektar. Davon sind heute noch 1,8 Hektar übrig, auf denen nur noch wenige Mitarbeiterinnen die mühsame Arbeit des Spargelstechens verrichten. „Meine Tochter lernt Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin“, sagt Kempkes. Ihm ist klar, dass er wohl der letzte Spargelbauer in seiner Familie sein wird.

Nochmal zehn neue Hektar anlegen, hieße einen sechsstelligen Betrag und nochmal einige Jahre an Zeit zu investieren. Und Sinn mache das natürlich nur, wenn man einen Nachfolger habe. „Ich bin nicht mehr der Jüngste.“ Soviel Energie möchte der Landwirt in den Job nicht mehr reinstecken. „Noch so die nächsten fünf Jahre“ wolle er wohl weitermachen, sagt er. Und mit Solar- und Biogasanlage hat er seine Existenz auf dem insgesamt 22 Hektar großen Besitz bereits auf eine breitere Basis gestellt.

Spargelhof Koenen: Familienbetrieb mit hohem Anspruch

Kevelaer. Michael Koenen erklärt, was er unter einem Familienbetrieb versteht: „Jeden Spargel, den wir verkaufen, hatte einer aus der Familie mindestens ein Mal in der Hand.“ Wie zum Beweis kommt er gerade vom Feld, wo das Spargelstechen Hochsaison hat. Und seine Frau Elke steht im Hofladen und verkauft die frische Ware.
Mitte der 80er Jahre haben die Koenens ihren landwirtschaftlichen Betrieb am Heideweg 11, am Rande der Wallfahrtsstadt, auf den Anbau und die Vermarktung von Spargel umgestellt. Inzwischen sind sie Mitglied der Spargelbaugenossenschaft Walbeck und Umgegend eG, in der sich mehrere Spargelbauern zwischen Hülm und Herongen zusammengeschlossen haben. Der Walbecker Spargel hat einen exzellenten Ruf weit über den Niederrhein hinaus. Dennoch fragten viele Kunden, warum denn der Spargel aus Kevelaer den Namen „Walbecker Spargel“ trage, sagt Elke Koenen. Um das zu erklären, holt Michael Koenen ein wenig aus. Genau genommen liegt das nämlich an der letzten Eiszeit. Dort, wo heute der Spargel wächst, verlief da ein riesiger Gletscher. Die Endmoräne, die er hinterlassen hat, prägt bis heute die Beschaffenheit des Bodens und des Grundwassers, auch in Kevelaer. Die sandigen Böden bieten zusammen mit dem Klima optimale Wachstumsbedingungen. Und gerade das Wachstum sei immens wichtig, erklärt Michael Koenen: „Je schneller der Spargel wächst, umso besser ist die Qualität.“
Die besondere Qualität des Walbecker Spargels – der in unserem Falle aus Kevelaer kommt – hat auch die Europäische Union überzeugt: 2013 wurde das „weiße Gold“ mit dem Siegel für „geschützte geographische Angabe (g.g.A.)“ ausgezeichnet und steht in einer Reihe mit französischem Champagner, Lübecker Marzipan oder italienischem Parmaschinken.
Wer sich von der Qualität der Erzeugnisse des Kevelaerer Spargelhofes Koenen am Heideweg 11 überzeugen möchte, kann entweder direkt in den Hofladen (von 9 bis 19 Uhr durchgehend geöffnet) fahren (ab sofort sollte der Heideweg wieder von der Wember- wie von der Windmühlenstraße aus erreichbar sein), oder den Stand am Rewemarkt besuchen (donnerstags 9 bis 13 Uhr, freitags 9 bis 18 Uhr, samstags 9 bis 15 Uhr). Hier gibt‘s den Spargel frisch vom Feld, auf Wunsch natürlich auch bereits geschält. Und bald seien auch die leckeren Erdbeeren vom eigenen Hof soweit, verspricht Elke Koenen den Stammkunden…