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Erfreuliche Nachrichten vom Arbeitsmarkt

Der Sozialausschuss beschäftigte sich mit der Arbeit der Caritas im Zuge des LEADER-Projektes „Unser Dorf ist stark durch Vielfalt“, das Saskia Elders und Gerrit Herrmans ausführlich vorstellten. Das erste Jahr war von dem Aufbau von Netzwerken und der Unterstützung der Akteure vor Ort geprägt.
Man wolle so neue Ansätze der Integration in den Ortschaften stärken, die Bildungs- und Arbeitsmarktperspektiven verbessern, Betriebe beraten, wie sie Migranten einstellen können. Dabei sei man mit dem Jobcenter im engen Austausch, gehe zur passgenauen Besetzung von Stellen auch in die Betriebe. „Wir sind aber darauf angewiesen, dass es sich rumspricht“, so Elders.
Eine wesentliche Frage des Tages war, ob die Diakonie im Kirchenkreis Kleve zur Finanzierung ihrer Drogenberatung einen erhöhten Zuschuss auf 10 Cent pro Einwohner und Jahr erhalten soll. Im vergangenen Jahr hatte der Ausschuss den Antrag wegen des bevorstehenden Doppelhaushaltes noch zurückgestellt.
Für die Diakonie stellte Petra von Bergen die Beratungsarbeit vor. Natürlich gebe es für die kostenlosen Beratungen durch die sechs Fachkräfte (bei insgesamt 3,5 Stellen zur Suchtvorbeugung) schon eine Umlage vom Kreis aus, aber die Träger müssten einen Teil der Kosten selber tragen. „Die sind aber höher, als sie für uns vertretbar sind“, so van Bergen.
Die Beratung von Konsumenten, Suchterkrankten und Angehöriger Suchterkrankter in Geldern sei deutlich gestiegen.
Insgesamt seien 2018 495 Personen zur Beratung gekommen – davon aus Kevelaer 7,64 Prozent. Außerdem arbeite man verstärkt in der Prävention und Suchtvorbeugung. Man habe dabei mehr als 4800 Kontakte im Kreis durch die Fachstelle für Suchtvorbeugung bedient. Gerd Engler, Leiter des Fachbereichs Soziale Hilfen bei der Caritas im Kreis Kleve, ergänzte die Aussagen mit der Darstellung der Caritas-Arbeit in diesem Bereich.
SPD und Grüne signalisierten, dem Antrag sofort zuzustimmen, die anderen Parteien wollten sich in den Fraktionen beraten. Dementsprechend soll der Antrag im nächsten Sozialausschus beschlossen werden und in den Haushaltsausschuss gehen. Alle Parteien ließen aber Sympathie für das Anliegen durchblicken.
Flüchtlingshilfe
Der Ausschuss diskutierte auch den „Seebrücken“-Ratsbeschluss, demzufolge sich Kevelaer mit den Flüchtlingen öffentlich solidarisch erklärt und sich gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung öffentlich positioniert hat. Die Stadt hatte sich dabei auch bereit erklärt, zusätzlich zur Verteilungsquote von Schutzbedürftigen unkompliziert und schnell Seenotgerettete aufzunehmen.
In einem Katalog für Kommunen sind weitere fünf Punkte aufgeführt, wie man Flüchtlinge in Seenot unterstützen kann – unter anderem über die aktive Unterstützung der Seenotrettung durch eine Patenschaft für ein Seenotrettungsschiff, die Unterstützung zusätzlicher Aufnahmeprogramme und die Beteiligung an einem europaweiten Bündnis „Sichere Häfen“. Der Grüne Ulrich Hünerbein-Ahlers warb für diese insgesamt fünf Punkte, um mehr für die in notleidenden Menschen zu tun. Die anderen Parteien zeigten sich skeptisch, was diese Punkte denn nun in der Praxis konkret bedeuten sollen. Entsprechend wurde das Ansinnen mehrheitlich zurückgewiesen.
Arbeitsmarkt
Erfreuliches hatte der Fachbereichsleiter „Soziales“, Ludger Holla, bei der Vorlage des Berichts zur „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ für den August zu berichten. Man habe einige Vermittlungserfolge erzielen können. Die Anzahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten sei im Vergleich zum Vormonat um 15 Prozent gesunken. „Das Jobcenter hat da gute Arbeit geleistet“, so Holla.
Der Beurteilung schloss sich die Politik an. Allerdings deutet nach Auffassung der Verwaltung die Verlangsamung der guten Entwicklung darauf hin, dass die Abschwächung der Wirtschaft langfristig durchaus wieder zu mehr Bedarfsgemeinschaften führen kann.
Hausmeister reicht zur Betreuung der Flüchtlingsunterkunft
Positiv wurde von den Sozialausschussmitgliedern auch gewertet, dass sich Land, Bund und Europäische Union mit insgesamt vier Millionen Euro an der Umgestaltung der früheren Virginia-Satir-Schule zu einer Jugendberufsagentur beteiligen. Die Förderquote liege da bei 90 Prozent, die Stadt Kevelaer muss dazu also noch 10 Prozent an Eigenleistung bereitstellen. Inhaltlich sei man mit der Bundesagentur für Arbeit und dem Kreis Kleve an der Ausgestaltung des Projekts dran, bestätige Ludger Holla.
Der Ausschuss sprach sich nach kurzer Diskussion auch dafür aus, den Vertrag mit der Sozialbetreuung und den Sicherheitsdienst an der bisherigen Flüchtlingsunterkunft am Sporthotel über Ende September hinaus nicht weiter zu verlängern. Die Menschen dort sollen von einem Hausmeister betreut werden.
Nur noch 60 Flüchtlinge im Sporthotel
Zurzeit seien dort nur noch um die 60 Flüchtlinge untergebracht, machte Holla klar. Mit dem Ankauf der Immobilien an der Karl-Leisner-Straße und dem Heiligenweg habe man eh den Schritt in Richtung dezentrales Wohnen der Menschen beschritten.
Und in Kevelaer selbst gebe es Einrichtungen mit ähnlichen Belegungszahlen, die von einem Hausmeister betreut würden. Die Entscheidung bedeutet, dass die Kosten von jährlich 168.000 Euro entfallen. Demgegenüber stehen die neuen Personalkosten in Höhe von gut 46.000 Euro.
Einstimmig sprach sich der Ausschuss am Ende auch dafür aus, dass die Verwaltung ein Maßnahmen- und Handlungskonzept zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in Kevelaer und in den Ortschaften erstellen soll.

Gute Politik braucht Informationen

Die KB-Serie der Interviews mit den Vorsitzenden der Ratsausschüsse geht weiter. Diesmal hat das KB Heinz Ermers (SPD), den Vorsitzenden des Sozialausschusses eingeladen.

KB: Herr Ermers, diese Ratsperiode ist die erste, in der es in Kevelaer einen Sozialausschuss gibt.
Heinz Ermers: Ja, wir hatten im Wahlkampf gefordert, diesen Ausschuss zu bilden. Erstaunlicherweise gab es dann bei den anderen Parteien keinen Widerstand und auch die CDU hat früh positive Signale gesetzt.

In dieser Ratsperiode gelingt es den Ausschüssen erstaunlich oft, Beschlüsse mit großen Mehrheiten zu fassen. Ist die Harmonie auch in einem konservativ dominierten Sozialausschuss so groß?
Die Findung war sicherlich spannend, aber man merkt, dass die Parteien ihre Sozialpolitiker in den Ausschuss geschickt haben. Es ist eine gute Besetzung aus allen Parteien und ein gutes Miteinander.

Und die Zusammenarbeit mit der Verwaltung, insbesondere mit dem Sozialdezernenten Marc Buchholz, der ja ein CDU-Parteibuch hat?
Besser, als ich gedacht hatte. Sein Amt ist sehr gut aufgestellt und die Zusammenarbeit mit ihm und seinen Mitarbeitern ist super. Das freut mich sehr.

Gibt es denn in einer recht gut situierten Stadt wie Kevelaer überhaupt viel für einen Sozialausschuss zu tun?
Auch in Kevelaer ist nicht alles Gold, was glänzt. Es gibt auch bei uns Ecken, wo man hinschauen sollte, wenn auch anders als in Ballungszentren. Letztes Jahr waren wir sehr aktiv mit dem Programm „NRW hält zusammen“. Da haben wir gesehen, dass ein großer Teil der Familien ein recht gutes Einkommen hat, aber ein geringer Teil wenig und nicht gut. Da muss man hinschauen. In diesem Jahr hat das Jugendamt das Thema „Kinderarmut hat viele Gesichter“. Es gibt auch Armut, die nicht nur monetär ist. Auf den Ergebnissen würde ich gerne 2019 aufbauen: Wie kann man Armut in Kevelaer minimieren? Dann müssen wir die Rahmenbedingungen schaffen für Verbesserungen.

Was ist aus der SPD-Forderung nach einem Sozialbericht geworden?
Dafür haben wir leider bisher keine Mehrheit hinbekommen.

Wenn man in die Tagesordnungen schaut, scheint sich der Sozialausschuss eh mehr mit Berichten als mit Entscheidungen zu befassen.
Das wird uns immer mal vorgeworfen. Ich bin sehr hinterher, Dinge mitzuteilen, damit die Politik sie weiß. Die Politik ist der Aufsichtsrat der Verwaltung.

Schauen wir auf ein paar bekannte Probleme. Was tut sich beim bezahlbaren Wohnraum?
Ich hab den damaligen Bürgermeister schon 2009 und 2011 darauf hingewiesen, dass wir das Problem haben, dass es kaum noch bezahlbaren Wohnraum gibt. Das hing mit der Hochschule Rhein-Waal zusammen, denn wir liegen an der Bahnstrecke von Kleve nach Kamp-Lintfort, und mit Ryanair-Mitarbeitern, die hier kleine Wohnungen suchten. Das Problem ist aber ein kreisweites und hätte von der Bürgermeisterrunde besprochen werden müssen. Aber das wurde nicht angegangen. Durch die Asylbewerber wurde die Problematik in den letzten Jahren verschärft. Wenn es freie Wohnungen in Kevelaer gibt, dann teuer und nicht immer in gutem Zustand.

Aber jetzt hat die Stadt das Thema doch auf der Agenda.
Vor zwei Jahren haben wir angefangen, das Problem in Kevelaer selbst anzugehen. Vorbild war die Stadt Nettetal, die in den letzten Jahren ein Objekt nach dem anderen baut und dort für Entspannung im Wohnungsmarkt sorgt. Ich fände es spannend, wenn bezahlbarer Wohnraum in städtischer Hand bliebe, weil wir dann Steuermöglichkeiten haben und die Wohnungen an die eigene Bevölkerung vergeben könnten. Leider stockt das zurzeit.

Woran liegt das?
Wir haben zuerst geschaut: Wo haben wir städtische Flächen, wo können wir bauen? Wir haben dann am Beethovenring/Schu­bertstraße die GWS gefragt, an der die Stadt Kevelaer beteiligt ist. Dass die Bürger dort nicht erfreut sind, kann ich nachvollziehen, aber irgendwo muss man anfangen. Ich hoffe, dass dort eine Einigung noch erreicht werden kann. Hier muss die Politik Gesamtkevelaer betrachten und wir brauchen eine Entspannung des Wohnungsmarktes in unserer Stadt.

Ihre Partei hat dazu auch gerade einen Antrag für den Rat gestellt.
Wir möchten, dass in künftigen Wohnbaugebieten 15 bis 20 Prozent für bezahlbaren Wohnraum vorgehalten wird.

Sie sprachen gerade schon kurz die Asylbewerber an. Wie kommt die Integration hier voran?
Die Lage hat sich etwas entspannt, da haben Bevölkerung und Verwaltung Großes geleistet. Aber viele Bewerber haben inzwischen einen Aufenthaltsstatus und müssen untergebracht werden. Wir dürfen aber nicht die eigene Bevölkerung aus den Augen verlieren. Darum bin ich dankbar für den Antrag der Grünen hinsichtlich der Obdachlosen.

Wie viele Obdachlose gibt es denn in Kevelaer und wie wird ihnen derzeit geholfen?
Das weiß ich gar nicht so genau, deshalb ist der Antrag auch so wichtig. Gefühlt ist das Problem größer als vor 20 bis 30 Jahren. Wir haben viele Organisation und Vereine, die Hilfen bieten. Ich denke, wir müssen alle mal an einen Tisch bringen und besser vernetzen. Bestimmt arbeiten einige in manchen Dingen parallel.

Nicht alle Angebote unterstützt die Politik, Stichwort Drogenberatung.
Da ging es um einen Antrag der Diakonie aus einer Nachbarkommune, bei dem die Politik nicht auf einer Linie war. Wir haben hier vor Ort die Caritas, aber aus Gründen der Scham suchen viele Menschen lieber Hilfe in einer Nachbargemeinde. Die harten Drogen sind auch nicht mehr so das Problem, sondern eher die weichen und Suchtmittel wie Alkohol. Ich meine, dass Prävention meist billiger ist, als hinterher die Sache auszubaden.

Wie ist die Arbeitsmarktsituation in Kevelaer – gibt es genügend Arbeitsplätze?
Meines Erachtens nicht, sonst hätten wir nicht so viele Pendler. Ich bin froh, dass wir das Gewerbegebiet Aent Vorst durchsetzen konnten. Wir mussten zu viele Gewerbetreibende ablehnen, weil wir keine Flächen anbieten konnten.

Ein Problem der Beschränkungen durch die Bezirksregierung?
Den Schwarzen Peter der Bezirksregierung zuschieben? Ich weiß nicht, ich glaube eher, wir sind in den letzten Legislaturen erlahmt. Der Rat hat vor ca. 15 Jahren beschlossen, in bestimmten Gewerbegebieten nur große Flächen zu vergeben. Nachdem die anderen Gewerbegebiete, die auch kleine Flächen hergaben, voll waren, gab es nur noch große Flächen in der Stadt. Mögliche Gewerbeansiedlungen, die kleine Flächen haben wollten, haben hier nichts bekommen und sind abgewandert. Wir haben immer auf Aent Vorst gehofft, und das ist lange nicht zustande gekommen. Im Gewerbegebiet Süd gibt es nicht mehr viele Flächen, sodass wir gar nicht versuchen können, einen großen Wurf zu landen.

Trotzdem ist gerade im sozialen Bereich vieles durch Landes- und Bezirksregierung festgelegt.
Es stimmt, viel ist von oben bestimmt. Das meiste Geld im Haushalt ist der Pflichtteil. Um so wichtiger ist es, das wenige Geld, das übrig bleibt, sinnvoll und gezielt zu verteilen. Dabei wäre ein Sozialbericht hilfreich. Ich hoffe, dass wir das noch hinkriegen. Wenn Fakten auf dem Tisch liegen, ist es immer leichter darüber zu reden, als wenn man sagen muss: Ich habe da gehört …

Hat sich der Ausschuss denn bislang bewährt? Wie geht es weiter?
Ich fände es schön, wenn es gelingt, den Sozialausschuss zu etablieren, dass er auch nach 2020 fortbesteht. Es ist gut, dass Politiker über bestimmte Dinge sprechen und diesen Inhalt in ihre Parteien tragen. Der Ausschuss kostet natürlich Geld, aber gute Politik kostet eben Geld. Ich fände es allerdings auch gut, wenn der Sozialausschussvorsitzende keine Aufwandsentschädigung kriegen würde. Ich glaube zwar schon, dass ich einen hohen Aufwand habe. Aber ich mache ja nicht Politik wegen des Geldes, sondern für die Stadt. Und: Wo es kein Geld gibt, tummelt sich Wissen.

Heinz Ermers
Der SPD-Politiker Heinz Ermers ist gebürtiger Kevelaerer. Der gelernte Schlossermeister arbeitet heute als Instandhaltungstrainer – „ wahrscheinlich einer von zweien in Deutschland“, scherzt er über die Berufsbezeichnung. Faktisch ist er für die Sicherheitsunterweisung der Unternehmensmitarbeiter und der Mitarbeiter von Partnerfirmen zuständig. Der 48-Jährige hat eine Lebensgefährtin und drei Hobbys: die Fotografie, das Briefmarkensammeln (besonders im Winter) und das Lesen („viel zu oft Verwaltungsvorlagen“).