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Auf dem Weg zum Bauern-Diplom

Einmal wöchentlich geht Herbert Dohmes zur Schule. Nicht um als Schüler die Schulbank zu drücken, sondern vielmehr um den Schülern der St.-Antonius-Grundschule etwas zu vermitteln. Und zwar das Schachspiel.

„Ja, schon Grundschulkinder kann man für dieses Spiel begeistern“, sagt das Mitglied des Schachclubs Kevelaer. Mit Beginn des neuen Schuljahres 2018 hat es sich der Rentner zur Aufgabe gemacht, am Offenen Ganztag der St.-Antonius-Grundschule Schachunterricht zu erteilen. „Dem Kevelaerer Schachclub wurde eine Anfrage gestellt, ob wir uns vorstellen könnten, an der OGS eine Schach-AG zu begleiten“, erklärt Dohmes. Dazu war der Kevelaerer Schachclub gerne bereit. Denn, wie in allen Bereichen, ist es auch im Schach wichtig, den Nachwuchs heranzuführen. Das scheint an der OGS der St.-Antonius-Grundschule und mit Herbert Dohmes, der eine faszinierende Ruhe auf die Kinder ausstrahlt, spielerisch zu gelingen.

Während der wöchentlichen Schachstunde, an der bis zu zwölf Kinder teilnehmen, ist der „Schachmeister“ Herbert Dohmes ein gefragter Spielbegleiter und auch Lehrmeister. „Du, Herr Dohmes, kannst du mal bei mir schauen?“, ruft Victor. Na, klar schaut der Schachspieler auf das Brett. „Herr Schachmeister, wäre das ein kluger Zug?“, ertönt es zu gleichen Zeit vom Nebentisch, verbunden mit der Hoffnung auf eine positive Antwort. Obendrein wird an beiden Ärmeln des Schachmeisters gezupft und gezogen. Herbert Dohmes aber bleibt die Ruhe selbst, beantwortet ohne eine Spur von Hektik jede ihm gestellte Frage. Ein überdimensionales Schau-Schachbrett mit Magnetfiguren dient zur Demonstration für alle. „Weiße Dame im weißen Feld, schwarze Dame im schwarzen Feld“, erklären Victor und Sarhan, belegen flink das Schaubrett, bevor sie sich ans eigene Spielbrett setzen. Schau-, Spielbretter und Spielfiguren werden vom Schachclub Kevelaer gestellt. So ist gewährleistet, dass auch alle Spieler zum Zug kommen.

Schnell haben sich Spielpaare – Julia gegen Lynn, Maja gegen Anna, Iwona gegen Victor, Sarhan gegen Justin und Phil gegen Tim – gefunden. Erste Züge mit den Schachfiguren werden schnell gemacht. Erste Diskussionen lassen ebenfalls nicht lange auf sich warten. Louis steht die Freude ins Gesicht geschrieben. „Ich darf gegen den Schachmeister spielen – cool!“, ruft er, setzt sich diesem gegenüber und wagt seinen ersten Zug. Mit jedem Spiel lernen die Kinder dazu. „Für die Kinder ist es immer wieder eine neue Herausforderung“, erklärt Dohmes, der für jede gespielte Partie Punkte verteilt. Eine gute Motivation für die jungen Schachspieler. Denn zu erlangen gilt es – bei ausreichender Punktzahl – das Bauern-Diplom. Hinzu gesellt sich aber noch ein nicht zu unterschätzender Nebeneffekt: Die Kinder lernen sich zu konzentrieren, aufmerksamer und ruhiger zu werden. „Auch verlieren ist nicht so schlimm“, fügt Julia hinzu. Sie hat ihre ersten Schachzüge schon vom Opa gelernt.

Lynn profitiert vom Schachspiel. „Ich kann mich seitdem viel besser konzentrieren“, betont die Grundschulschülerin. Anna hingegen hat noch keine Erfahrungen mit Schach, bekommt es spielerisch von ihrer Schachpartnerin Maja beigebracht. „Und es fängt an, Spaß zu machen“, sagt sie lachend, obwohl sie wieder einmal eine Partie verloren hat. „Irgendwann gewinne ich.“

Schon bald ist die Schachstunde vorüber und die Kinder werden abgeholt. Auch Damian Rysha, Iwonas Vater, holt seine Tochter ab, schaut ihr noch einige Minuten beim Spiel zu und ist ganz beeindruckt. „Es ist allemal besser als nur am Tablet zu sitzen“, erklärt er.
Zwar gibt es zum Schluss keine Urkunde. Aber Herbert Dohmes hat dennoch eine kleine Belohnung für die angehenden Schachprofis. „Jeder darf sich einen Keks aus der Keksdose holen und wer mit aufräumt, darf sich auch zwei herausnehmen“, ruft er den Kindern zu. Das lassen sich die Kids nicht zweimal sagen. Flugs sind alle Spielfiguren in den passenden Säckchen, die Spielbretter zusammengelegt und damit fast alle Kekse vergriffen. „Bis nächste Woche“, verabschieden sich die Kinder mit freudiger Stimme und berichten ihren Eltern auf dem Nachhauseweg von spannenden Schachpartien.