Als das Kevelaerer Freibad am heutigen Montag, 15. Juni 2020, um Punkt zehn Uhr seine Pforten öffnete, konnte man am Eingang schon eine kleine Schlange zumeist älterer Personen wahrnehmen. „Wir kommen immer um zehn Uhr, bestimmt seit 20 Jahren oder schon länger”, freute sich die 69-jährige Ans Ermer, die für die Schwimmabteilung des Kevelaerer SV früher Hunderten von Kindern das Schwimmen beigebracht hatte. Sonst ziehe sie schon ab Mai ihre Bahnen, jetzt habe man wegen Corona bis Mitte Juni warten müssen. „Da ist man schon selig – besser offen wie gar nix”, meinte sie. Ein anderer Badegast hatte den Zettel mit seinen Daten in der Hand, den er im Vorfeld von der Seite der Stadt Kevelaer heruntergeladen, ausgedruckt und ausgefüllt hatte. „Man kennt ja den Rummel mit dem Abstand, das ist ja schon in Fleisch und Blut übergegangen. Und das ist keine Arbeit, Adresse und Telefonnummer einzutragen”, sah er die Einschränkungen und Vorbedingungen für den Besuch des Freibades relativ gelassen.
Ähnlich betrachtete Dieter Arnold die Situation, als er sich für seine Bahnen fertig machte.„Ich schwimm hier ´ne halbe Stunde und bin wieder weg”, sagte der 66-Jährige und verriet, wie er die schwimmbadfreie Zeit überstanden hatte: „Ich war in Geldern mit dem Ganzkörperanzug im Baggerloch. Aber ich schwimme hier lieber drei- bis viermal die Woche.”
Bademeister Christoph Thyröck wachte über den Ablauf des Ganzen und die Wahrung der Auflagen und der Sicherheit. „Jetzt geht es relativ normal weiter”, meinte er. „Wir haben natürlich Schilder aufgestellt, an der Kasse die Abstandsmarkierungen gesetzt und die Datenerfassung für den Ein- und Ausgang, um die Nachverfolgung zu gewährleisten”, erzählte er, als plötzlich Nicole Gooßens dazwischenkam. „Das ist das sauberste Schwimmbecken hier und ich bin glücklich, dass wir so ein tolles Freibad hier haben”, machte sie deutlich, dass das mal gesagt werden musste.
Offene Bahnen
Der morgendliche Andrang war noch überschaubar.
Erleichtert zeigte sich Thyröck darüber, „dass man unter freiem Himmel die Bahnen nicht mehr einziehen muss”, um da Abstände zu wahren. „Die Rutschen bleiben aber geschlossen, weil der Abstand da nicht geregelt werden kann. Aber im Wasser gibt es da keine Regeln.” Und dass sich da jemand anstecken kann, davon geht er nicht aus. „Wir haben ja noch das Chlor im Wasser. Das tötet fast alles ab.”
Maximal 400 Personen seien auf der Fläche erlaubt. „Dann machen wir die Tür zu und zählen. Wenn jemand raus geht, kann auch jemand wieder rein”, erklärte er und macht sich aktuell um Andrang am Tor und möglichen Ärger erst mal keine Gedanken. „Wenn es 30 Grad und mehr sind und mehr Leute kommen, dann kann das schon anders sein.” Aber man habe sich aufgrund des Aufwands bewusst gegen eine Vorbuchung via Internet entschieden. „Wir werden aber auf facebook immer bekanntgeben, wieviele im Bad jeweils aktuell sind.”
Das Café bleibt geschlossen
Diejenigen, die die 50-Meter-Bahn bevölkerten, genossen jedenfalls die lange entbehrte Möglichkeit des Schwimmens. „Es gibt nix Schöneres, da haben wir lange drauf gewartet”, fand Brigitte Kreutz den Aufenthalt im Wasser „einfach nur herrlich.” Einen Wermutstropfen hatte sie dann aber doch. „Das Café fehlt.” Bademeister Thyröck bestätigte. „Das Café, das wird dieses Jahr geschlossen bleiben.” Helmut Langenberg fand „das erste Mal gewöhnungsbedürftig, aber es ist warm genug” – kein Wunder bei 25 Grad Wassertemperatur.
Auch einige junge Badegäste bevölkerten am ersten Tag das Kevelaerer Freibad – so wie der 14-jährige Noah mit seinen Freunden. „Ich mag Hallenbad ja nicht so, und hier sind wir sonst jeden Tag im Sommer”, empfanden selbst die Jungen den ersten Sprung vom Drei- und Ein-Meter Brett und das Eintauchen in das Wasser als „etwas Besonderes” in diesem Jahr. Der Plan für den Rest des Tages war für die Kids aber schon ausgemacht. „Wir gehen nur mal zwischendurch was essen und kommen dann wieder her.”
Und tatsächlich bemerkten die Badegäste, die den Bewegungsablauf länger schon nicht mehr gemacht haben, die „Auswirkungen” ihrer körperlichen Betätigung. „Ich merk’ dat jetzt schon inne Arme, morgen is’ Muskelkater”, bemerkte Susanne Jansen beim Aussteigen aus dem Becken. Johanna Verfeld erinnerte sich beim Abtrocknen an die Zeit, als sie mit dem Baden quasi aufwuchs und mit ihren sieben Geschwistern als Älteste ins Freibad ging. „Das hat für mich auch mit Kindheitserinnerung zu tun”, empfand sie die Eröffnung des Bades als Segen. „Das Leben ist schon nicht so leicht, aber einem dann noch das Schwimmen wegnehmen”, das müsse nicht sein.
So wie sie sahen es wohl alle, die an diesem Tag ihre Bahnen zogen, die Idylle des Bades und das warme Nass genossen. Die Gedanken an Corona und die Vorsicht, die schwamm aber durchaus mit. „Es ist ein Stück Risiko und Befreiung”, brachte es Margret Meurs auf den Punkt. „Aber wir können ja nicht drei Jahre lang zu Hause sein, sollten aber vorsichtig bleiben.”