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Bei der Sicherheit gibt es noch einiges zu tun

Bei der Sicherheit für Fahrradfahrer in Kevelaer gibt es noch einiges zu tun, das war die Quintessenz einer Ortsrundfahrt des Kevelaerer Blattes mit dem Vorsitzenden des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) im Kreis Kleve, Eckehard Lüdke, vor wenigen Wochen. Gemeinsam mit Kevelaers Klimaschutzmanagerin Dr. Nina Jordan hatte das KB daraufhin zur einer öffentlichen Debatte über das Fahrradfahren und Mobilität in Kevelaer ins Petrus-Canisius-Haus geladen.
Die Teilnehmer wussten noch so manche riskante Stelle in der Stadt und den ein oder anderen Wunsch für die Zukunft zu ergänzen.
Auf dem Podium saßen neben Jordan als Vertreterin der Stadtverwaltung und Lüdke als Fahrradverkehrsexperte noch Ratsmitglied Martin Brandts (CDU) als Vertreter der Politik und KB-Chefredakteur Björn Lohmann als Moderator.
Eingangs richtete die Runde den Blick noch einmal im Detail auf Problemorte, die Lüdke bereits im KB angesprochen hatte: die Strecke vom Roermonder Platz bis Winnekendonk und die Lindenstraße.
Konsens der Anwesenden war, dass eigentlich ein Radweg rechts der Rheinstraße bis Winnekendonk fortgeführt werden müsste. Weil das aber auf Kosten der eh knappen Parkmöglichkeiten dort ginge, räumte selbst Lüdke ein, dass die realistische Lösung wohl darin bestehe, die vorhandene Route sicherer zu gestalten. Eine größere Breite des bestehenden Fuß- und Radweges – der ja beiden Fahrtrichtungen ebenso wie Fußgängern Platz bieten muss – und eine konsequente rote Einfärbung der Fahrbahn überall dort, wo der Radweg sie quert, waren die Anregungen an die Stadtverwaltung, die das Podium gemeinsam mit den Zuhörern herausarbeitete.
Insbesondere dort, wo die B9 gekreuzt wird und die Radfahrer auf die linke Seite hinüberwechseln müssen, könnte der rote Streifen nicht nur Autofahrer aufmerksam machen, sondern auch als Leitsystem für Radfahrer fungieren – denn vielen sei nicht klar, wie sie dort richtig weiterfahren, merkte eine Dame aus dem Publikum an und erntete Nicken. Ebenfalls aus dem Publikum kam der Hinweis darauf, dass die Querung in der Kurve bei Schravelen, die der dortige Radwanderweg vorsehe, aufgrund der örtlichen Gegebenheiten – darunter Tempo 70 – extrem gefährlich sei. Hier hatte es allerdings bereits einen Vorstoß der Politik für eine Temporeduzierung gegeben, die von der Verwaltung mit Verweis auf die rechtliche Unzulässigkeit abgewiesen worden war.
Lüdke beschrieb im Anschluss, wie die Breite des Fuß- und Radwegs im Bereich der Lindenstraße teils deutlich unter der gesetzlich vorgeschriebenen Breite liege, weshalb Radfahrer eigentlich die Fahrbahn nutzen müssten, es aufgrund der aktuellen Beschilderung aber nicht dürfen. Vergleichbar sei auch die Situation entlang der Weezer Straße, kam der Hinweis aus dem Publikum, was der ADCF-Experte bestätigte. Damit Radfahrer dort auf der Fahrbahn sicher unterwegs seien, müsste allerdings Tempo 30 eingeführt werden. Das hat die Stadtverwaltung unlängst auf Anregung aus der Politik auch geprüft, allerdings als in Form einer 30-Zone als rechtlich unmöglich verworfen.
Ortsschild einfach versetzen
Zu den weiteren Problemstellen, die die Teilnehmer Jordan in den Notizblock diktierten, gehörten die Kreisverkehre Richtung Wetten, von denen einer knapp außerorts liegt und dadurch den Radverkehr benachteiligt. Warum man nicht das Ortseingangsschild um 100 Meter versetzen könne?
Die Frage kam auch auf, wie Radfahrer eigentlich die Einfahrt zum dm-Markt an der Lindenstraße erreichen sollen und der Hinweis, dass es praktisch unmöglich sei, die Annastraße entgegen der Einbahnrichtung zu nutzen – was für Radfahrer erlaubt ist –, weil die Straße viel zu eng sei. Übrigens ein Aspekt, der auch auf den Bürgersteig zutrifft, wenn er mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen genutzt wird. Hier dürfte allerdings im Zuge der Neugestaltung des Peter-Plümpe-Platzes eine Verbesserung zu erwarten sein, machte Brandts Hoffnung.
Ein anderes Problem sah der Ortsvorsteher von Kervenheim in seinem Heimatdorf: Dort endet der Radweg entlang der Schloss-Wissener-Straße an einer äußerst ungünstigen Stelle und auch Richtung Uedem gebe es keine sichere Möglichkeit, mit dem Rad Kervenheim zu verlassen.
Probleme im ruhenden Verkehr
Lüdke wies einmal mehr darauf hin, dass es auch beim ruhenden Radverkehr Probleme gebe, nämlich durchweg zu wenig sichere Abstellmöglichkeiten, die dem Wert heutiger Räder entsprechen. Bezüglich der Aufstellorte waren sich die Zuhörer einig, dass man sich daran orientieren müsse, wo heute schon „wild“ geparkt werde, denn Radfahrer seien ebenso wie Autofahrer bequem und wollten nah an ihr Ziel. „Der Fahrradständer muss zum Rad kommen, sonst kommt das Rad nicht zum Fahrradständer“, lautete das Fazit. Lüdke wies in Richtung Jordan darauf hin, dass es derzeit staatliche Fördermittel gebe, die einen Großteil der Kosten für Fahrradständer abdecken könnten.

Die Preisträger des Radwettbewerbs mit Dr. Nina Jordan (links).


Offen blieb, weshalb so viele teils offensichtlich rechtswidrige Gefahrenstellen nicht schneller durch die Stadt entschärft werden und Kevelaer zielstrebig auf „fahrradfreundlich“ getrimmt wird. Jordan wies darauf hin, dass die Kollegen der Stadtplanung mit den Umgestaltungsmaßnahmen der Innenstadt stark ausgelastet seien, versprach aber, alle Anliegen mitzunehmen. „Dafür muss Zeit sein“, befand die Klimaschutzmanagerin.
Im zweiten Teil der Debatte wechselte der Fokus von Notwendigkeiten zu Wünschen und zukunftsgerichteten Ideen für die Mobilität in Kevelaer. So herrschte angesichts der Fahrradaffinität der Anwesenden die Meinung vor, Parkplätze auf dem Peter-Plümpe-Platz seien eine Verschwendung der hochwertigen Fläche, die besser genutzt werden könne, um die Innenstadt attraktiver zu gestalten. Lüdke empfahl zu prüfen, ob nicht ein Parkhaus auf dem Parkplatz hinter dem Kaufcenter ermöglichen würde, die Parkflächen auf dem Peter-Plümpe-Platz komplett zu ersetzen.
Was Politik und Verwaltung von Radschnellwegen hielten, wollte Moderator Lohmann wissen. Gerade für die Verbindung Kevelaer-Winnekendonk, aber auch zur Anbindung der weiteren Ortschaften, ggf. bis nach Weeze oder Geldern, sei das optimal, um mehr Menschen zum Radfahren zu animieren.
Brandts verwies darauf, dass derartige Projekte – neben der zu klärenden Finanzierung – auch eine Menge rechtlicher Fragen, beispielsweise bezüglich des Flächeneigentums, mit sich brächten, konnte der Idee grundsätzlich aber durchaus etwas abgewinnen. Lüdke erklärte, dass der ADFC überzeugt sei, dass Kevelaer in der Region die besten Voraussetzungen biete, die regionale „Fahrradhauptstadt“ zu werden, wenn das gewollt sei. Das Publikum begrüßte die Idee von Fahrradschnellwegen lautstark.
Bei der Frage, ob Kevelaers Innenstadt autofrei werden solle (zumindest bis auf ÖPNV, Lieferanten und Anwohner), gab es geteilte Meinungen. Brandts positionierte sich gegen Verbote und selbst Lüdke zeigte sich pragmatisch, weil Kompromisse schneller und einfacher zu Verbesserungen für Radfahrer führen könnten.
Tatsächlich hatten alle Städte, die für Straßenzüge, Stadtteile oder die Innenstadt autofreie Zonen eingeführt haben, am Anfang mit verständlichen Sorgen der Betroffenen zu kämpfen. Die Auswertung dieser Versuche zeigt jedoch ausnahmslos, dass eine große Mehrheit anschließend die Autofreiheit beibehalten möchte, weil die Lebensqualität und auch der Umsatz der Einzelhändler und Gastronomen in diesen Gebieten gestiegen sind.
Visionen für Kevelaer
Mit einer Vision für Kevelaer im Jahr 2025 beendete Lohmann den Abend: Kevelaer überlegt derzeit Lösungen, wie der Solegarten und die Innenstadt attraktiv verbunden werden können, damit das Angebot auf der Hüls auch angenommen wird. Der KB-Chefredakteur regte ein autonom fahrendes elektrisches Shuttle zwischen Peter-Plümpe-Platz und Hüls an, etwas, das als Pilotprojekt an einigen Standorten auch in Deutschland bereits erfolgreich erprobt wird. „Und warum die Achse nicht bis zum Irrland verlängern und so die eine Million Besucher dort auch zur Hüls und in die Innenstadt locken?“, fragte er.
Nach Fertigstellung der OW1 könnte an der Kreuzung bei Scholten ein Park-and-Ride-Parkplatz als zusätzlicher Halt entstehen, der die Parkplätze am Irrland entlastet und Besucherfahrzeuge aus der Innenstadt heraushält. Und am anderen Ende der Linie könnte die Strecke bis zum Europaplatz verlängert werden und dort Bahnreisende und Buspilger abholen.