Wodo Puppenspiel wieder im Museum
Das „Wodo Puppenspiel“ aus Mülheim präsentiert wieder zwei Stücke im Niederrheinischen Museum Kevelaer.
Das „Wodo Puppenspiel“ aus Mülheim präsentiert wieder zwei Stücke im Niederrheinischen Museum Kevelaer.
Kann man sich in eine „Ratte“ verlieben? Aber allemal. Die charmante Rattendiva „Ursula von Rättin“ wird beim „Puppenspiel 18+“ am Freitag, 15. November, 20 Uhr, im Forum der Öffentlichen Begegnungsstätte die Herzen ihres Publikums im Sturm erobern. Bei diesem „rattenscharfen“ Rendezvous mit der Liebe verwandelt Puppenspielerin Cornelia Fritzsche ein Stück Stoff und Schaumgummi in ein Lebewesen mit Gefühlen und Problemchen. Das Figurentheater Cornelia Fritzsche aus Dresden kommt, als zweites Stück der Reihe „Puppenspiel 18+“, in die Wallfahrtsstadt.
Das Publikum erfährt, wie die längst abgeschriebene männliche Ratte, die im Fundus des Puppentheaters gelandet ist und vor allem Angst hat von den Motten zerfressen zu werden, jedoch schließlich von der jungen Puppenspielerin Cornelia Fritzsche wiederentdeckt wird. Es ist Liebe auf den ersten Blick. Dass die gesellige Ratte dafür eine kleine Geschlechtsumwandlung über sich ergehen lassen musste, gehört halt zum Geschäft. Sie hat sich mit ihrem Schicksal abgefunden, doch ganz überwunden scheint dieses Trauma bei der Rattendame mit der großen Klappe noch nicht zu sein: Es tauchen Fragen wie zum Beispiel „Weiß Du, wie das ist, wenn man plötzlich einen Büstenhalter tragen muss?“ auf.
Dabei verhält sich die Theaterratte bei ihren Betrachtungen allzu menschlich – ihre Gefühle schwanken zwischen Schlagfertigkeit, Verletzlichkeit und Melancholie. Hat man tatsächlich nur eine Puppe vor sich? Die Grenzen zwischen Spiel, Puppe und Spielerin sind fließend – die Illusion ist perfekt.
Im Mittelpunkt des Abends steht das leidige Thema „Liebe“. Mit einem Gläschen Rotwein in der Hand erzählt die flotte „Ursula von Rättin“ mit spritzigen Dialogen aus ihrem Liebesleben, das zwar reich an Leben zu sein scheint, aber recht arm an Liebe. Mit ihrem messerscharfen Blick seziert die Rättin manche menschliche Unzulänglichkeit.
Eintrittskarten für die Aufführung sind zu einem Preis von 12 Euro im Vorverkauf beim Service-Center im Erdgeschoss des Rathauses, Telefon 0 28 32 / 122-991 erhältlich. Für Kurzentschlossene besteht an der Abendkasse die Möglichkeit, Eintrittskarten zu einem Preis von jeweils 15 Euro zu erwerben.
Der Stoff ist bekannt. Was macht man mit einer Erzählung wie dem „Glöckner von Notre Dame“ von Victor Hugo, den man bereits in so vielen verschiedenen Formen – ob als Theaterstück oder im Film – gesehen hat?
Vor sechs Jahren stellte sich das Puppenspiel-Theater „Con Cuore“ aus Schlitz genau diese Frage – und kam auf die Idee, eine völlig eigenständige Version des Stoffes zu machen, der die Vielschichtigkeit und Doppelbödigkeit von Leidenschaft, Moral, Religion und Sünde in besonderer Form aufarbeitet.
Dazu wählten Virginia und Stefan P. Maatz eigene Texte, Zitate aus literarischen Stoffen wie Umberto Ecos „Friedhof in Prag“, französische Chansons, die die entsprechende Stimmung erzeugten und die Musik aus „Taxi Driver“ – ebenfalls ein Film mit einem „verunstalteten“ Außenseiter, womit die Künstler eine weitere Ebene in die Inszenierung hineinwebten.
Rund um den „Kiosk“ der Frau (als Puppenspiel-Bühne) erfand das Paar die Geschichte um den Priester zu Notre Dame, Claude Emanuel Schmitz, und der Mademoiselle Minou Reinhard.
„Ihre Familie stammt von den Fahrenden und verkauft seit Jahrhunderten vor Notre Dame Souvenirs“, sagt der Priester, kauft täglich dort seine Zeitung und versucht, der Versuchung der Mademoiselle zu widerstehen.
Auf dem Stuhl, der auch wie ein elektrischer Stuhl erscheinen könnte, nebst einer Lampe, die wie ein Galgen erscheint, begehrt er wie in der Kanzel gegen seine Leidenschaft mit Umberto Ecos Zeilen „Die weibliche Anmut besteht nur aus Schleim und Blut“ auf.
Eines Tages liest er von der Sonnenfinsternis, „die uns aus dem Jetzt schleudern kann“, und sich zuletzt „genau vor 500 Jahren, also 1512“ ereignet hat. Und so träumen sich die beiden Protagonisten zurück in die damalige Zeit.
Sie landen in der (Puppenspiel)-Zeit von Esmeralda, die mit ihren tänzerischen Reizen selbst als Puppe so lebendig wirkt, als könne sie jeden Mann verführen. Ihr verfallen sind der verunstaltete Glöckner Quasimodo, der Dompropst Claude Frollo und der eitle Hauptmann Phoebus als Nebenbuhler, der von einem Auftragskiller Frollos getötet wird. Dann soll Esmeralda zu Tode kommen, was Quasimodo zu verhindern weiß.
Das Stück endet mit abgeschlagenen Köpfen – und nach dem „Erwachen“ finden die beiden Liebenden – der Priester und die Zigeunerin – zusammen, frei nach dem prägenden Satz: „Es gibt nur einen schmalen Grat der Liebe, der sich durch die Zeit schlängelt und den wir oft nur im Traum ertasten.“
70 Minuten lang zog das Paar mit seinem ruhigen Spiel, dem fesselnden Plot und sehr natürlich-menschlich wirkenden Figuren die Zuschauer in ihren Bann. Dabei gelang es ihnen, die Doppelmoral des Priesters („Die Sünde ist durch die Sünde in die Welt gekommen“) zu entkleiden und dem Stoff eine dramatisch-philosophische Tiefe und Vielschichtigkeit zu verleihen, die das Publikum in der Darstellung sehr berührte.