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Wegen mehrfachen gemeinschaftlichen Diebstahls ist ein Paar zu Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt worden

Im Teufelskreis der Sucht

Wegen mehrfachen gemeinschaftlichen Diebstahls ist ein Paar aus Kempen zu Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt worden. Zwölf Monate Haft erhielt der Mann und acht Monate seine Partnerin.

43-Jähriger muss wegen Missbrauchs Minderjähriger für sechs Jahre in Haft

Angeklagter verurteilt

Das Landgericht Kleve hat einen 43-jährigen Mann aus Kevelaer wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern in insgesamt 22 Fällen, wegen schweren sexuellen Mißbrauchs an Kindern in Tateinheit mit der Herstellung kinderpornographischer Schriften in zwei Fällen sowie der „Verletzung des persönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“ und des Besitzes kinder- und jugendpornographischer Schriften zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren verurteilt.

Das Landgericht Kleve verhandelt die Anklage gegen einen Kevelaerer wegen vielfachen sexuellen Kindesmissbrauchs. (Foto: aflo)
Am Landgericht Kleve wird gegen einen 43-jährigen Mann aus Kevelaer wegen jahrelangen sexuellen Missbrauchs verhandelt

Schwere Vorwürfe gegen Kevelaerer Familienvater

Am Landgericht Kleve hat ein Prozess gegen einen 43-jährigen Kevelaerer begonnen, dem sexueller Missbrauch in 22 Fällen vorgeworfen wird – zehn davon in Form eines schweren sexuellen Missbrauchs.

Das Landgericht Kleve verhandelt die Anklage gegen einen Kevelaerer wegen vielfachen sexuellen Kindesmissbrauchs. (Foto: aflo)

„Ein kranker Straftäter“

Als seine Mutter ihre Aussage beendet hatte und weinend im Zuschauerraum Platz genommen hatte, gab es für den Angeklagten kein Halten mehr. Als er nicht zu ihr gehen durfte, trat er gegen die Beamten, beschimpfte diese und schlug gegen zwei Corona-Schutzscheiben. Zuvor hatte die Mutter vor der Kammer des Klever Landgerichts ausführlich den Weg des Sohnes vom hochintelligenten, unauffälligen Kind und Schüler zum unsteten, eine bipolare Störung aufweisenden Mann beschrieben. Der wegen bandenmäßigen Geldautomatensprengungen und Einbrüchen Angeklagte hatte vergeblich versucht, die Öffentlichkeit von der Vernehmung ausschließen zu lassen. Das Gericht sah dafür aber keine Grundlage.

Die Mutter hatte über Jahre Notizen über ihren Sohn gemacht und trug diese Erfahrungen dem Gericht zusammenhängend vor. Sie hatte – zweimal den Tränen nahe – ausgeführt, dass ihr Sohn in einem „ständigen Auf und Ab zwischen Extremen” von Hochstimmung und Begeisterungsfähigkeit über Unverstandensein bis völligem Rückzug geschwankt habe.

Bis zum 16. Lebensjahr sei die Kindheit unproblematisch verlaufen. Danach habe es eine Verhaltensänderung gegeben, vielleicht bedingt durch eine Schulsituation, in der er verprügelt wurde und später durch das Trauma bei der „Loveparade“ 2010. „Es ging immer weiter in die falsche Richtung“, berichtete sie von Prügeleien, der Mitgliedschaft in der Hooligan-Szene Köln, notwendigen Schulwechseln. Sie sprach von mehreren Behandlungen durch Psychologen, von „Wahnvorstellungen” und „Halluzinationen“, exzessivem Glücksspiel und Momenten der Normalität als Kellner.

Dazu kam die Wahrnehmung, „Angst vor den eigenen Gedanken“ zu haben, die verschiedenen Delikte und der „krampfhafte“ Versuch, mit Frau und Kind ein Familienleben aufzubauen. „Solange seine eigenen Probleme nicht gelöst sind, kann er das nicht schaffen“, sagte sie. Ihr Sohn sei „nicht nur ein Straftäter, sondern auch ein kranker Straftäter“, der dringend psychologischer Hilfe bedarf.

Lehrbuchhafte bipolare Störung

Der Gutachter schloss sich in seiner Bewertung an, sprach von einer fast „neurotischen Verzerrung der Persönlichkeit“ und einer „lehrbuchhaften bipolaren Störung“, die sich nur mit Medikamenten und einer psychopädagogischen Begleitung lösen lasse. „Er ist ein Mensch, der Hilfe braucht. Ob er sie annimmt, weiß ich nicht.“

Zuvor hatte der ermittelnde Beamte zu den Ermittlungen ausgesagt. Man habe aufgrund der Vergleichbarkeit der Fälle alle fünf versuchten beziehungsweise durchgeführten Sprengungen am Twistedener „Irrland“, in Moers, Tönisvorst, Pulheim und Mülheim-Kärlich als zusammenhängende Taten gewertet. Man habe im Fall Tönisvorst die Spuren aller drei Täter an den Gasflaschen und Kabeln gefunden. Ob der Angeklagte bei der Ausführung die Gasflasche oder die Kabel gehalten habe, lasse sich aus den Spuren aber nicht klar sagen. Außerdem sprach er von einem Telefonat zwischen einem der in Österreich weilenden Täter und dem in Italien arbeitenden Angeklagten, wo sich beide über mögliche weitere Taten unterhalten hätten.

Der Richter trug aus dem Schlussvermerk von Ermittlungen vor, nach denen das Funksignal des Handys des Angeklagten in Tönisvorst, Moers und Twisteden geortet worden und die DNA des Angeklagten in Pulheim festgestellt worden sei. Die Verteidigung widersprach den Schlussfolgerungen aus dem Vermerk.

Die Moerser Gaststättenbesitzerin, bei der der Angeklagte als Aushilfe gearbeitet hatte, konnte keine Aussage dazu treffen, ob der Angeklagte zum Zeitpunkt der Moerser Geldautomatensprengung gearbeitet hat oder nicht. Dazu gebe es ihres Wissens nach „keine Quittung“, sagte sie aus. „Da müsste ich meinen Mann fragen.“ Die Verteidigung erhofft sich über diese Aussage Entlastung für seinen Mandanten und bestand aus diesem Grund auf eine Vernehmung des Mannes. Das Gericht lud den Mann für den kommenden Montag, 7. September 2020, 9 Uhr, vor. Dann wird wohl auch das Urteil fallen.

Das Landgericht Kleve verhandelt die Anklage gegen einen Kevelaerer wegen vielfachen sexuellen Kindesmissbrauchs. (Foto: aflo)

Die große Beute blieb aus

Wie groß der Druck für den Angeklagten war, erwies sich, als er einen seiner mutmaßlichen Komplizen mit Fragen konfrontierte. „Es geht um meinen Arsch“, wählte er drastische Worte, um seine Situation vor Gericht deutlich zu machen. Vor zwei Jahren sorgte eine Serie von vier Automatensprengungen – unter anderem am Twistedener „Irrland“ – für Aufsehen. Im Oktober letzten Jahres wurden ein 20-jähriger gebürtiger Mülheimer und ein 28-Jähriger aus Krefeld am Landgericht Kleve dafür, für mehrere Einbrüche und den Diebstahl des Fluchtautos zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Das Verfahren gegen den 29-jährigen gebürtigen Kerpener wegen Bandendiebstahls in Tateinheit mit Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion war Ende April aber abrupt beendet worden. Er und sein Anwalt hatten die Vernehmung zweier vorher nicht bekannter Zeugen sowie ein Sachverständigen-Gutachten wegen des mögliches Einflusses von Drogen und eines Asperger-Syndroms beantragt.

Im Zuge der Fortsetzung des Prozesses charakterisierte der Staatsanwalt den Angeklagten weiter als „Kopf einer Bande“, die gezielt versucht hatte, die Automaten in die Luft zu sprengen und an das Geld zu gelangen. Erfolgreich war dies allerdings nur im Fall Moers. Dort soll das Trio 1460 Euro erbeutet haben. Ansonsten war es bei Versuchen geblieben, die allerdings mit enormen Sachschäden einhergingen.

Für den eigenen Lebensunterhalt

Der Angeklagte gab über seinen Anwalt lediglich die Beteiligung bei den Einbrüchen im Krefelder „Nordbahnhof“, in der Grefrather Schule, der Kita in Meerbusch und dem Ehepaar in Korschenbroich zu  – allerdings nicht zur Finanzierung der Sprengungen, sondern für den eigenen Lebensunterhalt. Zur eigenen Person und den Taten sagte er sonst nichts.

Anhand der früheren Einlassungen im Verfahren wurde aber deutlich, dass der für ein Raubdelikt 2010 und weiterer Straftaten in Österreich 2018/19 verurteilte Mann Geld beim Glücksspiel verloren und Kokain, Crack, Speed und Alkohol konsumiert haben will. Angeblich habe ihn die Loveparade-Katastrophe von Duisburg 2010 „verdreht“.

Im Krefelder „Nordbahnhof“ habe er zusammen mit seinem Komplizen gearbeitet, sei mit ihm 2018 nach Spanien gegangen. Später zog es ihn allein nach Rom, um dort ein Spielcafé zu betreiben. Im Winter 2018 ging er dann gemeinsam mit seinem Kumpanen nach Österreich und verübte dort weitere Straftaten.

Belastung für den Angeklagten

Ein Schulfreund des bereits verurteilten 20-jährigen Mühlheimers bestätigte, dass dieser ihm vor gut zwei Jahren von den Geldautomatensprengungen zu dritt „im Umfeld von Krefeld“ erzählt habe. Auch der 28-jährige Mittäter aus Krefeld bestätigte, dass der Angeklagte, mit dem er 2010 bereits eine Straftat verübt hatte, bei allen Taten dabei gewesen sei. Man habe sich dazu im Sommer 2018 mehrmals getroffen. Die Idee zu den Sprengungen sei von dem Angeklagten ausgegangen, der gesagt habe, man solle den Beispielen aus Frankreich und den Niederlanden folgen. Sein Komplize sei eher ein „Mitläufer“ gewesen. Er selbst habe sich „breitschlagen lassen“, mitzumachen, weil er sich dem acht Jahre zuvor im Gefängnis sitzenden alten Freund verbunden gefühlt habe. Bei den Sprengungen habe er mit Abstand Schmiere gestanden. Die beiden anderen Männer hätten dann die Propangasflaschen zu den Automaten gebracht und die Schläuche eingeführt.

Der heute 21-jährige gebürtige Mülheimer bestätigte, den Angeklagten im Krefelder „Nordbahnhof“ für den Einbruch die Falltür geöffnet zu haben und auf die Idee mit dem Fluchtauto-Schlüssel und dem Einbruch gekommen zu sein.  Er bestätigte dass der Angeklagte und er Gas und Sauerstoff in die Geldautomaten eingeführt hätten, während der andere Verurteilte die Gegend absicherte. In Moers sei die Tür weggeflogen, in Kevelaer habe lediglich eine Verpuffung stattgefunden. Und in Mülheim-Kärlich sei die Gasflasche an der Glastür explodiert. Danach habe er von solchen Versuchen Abstand genommen.

Der Prozess wird am kommenden Donnerstag, 20. August, um 8 Uhr fortgesetzt.

Prozess wegen fahrlässiger Körperverletzung

Am Amtsgericht Geldern muss sich ein 76-jähriger Weezer Kaufmann wegen fahrlässiger Körperverletzung verantworten. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte der Mann am 18. Mai 2019 am Mittag mit seinem Mercedes die Bonifatiusstraße in Kevelaer befahren, um nach rechts auf die Marienstraße abzubiegen. Im Einmündungsbereich soll ein zweieinhalbjähriges Kind auf seinen Vater, der hinter dem 76-Jährigen fuhr, gewartet haben. Anschließend sei er mit einer Geschwindigkeit von 7 km/h vorgefahren, habe das „für ihn deutlich sichtbare Kind“ nicht gesehen und es frontal mit seinem Wagen erfasst. Das Kind sei unter das Auto geraten und dabei schwer verletzt worden. Der Angeklagte habe auch das nicht bemerkt und sei weitergefahren. Er sei erst dann zum Stehen gekommen, als der Vater des Kindes die Fahrertür aufgerissen habe. Das Kind erlitt eine lebensgefährliche Kopfverletzung und wurde mehrere Tage auf der Intensivstation eines Krankenhauses behandelt.

Der Angeklagte gab bei seiner Aussage an, er sei nach einer Lieferung die Bonifatiusstraße „mit 15 bis 20 Stundenkilometern bis zu der Stelle, wo man zwangsläufig halten muss“ heruntergefahren. „Ich habe auch gehalten, aber ich bin nur soweit vorgefahren, dass ich die Straße einsehen konnte, nicht den Bürgersteig.“ Da sei eine Mauer bis an die Ecke „und wenn Sie vorfahren, können Sie erst die Straße sehen.“ Er sei dann „wohl mit Schritt rausgefahren“ und habe das Kind „nicht gesehen, absolut gar nicht.“ Er habe nur gehört, daß etwa 20, 30 Meter weiter eine Frau mit Kindern im Wagen gestanden habe, die gehupt habe. „Das habe ich nicht auf mich bezogen“, sagte der Mann. Er sei gut einen Meter weitergefahren. Als der Vater dann die Tür geöffnet habe, „habe ich schon gestanden.“ Er habe angehalten, weil er „das Gefühl hatte, so eine Flasche überfahren zu haben“ und ein Geräusch gehört hatte, dass er „am Hinterrad rechte Seite“ für sich verortete.

Unsichere Aussagen

Der Richter hielt ihm vor, dass er bei der Polizei angegeben hatte, „im Schritttempo auf die Marienstraße gefahren“ zu sein, ohne jemanden gesehen oder bemerkt zu haben und ein Mann plötzlich seine Fahrertür aufgerissen und er sofort gestoppt habe. Das sei eine gänzlich andere Aussage. „Ich weiß nicht genau, was ich bei der Polizei gesagt habe“, bekannte der Mann. „Die Polizei hat nicht gefragt, ob ich was gehört habe“, sagte er anschließend. Es sei „keine Befragung im eigentlichen Sinne“ gewesen.

Er habe später noch zweimal mit dem Vater Kontakt gehabt, der sich bei ihm wegen des Herauszerrens aus dem Auto entschuldigt habe. Bei dem Kind sei nichts mehr zu merken. „Gott sein Dank. Ab dem Moment ist es mir dann leichter gefallen.“ Zu den genauen Verletzungen könne er nichts sagen. Sein Rechtsanwalt gab an, das Kind sei nach seinen Informationen „unfassbar wenig verletzt“ worden. Es habe lebensbedrohlich ausgesehen, aber es habe nur Knochenquetschungen gegeben. Den Vorschlag, die Tochter des Angeklagten dazu zu hören, lehnte der Richter ab, da es sich nur um eine „Zeugin vom Hörensagen“ handelte. Und er trug diverse Aktennotizen vor, nach denen von einer „Kopfverletzung mit akuter Lebensgefahr“ die Rede ist, das Kind ein paar Tage danach aber „auf dem Weg der Besserung“ gewesen sei.

Die 39-jährige Kevelaererin, die mit ihren drei Kindern vor dem „Sportraum“ gehalten und im Wagen geschrien und gehupt hatte, gab an, dass er vorgefahren sei, das Mädchen nicht gesehen, vorne erwischt und mitgeschleift habe. Dann sei es unter dem Auto gelandet, worauf sie direkt den Notruf verständigt habe. Sie sei zum Vater gerannt und habe ihn gebeten, das Kind liegenzulassen. Der habe es aber aufgehoben und ins Krankenhaus gebracht. Entgegen der ersten Aussage gegenüber der Polizei gab sie im Prozess erst an, dass das Kind in Bewegung gewesen sei. Nach dem Vorhalt des Richters meinte sie, sie wolle nichts Falsches sagen, das Ganze sei ein Jahr her. Das könne sie nicht hundertprozentig sagen. Sie habe nur die Fahrbewegung des Autos gesehen. „Er war wirklich nicht schnell.“ Im Anschluss an ihre Aussage kam ein Sachverständiger zu Wort, der das Unfallgeschehen rekonstruiert hatte. Seine These lautete, dass man bei einer Schrittgeschwindigkeit von 7 km/h und einer unterstellten Geschwindigkeit mit dem Laufrad des Mädchens von 2 km/h das Kind hätte wahrnehmen können.

Reaktionszeit

Selbst bei 7 km/h habe eine Reaktionszeit von 1,6 Sekunden bestanden. Und den Spuren nach habe der Anstoß des Kindes im mittleren Vorderbereich des Autos stattgefunden. Dafür sprächen auch die dort gefundenen Haare. Das mitgeschleifte Rad habe vorne mittig und vor allem am Unterboden des Wagens tiefe Kratzspuren verursacht und sei deutlich durch „Rumpeln und Pumpeln“ beim Test hörbar gewesen.

Die Verteidigung bot einen eigenen Gutachter auf, der das Gutachten des Sachverständigen anzweifelte. Er habe keinen Kollisionsort ausgemacht, die Weg-Zeitbedingung sei anders, aufgrund der Größenverhältnisse seien Streifen am Fahrzeug nicht möglich und die Sichtverhältnisse durch das Rechtsabbiegen noch dazu deutlich eingeschränkt. Das Verfahren wird am 6. Juli 2020 um 13 Uhr fortgesetzt. Dann soll auch der Vater des Kindes aussagen, der an diesem Tag nicht anwesend sein konnte.

Das Landgericht Kleve verhandelt die Anklage gegen einen Kevelaerer wegen vielfachen sexuellen Kindesmissbrauchs. (Foto: aflo)

Gocher gesteht versuchten Raub in Kevelaer

Einem 55-jährigen Mann aus Goch wird vorgeworfen, im Januar 2015 mit einer Sturmmaske und Pfefferspray die Filialleiterin am Kevelaerer REWE-Markt angegriffen zu haben, um an die Tageseinnahmen von ca. 15.000 Euro zu kommen. Eine 51-jährige Frau, die in dem Markt angestellt war, soll ihn dabei im Vorfeld mit Informationen versorgt haben, um ihm den Überfall zu ermöglichen, der aufgrund des Widerstandes der Filialleiterin und einer Kollegin nicht erfolgreich war. Das Verfahren gegen den Mann und die Frau wurde am Landgericht Kleve eröffnet. In dem Verfahren bekannte sich der unter anderem wegen Nötigung und Hehlerei vorbestrafte Mann, der zwischenzeitlich Mitglied der Rockergruppe „Bandidos“ in Kleve war, über seinen Anwalt für schuldig.

Die Mitarbeiterin des REWE-Marktes sei eine Freundin seiner Frau gewesen. Die Idee zu dem Überfall sei auf einer Feier im Sommer 2014 entstanden. Der Mann nannte Geldnot als Motiv. Demnach sollte er „etwas mehr von der Beute“ erhalten. Er gab zu, auf die Filialleiterin zugerannt zu sein und versucht zu haben, ihr die Handtasche mit dem Geld zu entreißen. Eigentlich sei das Ganze anders gedacht gewesen: Seine Mitkomplizin habe ihm versichert, dass sie das Geld an dem Abend nach Ladenschluss an sich nehmen wollte, er sie dann ‚beraubt‘ und mit Pfefferspray besprüht, damit das Ganze nicht nach einer Absprache aussieht.

Überfallene dachte erst an einen Scherz

Das Pfefferspray gegen die Filialleiterin habe er aber nur „aus Versehen“ verwandt, gab er an. Dem widersprach das überfallene Opfer entschieden. Im Rahmen ihrer Aussage gab sie an, dass man zuvor einen „recht witzigen Abend“ gehabt habe und nach Feierabend gegen 22.15 Uhr in Richtung der Autos gegangen sei. Sie habe erst an einen Scherz geglaubt, als sie die herannahenden Schritte hörte. Dann habe sie den mit einer Sturmhaube maskierten Täter wahrgenommen, der unmittelbar und gezielt immer wieder das Pfefferspray ins Gesicht gesprüht habe. Intuitiv habe sie dann die Tasche in den Wagen geworfen, sich selbst in den Wagen hineinfallen lassen und auf der Tasche gesessen.

„Geredet hat der Angreifer nicht“, gab sie an. „Und egal in welche Richtung ich meinen Kopf gedreht habe – er hat immer weiter gezielt in meine Augen gesprüht.“ Ein Arzt hatte später Ätzungen an den Augen festgestellt. Sie habe selbst solche Schmerzen noch nie erlebt, ernsthaft kurz daran gedacht, ihm die Tasche zu überlassen, da man in so einem Fall ja versichert sei. „Aber er hat mir so wehgetan, dass ich in dem Moment dachte: Nee!“

Der Räuber floh ohne erzielte Beute

Die Kollegin der überfallenen Frau, die vor Gericht ebenfalls als Zeugin aussagte, gab an, ihrer Kollegin zu Hilfe geeilt zu sein. Der Räuber sei daraufhin geflohen, vorbei an seiner vermeintlichen Komplizin, die an diesem Abend ebenfalls Schichtende hatte. Die Mitangeklagte bestätigte lediglich, Informationen an den Mann weitergegeben zu haben, weil sie sich von dem Mann eingeschüchtert und bedroht gefühlt habe. Sie habe noch am Vortag der Tat den Mann gebeten, den Überfall nicht zu begehen und habe  nicht damit gerechnet, dass er das am nächsten Tag tun würde. Deswegen habe sie nicht gewusst, wer unter der Maske steckt. Einer der am Tatort herangeeilten Polizisten gab als Zeuge an, dass nach seiner Auffassung der Überfall kein zufälliger „Glückstreffer“ des Mannes gewesen sein könne. 

In dem Verfahren wurden auch Kurzvideos der Überwachungskameras vom Tathergang gezeigt. Das Gericht zitierte des Weiteren aus einzelnen gegenseitigen Whatsapp-Nachrichten der beiden Angeklagten. Der Prozess wird am 18. März fortgesetzt.

Sozialpädagoge aus Kevelaer verurteilt

Im Prozess gegen einen 50-jährigen Sozialpädagogen aus Kevelaer hat das Klever Landgericht heute sein Urteil gesprochen. Die siebte Strafkammer verurteilte den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs gegen Minderjährige in sechs Fällen und sexuellen Missbrauchs in 33 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann mehrfach zwischen 1998 und 2002 seinen Neffen sexuell missbraucht hat. Auch habe er sich in den von ihn organisierten Ferienfreizeiten acht Kindern im Schlaf genähert und sie sexuell berührt, ihre Hand genommen, um sich zu berühren und zu befriedigen. Die Übergriffe hätten 2013 auf Sylt und dann ab 2016 bis 2019 stattgefunden.

Außerdem muss der Angeklagte an zwei der Opfer, die durch eine Nebenklägerin vertreten waren, ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 Euro plus Zinsen zahlen. Die Nebenklägerin hatte vor Beginn der Plädoyers, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden, den Antrag auf das Schmerzensgeld von „nicht unter 1.000 Euro“ mit Zinsen von 5 Prozent gestellt. Sie vertrat zwei geschädigte Kinder im Alter von 10 und 13 Jahren mit ihren Familien. Der 13-Jährige sei „traumatisiert“, habe Magenschmerzen und Albträume und benötige eine „professionelle Aufarbeitung“ des Erlebten. Das „rücksichtslose Vorgehen“ des Sozialpädagogen würde eine solche Summe rechtfertigen, so die Anwältin.

Der Anwalt des Angeklagten hatte daraufhin ein Schreiben vorgetragen, in dem ein solches Angebot formuliert ist. Das Angebot bestehe für alle Opferfamilien als „ein Zeichen der Reue“ und könnte im Laufe des Jahres gezahlt werden, sobald der Angeklagte „seine finanziellen Dinge geregelt“ habe.

Tatumfang nach unten korrigiert

Das Gericht hatte vor den Plädoyers den Umfang der nachweislichen Taten nach unten korrigiert, insbesondere was die Taten im Zusammenhang mit dem Neffen betrifft. Ursprünglich war der Sozialpädagoge in 52 Fällen des Missbrauchs angeklagt worden. Dazu kam noch der Vorwurf des Besitzes von pornographischen Bildern, den das Landgericht aber fallen ließ. Man habe diese Bilder auf dem Cache des Computers gefunden. Es sei in der Rechtsprechung umstritten, ob der Fund in einem Cache für eine Verurteilung ausreicht, machte der Richter Christian Henckel deutlich.

In seiner Urteilsbegründung erklärte Henckel, dass der Angeklagte eine „massive pädophile Neigung“ habe, die womöglich auf das sexuelle Verhältnis zu seinem Cousin in der Kindheit zurückzuführen sei. Eine „Kernpädophilie“ liege aber nicht vor, da er auch zu Frauen sexuellen Kontakt gehabt habe. Dass er sich den Beruf als Veranstalter und Jugendleiter bewusst ausgesucht habe, um die Neigung auszuleben, „daran glaubt auch die Kammer nicht“, sagte Henckel. „Aber Sie waren sich im Klaren, dass sich die Gelegenheit durch die Leitung bot.“

Der Neigung nicht hilflos ausgesetzt

Das zeige die beständige Wiederholung der Taten. Spätestens nach dem ersten Übergriff „hätte Ihnen auffallen müssen, Konsequenzen zu ziehen – entweder therapeutisch oder Sie hätten mit den Fahrten aufhören müssen. Insgeheim wollten Sie das nicht, um nicht auf die Gelegenheiten zu verzichten“, so Henkel zum Angeklagten. Dieser sei seiner Neigung nicht hilflos ausgesetzt gewesen. „Sie hätten das steuern und verhindern können. Das wollten Sie offensichtlich nicht“, so der Richter, sonst hätte es nicht die Taten „über so einen langen Zeitraum zum Nachteil von Kindern“ gegeben.

Wie es sich damit für die Opfer weiterleben lasse, „lässt sich nicht im Strafprozess klären“, machte Henckel klar. Der Neffe stehe heute zwar im Leben, aber man sehe ihm an, „was für eine Betroffenheit und Belastung durch das Erlebte und Erduldete noch zu spüren“ gewesen sei, „für das Sie die Verantwortung tragen.“ Dazu komme die „Belastung des Verschweigens und Versteckens“ der Vorgänge. „Dass das eine Qual ist, ist deutlich geworden.“ Die vernommenen Kinder hätten ein unterschiedliches Bild aufgewiesen. Dabei sei es aber „nicht ausschlaggebend, ob Kinder das nur als verstörend empfanden oder als sexuellen Übergriff eingeordnet haben. Gravierend war es für alle gleichermaßen.“ Henckel drückte die Hoffnung aus, „dass sie das auf Dauer nicht beeinflusst. Ganz vergessen werden sie das nicht können.“

Auch Missbrauch von Vertrauen

Der Angeklagte habe seine Macht missbraucht, das Selbstvertrauen und den Selbstwert der Geschädigten beeinträchtigt, das Vertrauen missbraucht, das die Kinder ihm als „bewunderten Betreuer“ entgegengebracht haben „und das Vertrauen der Eltern, die Ihnen die Kinder in gutem Glauben überlassen hatten.“ Auch habe er das „Urvertrauen“ der Kinder geschädigt. In seiner eigenen Wahrnehmung habe er ihnen „ersparen“ wollen, die Übergriffe bewusst zu erleben. Darum sei er im Schlaf an sie herangegangen. „Im Endeffekt war es Ihnen aber egal“, sagte Henckel.

Eine Schuldminderung aufgrund seiner Depressionen oder aufgrund des Alkohols während der Freizeiten sah die Kammer nicht. „Sie haben die Situation geschaffen und gesteuert.“ Zugunsten des Angeklagten wertete Henckel dessen „Verhalten am Ende des Ermittlungsverfahrens“. Der Richter benannte das „unumwundene Geständnis“, das einigen Opfern die Aussage erspart habe, „und Ihre ehrliche Reue,“ die nicht nur als Show zu sehen sei.

Auch die Tatsache, dass die Taten bei dem Neffen länger zurückliegen, wertete das Gericht als straf-mildernd. Und es sei klar, dass „durch das Urteil Ihre berufliche und private Existenz vernichtet oder zumindest erschüttert ist, auch wenn Sie es zu verantworten haben.“ Dem gegenüber stehe „die Massivität, die Dauer der Taten und die Folgen für die Betroffenen.“ Das Gericht sah eine Wiederholungsgefahr als gegeben an.

Das Landgericht Kleve verhandelt die Anklage gegen einen Kevelaerer wegen vielfachen sexuellen Kindesmissbrauchs. (Foto: aflo)

Missbrauchsprozess: Suche nach Erklärungen

Vor der öffentlichen Fortsetzung des Prozesses gegen ein Kevelaerer wegen vielfachen sexuellen Kindesmissbrauchs (das KB berichtete) hatte die Kammer des Landgerichts Kleve am Dienstag, 18. Februar 2020, zunächst nichtöffentlich mehrere minderjährige Zeugen vernommen. Im Anschluss daran äußerten sich Ton- und Filmtechniker aus Köln, die mit dem Angeklagten einen Film gedreht hatten, und der beste Freund des Angeklagten, der diesen seit fünfzehn Jahren kennt und mit ihm im Verein die Ferienfreizeiten ausrichtete. Der Freund gab in seiner Aussage an, dass es in den Jahren keinerlei Anzeichen gegeben habe. Auch dass der Angeklagte sich Jungen gegenüber anders verhielt als gegenüber Mädchen, auf den Filmaufnahme kaum Mädchen zu sehen waren, habe niemand in einen Zusammenhang mit solchen Vorfällen gebracht. Als er ihn dann im Sommer letzten Jahres darauf angesprochen habe, habe dieser die Taten abgestritten.

Der Angeklagte reagierte erkennbar emotional auf den Auftritt des Zeugen.

Keiner hat etwas geahnt

Ähnlich wie der Freund klangen die Aussagen zweier weiterer Betreuer. Ein Achterhoeker, dessen Sohn mal mitgefahren war und der als Betreuer auf den Sommer- und Pfingstfreizeiten unterwegs war, gab an, dass ihm nichts aufgefallen sei. Bei den Radtouren seien aber immer so fünf bis zehn Kinder mit dem Angeklagten vorne gefahren. „Das sind Thomas‘ Kinder“, habe es da immer geheißen. Ein 19-jähriger Winnekendonker, der als Jugendlicher auf drei Sommertouren und vier Pfingsttouren mitgefahren war, konnte von keinerlei Auffälligkeiten oder Gerüchten berichten.

Nach einer Pause sagten drei Beamte der Ermittlungskommission aus, die zu den Vorfällen eingerichtet worden war. Die Beamten bestätigten, dass der Angeklagte die Taten zugegeben habe, aber der Neffe als Opfer eine andere Anzahl genannt habe.

Im Anschluss daran äußerte sich der Sachverständige in dem Prozess, Martin Platzen, dessen differenzierte Ausführungen für manche betroffene Mutter im Saal schwer zu ertragen waren. Er machte in seiner Bewertung drei Problemfelder im Zusammenhang mit dem Angeklagten deutlich: dessen sexuelle Ausrichtung auf Jungen, dessen Depression und die Frage, inwieweit eine Alkoholisierung im Zusammenhang mit den Taten stehe.

Die Pädophilie sei nur eine prägende Facette der Sexualität des Angeklagten, da dieser auch Kontakte zu Frauen gehabt und mit seiner Ehefrau Kinder gezeugt habe. Dass die Pädophilie sich so herausgebildet habe, liege in seiner Biographie begründet. Er habe zu seinem Cousin bereits mit acht, neun Jahren sexuelle Kontakte mit hoher Intensität gehabt, „die aus dem Rahmen fallen“.

Die Annäherung an den Neffen habe der Angeklagte als „Fortsetzung dessen, was er als Junge erlebt hat“, aufgefasst – und dann so empfunden, dass das im Einvernehmen geschah. „Die ,Freiwilligkeit‘ eines Kindes ist in dem Alter keine Freiwilligkeit“, machte der Gutachter unmissverständlich klar, dass es im Prozess um aktive Handlungen von Pädophilie und klare Eingriffe in die Intimsphäre von Kindern gehe. „Das hätte er wissen müssen.“

Die Neigung breche durch, „wenn nicht die Chance auf Spannungsabbau“ bestehe. Dass in der Zeit zwischen 2001 und 2012 nichts passiert sei, habe an der regelmäßigen Sexualität mit seiner Frau gelegen. Dazu komme eine extreme Angst vor Entdeckung.

Der Gutachter beschrieb den Angeklagten als „frei von aggressivem Verhalten in der Pädophilie. Das ist einer, der sich maximal an schlafende Kinder rantraut, der aber nicht Kinder quälen kann. Weiter kann er gar nicht.“

Er beschrieb den Angeklagten weiter als „feingeistigen“ und überdurchschnittlich intelligenten Menschen, der sich immer selbst als „Loser“ und „Underdog“ gesehen habe. Bis Mitte 20 habe er sich gegen den Willen der Eltern nie auflehnen können, als Liebhaber „keine Erfolgserlebnisse eingefahren“. Platzen meinte: „Wer eine Null ist, traut sich nichts zu, auch als Mann nicht.“

Die Ehefrau sei ein „Fels in der Brandung“ gewesen, die Kreativität als Pädagoge und Filmemacher „Rettungsanker, wo er seine Fähigkeiten hineinlegen konnte.“ Das extreme Engagement im sozialen Bereich und für Kinder rühre aus seiner eigenen Geschichte, in der er es gern gehabt hätte, in seinen Fähigkeiten gefördert zu werden. Er habe „kein Zeltlager gemacht, um Kinder zu verführen, aber zugelassen, der Situation nachzugeben“.

Geplatzte Lebenslüge

Der Alkohol könne in Kombination mit der Depression zur Enthemmung geführt haben – und der Wahrnehmung, dass die Kinder nichts von seinen Übergriffen mitbekommen. Von einem „Alkoholrausch“ könne man aber hier nicht sprechen.

Der Gutachter sprach bezüglich des Angeklagten von einer geplatzten „Lebenslüge“: nach außen hin Familienvater und positiver Akteur, auf der anderen Seite Pädophilie ausübend, wovon die Ehefrau nichts wusste, und „immer so, dass es keiner merkt. Das war die Konzeption.“ Umso größer seien jetzt der Zusammenbruch und der Selbstekel angesichts der Taten.

Der Gutachter prognostizierte, dass es zukünftig keine Übergriffe dieser Art mehr geben werde. Denn alle wüssten jetzt, was der Angeklagte getan habe. „Das blockiert jede Aktivität.“ Der Gutachter empfahl Antidepressiva sowie eine Verhaltens- und Sexualtherapie.

Am Freitag, 28. Februar, wird der Prozess mit den Plädoyers der Anwälte fortgesetzt, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgenommen werden. Im Anschluss ist mit dem Urteil zu rechnen.

„Er hat mich eiskalt missbraucht“

Zum Auftakt des Prozesses gegen einen 50-jährigen Sozialpädagogen aus Kevelaer am Freitag, 14. Februar 2020, am Landgericht Kleve hat der Angeklagte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe „im Großen und Ganzen“ bestätigt. Gegenüber dem Richter Christian Henckel gab der Mann lediglich an, einige Einzelheiten anders in Erinnerung zu haben. Die Anklage wirft ihm in 52 Fällen sexuellen Missbrauch von Minderjährigen vor, unter anderen mehrfachen schweren sexuellen Missbrauch seines Neffen.

Der Missbrauch des Neffen habe demnach im Jahr 1998 begonnen, als der damals Achtjährige bei ihm übernachtete, später auch den eigenen Sohn mit beaufsichtigte. „Ich wurde nachts wach, er schlief auf dem Sofa, ich habe ihn berührt. Ich dachte, er schläft.“ Er habe sich „nicht unter Kontrolle“ gehabt, gestand er im Verfahren. Vorher habe es nie so ein Verlangen gegeben. „Das ist in dieser ersten Nacht entstanden.“

Danach habe es immer wieder Berührungen gegeben. „Erst nur nachts, irgendwann ist es tagsüber auch passiert.“ Er habe sich oft zu ihm auf das Sofa gesetzt. Der Angeklagte sprach von „20 bis 25 Vorfällen“ dieser Art. Auch bei zwei Urlauben in den Niederlanden sei das passiert.

Warum die Übergriffe im Jahr 2002 endeten, konnte der Angeklagte nicht genau sagen. „Es gab die Gelegenheit einfach nicht mehr, und wir haben nie darüber gesprochen.“ Die Tochter wurde geboren, er begann sein Sozialpädagogik-Studium und gründete einen Verein, der jährliche Abenteuer-Freizeiten für Kinder organisierte.

Auch dort soll es auf den verschiedenen Fahrten zu Übergriffen gekommen sein – laut Anklage in zehn Fällen. „Irgendwann war da so eine so eine Art Spannung, die ausgelöst wurde“, schilderte der Angeklagte den Impuls bei einem Pfingstzeltlager. Dort legte er einem Jungen die Hand auf den Bauch, der neben ihm lag. Mehr sei aber nicht geschehen.

Die Kontrolle verloren

In den Folgejahren habe er dann „irgendwann die Kontrolle nicht mehr“ gehabt und habe „aus der Situation heraus“ immer wieder Kinder berührt – mal kurz, mal etwas länger – und sich auch dabei selbst befriedigt, als er neben ihnen gelegen habe. Denn häufig habe er auf den Freizeiten mit den Kindern in einem Zelt geschlafen, und die Kinder hätten entschieden, welcher Betreuer wo schläft. Häufig habe er neben den Jungen gelegen, die ihm „sehr nahe“ standen, sagte der 50-Jährige. Er habe nie wahrgenommen, dass die Opfer wach geworden seien. „Sie haben sich dann weggedreht.“ Tatsächlich müssen einige Opfer sich aber erinnert haben, sonst wären die Taten nicht Bestandteil der Anklage geworden.

Bei der letzten Fahrt im Sommer 2019 habe er sich erstmals bewusst neben einem Jungen gelegt, um ihn zu berühren. Der Junge entdeckte am Morgen dann „etwas Flüssiges“, verständigte die anderen Betreuer – und die die Polizei.

Als mögliche Ursache für seine sexuelle Veranlagung benannte der Angeklagte einen intimen sexuellen Kontakt mit seinem gleichaltrigen Cousin, als er acht Jahre alt war. „Es könnte ein Baustein in meinem Kopf sein, der da gelegt wurde und den ich nicht mehr losgeworden bin“, sagte der Angeklagte.

Als das Ereignis der letzten Ferienfreizeit die Runde machte, war das für den Neffen der Impuls, sich seiner Familie zu offenbaren, gemeinsam mit der Ehefrau des Angeklagten zu seinem Onkel zu fahren und ihn aufzufordern, sich selbst anzuzeigen. Der heute 29-Jährige sagte als Zeuge im Verfahren aus, nannte seinen Onkel nur „den Angeklagten“ und führte aus, wie der vorgegangen sei. „Er weiß, wie Kinder und Heranwachsende funktionieren, wie man ein Kind so manipuliert, dass es Vertrauen aufbaut und dass mit sich machen lässt. Er hat eine Welt geschaffen, in der ich mich wohlfühle – und hat mich eiskalt missbraucht.“

Zu den Taten wegen sexuellen Missbrauchs kommt noch der Vorwurf des Besitzes von kinderpornographischem Material. Bei einer Hausdurchsuchung fanden die Ermittler auf einem Laptop, einer Festplatte und USB-Sticks insgesamt 27 Fotos mit kinderpornographischem Inhalt. Vor Gericht bestritt der Angeklagte, das Material selbst hergestellt, heruntergeladen oder verkauft zu haben.

Das Verfahren wird am kommenden Dienstag fortgesetzt – dann aufgrund von Zeugenbefragungen zumindestens in den ersten beiden Stunden unter Ausschluss der Öffentlichkeit.