Beiträge

65 Landwirte kamen für eine abschließende Protestaktion auf der B9 an der neuen OW1-Brücke zusammen. Foto: privat
Zwei Landwirte aus dem Raum Kevelaer organisierten eine Aktion zum Abschluss der großen Protestwoche des Bauernverbandes

Protestaktion an der B9

Parallel zur großen Demonstration der Landwirte in Berlin am Montag, 15. Januar 2024, hatten sich auch Landwirte vom Niederrhein zusammengetan, um das Ende der großen Protestwoche des Bauernverbandes gemeinsam zu begehen.

Landwirte protestieren wieder

Monatelang ruhte – auch bedingt durch die Corona-Krise – der Protest der Landwirte. Gerade im letzten Viertel des Jahres 2019 sorgten mehrere Demonstrationen landes- und bundesweit für Schlagzeilen. Die Landwirte wehrten sich gegen die sich aus ihrer Sicht immer wieder ändernden EU-Regeln und gesetzlichen Vorgaben zur Bewirtschaftung oder auch gegen die die einseitige Schuldzuweisung, was die Auswirkungen ihrer Arbeit auf das Klima und die Umwelt betrifft: Die lose Bewegung „Land schafft Verbindung“ organisierte die Proteste. Jetzt flammt der Protest wieder auf – mit Treckerkorso in Richtung Bonn und Münster. „Wir erwarten 500 in Bonn – und über 1000 Landwirte in Münster“, erklärte vorab der Pressesprecher der LSV-NRW, der Winnekendonker Georg Biedemann.

Es fanden am Donnerstag, 28. Mai 2020, jeweils um elf Uhr Kundgebungen statt – einmal am Bundesumweltministerium in Bonn und an der Münsteraner SPD-Geschäftsstelle. Auch Bauern aus dem Kreis Kleve waren wieder mit von der Partie. Den Corona-Vorgaben geschuldet, durften die Landwirte ihre Fahrzeuge nach Erreichen des Ziels allerdings nicht verlassen. Die Debatten mit den politischen Gesprächspartnern wurden aber digital übertragen, so dass alle Teilnehmer die Gespräche mitbekamen.

Über die Zerschneidung der Landschaft

Was den Landwirten missfalle, seien die einseitigen Schlussfolgerungen von Bundesumweltministerin Svenja Schulze aus dem jüngsten Bericht „Zur Lage der Natur“ , wo der Landwirtschaft die Hauptverantwortung für die Fehlentwicklungen in der Natur zugewiesen werde. „Denn tatsächlich ist die Zerschneidung der Landschaft und der Biotope durch Infrastrukturmaßnahmen wie auch durch Siedlungs- und Gewerbeflächen bis hin zur Umsetzung der Energiewende der Kern des Problems und keineswegs wie im Bericht dargestellt – eine untergeordnete Randerscheinung“, heißt es in einer Erklärung von „Land schafft Verbindung“ in NRW.

„Sicher tragen wir auch einen Teil der Schuld, weil wir in die Natur eingreifen, aber es sollten alle Ursachen beschrieben werden“, sagt Biedemann. „920.000 Quadratkilometer Flächen wurden versiegelt. 1,3 Millionen Quadratkilometer landwirtschaftliche Flächen sind verschwunden“, nennt er zwei wesentliche Aspekte. „Und die OW1 zerschneidet auch die Natur – es ist halt die Summe der Dinge“, wünscht sich Biedemann einfach mehr Ausgewogenheit in der Debatte. Als Landwirte habe man da nur die Möglichkeit einer „intelligenten Biodiversität“. Man könne Blühstreifen und Biotope gezielt auf Flächen anlegen. „Aber wir sind nicht bereit, uns als die beschimpfen zu lasen, die alleine für die Versäumnisse, für den Klima-, Umwelt- und Artenschutz verantwortlich sind. Das ist nur gemeinsam zu lösen.“

Jährlich werden laut „LSV-NRW” bei vorsichtiger Schätzung mehr als 50 Millionen Euro über das System von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen etwa zum Kauf landwirtschaftlicher Flächen in NRW verwendet. Stimmten die Aussagen im Bericht zur Lage der Natur, würden diese Mittel hierzulande größtenteils wirkungslos verpuffen. „Statt fortlaufend eine Korrektur und Anpassung der landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsmethoden zu fordern, stünde es dem Bundesumweltministerium gut zu Gesicht, endlich die Hausaufgaben der verfehlten Naturschutzpolitik zu erledigen“, sagt „LSV-NRW”. Und auch Biedemann steht zu dem Konzept der NRW-Bauern, deren Motto einfach lautet: „Mehr Kooperation wagen!“.

Eine Protestaktion mit Zelt und Kreide

Mit einem Protest (unter den vorgegebenen Sicherheitsmaßnahmen) riefen Anneke Scholten und Veronika Hartmann in Kevelaer zu der #LeaveNoOneBehind-Aktion auf, die in der vergangenen Woche in einigen Städten Deutschlands stattfand. Es ist die erste internationale Inszenierung des Künstlerkollektivs „In Zeiten großer Unschuld“. In 13 Städten wurden Zelte vor Rathäuser, Parteizentralen, Parlamente und Gerichte getragen, um auf die Situation der Menschen in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln aufmerksam zu machen und die Regierung zu einer Evakuierung aufzufordern.

„Die Menschen leben dort unter menschenunwürdigen Bedingungen“, erklärt Anneke Scholten. „Sie hausen in Zelten und haben kein sauberes Wasser.“ Und die Politik habe noch nicht viel unternommen, sagt die Kevelaererin. „Menschen leiden weiter, weil sich Politiker nicht einigen können“, sagt Veronika Hartmann. Hier gäbe es genug Platz und Geld, um die Flüchtlinge aufzunehmen und auch vor dem Coronavirus zu schützen. Denn Experten würden schon seit Wochen vor katastrophalen Konsequenzen in den Flüchtlingslagern warnen, so Hartmann. Die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ habe bereits zu einer Evakuierung der Lager auf den griechischen Inseln aufgefordert. Doch auch trotz der hohen Gefahr eines Ausbruchs des Virus in den Lagern, seien nach wie vor über 42.000 Flüchtlinge auf den Inseln.

Künstlerkollektiv macht auf Prioritäten aufmerksam

Abgesehen von der großen Gefahr bei einem Ausbruch des Virus, wies das Künstlerkollektiv in einer Pressemitteilung außerdem auf die Erntehelfer hin, die nun kommen sollen. Während Deutschland 50 Flüchtlingskinder aufnehmen wolle, würden parallel 80.000 Erntehelfer ins Land gebracht. Dabei stellt das Kollektiv die Prioritäten der Regierung in Frage. Deshalb wolle es durch die Aktion darauf hinweisen, dass trotz Covid-19 die Lager auf den griechischen Inseln nicht vergessen werden dürften.

Veronika Hartmann und Anneke Scholten finden: „Besonders in der Wallfahrtstadt Kevelaer sollte man auf Nächstenliebe achten.“ Deshalb machten sie spontan vor dem Kevelaerer Rathaus mit einem Zelt und der Kreideaufschrift „Kevelaer sicherer Hafen?“ auf die Situation aufmerksam.