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Auf dem roten Teppich des Fernsehpreises (v. l. ): Marvin Hoffmann (WDR), Peter Hohl, Anika Keil (Lokalzeit Duisburg) und Brigitte Kempen-Hohl. Foto: privat
Kevelaerer Ortsvorsteher besuchte am Freitag, 10. November 2023, die Preisverleihung

Herr Hohl beim Bremer Fernsehpreis

Alles begann in der „WDR Lokalzeit Duisburg“, bei der Peter Hohl in seiner Funktion als Vorsitzender des Vereins für Museumsförderung zu Gast war, um über die Kunstsammlung des Ehepaares Ratermann zu sprechen, die im Niederrheinischen Museum Kevelaer ausgestellt wird.

Peter Hohl und Anika Keil bei Dreharbeiten in der Museumskneipe. Foto: Niederrheinisches Museum
Der Beitrag "Herr Hohl im Studio" geht für den Publikumspreis ins Rennen

Für Fernsehpreis nominiert

Wie herzerfrischend natürlich es sein kann, wenn mal jemand nicht gleich vor Euphorie in Schockstarre fällt, sobald das Fernsehen irgendwo auftaucht – ein Kevelaerer hat das auf besonders charmante Art gezeigt.

Bereit für eine neue Aufgabe

Als ich den neuen Kevelaerer Ortsvorsteher Peter Hohl in seinem Haus an der Venloer Straße antreffe, wirkt er nachdenklich. „Die Situation beschäftigt mich schon sehr“, bekennt der 75-jährige Mann. Gemeint ist die besondere Corona-Zeit. „Es ist nichts berechenbar – und Demut ist da der beste Begriff“, meint der gestandene CDU-Politiker, der 45 Jahre lang im Kreistag und 26 Jahre lang als Mitglied der Landschaftsversammlung Rheinland die Geschicke der Region mitgestaltet hat. „Aber lieber diese Zeit als Krieg oder Hungersnot“, merkt man ihm die Ernsthaftigkeit an, mit der er sich momentan auseinandersetzt. Eigentlich wollte der frühere Hauptschullehrer, der an der Weezer Johannesschule tätig war und seit 1972 in der Kevelaerer City wohnt, keine große exponierte Position mehr. „Das kam nicht von mir – ich bin gefragt worden“, sagt der Feingeist, der privat Klavier spielt, nebenbei auch noch malt und in Vereinen wie den Bürgerschützen und im Museum mitmischt. 

„Keine Mandatspolitik“, das habe er sich auf die Fahnen geschrieben für seine Zeit als Politik-Rentner. „Dabei bin ich geblieben“, unterstreicht er. Es sei ein entscheidender Unterschied, „ob man Entscheider ist oder eine repräsentative Aufgabe annimmt.“ Die Position des Ortsvorstehers sei für ihn so gesehen nicht so belastend – zumal jetzt alle Autofahrten nach Kleve und Köln wegfallen. Für Frau und Enkel bleibt also ausreichend Zeit. Und bei so einem Angebot Nein sagen, das kam für ihn nicht in Frage. „Dass ich gefragt wurde, ist ein Ehre für mich – und dass ich von allen Fraktionen gewählt wurde, ist für mich das Pünktchen auf dem i.“

Dass er dabei in große Fußstapfen tritt, ist ihm klar – schließlich bekleideten schon Persönlich-keiten wie Egon Kammann und Dr. Edmund Bercker dieses Amt. Sowohl er selbst als auch andere trauen ihm dieses Amt zu – „das ist eine große Motivation für mich.“ Die Position des Ortsvorstehers, die will er allerdings nicht überhöht wissen. „Ich bin da nur das Kommunikationsmedium, das Bindeglied zwischen Bürger*innen und der Verwaltung“, sagt Peter Hohl. Aber in der Funktion will er natürlich Ansprechpartner sein.

Innenstadt, Radkultur und Autoverkehr

Die lebendige Vielfalt der Stadt zu erhalten mit ihren Altbürgern, Neubürgern und Zugezogenen, der Sport- und Kulturszene, die Kirchengemeinden nicht zu vergessen – dafür will er sich einbringen. Die Gestaltung der Innenstadt mit dem Kapellenplatz, dem Johannes-Stalenus-Platz und dem Peter-Plümpe-Platz sind ihm natürlich ein Anliegen – genauso wie eine umweltfreundliche Infrastruktur. „Das gilt vor allem für die Radkultur.“ Er würde sich vernünftige Haltepunkte und Abstellmöglichkeiten in der Innenstadt wünschen. „Das ist für Jung und Alt, wenn man die Stadt radgerechter macht.“ Überhaupt solle im politischen Raum mehr für die Umwelt, das aber mit Augenmaß geschehen. „Und auch den Autoverkehr reduzieren finde ich sinnvoll.“ Das dürfe aber gerne mit vernünftigen Parkmöglichkeiten für Fahrzeuge „Hand in Hand“ gehen.

Was den Einzelhandel angeht, sieht er die „verzwickte Lage“ zwischen Lockdown und Online-Shopping. Da müsse man den Online-Bereich abdecken und viel persönlichen Service zugleich bieten. „In so einer kleinen Stadt kann man das noch, das Persönliche.“ Ein Bereich, der ihm ebenfalls am Herzen liege, sei die Kunst, sagt Hohl. Für den Bildungshumanisten steht über allem die Verpflichtung für die „res publica“, die öffentlichen Angelegenheiten, die für ihn seit fünf Jahrzehnten im Zentrum seiner Tätigkeiten stehen. „Das ist heute wichtiger denn je, aufgrund dessen, was Corona alles auslöst. Entideologisiert kriegt man viel mehr erreicht. “

Jetzt ist er gespannt, was auf ihn zukommt. „Ich dränge mich nicht auf, aber ich bin bereit.“  Und nach diesem Grundbekenntnis setzt sich Peter Hohl am Ende des Gesprächs ans Klavier, improvisiert ein paar wunderschöne klassische und sogar bluesige Klänge. Ein Stück Normalität, das ihm sichtbar guttut – in einer wahrhaft besonderen Zeit.

Ein „Außenpolitiker“ hört auf

Mit Peter Hohl verlässt nach 45 Jahren ein Urgestein der Kreispolitik die politische Arena. Der Kevelaerer sitzt aber nicht nur seit viereinhalb Jahrzehnten im Kreistag Kleve. Er ist zudem der „mit zehn Jahren Abstand Dienstälteste im Kreistag“ und der Dienstälteste in 25 Jahren mit fünf Wahlperioden beim Landschaftsverband Rheinland.

„Ich habe noch zwölf Sitzungen, weil sich die neue Landschaftsversammlung erst spät konstituiert und die weitestgehend noch durchtagen, sagt Hohl. „Das ist so gesehen ein langer Abschied. Aber ich tue, was ich zu tun habe. Und das habe ich zu tun.“ Die Kreis-Wahlperiode endet am 31. Oktober. Die letzten Wochen waren für ihn durchwachsen, „aber nicht, weil ich aufhöre, sondern die Tatsache, unter welchen Umständen man aufhört.“ Er spricht die Corona-Situation an, die auch die politischen Beziehungen beeinflusse. „Wenn ich an die vielen Hybrid-Sitzungen denke, wenn ich in Köln bin. Das ist definitiv anders als im letzten Jahr, wo ich mich entschlossen hatte, nicht mehr für ein Amt zu kandidieren.“

Seinen persönlichen Abschied aus der Politik vergleicht er mit der Schule oder dem Beruf: „Alles hat seine Zeit und ich habe mich ja auch bewusst jetzt aus der Mandatspolitik verabschieden wollen. Das war schon lange für mich klar, dass ich selbst bestimmen möchte, wann für mich Schluss ist.“ Er falle aber sicher nicht in ein Loch – „die Kunst, die Musik als passionierter Klavierspieler, wenn ich schon mal schreibe“, all das wird ihm neben den Enkeln (der vierte ist gerade unterwegs) genug Möglichkeiten geben, sich zu betätigen. „Beim Kevelaerer Museum bin ich ja auch noch dabei, das mache ich auch weiter. Das ist mir sehr, sehr wichtig.“

Wie wichtig ihm das politisch gewesen ist, kann man daran ablesen, dass er sich, als er in den 90ern dafür im Kreis gekämpft hat, einmalig gegen seine eigene Partei gestimmt hat. Aber es gebe keine Entscheidung, die er getroffen habe, die er persönlich bedauere, sagt der CDU-Politiker. „Ich habe jetzt alles Wichtige in Kevelaer selbst“, ist er froh, in Zukunft weniger zu pendeln. „Ich weiß nicht, wie oft ich um den Globus gefahren bin für die ganzen Sitzungen.“ Natürlich hofft er, dass sein Rat noch weiter gefragt ist. „Aber es ist die Zeit gekommen, wo andere die Verantwortung übernehmen müssen.“

Dank an seine Frau

Dass er all die Jahre so entschieden im politischen Geschäft tätig sein konnte, verdanke er zu einem guten Stück seiner Frau, sagt Peter Hohl. Sie sei selbst 16 Jahre im Kreis Kleve tätig gewesen, und unter anderem auch im Vorzimmer von Heinz Paal. „Sie wusste also, wie das so funktioniert.“

Was „wichtiger als die eigene politische Meinung“ sei, „ist die Verbesserung der Meinung über Politik in der Gesellschaft“, sagt Hohl. Und dazu gehöre politische Bildung. „Das sage ich seit 20 Jahren.“ Die Menschen wüssten immer weniger, was Politik eigentlich ist. „Das ist keine Situationskomik, sondern eine schwere Aufgabe, das in eine Struktur zu packen, die fundamental demokratisch ist, aber die repräsentative Demokratie nicht ausschließt.“ Dazu gehöre auch, dass die Bürger verstehen, „dass es Menschen sind, die Fehler machen und die nach dem christlichen Menschenbild“ – einem seiner persönlichen Fundamente seines Wirkens – „auch recht auf Vergebung haben.“ Was nichts damit zu tun habe, Leichtsinn oder Verantwortungslosigkeit zu befördern.

„Dieses Grundsatzgefüge bei mir war eine tragende Sache auch für ganz profane Entscheidungen, die man zu treffen hat – und am liebsten entideologisiert. Genau das Ideologisierte ist das, was uns im Moment in der Gesellschaft zu schaffen macht – dieses Entweder – Oder.“ Der Zusammenhalt der Gesellschaft sei ein zentrales Thema. „Das ist die Aufgabe von Politik. Das ist ein latentes Thema und eine Lebensaufgabe, wie man die Stadt, einen Kreis zusammenhalten muss, was man im Wahlkampf jetzt gehört hat mit Nord- und Südgefälle.“ Die Identitäten der Menschen seien kleingliedriger als das Globale. „Die Herausforderungen der Globalisierung muss man deshalb mental hinkriegen und strukturieren im Kleinen wie im Großen.“

Politik als Spiegelbild der Gesellschaft

Frühere Politikergenerationen  seien wesentlich besser vernetzt gewesen in der Gesellschaft, nicht in Funktionen. „Wir haben mitgemacht in der Dorf- oder Stadtgesellschaft, auch nach Feierabend. Das ist heute schwächer“, beobachtet er. „So richtig verwurzelt sein damit ist schwieriger.“ Das gehe aber nicht nur in der Kommunalpolitik so. „Das ist ein gesellschaftliches Problem – und die Politik ist ein Spiegelbild der Gesellschaft.“

Dass er 1993 sogar mal als Landratskandidat angetreten ist und bei der Nominierung parteiintern unterlag, grämt ihn im Nachhinein nicht. „Man darf sich nicht nach jeder Niederlage selbst problematisieren.“ Damals ging es für ihn danach in die Landschaftsversammlung. „So konnte ich dort Außenpolitik für den Kreis machen – und im Kreistag Außenpolitik für Kevelaer.“ Für Kevelaer zu wirken sei nicht nur sein Werk gewesen. Auf dem Weg habe es viele Mitstreiter wie Ludwig und Hannes Selders oder Peter Rosen gegeben. „Ich hatte nur das Glück, immer dabei zu sein.“ 

Der Stellenwert Kevelaers lag ihm immer am Herzen

Den Stellenwert Kevelaers habe man ausbauen können und  „viele wichtige Kleinigkeiten wie den Radweg nach Twisteden, die K30 nach Veert oder auch die Verkehrsberuhigung in Twisteden“ verwirklicht. Über den LVR lief unter anderem die Ansiedlung der Wohnverbünde für Behinderte.

„Einfache aber klare Sprache und da immer entideologisiert“, brauche seiner Meinung nach ein Politiker heute, um Menschen zu überzeugen. Politische Willensbildung gehe von den Parteien aus, wo es Inhalte gebe. Die Bürger könnten sich jeweils in Teilen mit den Grundhaltungen identifizieren und dann wählen. Die grundsätzliche Frage heute bestehe in „der Bindungskraft der Parteien, nicht der Ideologien.“ Für die Demokratie sei es wichtig, „dass demokratische Parteien in Sachfragen immer im Gespräch und koalitionsfähig bleiben müssen, um den Zusammenhalt zu fördern.“ Das helfe auch im Ringen mit rechten Parteien und Bewegungen. „Das macht mir Sorge. Aber ich habe die Hoffnung, dass sich die demokratischen Parteien da durchsetzen.“

Dass er all seine Funktionen 45 Jahre lang in einer Gesellschaft wahrnehmen durfte, die 75 Jahre lang „in Frieden und Freiheit“ gelebt hat, sei angesichts der Lage in der Welt keine Selbstverständlichkeit, sagt Peter Hohl. „Dafür können wir dankbar sein.“

Der Beständige in einer unbeständigen Zeit

Kein großer Empfang, nur vereinzelte Besuche von Mitgliedern der Familie, der große Bahnhof fand zum 75. Geburtstag von Peter Hohl wegen Corona nicht statt. „Das ist eine wunderschöne Übung, zu sehen, wie es nach der Politik so ist“, meint der Jubilar im Gespräch mit dem KB. „Ich hatte mir das anders vorgestellt, aber ich versuche das positiv zu sehen.“

Geboren wurde der passionierte Maler und Klavierspieler am 14. April 1945 in Benkendorf bei Halle in den Wirren des sich zum Ende neigenden Krieges. Die Mutter floh mit ihrem Kind über Kassel und Hamm nach Pfalzdorf, wo die Schwiegereltern auf einem Bauernhof lebten. Der Vater, der als Feuerwerker in Holland Bomben entschärfte, kam nach und verkaufte nach dem Krieg über Autos in der Region.

Seine Kindheit verbrachte Peter Hohl in Uedemerbruch und Uedem. Er absolvierte sein Abitur in Goch. „Ich wollte Pastor werden“, erinnert er sich. Deshalb studierte er aus Überzeugung evangelische Theologie, stieg dann aber auf Pädagogik um. Von 1973 an unterrichtete er an der Weezer Johannesschule bis zu seinem Ausscheiden 2009.

Anfang der 70er Jahre begannen seine politischen Aktivitäten. Hohl arbeitete 1973 mit Edmund Bercker als Bildungsobmann im SPD-Ortsvereinsvorstand Kevelaer, wechselte aber 1974 schon zur CDU.

Ein Grund war der „Radikalenerlass“ der sozial-liberalen Koalition zur Überprüfung von Bewerbern für den Öffentlichen Dienst auf deren Verfassungstreue. „Da stand ich mit meiner Meinung mitten in der CDU“, erzählt er. Und er folgte seinen Überzeugungen als „Verfechter der repräsentativen Demokratie.“ Ein Jahr später zog der damals 30-Jährige in den Klever Kreistag ein, von der Motivation angetrieben, „den neuen Kreis Kleve zu gestalten. Man muss auch mit gestalten,das habe ich, so gut wie es ging, immer versucht.“

Rückgrat bewiesen

Dort wurde er stellvertretender Fraktionsvorsitzender und Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses. Als eines der wichtigsten politischen Projekte bezeichnet Hohl, dass man Anfang der 90er Jahr den Erweiterungsbau des Kevelaerer Museums durchgesetzt hat. Dafür stimmte er damals sogar mit der Rückendeckung seiner Kevelaerer Parteikollegen mit der Opposition und durfte dafür sein kurzes Engagement als Pressesprecher der Kreis-CDU abgeben.

„Das war eine Ausnahme. Aber ich wollte mich da nicht verbiegen lassen. In meinen Wahlaussagen stand damals ganz klar drin: für einen Erweiterungsbau am Museum.“
Hohl hat klare Prinzipien. „Wichtig ist, eine politische Meinung zu haben, aber noch wichtiger ist, wie sieht die Meinung über Politik aus?“ Das sei eine latente Aufgabe. „Diese Entweder-oder-Geschichten sind in der Politik sehr gefährlich“, sieht Hohl einen „gewaltigen Unterschied zwischen Gesinnungsethik, die bei der CDU keine starke Grundlage ist, und der Verantwortungsethik.“