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Orgelkonzert zum Abschluss der Wallfahrt

Einen fulminanten Abschluss fand am Nachmittag des Allerheiligentages jene Orgelkonzertreihe, die in gewohntem Rhythmus die Wallfahrtszeit durchzieht. Alessandro Bianchi hatte den Weg aus dem Norden Italiens nach Kevelaer auf sich genommen – die majestätische Basilikaorgel ist eine solche Reise allemal wert. Gut 50 Freunde der Orgelmusik hatten den Weg in die Basilika angetreten und sich nicht vom trüb-nassen Novemberwetter verschrecken lassen.

Das Programm hielt häufiger zu hörende Werke wie das Finale aus Louis Viernes dritter Sinfonie bereit, vor allem aber auch Kompositionen, die seltener zur Aufführung kommen. Zur Eröffnung gab es mit Joseph Bonnets „Variations de concert“ gleich einen richtigen Brocken – spieltechnisch markierte Bianchi bereits an dieser Stelle, dass er ein Freund der weit oben hängenden Trauben ist.

Ähnlich wie der weitaus bekanntere Marcel Dupré zählte Bonnet zu jenen französischen Orgelvirtuosen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die ein heute geradezu unglaublich erscheinendes Reise- und Konzertpensum in Europa und Amerika absolvierten. In diesen Zusammenhang fallen gewiss auch die gespielten Variationen, die in erster Linie der Demonstration der technischen Meisterschaft des Organisten dienen sollen, über die Bonnet zweifelsohne verfügte – ob gleiches für ihn als Komponisten gilt, ist Geschmackssache. Darüber musste sich Bianchi allerdings keine Sorgen machen und konnte sich dank seiner überragenden Technik ganz dem Musizieren im besten Sinne widmen.

In die Reihe der vielreisenden Orgelvirtuosen ist auch Bianchis Landsmann Marco Enrico Bossi (1861­–1925) zu rechnen, der zu seinen Lebzeiten hohe Popularität genoss. Immerhin zählte er zu den Musikern, die sich mit ihrer Musik selbst auf den berühmten Welte-Notenrollen verewigen durften, die als frühe Speichermedien in den selbstspielenden „Welte-Philharmonie-Orgeln“ zum Einsatz kamen – auch das durch Bianchi dargebotene „Erhöre mein Flehen“ rechnet dazu. Solche Musikautomaten fanden sich in Haushalten der Oberschicht ebenso wie auf Ozeanriesen, etwa der Titanic. Letztere versank nur aufgrund einer Lieferverzögerung ohne Orgel und in diesem Zusammenhang nicht ohne Ironie: Bossi kam auf einer Atlantikpassage ums Leben.

Einer ganz so ‚lebendigen‘ Ausgestaltung des Motivs „nahendes Lebensende“ hätte es im Grunde gar nicht bedurft, wie sie in der Basilika zur Aufführung kam – der hervorragend spielende Bianchi war daran weitgehend unschuldig. Aber die Melange aus leidender Vox coelestis, himmelschreiend verstimmtem Gedackt, unharmonischen Röhrenglocken und dazwischenfiependem Hörgerät eines Konzertbesuchers stellte all jene auf eine äußerst harte Probe, die dem Umstand definierter und aufeinander bezogener Tonhöhe zumindest einen gewissen Restwert beimessen. Es bleibt zu hoffen, dass dieses innige Flehen erhört wurde – selbst, wenn es nur eines um Nachstimmung der Gedackten (und Mixturen) war.

Den Mittelblock bildeten zwei Franzosen, deren sehr spezielle Beziehung zueinander reichlich Stoff für Geschichten und Anekdoten geliefert hat – Louis Vierne und Marcel Dupré. Zählt das bereits erwähnte Finale aus Viernes „Dritter“ zu den Orgelhits, ist die Transkription „Zephyrs“ von Dupré nur selten zu hören, geht sie doch auf eine Improvisation des Meisters zurück, die später verschriftlicht, von ihm aber nie autorisiert wurde.

Beide Werke trug Bianchi gleichermaßen packend und souverän vor und verstand es dabei, die frankophonen Facetten der Basilikaorgel gekonnt zur Geltung zu bringen. Der ästhetische Wert, eine „Augenblicksmusik“ zu verschriftlichen und anschließend in völlig anderer Situation „nachzuspielen“, blieb aber auch nach dieser Aufführung fraglich.

Hatte Bianchi bis hierhin schon ein eindrucksvolles Zeugnis seines Könnens abgelegt, wartete der wahre Titan erst noch auf Organist und Zuhörer. Franz Liszts „Fantasie und Fuge über den Choral ‚Ad nos, ad salutarem undam‘“ ist mit knapp einer halben Stunde Spielzeit der mächtigste unter den drei epochemachenden Monolithen, die der ‚Abbé‘ der Orgelwelt hinterließ.

Das thematische Material für diese entgegen dem Titel eigentlich dreiteilig angelegte Komposition entnahm Liszt dem „Choral der Wiedertäufer“ aus dem ersten Akt der Oper „Le prophète“ von Giacomo Meyerbeer – in seiner Zeit gleichermaßen ein äußerst erfolgreicher wie auch (neidbedingt) angefeindeter Komponist. Schon allein die Wahl von Thema und Form machen das Changieren zwischen der Welt des Theaters und der Bühne als auch einer Faszination für alles „Religiöse“ deutlich, welches für Liszts Leben geradezu konstituierend war.

Was passiert nun mit einem Hörer, der von all dem nichts weiß, Struktur und Bau des Werkes nicht kennt und vielleicht „Ad nos“ sogar zum ersten Mal hört? Er wird unter den über ihn hereinbrechenden, noch so vorzüglich gestalteten Klangwogen Schiffbruch erleiden und schon in der zeitlichen Ausdehnung des Werkes jede Orientierung verlieren. Genau das war auch zu beobachten. Will man es tadeln? Gewiss nicht, denn eine gänzlich kommentarlose Aufführung wird weder dem Werk noch den Zuhörern gerecht. Wenige erläuternde Sätze führen zu einem anderen Musikerlebnis – lohnend für alle Beteiligten.

Nach 70 dicht gefüllten Minuten spendeten die Zuhörer stehend reichen Applaus, den sich Alessandro Bianchi zweifelsohne redlich verdient hatte und diesen mit einer kleinen Zugabe belohnte.

Jagdhornbläser in besonderem Ambiente

Unter den Füßen knisterndes Laub und Gehölz statt eines festen Kirchenbodens, einfache Holz- statt bequemer Gebetsbänke: Es war ein ungewöhnliches Ambiente, das sich die Jagdhornbläsergruppe des Hegering Kevelaer-Weeze da ausgewählt hatte.

Statt einer Kapelle oder Kirche hatte sich die Gruppe diesmal ein riesiges Buchenwaldstück am Saarbrocksweg im Kalbecker Forst ausgesucht. Von einem Mitglied organisierte man sich einen Lastwagen als Messebühne, rahmte die Messe musikalisch ein und brachte den gut 100 Menschen dort die „Steirische Jägermesse“ von Johann Cescutti zu Gehör.

„Wir blasen ja jedes Jahr zu Ehren des Heiligen Hubertus – mal in Kevelaer, mal in Weeze“, erläuterte Josef Bohlen als Vorsitzender des Hegerings Kevelaer-Weeze die uralte Tradition.
Vor zwei Jahren war man schon mal in der Basilika gewesen. „Jetzt haben wir einen Waldbestand gesucht, der dazu passt“, war der nach dem großen Sturm vom Januar nur schwer zu finden gewesen.

Schließlich war der Verein auf der Waldfläche von Max Elverfeldt am Kalbecker Forst fündig geworden. „Wir haben ja auch eine Kapelle in Kalbeck, aber das war für uns sofort klar, das machen wir. Und es hat sich gelohnt – der Himmel ist für uns aufgegangen“, lobte er das musikalische Ereignis im Sonnenlicht.

Hinhören als Botschaft

Auch der Weezer Pfarrer Klaus-Martin Niesmann, der die Messe zelebrierte, zeigte sich begeistert: „Die kamen auf uns zu und fragten von sich aus an. In der Kirche klingt das auch toll, aber im Wald hier ist das ein Genuss. Das klingt einfach – und das ist Kirche vor Ort.“
Zuvor hatte der Gottesmann in seiner Predigt vom „Hinhören“ gesprochen und auf die Legende des Jäger-Schutzpatrons, des heiligen Hubertus, verwiesen.

Der hatte bei der Jagd einen Hirsch erblickt, zwischen dessen Geweih auf einmal ein strahlendes Kreuz erschien und eine Stimme ihm sagte: „Hubertus, ich erlöse Dich, dennoch verfolgst Du mich.“ Daraufhin hatte Hubertus die Waffe weggeworfen und war ein Heiliger geworden. „Er hat sein Leben so gestaltet, dass er gehört hat, auch später als Bischof und Missionar“, unterstrich Niesmann.

Sowohl Musiker als auch die Gäste waren von dem einstündigen Ereignis bewegt. „Das war wunderbar von der Atmosphäre, die Umgebung passt“, sah es der technische Leiter der Bläsergruppe, Karl Bollen, als „Wohltat“ an, da zu spielen. „Es hört sich ja vorm Treiben auch eindrucksvoll an.“

Beides habe was für sich, meinte der Gocher Uwe Hoppe: „Aber hier ist es authentischer.“ Und die Wemberin Gaby Dicks fasste es charmant so zusammen: „Das war sehr feierlich, eine schöne Atmosphäre, an der freien Luft, total kinderfreundlich. Die Jäger gehören in den Busch.“

Willi Kronenberg überzeugte beim traditionellen Konzert

Der gebürtige Winnekendonker Willi Kronenberg ist ein gefragter und preisgekrönter Musiker und kehrt einmal im Jahr an seinen Heimatort zurück, um die Menschen dort mit einem Konzert und seinem Spiel zu unterhalten und zu faszinieren.

Auch diesmal verfolgten knapp 30 Zuhörer in der Winnekendonker St. Urbanus-Kirche eine Stunde lang das Konzert des Orgelmusikers, an dessen Ende dankbarer und anerkennender Beifall stand.

In diesem Jahr hatte sich Kronenberg das musikalische Thema „Allerseelen“ ausgewählt und dabei auf einige Orgelwerke zurückgegriffen, die die Aspekte von Tod und Vergänglichkeit aufgreifen – insbesondere Johann Gottfried Walthers „Mach´s mit mir Gott, nach Deiner Güt!“-Partitur und Bachs „Herzlich tut mich verlangen.“

Großer Improvisateur

Eine ähnliche Stimmungslage ergebe sich, so Kronenberg, aus dem Präludion „Allerseelen“ von Theodor Allekotte, „einem Kölner Komponisten, der als großer Improvisateur galt“.
Um das Publikum aber nicht zu sehr diesem Stimmungstief zu überlassen, habe er für das Ende das Thema „Ostern“ mit Jean Langlais´ „Incarnation pour un jour saint“ und Elementen der Osternacht gesetzt.

Die Übertragung auf das Instrument gelang ihm dabei ganz hervorragend. Zum Auftakt intonierte Kronenberg aber zunächst Christoph Försters „Concerto per l ´organo“ mit dem barock-tänzelnden, temporeichen „Allegro“, dem etwas melancholischeren, in höherem Register angesetzten „Larghetto“ und dem furiosen zweiten „Allegro“.

Im Anschluss daran kam er zu Johann Gotttfried Walthers Partita über den Choral „Mach‘s mit mir, Gott, nach Deiner Güt“, den er melodiös-gedämpft in seinen verschiedenen „Stimmen“ – ob nun fast „flötenartig“ im Klang, knarziger oder in dezenten, inein­anderfließenden Klangströmen – darbot.

Johann Sebastian Bachs „Fantasie und Fuge c-moll“ geriet zu einem Feuerwerk der bachtypischen komplexen Klangstrukturen, die wie ein Netz aus Melancholie und Traurigkeit furios dargeboten den Zuhörer fesselten. Sehr bedacht dagegen wirkte da das Lied „Herzlich tut mich verlangen“.

Die drei Fugen von Wilhelm Friedemann Bach ließen das Bemühen heraushören, es von der Idee her dem großen Meister gleichzutun, ohne an die Brillanz von dessen Musik zu geraten. Stimmungsvoll, nachdenklich, die Töne für sich sprechen lassend und mit viel Ausdruck die Orgel nutzend, interpretierte Kronenberg Allekottes „Präludium“.

Voluminös, modern, aufwühlend und voller Wucht interpretierte Kronenberg dann die Langlais-Komposition, ehe die luftig-leichte „Toccata“ von John Rutter den Schlusspunkt unter ein abwechslungsreiches, spannendes Programm setzte.

Erlesene Qualität

Dass die Jazzkonzerte im Goldenen Löwen immer gut besucht sind, ist kein Geheimnis. An diesem Abend passte aber wirklich kaum noch ein Mäuschen in die Gaststätte, wo die Gäste bis weit hinten in dem großen Saal saßen.
Der Grund für das große Inter­esse war durchaus berechtigt, denn mit Brenda Boykin (Gesang), Jan Luley (Piano, Gesang) und Torsten Zwingenberger (Schlagzeug und Percussion) waren drei Musiker gekommen, die jeder für sich schon einen Musikabend verdient gehabt hätten.
Luley gilt mit seinem Pianospiel als einer aus der europäischen Spitzenklasse, was traditionellen Jazz, Blues, Gospel und New Orleans-Jazz betrifft. Torsten Zwingenberger ist nicht nur der Bruder des weltberühmten Boogie-Pianisten Axel Zwingenberger, sondern auch seit Jahrzehnten eine Größe in der europäischen Jazzszene, was sein differenziertes Schlagzeugspiel angeht.
Und dazu kam dann noch mit Brenda Boykin eine besondere Stimme. Die 1957 in Kalifornien geborene Sängerin lebt seit 2004 in Wuppertal und wurde ein Jahr später beim renommierten Montreux Jazz Festival als beste Sängerin ausgezeichnet.
Nie so zusammen gespielt
Sie verfügt nicht nur über eine ausgezeichnete, mit Wärme und tiefem Timbre ausgestattete Stimme, sondern auch über eine fröhliche, mitreißende Bühnenpräsenz, der man sich – trotz der Tatsache, dass sie sich aufgrund körperlicher Einschränkung auf einen Stock gestützt bewegen muss – auch an diesem Abend nicht entziehen konnte.
Die drei repräsentierten eine besondere Konstellation – so hatten sie in der Formation noch nicht zusammen gespielt, auch wenn Luley und Boykin schon länger zusammen arbeiten. „Ein fantastischer Laden, volles Haus, gute Akustik – was will man mehr?“, meinte Zwingenberger.
Für ihn und Luley war es die erste und einzige musikalische Zusammenkunft in diesem Jahr. Dass daraus ein besonders schöner Abend mit sehr erlesenem Sound werden würde, war fast folgerichtig.
„Wir spielen heute abend viele Songs gegen den Regen“, eröffnete Luley das Konzert solo am Piano mit Jerry Roll Mortens „New Orleans Joys“ aus dem Jahr 1923, was dem Opener mit seinem erfrischend-vitalen Spiel den passenden Leichtigkeitscharakter und einen modernen Drive verpasste.
Dem schloss er ein kreolisches Volkslied an, bis er dann den „variabelsten Schlagzeuger des Swing“ mit auf die Bühne holte. Beide Musiker zeigten dann blendendes Timing und großartiges Klangverständnis – und machten aus dem „St. Louis Blues“ ein hochabwechslungsreiches Stück aus melodischem New-Orleans-Sound und Bossanova.
Dem folgte mit „Sunny side of the street“ ein weiterer Klassiker im New Orleans-Style mit rhythmisch dichtem Spiel und fettem, swingendem Zug.
Seine große Kunstfertigkeit durfte Zwingenberger dann zeigen, als er einen Zug auf seinem Instrument losfahren ließ – und zusammen mit dem Pianisten einen Boogie Woogie mit fetzigem Tempo und Feuer entwickelte, den Luley spontan „Boogie für the golden lion“ nannte. Nach der Pause betrat dann Boykin, gestützt auf einen Stock, die Bühne, setzte sich auf einen Stuhl – und mit ihrer Vitaliät, dem ansteckenden Lachen, ihrer warmen Art und der sanften, vielseitigen Stimme packte sie das Publikum.
„Für dich und mich“
So geriet „Sweet home Chicago“ zum eher ruhigen Blues, „Take the A-Train“ zum intimen Swing mit Mitklaschanimation und Feeling. Bei „Blue Skies“ von Irving Berlin zeigte sie tolle Phrasierungen, emotionalen Touch und intonierte auf deutsch: „Für dich und mich“, was in ihrer Klangfarbe einfach herrlich rüberkam.
Zwischendurch shakerte sie mit dem Publikum, brachte mit ihren musikalischen Partnern mit „Something you got“ einen lässigen Swing-Boogie auf die Bretter, bekannte „We live our freedom – Jazz is free“ und brachte mit Luley den Ellington-Klassiker „Mood Indigo“ mit tiefen, sehr natürlich dargebotenen Tonmodulationen zu Gehör.
Dann gab´s noch „meine Lieblingsrichtung Boogie und Woogie“ von ihren zwei Solisten am jeweiligen Instrument dargeboten – und durch den „High Heel Sneakers“- Gesang ihrerseits veredelt.
Und spätestens nach dem dritten Teil des Konzerts musste man dann vollends Fan des Trios sein, das für Begeisterung sorgte – und sich hoffentlich nochmal die Zeit nimmt, in Kevelaer vorbeizuschauen und die Gäste mit einem Spiel auf allerhöchstem Niveau zu verzaubern.

1000 Stimmen für die Brüderlichkeit

Seit einigen Jahren dirigiert und komponiert der Niederländer Tom Löwenthal in der Wallfahrtsstadt – ein Mensch, der für seine Musik lebt und sie mit der Portion Leidenschaft vermitteln kann, die es braucht, um von ihr begeistert zu sein.

Im Laufe seines jahrzehntelangen Schaffens hat er viele große Projekte verwirklichen können – der vergangene Samstag dürfte aber als eines seiner schönsten Karriereerlebnisse in seine Vita mit eingegangen sein.

Denn in Eindhoven wurde zu Ehren des niederländischen Theolologen und Dichters Huub Osterhuis, der 85 Jahre alt wurde, das große Oratorium „Lied van de Aarde“ aufgeführt.
Interpretiert wurde das einstündige Oratorium von dem Orchester „La Passione“ aus Lier bei Antwerpen und dem „Kamerkor Helicon“ unter der Leitung von Geert Hendrix.

„Das Oratorium mit dem Lied von der Erde hab ich 1989 geschrieben mit viel Vergnügen und Spaß“, zeigte sich Löwenthal nach dem Konzert begeistert. „Die belgischen Leute haben das super gemacht. Es hätte sicher etwas kräftiger und theatralischer sein können, aber ich muss nicht unzufrieden sein“, sprach aus diesen Worten auch eine gehörige Portion Stolz.

Denn in Anwesenheit des Jubilars boten die Ensembles eine klang- und gesangsmächtige Umsetzung des Stücks mit dem Text von Osterhuis, das von dem Chaos auf der Erde und dem Unvermögen der Menschen kündet, die Erde und die Natur zu bewahren.

„Die Musik ist polystilistisch gedacht – ein bisschen im Stil von Eisler und Weill, mit etwas Bach und Latin“, erläuterte der Komponist danach. „Das hat gut funktioniert, die Stile ergänzen sich schön“, war sein Eindruck.

Aus dem Dialog Gottes (fantastisch: die Sopranistin Dani van Hoog als „Gott“) mit dem Realisten geht am Ende die Botschaft hervor, dass die Menschen sich ändern können und sie „Aarde.Deze. Enig denbare. Rond en blau in de ruimte“ bewahren können.

„Dieses Stück bleibt immer aktuell, diese Umweltfrage, das hat Huub Oosterhuis damals schon wie ein Prophet vorhergesehen“, sieht Löwenthal fast drei Jahrzehnte nach der erstmaligen Aufführung, dass dieses Problem drängender ist denn je. „Und auch diese Sache mit den orthodoxen Radikalen, mit Islam und dass so viele Leute denken, die Wahrheit zu haben.“

Danach trat der 64-Jährige selbst als Dirigent an das Pult und führte zusammen mit dem Amsterdamer „Koor Helicon“, den er am Wochenende teilweise noch bei sich zu Hause zur Probe versammelt hatte, sechzehn moderne Kirchenlieder mit Texten des 85-Jährigen auf.

Selbst komponiert

Viele der Lieder hatte Löwenthal selbst komponiert, dazu kamen Bearbeitungen von Arjen van Baest und Antoine Oomen. Arrangiert hatte der 64-Jährige dann alle 16 Stücke – und er dirigierte selbst dabei die Chorsänger, das Orchester und die 1060 Menschen im Publikum, die alle mitsangen.

„Für mich war das eine Premiere, die Kirchenlieder, die orchestriert sind, mit einem ganzen Saal zu singen“, wurde dem Komponisten danach bewusst, dass das etwas war, „was Du nicht alle Tage so erlebst.“

Für den Zuhörer im Saal war es eine durchweg magische Stunde – allein aufgrund der gewaltigen Macht der Musik und der zusammen singenden Stimmen, die das moderne Gebäude mit ihrem Klang förmlich erstrahlen ließen. Und Lieder wie „Die mij drug“ („Der mich trug“) besaßen eine so emotionale Wucht, dass bei einigen die Augen nicht mehr trocken blieben.

Dazu kam das mit ganzem Körpereinsatz geführte Dirigat von Löwenthal, der danach gestand: „Ich weiß, ich bin ein thetralischer Dirigent. Ich habe versucht, die Menschen zu begeistern, und wenn ich sie richtig anfeuere, finden die Leute das schön.“

So sah es auch Huub Oosterhuis selbst, der danach für sein Lebenswerk und die 1000 Bücher mit all seinen Texten warb. Danach forderte er die Regierung – stellvertretend für viele andere Flüchtlinge in den Niederlanden – auf, eine von Ausweisung bedrohte Familie in einer Kirche in Katwijk zu verschonen. „Bewahrt mir mein freundliches Holland“, lautete sinngemäß seine Botschaft des Tages: „Für die Brüderlichkeit.“

Tom Löwenthal will den Eindhoven-Impuls gerne weiter nach Kevelaer transportieren. „Sowas wie das Mitsingen, das brauchen wir auch am Kapellenplatz mit Orchester“, das wäre sein Traum für den Krippenmarkt. Und vielleicht könne man ja eines Tages auch das Oratorium in Kevelaer zusammen mit Akteuren vor Ort verwirklichen.

Erlesener Sound mit Frauenpower

Es ist kein Geheimnis, dass die Jazzkonzerte im Goldenen Löwen immer gut besucht sind. Dies war auch diesem Abend der Fall. Mit Brenda Boykin (Gesang), Jan Luley (Piano, Gesang) und Torsten Zwingenberger (Schlagzeug und Percussion) waren drei Musiker gekommen, die jeder für sich schon einen Musikabend verdient gehabt hätten.

Luley zählt mit seinem Pianospiel zur europäischen Spitzenklasse, was traditionellen Jazz, Blues, Gospel und New Orleans betrifft. Torsten Zwingenberger ist nicht nur der Bruder des weltberühmten Boogie-Pianisten Axel Zwingenberger, sondern auch seit Jahrzehnten eine Größe in der europäischen Jazzszene, was sein differenziertes Schlagzeugspiel angeht.

Und dazu kam mit Brenda Boykin noch eine besondere Stimme. Die 1957 in Kalifornien geborene Sängerin lebt seit 2004 in Wuppertal. 2005 wurde sie beim renommierten Montreaux Jazz Festival als beste Sängerin ausgezeichnet.

Boykin verfügt nicht nur über eine ausgezeichnete, mit Wärme und tiefem Timbre ausgestattete Voice. Sie besitzt auch eine fröhliche, mitreißende Bühnenpräsenz, der man sich auch an diesem Abend nicht entziehen konnte. Und das, obwohl sie sich aufgrund körperlicher Einschränkung auf einen Stock gestützt bewegen muss.

Noch nie so zusammen gespielt

Das Trio präsentierte eine besondere Konstellation. Denn in der Form hatte es noch nicht zusammen gespielt, auch wenn Luley und Boykin schon länger zusammen arbeiten. “Ein fantastischer Laden, volles Haus, gute Akustik – was will man mehr?”, war Zwingenberger voll des Lobes.

Torsten Zwingenberger gilt als einer der besten europäischen Jazzdrummer.

Für ihn und Luley war es die erste und einzige musikalische Zusammenkunft in diesem Jahr. Dass daraus ein besonders schöner Abend mit sehr erlesenem Sound werden würde, war fast folgerichtig.

“Wir spielen heute abend viele Songs gegen den Regen”, eröffnete Luley das Konzert am Piano mit Jerry Roll Mortens “New Orleans Joys” aus dem Jahr 1923. Mit seinem erfrischend-vitalem Spiel verpasste er dem Song den passenden Leichtigkeitscharakter und modernen Drive.

Dem schloss er ein kreolisches Volkslied an, bis er dann den “variabelsten Schlagzeuger des Swing” mit auf die Bühne holte. Beide Musiker zeigten blendendes Timing und Klangverständnis. Sie trugen den “St. Louis Blues” als ein hochabwechslungsreiches Stück aus melodischem New-Orleans-Sound und Bossanova vor. Dem folgte mit “Sunny side of the street” ein weiterer Klassiker im Orleans-Style mit rhythmisch dichtem Spiel und fettem swingenden Zug.

Seine große Kunstfertigkeit zeigte Zwingenberger, als er einen Zug auf seinem Instrument losfahren ließ. Zusammen mit dem Pianisten entwickelte er einen Boogie Woogie mit fetzigem Tempo und Feuer, den Luley spontan “Boogie für the golden lion” nannte.

Vitale Frauenpower

Nach der Pause betrat Boykin und packte das Publikum mit ihrer Vitaliät, dem ansteckenden Lachen, ihrer warmen Art und der sanften, vielseitigen Stimme.

So geriet “Sweet home Chicago” zum eher ruhigen Chicago-Blues, “Take the A-Train” zum intimen Swing mit Mitklatschanimation und Feeling. Bei “Blue Skies” von Irving Berlin zeigte sie tolle Phrasierungen, emotionalen Touch und intonierte auf deutsch:” Für dich und mich”, was in ihrer Klangfarbe einfach herrlich rüberkam.

Zwischendurch scherzte sie mit dem Publikum. Zudem präsentierte sie mit ihren musikalischen Partnern mit “Something you got ” einen lässigen Swing-Boogie. Boykin bekannte “We live our freedom – Jazz is free” und brachte mit Luley den Ellington-Klassiker “Mood Indigo” mit tiefen, sehr natürlich dargebotenen Tonmodulationen, zu Gehör.

Zum Schluss gab’s noch “meine Lieblingsrichtung Boogie und Woogie” von ihren zwei Morder-Solisten am jeweiligen Instrument dargeboten und durch den “High Heel Sneakers”- esang ihrerseits veredelt.

Spätestens nach dem dritten Teil des Konzerts musste man vollends Fan des Trios sein, das bei den Zuhörern für Begeisterung sorgte.

59. Hubertuskirmes auf Keylaer startet ab dem 31. Oktober

Ab dem 31. Oktober bietet das neu gestaltete Festzelt in der kleinen Bauernschaft zwischen Kevelaer und Weeze über drei Wochen jede Menge Veranstaltungshighlights.

Zum Auftakt gibt es in diesem Jahr am 31. Oktober bereits eine Halloween-Party unter dem Titel „Blood´n´Bass“. Die DJs Bugatty, Da Hool, DJ Dune, DJ Quicksilver und Sylver werden für den passenden Beat an diesem Abend sorgen.

Zu Ehren des Königs der St. Hubertusgilde Keylaer steigt am Freitag, 3. November, der große Königsball im Festzelt. Bei packender Tanzmusik von der „X.O. Band“ ist jeder herzlich eingeladen, dieses Ereignis im Festzelt gebührend mitzufeiern. Der Eintritt ist an diesem Abend frei.

Nach diesen Auftaktveranstaltungen folgen eine ganze Reihe von Veranstaltungshighlights, die bis tum 17. November im Hubertus-Festzelt auf Keylaer geboten werden.
So findet als großes Highlight am Samstag, 3. November, die Popschlagernacht mit Live-Diskofox-Music von den Stargästen Julia Buchner und Nico Gemba sowie der Live-Band „X.O.“ statt.

Der Sonntag steht dann ganz im Zeichen der Familie: Ab 11 Uhr wird im Festzelt eine große Indoor-Kirmes für Groß und Klein, ein Kindertrödelmarkt, ein Frühschoppen sowie Kaffee und Kuchen und vieles mehr bei freiem Eintritt angeboten.  Am Montag, den 5. November feiert die St. Hubertusgilde ihr traditionelles Patronatsfest. Zum großen Dämmerschoppen am 5. November, ab 19 Uhr, sind alle Gäste herzlich eingeladen.
Präsentiert von der Volksbank an der Niers steht der legendäre Bullenball am 10. November auf dem Programm. Die Top-Band Q5-NewStyle aus den Niederlanden wird im Zelt für die richtige Stimmung sorgen.

Den Abschluss der Festveranstaltungen bildet die 80er-90er Party am 17. November, präsentiert von der Sparkasse mit der Band „Sup-X“.

Details zu den Veranstaltungen sowie Infos Kartenvorverkauf unter www.hubertuskirmes.de.

Musik zum Genießen und Mitsingen

Seit 2015 leisten der Pianist Wolfgang Czeranka und seine Mitstreiter der „Scala Jazz Band“ in der Gaststätte am Kapellenplatz ihren regelmäßigen Beitrag zur musikalischen Abendkultur in der City. „Man ist nicht nur nah dran, sondern auch richtig drin und dabei“, traf Peter Hohl als Gast mit dieser Beschreibung den Nagel auf den Kopf.

Auch diesmal konnte Czeranka mit seinen Mitstreitern Hanns Hübner (Kontrabass), Stefan Janssen (Schlagzeug) und den Gästen Daniela Rothenburg, Querflötinist Enrico, Peter Riccius am Gesang sowie Christian Mallach am Saxofon die Gäste mitreißen.

Erneut boten sie eine spannende Mischung aus mitreißendem Swing, elegantem Bossanova und Samba, tiefgründigem Pop und knackig-komplexem Jazz.

Dazu trug der schwungvolle Start mit dem swingigen „Line for Lyons“ und das melodische Saxofonspiel von Mallach bei der „Samba Cantina“ bei. Die Dortmunder Sängerin Daniela Rothenburg überzeugte mit ihrer klaren Stimme, ihrer natürlichen Art und ihrem Charme bei so Stücken zwei „All cats join in“ aus „Aristocats“ oder „Beginning to see the light.“
Sehr atmosphärisch geriet die Version von Stings Ballade „Fragile“, ehe Riccius zum dritten Mal überhaupt in seinem Leben vor ein Jazzpublikum treten durfte. „Und Du hast hier keine Proben und musst direkt auf den Zug aufspringen“, meinte er später in einer Pause. Ohne Zeit zum Nachdenken bleibe man aber spontan und unmittelbar – und genauso kam er dann auch mit seinem Gesang rüber.

Später überzeugte der Nicht-Profi auch bei Songs wie „It don´t mean a thing“ und „Cheek to cheek“ im gesanglichem Zusammenwirken mit Rothenburg.

Mit „Take ten“ irritierte die Band die Zuhörer, weil die Nähe zu dem Brubeck-Klassiker „Take five“ unüberhörbar schien. „Das liegt daran, dass Komponist Paul Desmond damals einen weiteren Song in der Art geschrieben hat“, sorgte Czeranka für Aufklärung.

Der Pianist bewies später auch an der Ukulele bei so launigen Songs wie „Perfect“ von Fairground Attraction sein Talent an seinem „Nebenpassions“-Instrument.

Richtig Dynamik bekam das Konzert bei dem Ricccius-Rothenburg-Duetten und dem lässig-heißen Bossanova „Sway“ mit einer anmutig sich bewegenden Sängerin und einem kompakt-brennenden Saxofon.

Und Drive kam dann nochmal richtig rein, als Rothenburg und Co. den „Choo Choo Ch´Boogie“ anstimmte. Als Zugabe gab es mit Armstrongs „What a wonderful world“ nochmal einen gefühlvollen Akzent – und das Publikum sang aufgrund der besonderen Stimmung gerne mit.

Länderübergreifende „Muziek Biennale“ präsentiert Spitzentalente

Ein Aufgebot der Spitzentalente präsentiert sich auch bei der diesjährigen länderübergreifenden Muziek Biennale Niederrhein im historischen Gemäuer von Schloss Wissen, Stammsitz der Familie von Loë seit mehr als 500 Jahren. Zu Wandelkonzerten auf fünf Bühnen im Innenbereich des Wasserschlosses laden am Samstag, den 6. Oktober, Formationen euregionaler Musikschulen sowie Ausnahmetalente aus Landesjugendensembles ein mit Konzerten im Wechselspiel von alter Musik, Klassik, Jazz und neuer Musik.
Unter der künstlerischen Leitung von Ute Gremmel-Geuchen treffen sich Ensembles und Solisten der Kreismusikschulen Kleve, Viersen, Neuss, der Musikschulen Haldern Strings, Kamp-Lintfort, Krefeld und Meerbusch sowie der Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf zum großen Festivalfinale auf Schloss Wissen.
Seit dem 31. August widmet sich die Muziek Biennale in ihrer sechsten Ausgabe dem Verbotenen: In rund fünfzig Konzerten spürt das Festivalprogramm auf, wo einst die Grenzen zwischen dem „sich Gehörenden“ und „Unerhörtem“ verliefen und wann in der Geschichte ihre Überwindung Freiräume für neue Kunstformen geöffnet hat und auch politisch befreiende Wirkungen zeigen konnte.
Entsprechend dem Festival-Motto befindet sich ein facettenreiches künstlerisches Spektrum von Verbotenem und Verborgenem im Repertoire der jugendlichen Ensembles auf Schloss Wissen. Neben Werken jüdischer Komponisten und anderer, die in der nationalsozialistischen Ära Deutschlands als „entartet“ diffamiert worden waren, werden auch musikalische Grenzgänger und Vorreiter der Musikgeschichte zu Gehör gebracht.
Und nicht nur die Musik wird an diesem Abend beflügelnd wirken: In seinem Wissener Gastspiel zur „Orchesterpause“ spürt das Krefelder KRESCH-Theater mit „Lisa oder Wilde Vögel fliegen“ allzu menschlichen Sehnsüchten nach und öffnet Türen in phantastische und geheimnisvolle Welten. Zum Finale des Abends gibt es noch einmal das ganz große Aufgebot: Die Jugendorchester Cellissimo und Sinfonietta der Musikschule Krefeld werden mit Jiddischen Liedern, der gleichsam melancholisch-bewegten und heiteren Musik eines verfolgten Volkes, das Wissener Programm nicht nur angemessen, sondern verboten gut ausklingen lassen.
Die sonntägliche Matinée am Folgetag steht im Zeichen einer außergewöhnlichen Festival-Premiere. Krefelder Kinder- und Jugendensembles der städtischen Musikschule präsentieren zum Finale der diesjährigen Muziek Biennale Niederrhein das Musical „Nora oder die Suche nach dem Glück“, eine Produktion, die unter Leitung von Julia Polziehn ausschließlich von Schülern der Krefelder Musikschule entwickelt wurde.

„Wo Musik ist, da ist Leben“

Ganz viel Musik und diverse Klänge schwebten zum Jubiläum durch die Räume des Musikhauses Welbers. Mehrere Workshops mit Mundharmonika, Saxofon und Cajun sorgten seit dem Beginn der Jubiläumswoche ab dem 19. September für Interesse.
Und während der Laden für die Kunden am Wochenende geöffnet war, jammte der im Haus für Gitarren zuständige Spezialist Francis Blackley mal spontan mit dem Pianisten Manni Pichler.
Für riesige Begeisterung bei den in den Laden kommenden Gästen sorgte die Performance des Duos „Royal Squeeze Box“. Roman D. Metzner und Aaron Perry interpretierten auf wirklich beeindruckende Weise Queen-Songs wie „Good old lover boy“ oder „Bohemian Rhapsody“ mit Akkordeon und Gesang.
Inmitten ihres eigenen Ladens saß Annegret Welbers dann auch mal mit ihrer elfjährigen Akkordeonschülerin Marie zusammen, um mit ihr zu musizieren. „Die BigBand 4 Fun kommt leider nicht – wir hatten keine Überdachung für die Musiker bei dem Regenwetter“, sagte sie, konnte am Sonntag aber trotzdem einige Menschen im Laden begrüßen.
Von klein auf hatte die heute 57-Jährige mit dem Akkordeon und mit Musik zu tun. „Ich hab mit sechs Jahren angefangen. Wir waren mit drei Kindern zuhause auf dem Bauernhof in Xanten. Und mein Papa hat mich gefragt: „Willst du Akkordeon lernen?“
Musik in die Wiege gelegt
Als einziges der drei Kinder blieb sie da bei der Stange, war später auch in einem Akkordeonorchester. „Er hat es mir in die Wiege gelegt.“ Den Wunsch, selbstständig zu werden, hatte sie schon immer, erst mal musste sie auf Geheiß des Vaters aber Rechtsanwaltsgehilfin lernen. „Das war aber nix für mich, mit Stenoschreiben und so.“
Die Musikbegeisterung erhielt sie über die Band „Trainaos“ aufrecht, wo sie Orgel spielte und über 20 Jahre lang den Niederrhein bereiste. „Da hat mein Vater mit dem Pferdehänger noch die Orgel transportiert.“ Sie machte dann eine Ausbildung zur Musikfachhändlerin.
Aus dem Wunsch heraus, vernünftige Instrumente zu bekommen, entstand die Idee für ein eigenes Musikhaus – und am 23. August 1983 war es dann auf der Basilikastraße 23 soweit.
„Das hat sich dann rumgesprochen, es gab viele private Kundschaft“, sagt sie und fügt an, noch heute kämen Menschen, deren Nachbarn vor zehn Jahren bei Welbers ein Klavier gekauft hätten und sie weiterempfohlen haben. Später erfolgte der Umzug auf die Bahnstraße. „Ich lebe das richtig mit Kommunizieren und Musizieren.“
Heute kann man in ihrem Laden von der Blockflöte bis zur Zither alles an Instrumenten erwerben. Die Instrumenten-Kundschaft reicht über Kevelaer hinaus bis nach Duisburg, Düsseldorf, Krefeld oder sogar Stuttgart. „Ein Klavier ging sogar bis nach Gran Canaria.“
Und beim Verkauf erlebe man durchaus auch kuriose Situationen, erinnert sie sich an eine Situation, die sie vor Kurzem noch erlebt hat. „Zuletzt kam eine Mutter in den Laden, deren Hund die Sticks gefressen hatte.“
Über Welbers‘ „Notenfachfrau“ Birgit Zanders können die Kunden auch Noten besorgen, die sonst keiner mehr kriegt – und Gitarrenspezialist Francis Blackley kümmert sich mit um die Instrumente.
Dazu kommen noch Angebote wie Keyboard-Coaching, das Erlernen von Blechinstrumenten – im Haus werden Musiklehrern Räume für Gitarren- oder Klavierunterricht zur Verfügung gestellt. Und selbst hat Welbers nebenbei noch fünf, sechs Akkordeonschüler. „Wo Musik ist, da ist Leben“, sagt sie.
Da bleibt wenig private Zeit, gesteht die engagierte Geschäftsfrau. Genutzt wird die mit Rad- fahren, Schwimmen oder Golf spielen. „Ich bin da eine Montagsspielerin – und noch nicht im Club.“
Internethandel zerstört den Einzelhandel
Natürlich mache ihr wie vielen Händlern das Internet merklich zu schaffen. „Der Internethandel wird den Einzelhandel zerstören“ ist sie fest überzeugt, „wenn die Kunden nicht mehr den Fachhandel mit unterstützen.“
Vieles sei nur noch Geschäftemacherei, will sie sich deshalb die Freude und den Spaß an der Arbeit mit den Kunden nicht nehmen lassen. „„Wir drehen die Welt nicht zurück, aber versuchen, das Beste draus zu machen“, ist ihr persönliches Credo.
Solange Kunden wie Josef Koenen aus Twisteden kommen, die „hier schon eingekauft haben, als ich noch Tanzmusik gemacht hab´und jetzt vor vier Jahren ein Akkordeon gekauft haben“, wird Annegret Welbers auf jeden Fall weitermachen. „Noch zehn Jahre, dann gucke ich“, lautet das selbstgesteckte Limit.
Die Notwendigkeit, dass der Laden bestehen bleibt, sehen die Kunden von sich aus als gegeben an. „Bei uns in Moers hat Kolassa dicht gemacht“, meinte ein Kunde, der in Notenbüchern blätterte und extra aus der Grafenstadt angereist war. Und in der gesamten niederrheinischen Region gibt es vielleicht noch drei Läden dieser Art – einer davon steht in Kevelaer.