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Motorradfahrer-Wallfahrt „light“

Kein Zeltplatz mit Musik und Party, keine große Motorrad-Lichterfahrt entlang des Niederrheins, kein gemeinsames Beten am Gnadenbild und keine Sonntagsandacht: Die Motorrad-Wallfahrt 2020 bot diesmal ein gänzlich anderes Bild als in den Jahren zuvor. Nur ein paar Dutzend Maschinen standen auf dem Parkplatz an der Basilikastraße, am Johannes-Stalenus-Platz und vereinzelt nahe der Gnadenkapelle. „Wir sind Katholiken. Beten – und die Segnung jedes Mal“, das mache es für ihn aus, sagte Adam Kaim, der mit seiner Kawasaki 1000 aus Erkelenz angereist war. Elke Hrebljan aus Nettetal war mit einer Gruppe in Richtung Basilika unterwegs. „Ich bin sehr gerührt und sehr dankbar, dass es stattfindet. Die Segnung zu holen, das ist ein Muss.“ In der Basilika begingen die Biker die feierliche Virgil mit Wallfahrtsrektor Gregor Kauling und dem Bischof von Lüttich, Jean-Pierre Delville.

„Das ist echt ,spooky‘ alles“, fand der Mitbegründer der Kevelaerer Motorradfahrer-Wallfahrt, Heinz-Peter Angenendt, die passenden Worte für die mehr als ungewöhnliche Situation. „Das ist halt unser Ding, aber ich könnte heulen“, bedauerte er natürlich, dass der Verein „Motorradfahrer-Wallfahrt Kevelaer“ die „MoWa“ nicht mehr organisiert. „Es ging so nicht mehr. Wir haben immer Geld zugelegt – 10.000 Euro schon, ohne dass einer da war.“ Ähnlich sah das Vorstandsmitglied Klaus Heyer, der unter dem Info-Pavillon vor dem Priesterhaus stand. „Es ist ganz schön traurig – es fehlt was.“ Der Vorstand treffe sich noch in diesem Jahr, sagte Heyer, zeigte sich allerdings wenig zuversichtlich, dass der Verein nächstes Jahr wieder übernimmt. „Wir hatten schon mehrere Versammlungen gehabt, aber die waren sehr erfolglos.“ Zu den organisatorischen Veränderungen von 2020 kamen noch die deutlichen Beschränkungen durch die Corona-Pandemie hinzu. 

Bei Wind und Wetter

Stephan und Dagmar Drabben aus Nettetal wollten sich trotz der Widrigkeiten das Erlebnis gemeinsamen Innehaltens und der Einkehr nicht nehmen lassen. „Wir kommen seit 1986 hierhin, bei Wind und Wetter. Das ist ein Bestandteil unseres Lebens geworden“, meinte der 50-Jährige. Der Kevelaerer Frank Kirsch berichtete, er sei mit 40 Mann vom alten Zeltplatz an der Walbecker Straße aus die frühere „MoWa“-Strecke gefahren. Er sprach davon, dass er ein Interesse daran habe, „die MoWa wieder aufleben“ zu lassen.

Am Eingang der Basilika wurden die Biker von den Helfern der Kirche und der Seb mit einer Kerze ausgestattet. Sie trug die Aufschrift „Ich bin da, wo Du bist“ – das Motto des Wallfahrts-Jahres 2020. „Egal, in welcher Kirche ich bin, ich zünde da eine Kerze an – für die Buddies und Arbeitskollegen, die durch Krebs oder Unfälle gestorben sind“, so der Oberhausener Rainer Panne. Ihn trage „der Glaube, dass die Gemeinschaft etwas bewirken kann.“ 

Die anwesenden Biker verfolgten dann im angemessenen Corona-Abstand die über einstündige Andacht, die von Pastor Gregor Kauling und dem Bischof von Lüttich, Jean Pierre Delville, in äußerst würde- und stimmungsvoller Form durchgeführt wurde. Ergänzt wurde die Feier von den wirklich berührenden musikalischen Beiträgen von Elmar Lehnen am Klavier, seiner Frau Biggi, Anja Rossmann und ihrer Tochter im Gesang.

Persönliche Ansprache von Pastor Kauling

Sehr persönlich geriet in diesem Jahr die Ansprache von Pastor Gregor Kauling an die anwesenden Fahrer. „Alles anders als in den vergangenen Jahren – die Corona-Krise trifft uns alle“, gestand er, aber machte sehr deutlich, wie wichtig es der Kirche gewesen war, „dass die MoWa wie auch immer stattfinden kann, die Vereine und Fahrer unter Gottes Segen stehen“ können. Anknüpfend an die Predigt meinte er: „Wahre Erlebnisse erlebt nur der, der sich auf den Weg macht.“ Er wandte sich an die Anwesenden: „Eure Touren führen euch in Neuland, auf neue Straßen. Gott geht mit euch mit.“

Er schilderte, wie er unter Corona-Bedingungen seinen sterbenskranken Vater besuchte und dabei auf einen ehemaligen Motorradfahrer im Rollstuhl mit amputiertem Bein traf, der ihm von seinem Unfall berichtete, dass er „Glück gehabt“ habe, und der den Optimismus verbreitete, selbst bald mal zur „MoWa“ zu kommen.

Im Zuge des Gottesdienstes wurden sechs Namen von bei Unfällen Verstorbenen verlesen, für jeden einzelnen eine Kerze angezündet – ein sehr inniger und berührender Moment für alle. Anschließend führte der Weg die Gläubigen zurück zu ihren Maschinen, während Kauling und der Bischof zum Gnadenbild gingen, wo Kauling nochmal unterstrich, wie sehr ihm die Zukunft der MoWa am Herzen liegt und dass „die Kevelaerer ruhig hören dürfen, dass die Motorradwallfahrt im Ort ist.“ Und anschließend fuhren etwas mehr als 50 Biker an Kauling, dem Bischof, Pater Thomas und Pater Jomat vorbei, um einzeln den Segen für ihre zukünftigen Touren zu erhalten.

Eine Bildergalerie zur MoWa finden Sie hier auf unserer Website.

Motorradfahrer-Wallfahrt in diesem Jahr als „Light“-Version

Dass es in diesem Jahr keine reguläre Motorradfahrer-Wallfahrt (MoWa) in Kevelaer geben würde, war schon seit Monaten beschlossene Sache. Nachdem der Verein Motorradfahrerwallfahrt-Kevelaer e.V. die MoWa nun seit 34 Jahren ausrichtet, mussten Veränderungen im Laufe der Zeit zur Kenntnis genommen werden; vor allem zählt dazu die deutlich nachlassende Frequentierung des Zeltplatzes an der Walbecker Straße. Hinzu kam außerdem, dass die ehrenamtliche Personaldecke für die Ausrichtung der MoWa in der gewohnten Form immer dünner wurde und auch weiterhin wird. Aufrufe, sowohl vereinsintern als auch extern, brachten bisher keine Entlastung.

Deshalb hatte der Vereinsvorstand zur Kenntnis nehmen müssen, dass die MoWa 2020 nicht unter der Leitung und Organisation des Vereins zu stemmen ist. Diese sich abzeichnende Situation wurde offen und mit beiderseitig offenen Ohren mit der Wallfahrtsleitung St. Marien besprochen und beraten. Nach einem weiteren Gespräch von Vereinsvorstand und Wallfahrtsleitung wurde beschlossen, in diesem Jahr eine „MoWa–light“ durchzuführen – eine reduzierte Form der gewohnten Abläufe. Die Durchführung liegt dabei in der Verantwortung der Wallfahrtsleitung St. Marien.

Änderungen auch unabhängig von Covid-19

Alle diese Entscheidungen wurden bereits in Vor-Corona-Zeiten getroffen. Nun kommen die Beschränkungen, die in Zeiten der Pandemie immer noch bestehen, hinzu, sodass die Wallfahrtsleitung nochmals über das Format nachdenken und sich mit den zuständigen Behörden abstimmen musste.

Die „Lichterfahrt“ am Samstagabend, 4. Juli, wird als reine selbstverantwortliche (nach StVO) Anfahrt nach Kevelaer erfolgen. Alle Biker werden gebeten, ihre Maschine auf dem eigens abgesperrten Parkplatz am Ende der Basilikastraße abzustellen. In der Basilika beginnt dann um 20 Uhr ein Abendgottesdienst mit dem Totengedenken für die verstorbenen Motorradfahrer/-innen. In der Basilika stehen 150 Sitzplätze zur Verfügung, jeder Besucher muss ein Registrierungsformular ausfüllen. Das entsprechende Formular steht auf der Internetseite https://www.wallfahrt-kevelaer.de zum Download bereit.

Nach dem Gottesdienst sind die Biker eingeladen, einzeln und mit Abstand vom Parkplatz über den Johannes-Stalenus-Platz auf den Kapellenplatz zu fahren, wo Fahrer und Maschinen von den anwesenden Seelsorgern gesegnet werden. Die Abfahrt vom Platz erfolgt dann im Anschluss einzeln über die Maasstraße. Auf ein geselliges Beisammensein am Kapellenplatz muss in diesem Jahr verzichtet werden.

Unterstützer können sich melden

Die Verantwortlichen weisen darauf hin, dass es eine MoWa 2021 nur dann geben wird, wenn sich bis dahin genügend Unterstützer finden, die gestalten und Verantwortung übernehmen wollen. Hilfestellung und Mitgestaltung durch die „alten Akteure“ des ehemaligen Vereinsvorstands wären gewährleistet.

Wer mitmachen möchte, meldet sich gerne bei der Wallfahrtsleitung unter info@wallfahrt-kevelaer.de oder beim Motorradfahrerwallfahrt-Kevelaer e.V. unter info@motorrad-wallfahrt.de.

Nicht nur für harte Jungs

Am Wochenende startet die 35. Motorradfahrer-Wallfahrt in Kevelaer. Dazu finden sich wieder begeisterte Biker zusammen, um ihrer Leidenschaft nachzugehen, nette Gespräche zu führen und Leute zu treffen, die man nur einmal im Jahr zu diesem Event in Kevelaer trifft. Die Veranstaltung startet am Freitag, 5. Juli. Ab 16 Uhr ist an diesem Tag Anreise und die Übernachtungsmöglichkeiten auf dem Zeltplatz können aufgebaut werden. Abends erhalten die Teilnehmer Verpflegung und musikalische Unterhaltung an der aufgebauten Veranstaltungsbühne.

Kapellenplatz gefüllt

Wer am Abend nicht zu lange gefeiert hat, den erwartet am Samstag ab 8 Uhr ein Frühstück. Bis 16 Uhr ist der Kapellenplatz dann mit den Motorrädern befahrbar. Ab Mittag kann jeder in Eigenregie dorthin fahren. Um 14 Uhr findet eine Andacht statt, bevor um 16 Uhr die Abfahrt vom Kapellenplatz ansteht. Auch hier sind die Motorradfahrer angehalten, ihre eigene Abfahrt selbst zu organisieren.

Um 20 Uhr findet am Samstag die traditionelle Lichterfahrt zur Gnadenkapelle statt. Die zeltenden Teilnehmer erwartet im Anschluss ein gemütlicher Abend in der Zeltstadt. Zum Programm an der Veranstaltungsbühne sind auch alle Nicht-Motorradfahrer eingeladen. Hier wird das „Boxer DJ-Team“ anwesend sein.

Auch am Sonntag gibt es dann ab 8 Uhr Frühstück. Um 11 Uhr findet in der Zeltstadt ein Wortgottesdienst statt, bevor es um 13.15 Uhr auf die Abschiedsfahrt zum Kapellenplatz geht. Den Abschluss bildet dort die Segnung und Verabschiedung der Teilnehmer und Motorräder.

Dieses Mal kein Extrem

Besonders das Wetter scheint in diesem Jahr ausnahmsweise auf der Seite der Biker zu stehen. Nachdem in den vergangenen Jahren oftmals große Hitze oder starker Regen dafür gesorgt hatten, dass die Biker und Zuschauer weniger zufrieden waren, zeigt die Wettervorhersage aktuell weder das eine noch das andere Extrem. „Ausnahmsweise wird das Wetter mal erträglich“, zeigt sich Sylvia Leukers erleichtert über die Vorhersage. Sie ist seit nun 19 Jahren bei der MoWa dabei und hat dort viele Wetterextreme miterlebt.

Leukers freut sich als langjährige Teilnehmerin auch in diesem Jahr auf „ein friedliches Treffen“. Ein Highlight sei für sie die Andacht. Es sei einfach der Moment, „festzustellen, dass du die vergangene Saison überlebt hast. Einfach zu sehen, du stehst hier wieder.“