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Mahnwachen zum Frauentag

In Kooperation mit den Initiatorinnen von Maria 2.0 ruft der kfd-Diözesanverband zu Mahnwachen am Freitag, 8. März (Internationaler Frauentag), auf. Eine davon wird ab 10 Uhr vor dem Dom in Xanten abgehalten.

Symbolisch drücken die protestierenden Frauen und Männer mit weißen Tüchern ihre Trauer und Mitgefühl, aber auch die Hoffnung auf einen Neuanfang aus. „Wir fordern eine Kirche, in der Frauen Führungsaufgaben übernehmen und mit ihren Berufungen ernst genommen werden“, erklärt Judith Everding, Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft im Bistum Münster. „Wir wollen eine Kirche, in der Frauen Zugang zu allen Diensten und Ämtern haben und endlich zu 50 Prozent an allen Entscheidungen beteiligt sind.“

„Es geht nicht allein um die Situation der Frauen und die in den Gemeinden, sondern um eine grundsätzliche Erneuerung der Kirche als Institution“, unterstreicht Beatrix Bottermann, stellvertretende Vorsitzende der kfd Münster. „Viele Frauen stehen hinter unseren Forderungen. Wir freuen uns über die Frauen des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) und viele Maria 2.0-Gruppen, die sich gemeinsam mit uns und internationalen Frauenverbänden für eine partnerschaftliche Kirche einsetzen.“

Foto: Matthias Rethmann

Macht und Verantwortung müssen neu verteilt werden

Die Initiatorinnen von Maria 2.0 sind mit dem Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, zu einem Gedankenaustausch und Gespräch zusammengekommen. An dem Treffen nahmen seitens der Initiative teil: Christiane Berg, Silvia Diemon, Sigrid Kammann, Lisa Kötter und Andrea Voß-Frick. Bischof Genn wurde von Generalvikar Dr. Klaus Winterkamp begleitet.
Das Gespräch fand in einer angenehmen Atmosphäre statt, in dem unterschiedliche Standpunkte ebenso deutlich wurden wie gemeinsame Positionen und Haltungen. Dem Bischof von Münster war es vor allem ein Anliegen, sich persönlich mit den Frauen zu treffen und ihnen zuzuhören.
Die Initiative Maria 2.0 richtet sich nicht gegen die Kirche, sondern sie wünscht sich einen Neubeginn, damit die Frohe Botschaft Jesu Christi nicht nur verkündet, sondern auch gelebt wird. Die Initiatorinnen sind der Meinung, dass es mehr Demokratie, Transparenz und Gerechtigkeit geben muss, um unheilvolle Strukturen aufzubrechen. Im Zentrum der Initiative Maria 2.0 steht die Sorge engagierter Frauen und Männer um die Zukunft der Weitergabe eines lebendigen und befreienden Glaubens auch an die nächsten Generationen. Diese Sorge eint sie mit dem Bischof von Münster.
Das Vertrauen in die Kirche ist bei vielen Menschen stark erschüttert. Um Vertrauen zurückzugewinnen, müssen auch die Machtstrukturen in der Kirche verändert werden: Macht, Lei-tung und Verantwortung müssen neu verteilt werden; mehr Frauen müssen verantwortliche Positionen in der Kirche übernehmen. Auch im Außenbild muss dann stärker sichtbar werden, dass Kirche eine Gemeinschaft der Gläubigen ist, in der nicht vor allem Männer, sondern Frauen und Männer auf Augenhöhe Leitung und Verantwortung wahrnehmen und zu Entscheidungen befugt sind.
Die Initiatorinnen von Maria 2.0 und der Bischof von Münster wollen über einen zukunftsorientierten Weg für die katholische Kirche miteinander im Kontakt und im Gespräch bleiben. Ein weiteres Treffen gibt‘s noch in diesem Jahr.

Maria 2.0: überwältigende Resonanz in den Gemeinden und Kfd-Gruppen

Kurz vor Abschluss der Streikwoche blickte Judith Everding, Vorstandsvorsitzende des Kfd-Diözesanverbandes Münster, auf die enorme Resonanz der Aktion #Maria2.0 zurück. Der kfd-Diözesanverband hat im Vorfeld der Streikwoche seine 450 Kfd-Gruppen in den Gemeinden im Bistum Münster aufgefordert, die aus der Heilig-Kreuz-Gemeinde in Münster ausgehende Maria2.0-Initiative zu unterstützen.
Im Zuge der Aktion #MachtLichtAn hatte die Kfd bereits bundesweit die Öffnung der Kirche für Frauen und die Aufklärung der Missbrauchsfälle gefordert und bei der Bischofskonferenz in Lingen 30.000 Unterschriften zur Untermauerung seiner Forderungen übergeben.
Obwohl die Forderung nach einer gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in der katholischen Kirche also längst bekannt war, so hat doch keiner mit einer derartig großen Öffentlichkeit für #Maria 2.0 und dem überwältigenden Engagement der Frauen in den Gemeinden gerechnet. Das mediale Interesse ist enorm, Berichte in allen Zeitungen, Hörfunk- und TV-Sendern und den sozialen Medien greifen die Frauenfrage in der Katholischen Kirche auf und berichten über die vielfältigen und eindrucksvollen Aktionen während des einwöchigen Frauenstreiks.
Die Vorsitzende des kfd-Diözesanverbandes mit insgesamt 95.000 Mitgliedern berichtet über geschlossene Büchereien und fehlende Kinderbetreuungsdienste, Gottesdienste, bei denen Frauen die Kirche verlassen, Frauenwortgottesdienste Vor den Kirchentüren, Podiumsdiskussionen, mit weißen Tüchern verhängte Türen, Vorträge, Aushänge mit Maria 2.0-Forderungen an vielen Kirchentüren, die Mahnwache auf dem Domplatz in Münster und viele andere aufmerksamkeitsstarke und kreative Aktionen.
„Die Zahl der Aktionen und der insgesamt mitstreikenden Frauen (und oft auch Männer) lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht in Zahlen fassen, gehen aber in die Tausende. Die kfd ist da ein tolles Netzwerk!“, betont Judith Everding. „Alle mitmachenden Frauen sind sich einig: Reden tun wir seit Jahrzehnten. Jetzt muss sich etwas ändern für uns Frauen in der Kirche! Es ist beeindruckend, wie viele Frauen sich beteiligt, wie viele sich mutig zeigen – oft auch gegen andersartige Meinungen oder gegen die Haltung der Priester vor Ort. Das ist ein Statement – das lässt sich nicht mehr zurückrudern!“
Reaktionen der Bischöfe
Das Bistum Münster hält sich mit Reaktionen auf den Frauenstreik sehr zurück. Einerseits gibt es Statements, dass Maria 2.0 lediglich eine Privatinitiative sei. Inzwischen engagiert sich jedoch außer dem Kfd-Diözesanverband Münster auch der zweite große Frauenverband Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) und viele Gemeinden in Deutschland, Europa und weltweit (Brasilien, USA, Polen, Südamerika).
Der Kfd-Diözesanvorstand Bischof Felix Genn setzt sich im Rahmen seiner Möglichkeiten für die Frauen in der Katholischen Kirche ein und ist als einer der ersten für die Aufklärung der Missbrauchsfälle und die Zusammenarbeit mit weltlichen Gerichten eingetreten. Die ehrenamtlichen Delegierten des kfd-Diözeanverbandes steht seit Jahren mit ihm in regelmäßigem Dialog. Andere Stimmen aus der Bistumsleitung unterstützten die Frauen in ihren Forderungen nach einer Erneuerung der kirchlichen Strukturen und raten, möglichst „Maximalforderungen“ zu stellen.
Diese wurden zum Teil schon in den 2017 verfassten sog. „Osnabrücker Thesen“ formuliert. Hier heißt es: „Frauen in kirchlichen Ämtern verändern das Fremd- und das Selbstbild jeder Glaubensgemeinschaft tiefgreifend.“ Die sakramentalen Dienste sind – so wie sie jetzt sind – das Ergebnis einer langen geschichtlichen Entwicklung, d.h. sie können auch für die Zukunft (und in ökumenischer Perspektive) weiterentwickelt werden in der Hinsicht, dass alle Dienstformen für Frauen geöffnet werden.
#Maria2.0 spaltet die katholischen Bistümer
„Wir freuen uns sehr über die Unterstützung des Osnabrücker Bischofs Franz-Josef Hermann Bode und den Zuspruch des Essener Generalvikars Klaus Pfeffer. Natürlich gibt es Bischöfe, die negativ reagieren, aber eben auch die, die fortschrittlicher und der Frauenfrage in der Katholischen Kirche aufgeschlossen sind“, sagte Judith Everding. „Gemeinsam mit den Initiatorinnen von Maria 2.0 aus der Heilig-Kreuz-Gemeinde und vielen Frauen in unseren 450-Ortsgruppen bleiben wir dran, um auch die anderen Bischöfe zu überzeugen. Sie und wir werden erleben, was weiter passiert.“
Fest steht: ‚Gemeinsam mit den Initiatorinnen von Maria 2.0 wird der Kfd-Diözesanverband Münster weitermachen z.B. mit einer Demonstration am 6. Juli in der Innenstadt von Münster.

„Kirche sind wir alle“

Unter dem Aspekt „Aufstehen, Zeichen setzen, Lichtblick sein und nicht länger schweigen“ gestaltete die Frauengemeinschaft St. Antonius Kevelaer einen Wortgottesdienst auf dem Vorplatz der St. Antonius-Kirche. Damit beteiligte sich die Kevelaerer Frauengemeinschaft an die in Münster ins Leben gerufene Initiative Maria 2.0, anlässlich des Missbrauchsskandals in der Katholischen Kirche. (KB berichtete).
Etwa 130 Frauen und auch Männer waren zu diesem Wortgottesdienst erschienen, um die Frauen in ihren Anliegen zu unterstützen. Diese wurden auch deutlich benannt. So stecke die Kirche in einer tiefen Krise: Der Missbrauchsskandal, die unbefriedigte Rolle der Frau in der Kirche, intransparente hierarchische Strukturen und ein tiefverwurzelter Klerikalismus, seien nur einige Stichpunkte, die einen Neuanfang erfordern.
Denn viel zu oft seien Machtstrukturen und Abhängigkeiten ausgenutzt worden, hätte Kinder, Jugendliche und Erwachsene leiden müssen. Viel zu oft sei weggehört, weggesehen, seien Nöte und Sorgen nicht ernst genommen worden.
Aufmerksames Zuhören war unter den Gottesdienstbesuchern deutlich spürbar. Noch einmal betonten die Frauen, dass sie der Kirche nicht den Rücken kehren, sondern vielmehr ihre Enttäuschung und Wut zum Ausdruck bringen wollen. „Denn Kirche sind wir alle“, verkündeten in ihren Texten, die mit bewegenden Liedern noch unterstrichen wurden.

In Texten und Liedern taten die Frauen ihren Unmut kund.


In weiteren Texten machten die Frauen deutlich, dass eine Gemeinschaft durchaus in der Lage sei, Aufmerksam zu sein und Gutes zu tun. Nach der Lesung aus dem Buch der Psalmen wurden die Mitfeiernden eingeladen, ihre eigenen Gedanken auf einer vorbereiteten Stellwand zu schreiben. Begleitet von Instrumentalmusik folgten zahlreiche Gottesdienstbesucher dieser Aufforderung.
Diese niedergeschriebenen Gedanken werden in den nächsten Tagen im Schaukasten an der St. Antonius-Kirche zu lesen sein. Mit eindringlichen Fürbitten wurde für Opfer und Betroffene, wie für Verantwortliche in Kirchen und Gemeinden gebetet. Ein gemeinsames „Vater unser“, sollte dieses noch bekräftigen.
Die Frauengemeinschaft von St. Antonius hat mit diesem Wortgottesdienst Mut und Flagge gezeigt. Weiße Tücher verdeutlichten zusätzlich ihr Anliegen. Mit diesem Wortgottesdienst, der mit deutlichen und starken Texten sehr gut vorbereitet war, haben sich die Frauen einem schwierigen Thema gewidmet. Ein Thema vollgepackt mit starken Gefühlen, wie Wut, Scham, Angst, und tiefer Betroffenheit. Mit dieser Aktion haben die Frauen gezeigt, dass sie weitaus mehr können, als nur Kaffee kochen. Sie wollen Licht ins Dunkel bringen. Sie wollen Lichtblick für die Menschen sein, die Angst haben die Augen zu öffnen. Mit einem gemeinsam gesprochenen Segensgebet, ging der Wortgottesdienst der eine bewegte Atmosphäre auf dem Vorplatz der St. Antonius-Kirche versprühte, zu Ende.
Hintergrund
Der KFD Diözesanverband Münster und die Initiative Maria 2.0 knüpft mit dieser Aktion an die bundesweite KFD Aktivität „#MachtLichtAn“ vom 12. Dezember 2018, an. In einem offenen Brief an Papst Franziskus forderten die Frauen:
-kein Amt mehr für diejenigen, die andere geschändet haben an Leib und Seele oder diese Taten geduldet oder vertuscht haben
-die selbstverständliche Überstellung der Täter an weltliche Gerichte und uneingeschränkte Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden
-Zugang von Frauen zu allen Ämtern
-Aufhebung des Pflichtzölibats
-kirchliche Sexualmoral an der Lebenswirklichkeit der Menschen auszurichten
Die Initiative Maria 2.0 forderte einen umfassenden Neuanfang

Bleiben, aber aufstehen

Die KFD St. Antonius protestiert und auch andere in der katholischen Kirche begehren auf – nicht nur gegen die Missbrauchsfälle selbst, die immer zahlreicher bekannt werden, sondern auch gegen den Umgang der Amtskirche damit. Die gebürtige Kevelaererin Monika Eyll-Naton hat als Pastoralreferentin von St. Maria Magdalena Geldern das Thema vor Ostern in einer streitbaren Predigt aufgegriffen – mit Reaktionen im gesamten Bistum:
Liebe Mitchristen, liebe Schwestern und Brüder, das Gleichnis vom barmherzigen Vater – die Paradegeschichte für eine Predigt in der Fastenzeit, um mit Ihnen darüber nachzudenken, was Umkehr bedeutet und wie wir uns auf das kommende Osterfest vorbereiten können. Doch ich bin in diesem Jahr dazu überhaupt nicht in der Lage. Wie kann ich, die ich als Hauptamtliche fiir die Kirche stehe, Ihnen irgendetwas über Umkehr und Buße sagen. Jedes einzelne Wort bliebe mir im Hals stecken.
Ich wage mich trotzdem an dieses Gleichnis heran, aber aus einer anderen Perspektive. Der barmherzige Vater, ja, das ist auch aus meiner Perspektive Gott, der uns liebt. Der uns nachgeht. Der um uns wirbt. Der uns seinen Sohn gesandt hat in der großen Hoffnung, dass die Menschen durch ihn zu ihm zurückkehren und sein Angebot einer Neuen Welt annehmen. Der jüngere Sohn aus Jesu Gleichnis, der sich aufmacht und in die Welt zieht, das ist für mich die Kirche.
Die große römisch-katholische Weltkirche. Sie hat sich von ihrem Vater das Erbe auszahlen lassen. Das, was sie für das Erbe hält: die Prachtbauten in Rom, der großzügige Lebensstil – wobei ich Papst Franziskus da versuche herauszunehmen. Das Machtgebaren des Wasserkopfes einer Kirche, die ein armer Wanderprediger sich vor 2000 Jahren ganz anders vorgestellt hat. Die gepachtete Kenntnis der Wahrheit, für die sie sogar über Leichen ging und das nicht zu knapp.
Die Kirche hat sich von Gott entfernt und ist in die Welt hinausgezogen. Sie hat geprasst und gefeiert, sich in goldene Badewannen gelegt und rumgehurt, dass einem schlecht wird, wenn nun die ganzen Gewaltdelikte ans Licht kommen.
Wie käme ich dazu, zu Ihnen von Umkehr zu sprechen, wenn die Kirche selber, die Amtsträger da oben es noch mit keinem Schritt getan haben?!?! Die katholische Kirche ist noch nicht mal an den Schweinetrögen angelangt wie der verlorene Sohn in unserem Gleichnis. Sie ist noch dabei, das Erbe zu verprassen, nämlich ihre Glaubwürdigkeit und ihren guten Ruf, sollte sie ihn jemals verdient haben. Punkt! Ich wiederhole es gerne noch einmal: die Kirche ist der verlorene Sohn und mit ihren ganzen Skandalen verprasst sie das Erbe Gottes und seines Sohnes Jesus Christus.
Die Bischöfe, Kardinäle und leider auch Papst Franziskus übersehen die Zeichen der Zeit. Sie sehen nicht, dass ihnen alles zwischen den Fingern zerrinnt, dass die Menschen in Scharen weglaufen, dass Gottes Botschaft mit den Füßen getreten wird. Ich habe mich in den letzten Monaten durch alle möglichen Berichte gelesen. Ich habe mir die Dokumentation „Gottes missbrauchte Dienerinnen“ angesehen und geweint über das, was Ordensfrauen auf der ganzen Welt, in jedem Land, auf jedem Kontinent durch Priester erleiden müssen. Ich habe das Gipfeltreffen der Bischöfe in Rom verfolgt und Auszüge aus der Rede unseres Papstes gelesen. Dabei muss ich sagen, dass ich bis vor wenigen Wochen große Stücke auf Papst Franziskus hielt, dass ich große Hoffnungen in ihn gesetzt habe, auch dann noch, als immer deutlicher wurde, dass auch er zögert anzupacken und es nicht schafft, den Dreck, der im Klerus geschieht, aus der Kirche zu fegen. Doch leider relativiert Papst Franziskus in seiner Abschlussrede des Gipfeltreffens die Missbrauchsfälle der Priester, indem er sagt, dass in den Familien und Sportvereinen, im Internet und durch Sex-Tourismus mindestens so viel Missbrauch stattfindet wie im Klerus.
In der Mitte der Rede sieht Franziskus die „Hand des Bösen“ am Werk. Das empört mich besonders. Denn wenn ich die sexuelle Gewalt an Kindern und an Ordensfrauen, wenn ich diesen ganzen Machtmissbrauch als Satans Werk bezeichne, dann verlagere ich diese Taten nach außen. Dann ist Satans Werk das Böse und nicht mehr dieser oder jener Priester, der seine Taten verantworten muss.

Statt die Ursachen nach außen zu delegieren, also an den Satan, würde ich eher von „systemischen Defekten“ (Julia Knop, Erfurter Theologín, in ihrer Rede bei der Frühjahrsversammıung) sprechen, die endlich in unserer Kirche überdeutlich zutage treten und wie ein Geschwür nun aufbrechen. Ob sie nun richtig behandelt werden, ob sie entfemt werden, wage ich zu bezweifeln. Mit systemischen Defekten meine ich eine religiöse Aufladung von Macht, eine Sakralisierung des Weiheamtes, die theologisch nicht zu haltende Ablehnung von Frauen zu Weiheämtern, eine Stilisierung von Gehorsam und Hingabe, eine Dämonisierung von Sexualität und die Tabuisierμng vom Homosexualität.

Ich will nur ein›Thema mal herausgreifen: Die Spiritualität und Sexualität. Die spirrfualirät und die sexuaıirär sind das Intimste des Menschen. Sie berühren den Menschen so tief in seiner Seele, dass er oftmals gar nicht davon zu sprechen vermag. Mir geht es jedenfalls so. Gotteserfahrung kann man nicht in Worte fassen und den Höhepunkt des Geschlechtsaktes, den Orgasmus, kann man auch kaum in Worte fassen. Beides hebt einen über Grenzen hinweg. Beides hat eine« so schöpferische, eine gebârende Kraft. Beides gehört ganz zum Menschsein dazu. Spiritualität und Sexualität gehören zusammen.

Die Kirche hat diese Ganzheit gespaltet, die Spiritualität erhöht und verherrlicht, die Sexualität erniedrigt und verteufelt. Die Lösung des Missbrauchskonfliktes liegt also nicht nur in der juristischen Aufarbeitung, die ohne Frage absolut notwendig ist, oder in der Auflwebung des Pflichtzölibats, was mehr als überfällig ist, sondern in der Integration von Spiritualität und Sexualität, um beides im Menschen zur Ganzheit zu bringen.

Durch die Spaltung, durch die Abspaltung der Sexualität, der Verhenlichung der Keuschheit, der Überhöhung Marias als „die reine Magd“ sucht sich die Sexualität erst recht einen Ausdruck. Einen macht-vollen Ausdruck. Sie wird so machtvoll, dass es zu massivem Machtmissbrauch kommt und das Oben des Klerus und das Unten der Gläubigen manifestiert wird.

Neben jeder Entschuldigung, neben der juristischen Aufarbeitung, neben der Wiedergutmachung an die Opfer ist es daher ein mehr als überfälliger Schritt, die Sexualmoral neu zu erschaffen. Frau und Mann sind als gleichberechtigte Geschöpfe Gottes zu sehen, Spiritualität und Sexualität zu vereinen und zu integrieren. Sicher müssen sich Strukturen verändem, aber vor allem müssen sich das Denken und die Haltung verändem.

Im Bild des heutigen Gleichnisses gesprochen, lebt die Amtskirche in einer Blase, femab von der Lebenswirklichkeit ihrer Gläubigen und der Botschaft Gottes. Sie ist ausgezogen aus dem Vaterhaus, hat sich von der Botschaft Gottes weit entfemt. Die Botschaft Gottes ist in der Sprache und den Kulturen der damaligen Zeit verfasst. Heute wäre sie in eine andere Sprache gebracht, mit anderen Bildem übersetzt, vor allem in die jeweilige Kultur hineingeholt. Warum sollen Tradition und Lehren aus völlig anderen Zeit- und Erkenntniszusammenhângen für uns heute eine unveränderte Bedeutung haben?

Dazu gehört zum Beispiel der Blick auf homosexuelle Menschen, die in der Theologie und der Pastoral immer noch nicht gewürdigt werden. Dabei gibt es längst solche Anpassungen der Lehre Gottes an neueste Erkenntnisse. Vor 300 Jahren durfte niemand sagen, dass die Erde eine Kugel ist und um die Sonne kreist, dass die Erde ein Windhauch ist im gesamten Weltall. Da hätte man um sein Leben fürchten müssen. Heute belächeln wir die Kreationisten, die immer noch daran festhalten, dass die Welt in sieben Tagen erschaffen wurde. Es ist daher notwendig, auch beim Thema Homosexualität eine andere Haltung und Lehrmeinung einzunehmen. Es ist eben eine andere Lebensform. Machen wir darum nicht so ein Auflleben. Starren wir nicht auf die Sexualität, sondern auf den Menschen in seiner Ganzheit!

Ich weiß, dass mit mir viele an dem Zustand unserer Kirche leiden. Die Austritte steigen gewaltig und den Zenit haben wir noch nicht überschritten. Das sind einerseits Menschen, die die Hoffnung aufgegeben haben, dass sich noch was åndem könnte, odengandererseits Menschen, die bislang immerhin noch solidarisch ihren Kirchensteuerbeitrag geleistet haben, das aber angesichts der Skandale jetzt nicht mehr veranhuortëñfiiläánnen. Etliche aber bleiben und leiden und wissen nicht, was sie tun können. Müssen aushalten, dass sie angefragt werden, wanım sie diesem Laden noch treu bleiben. Ich antworte dann immer, es ist nicht die Kirche, der ich treu bleibe, sondem Jesus Christus. Und Jesus Christus hat eine Kirche gewollt! Allerdings nicht die, die wir haben. wie gesagt, der jüngere Sohn verprasst noch sein Erbe und ist noch nicht mal an den Schweinetrögen angelangt.

Aber ich möchte nicht leiden u_nd lieben und stumm bleiben. Ich habe beispielsweise die Petition unterschrieben, die Frauen aus Münster unter dem Stichwort Maria 2.0 aufgesetzt haben. Darin schreiben sie unter anderem: Wir stehen fassungslos, enttäuscht und wütend vor dem Scherbenhaufen unserer Zuneigung und unseres Vertrauens zu unserer Kirche.

Sie rufen auch zum Streik auf vom 11. – 18. Mai. Am liebsten hätte ich das in unserer Gemeinde mitinitiiert, fühle mich aber den Kindern und Familien verpflichtet, die in dieser Zeit noch ihre Erstkommunionfeiem haben. Mir ist klar, dass ein Streik nichts ändert, aber er ruft Aufmerksamkeit hervor. Er zeigt vor allem: wir dürfen den Wandel unserer Kirche nicht den Bischöfen überlassen. Wir müssen selber anfassen, denn neben der Amts kirche gibt es uns. Wir alle sind Kirche.

Darum gibt es auch vieles über das Dasein und das Leben der Kirche zu erzählen, das liebevoll ausfällt. Wo wir jenseits der aktuellen Krisen und Streitfragen von der Geschichte Gottes mit den Menschen in der Kirche egrzählen können. Sie alle werden solche Antworten selber geben können, sonst wären wir heute nicht hier.

In vielen Fällen in ihrer Geschichte stand und steht die Kirche an der Seite von Opfem ganz verschiedener Zusammenhänge, sei es in Armut oder Trauer, in Krieg oder Naturkatastrophen, in den kleinen oder großen Lebensschicksalen. Dafür stehen Sie als Gläubige und Ehrenamtliche und wir als Seelsorgeteam unserer Gemeinde.

Zu Beginn des Gottesdienstes sprach ich in der Einleitung davon, dass die beiden Söhne auch dafür stehen, ich zwischen Gehen oder Bleiben zu entscheident Für mich ist Gehen keine Option, weil meine Berufung mich hierhin, mitten in die Kirche geführt hat, um durch mein Frau-sein, mein Ehepartnerin-Sein, mein Muttersein und mein Christin-sein Gottes Liebe zu uns Menschen zu bekunden und zu verkünden. Auch wenn es schwierig ist und die Strukturen mich behindem, auch wenn KlerikaIismus von oben, aber auch von unten, aus der Gemeinde mich einschränken.

Ich möchte noch einmal dazu aufrufen, die Gestaltung der Kirche nicht den Bischöfen überlassen. Natürlich weiß ich, dass bei diesem riesigen Schiff das Wendemanöver sehr lange dauert. Aber wenn wir nicht einfordem, dass das Ruder herumgerissen wird, dann fährt der ganze Laden an die Wand, ungebremst. Ich gebe mich nicht zufrieden mit einem „synodalen Weg”, wie die Bischöfe es bei ihrer Frühjahrskonferenz beschlossen haben, denn ich befürchte, dass außer reden, reden, reden und sitzen, silzen, sitzen nichts dabei herum kommt.

Wir Frauen müssen entschiedener das Diakonat und das Priesteramt einfordem – mit dem Wissen, dass wir selber es nicht mehr erleben werden. Aber wer den ersten Schritt nicht untemimmt, hat schon resigniert.

Wir Männer und Frauen an der Basis müssen entschiedener einfordem, dass Menschen in konfessionsverbindenden Partnerschaften selbstverständlich gemeinsam zur Kommunion gehen dürfen.

Wir müssenientschiedener einfordem, dass Menschen, deren Liebe in der Ehe gestorben ist und die sich mit Hoffnung auf einen .neuen Partner einlassen, dazu den kirchlichen Segen bekommen und sich weiterhin von Jesus Christus nähren lassen dürfen.

Wir müssen entschiedener einfordem, dass Menschen in ihrer Liebe, Treue und Verlässlichkeit zueinander gesehen und nicht auf ihre Homosexualität reduziert werden.

Geben wir uns nicht mit der immer gleichen Antwort zufrieden, die da lautet: Wir müssen beachten, dass wir Weltkirche sind und andere Kontinente, Länder und Kulturen mitnehmen. Wir können keinen deutschen Sonderweg gehen.

Wenn wir heute von Mission sprechen, dann- bedeutet das immer auch Inkulturation, d.h. die Kultur des jeweiligen Landes beachten und in die Gestaltung von Kirche einbeziehen. Warum sollte das für uns nicht gelten? Warum müssen wır uns durch eınseıtıges Weltkırche Denken ausbremsen lassen?

Schauen wir zum Schluss noch auf das Ende des Gleichnisses vom verlorenen Sohn: Der Sohn, der beim Vater zu Hause geblieben ist, der tagein, tagaus sein Leben brav als Sohn auf dem Hof seines Vaters gelebt hat. Der hat sich nie getraut, den Mund aufzumachen und zu sagen „ich will“. Hier im Gleichnis „Ich will wenigstens mal ein Ziegenböckchen, wenn schon nicht das Mastkalb“. Der Sohn blieb immer Sohn, er wurde nicht zum Mann. Er trat nie aus dem Schatten des Vaters heraus und hat sein Leben nie eigenständig in die Hand genommen.

Dieser Sohn kann uns Ansporn sein, ein Anti-Beispiel gleichsam, es anders zu machen. Erwachsen zu werden und das Geschick unserer Kirche mit in die Hand zu nehmen. Den Mund aufzumachen, Veränderungen einzufordern, mitzugestalten, neue Wege zu gehen im Kleinen wie im Großen.

Gehen oder bleiben? Für mich ganz klar: Bleiben. Aber aufstehen, Leute, aufstehen – aus Liebe zu Jesus Christus!

Die Frauen wollen ein Zeichen setzen

Nein, sie möchten ihrer Kirche nicht den Rücken kehren. „Vielmehr möchten wir ein Zeichen setzen“, betonen die Frauen der Katholischen Frauengemeinschaft (Kfd) St. Antonius-Gemeinde Kevelaer, die sich in der kommenden Woche an dem Aufruf des KFD-Diözesanverbands Münster anlässlich des Missbrauchskandals in der Katholischen Kirche beteiligen.
Unter dem Motto: „Missbrauch-ohne Folgen? Ohne Konsequenz?“, möchten auch Frauen aus der Kevelaerer Gemeinde aufstehen und aufmerksam machen. Aufmerksam machen auf einen Zustand, der nicht nur die Frauen mit Wut und Trauer erfüllt.
Eine Woche
In der Woche vom 11. bis 18. Mai wollen die Frauen keine Kirche betreten und auch den ehrenamtlichen Dienst in der Kirche ruhen lassen. „Wenn Frauen während eines Gottesdienstes fehlen oder ihren Dienst nicht verrichten, wird das schon deutlich spürbar sein“, wissen Karin Knechten, Hanni Wilde und Birgit Niersmann vom Kfd Team St. Antonius.
Als Mitte Februar der Aufruf zu einem Kirchenstreik vom Kfd Diözesanverband aus Münster kam, griff die Kevelaerer Frauengemeinschaft von St. Antonius dieses Thema für sich auf und entschied, aktiv daran teilzunehmen. In einem ausführlichen Schreiben informierten sie ihre Nachbargemeinde und die Gemeinden der umliegenden Ortschaften. Diese möchten zwar keine eigenen Aktionen starten, sich aber mit den Frauen von St. Antonius solidarisch zeigen.
„Uns ist es wichtig, auf Missstände aufmerksam zu machen, sie nicht länger zu vertuschen“, betonen die Frauen, die aber auch ausdrücklich darauf hinweisen, dass ihnen die Kirche wichtig ist. „Wir möchten auch unseren Kindern und Enkelkindern noch erzählen können, dass Kirche eine Bedeutung hat, dass sie wichtige Botschaften vermittelt“, erklären Hanni Wilde, Karin Knechten und Birgit Niersmann.
Dennoch fordern sie, dass das Fehlverhalten von Priestern und kirchlichen Angestellten geahndet werden muss. „Und zivilrechtlich verfolgt wird“, führen die Frauen weiter aus. „Es darf nicht sein, dass Priester, deren Fehlverhalten bekannt wurde oder wird, in eine andere Gemeinde versetzt werden“, sagt Birgit Niersmann.
Mit einem eigens gestalteten Wortgottesdienst am Dienstag, 14. Mai um 18 Uhr, der auf dem Vorplatz der St. Antonius-Kirche Kevelaer stattfindet, möchten die Frauen ein zusätzliches Zeichen setzen. „Eigentlich findet an jedem zweiten Dienstag im Monat unsere Gemeinschaftsmesse in der St. Antonius-Kapelle statt“, erklären die Frauen, die auf eine starke Beteiligung auch aus den Nachbargemeinden hoffen. „Eingeladen sind alle, die für dieses Thema brennen, auch Männer, Jugendliche und Kinder“, betonen sie ausdrücklich.
Drei Punkte
In drei Punkten haben die Frauen noch einmal verdeutlicht, was ihnen an dieser Aktion wichtig ist: Punkt 1: Unsere Kirche ist uns wichtig! Punkt 2: Wir wollen nicht den einfachen Weg gehen und der Kirche den Rücken kehren! Punkt 3: Schluss mit der Praxis der Vertuschung, umfassende Aufarbeitung aller Fälle!
„Es sind ganze Generationen, die sich aus den Kirchen entfernen“, sagt Hanni Wilde mit nachdenklichen Worten, die aber auch weiß, wie wertvoll Kirche, Glauben und eine gleichgesinnte Gemeinschaft sind. Deshalb ist ihr diese Aktion von und mit den Frauen sehr wichtig. „Niemand von uns kann so viel bewirken wie alle miteinander-die Gemeinschaft ist es, die uns stark macht“, betonen Hanni Wilde, Karin Knechten und Birgit Niersmann mit nachdrücklichen Worten.