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Kleines Mädchen mit großer Kraft

Luisa Schmitz kenne ich schon seit ihrer Geburt und schon lange macht sie mir Freude mit ihrer frohen und offenen Art. Ihre Uroma wohnte auf unserer Straße. Seit einiger Zeit ist sie mit meinem Sohn gemeinsam im Kinderchor bei Romano Giefer und oft sehe ich sie schon frühmorgens auf dem Weg zur Schule an unserem Haus vorbeiflitzen und fröhlich winken und grüßen.
Luisa ist jedoch in einem Punkt etwas anders als die „normalen“ Menschen: Sie ist kleinwüchsig und mit acht Jahren 99 Zentimeter groß. Besonders ihre Arme und Beine sind kurz. Weil ihr Rumpf aber größer ist, trägt sie verschiedene Größen: Bei Hosen etwa Größe 104, für Oberteile aber 128.
Vieles, worüber wir Normalgroße uns keine oder kaum Gedanken machen, ist für sie ohne Hilfe schwer oder unmöglich: Zugfahren etwa ist schwer, weil der Einstieg für ihre Füße allein nicht möglich ist oder sie etwa den Fahrkartenautomaten nicht erreichen kann. Spielplatzbesuche, Duschen und Haarewaschen sind allein nicht möglich. Auch der Gang auf normale Toiletten ist schwer, sie kann normale Waschbecken ohne Treppchen nicht erreichen.
Aber Luisa ist kein Mensch, der klagt und jammert. Sie macht aus ihrer Situation das Beste und ist ein fröhliches Mädchen mit ganz viel Selbstbewusstsein. „Ich kann richtig schnell laufen, so schnell, dass die anderen gar nicht mehr mitkommen“, versichert sie lachend. Auch, wenn ich meinen Sohn zum Chor bringe oder ihn abhole, sehe ich Luisa immer mit den anderen Kindern spielen oder herumtollen.
Im Kegeln ein echtes Ass
In der Schule sitzt sie auf einem Triptrapstuhl, den sie selbst hochklettern kann. Beim Sportunterricht macht sie mit, so gut sie kann. Da sie mit ihren Beinen jedoch etwa viermal so viele Schritte machen muss wie andere, ist sie schnell aus der Puste. Doch dafür ist sie im Kegeln ein echtes Ass.
Besonders in der Musik hat sie ihr Hobby gefunden: Neben dem Kinderchor bei Romano Giefer lernt sie auch Gitarre, die sie in einer etwas kleineren Kindergröße spielt. Ihre Familie unterstützt sie, wo sie kann. Auch ihre fünf Jahre ältere Schwester Kerstin hilft viel mit und hat gelernt, auch zurückzustehen, wenn ihre jüngere Schwester oft mehr von ihren Eltern hat.
Vor Kurzem haben Annette und Thomas Schmitz das erste Kleinwüchsigentreffen in Kevelaer mit organisiert. Der Verein wurde von betroffenen Eltern gegründet, im September feiert der Verein sein 25-jähriges Bestehen. Besonders bei den jährlichen Tagestreffen, die immer durch eine betroffene Familie an ihrem Wohnort organisiert werden, soll es um einen guten Austausch gehen.
Etwa 60 Personen, davon 30 kleinwüchsige Kinder und Jugendliche kamen dieses Jahr aus ganz NRW nach Kevelaer und Familie Schmitz sorgte für den Rahmen und die Verpflegung. Auch eine dicke Freundin hat Luisa durch die Treffen schon gefunden: Die siebenjährige Greta ist sogar eine Freundin ganz auf Augenhöhe. Sie wohnt zwar in Detmold, am anderen Ende von NRW, so- dass sich die Freundinnen nicht so oft sehen können. Aber dafür verbringen beide Familien dann das ganze Wochenende zusammen.
Dieses Wochenende hat Greta mit ihrer Mutter, die auch kleinwüchsig ist, bei Familie Schmitz verbracht und sie konnten sich gegenseitig austauschen und Mut machen. „Die Jahrestreffen sind immer ganz fröhlich und meist sind schon die altbekannten Gesichter dabei“, erzählen Annette und Thomas Schmitz. „Wir können da gegenseitig viele Ängste nehmen oder Probleme lösungsorientiert ansprechen. Zwei Säuglinge war nun zum ersten Mal dabei.“
Dass Ängste und Sorgen nichts bewirken, sondern nur verschlimmern, mussten sie auch erst selbst lernen: „Man muss die Kinder stark machen fürs Leben. Anfangs hatten wir noch große Unsicherheiten, als Luisa etwa einmal operiert werden musste. Aber wir haben zum Glück schnell gelernt, optimistisch nach vorne zu blicken.“ Mittlerweile konnten sie auch erleben, wie positiv sich ihre Tochter entwickelt, wie Therapien auch anschlagen und sie wissen: „Die kommt klar. Die wird ihren Weg gehen.“
Luisa ist auch dank ihrer Familie eine echte Frohnatur. Als ich sie besuche, malt und schreibt sie ein Blatt nach dem anderen voll mit. „Doris ist die Beste!“ und „Johannes ist der Beste!“ Aber ich kann ihr die Komplimente nur lächelnd zurückgeben. Für mich steht schon lange fest: „Luisa ist die Beste!“ Luisa ist einfach ein tolles Mädchen, stark und fröhlich, vielleicht kleiner als andere, aber dafür mit einem Lächeln auf den Lippen und mit ganz viel Liebe in ihrem großen Herzen.