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Lea Brückner Foto: Lea Brückner
Star-Violinistin präsentiert am Sonntag, 31. August, ihr Debut-Album im Kevelaerer Konzert- und Bühnenhaus

Lea Brückner lädt zu einem Klassikkonzert „der anderen Art“

Lea Brückner spielt ganz hervorragend Violine und verknüpft ihr Spiel mit dem Ziel, ihre Konzerte und Produktionen klimaneutral und nachhaltig zu gestalten.

„Music meets Bio“

Dass in seinem Ziegenstall mal die Klänge von Fritz Kreislers „Schön Rosmarin“ erklingen, das hätte sich der Kervenheimer Bio-Bauer Bernd Verhoeven sicher auch nicht so ohne Weiteres träumen lassen – und das dazu noch mit einer klassischen Geige. „Ich bin heute als Musikerin auf einer besonderen Mission unterwegs – und zwar werde ich an einem außergewöhnlichen Ort Geige spielen und zu einem spannenden Thema ein Interview führen“, hatte zuvor Lea Brückner bei der Fahrt nach Kervendonk auf ihrem Video angekündigt. Für sie selbst sei es eine „interessante Erfahrung“ gewesen, als sie im Kervendonker Rouenhof erstmals vor Ziegen gespielt habe. „Ich habe noch nie im Ziegenstall gespielt, das macht man nicht so oft“, lacht die junge Musikerin, wenn sie über ihr Erlebnis dort berichtet.    

„Weil die da auch sehr gut gehalten werden, waren sie sehr entspannt. Ich hab erstmal leise angefangen. Sie waren neugierig und kamen auch alle, schnupperten an der Geige.“ Auch das anschließende Interview mit dem Bio-Bauern aus Kervendonk hat ihr neue Erkenntnisse gebracht: „Es war schön – und ein sehr interessantes Gespräch, wo ich, auch wenn ich mich da privat mit beschäftige, viele interessante Infos zur Nachhaltigkeit von Bernd Verhoeven bekam.“

Der Anlass für den Besuch der jungen Musikerin, die lange Jahre in Kevelaer gelebt und aktiv musiziert hat, bei Verhoeven und den Tieren vorbeizuschauen, war ihre neue Aktion „Music meets Bio“, die Lea Brückner spontan aus dem Hut gezaubert hat. 

Die Bühnen sind gesperrt

Sie habe sich dieses neue Online-Projekt überlegt, „weil für Künstler die Bühnen gesperrt sind“, sagt die Musikerin. „Sonst versuche ich ja auch, soziale Themen einzubinden“ in die eigene Kunst, erklärt die junge Frau – wie bei ihren Sommerkonzerten vor Altenheimen wie in Kevelaer oder den drei Schlosskonzerten im Herbst. 

So dachte sie sich, „es muss doch machbar sein, dass man trotz Abstand mit Musik was machen kann.“ Sie kam auf die Idee, Videos zu drehen, „wo ich zu den Höfen in der Region fahre, die biologische und nachhaltige Landwirtschaft betreiben, meine Geige mitnehme, vor Ort spiele und mit den Personen vor Ort Interviews mache.“ Lea Brückner rief spontan einfach mal ein paar Höfe an. „Die Resonanz ist total gut. Zwei Videos haben wir schon gemacht“, erzählt sie. 

Eines davon war beim „La´Bio“ in Straelen. „Bei Biokräutern dachte ich: wie oft benutze ich Kräuter? Man hat kaum noch ein Gericht mehr, dass man nicht mit Kräutern oder Gewürzen isst. Da ist mir klar geworden: Der Pflanzenbetrieb kann ein großer Umweltfaktor sein, mit dem ganzen Wässern zum Beispiel. Da habe ich sehr interessante Sachen erfahren.“ 

Und das zweite „Meeting“ machte sie am Rouenhof. Dort konnte „Bio-Bernd“ Verhoeven im Interview ausführlich Stellung nehmen zu seiner Motivation für die Tierhaltung, dem Ansatz des Kreislaufsystems, wo es durch die Tierhaltung keine Umweltbelastungen gibt, wie der Klimawandel den Futteranteil von Klee und Harz verringert und über Stechmücken neue Krankheiten für die Tiere hervorbringt. Lea Brückner durfte dort einen der drei Elektrotrecker zum Abschluss fahren, die Bio-Bernd mit seiner Photovoltaikanlage speist: „Die Fahrt war toll. Ich liebe sowieso solche handwerklichen, maschinellen Tätigkeiten. Und man hat wirklich nichts gehört von dem Motor, wenn man anfährt. Da gibt es überhaupt kein Geräusch, dadurch dass er elek­trisch fährt.“

Eine ganze Weide für die Schweine

Am vergangenen Wochenende besuchte sie den Biolandhof Frohnenbruch in Kamp-Lintfort. „Da gibt es Schweinehaltung und die Hähne – also einen Hof, wo auch die männlichen Küken aufgezogen und nicht geschlachtet werden. Und bei der Schweinehaltung gehen sie über die Biorichtlinie hinaus. Die haben neben dem Stall eine ganze Weide für die Schweine.“ 

Nächste Woche soll ein Betrieb in Schermbeck drankommen, der einen Lieferservice mit Produkten vom Niederrhein anbietet. Nach Möglichkeit möchte sie in der nächsten Zeit pro Woche mindestens ein Video produzieren. „Die Videos sollen dabei immer so zwischen sechs und 15 Minuten lang sein.“ Der Kervendonker Clip dauert sieben Minuten, der Straelener 13.

Zukunftsfragen

Ihre Mutter fungiert dabei als ,provisorische Kamerafrau‘, „die wegen Corona als einzige Person aus meinem Haushalt dabei ist. Man will sich ja auch an die Regeln halten.“ Bei den Interviews sei ihr wichtig herauszuarbeiten, „was ist wichtig an Bio. Warum ist es wichtig für die Umwelt, für den Konsum.“ Denn auch nach Corona, „wenn es normaler wird“, seien Fragen wie „was wann wie konsumiert wird und woher alles kommt“, in Zukunft weiter wichtig. 

… und im Kräutergewächshaus in Straelen.

Es gehe nicht darum, selbst im Gespräch zu bleiben, sondern den Fokus auf die noch neben Corona existierenden Themen zu lenken. „Corona heißt nicht, dass es nicht auch noch Tierleid, den Klimawandel und den CO2-Ausstoß gibt. Die bleiben nicht stehen, aber sind ein Jahr auf der Strecke geblieben.“ Und es genüge nicht, „wenn der World Wildlife Fund aktuell berichtet, dass ein Drittel aller Pflanzen und Tiere auf der Welt um das Überleben kämpfen, alle nur mal kurz sagen, wie schlimm das ist – und dann geht alles so weiter.“ 

Man könne überall eine Plattform finden, um über Videos oder wenn man bei sich selbst anfange, Menschen zu beeinflussen. „Dann wäre der Entwicklung mit Umwelt und Klima am besten geholfen.“ Nicht nur bei Corona heiße es: „Wir sitzen alle im gleichen Boot.“ Diese Grundhaltung würde sie sich auch beim Thema Klimawandel wünschen.

Neben „Music meets Bio“ hat Lea Brückner aber noch weitere Themenfelder im Blick, die sie noch in den öffentlichen Fokus rücken will. Als „UN-Women“-Mitglied soll es um Gleichstellung gehen. Sie denke auch daran, „mit Wissenschaftlern eine Reihe zu machen, wo es um Klima und Umwelt geht, dazu Institute, die mit dem Land zusammenarbeiten, einzubinden.“ Und als Idee für eine Video-Fortsetzung schwebt ihr das Thema „Kosmetikbranche und Tierversuche“ vor. „Da lasse ich mir was Spannendes einfallen. Da wird noch mehr kommen“, verspricht sie. 

„Man muss in dieser Zeit improvisieren“

Die frühere Kevelaererin Lea Brückner, die trotz ihres Umzugs nach Straelen noch gute Drähte in die Marienstadt hat, ist wieder in Sachen ihrer Kunst unterwegs.

Die 22-jährige Geigerin führt in Zusammenarbeit mit dem Kevelaerer Verein „wirksam e.V.“ und mit Unterstützung der Volksbank drei Konzerte an besonderen Orten am Niederrhein durch. „Der Verein hat sich trotz der schwierigen Situation zurzeit bereiterklärt, als Veranstalter zu fungieren und mir erlaubt, das auf die Beine zu stellen.“

Gemeinsam mit dem Pianisten Roman Salyutov wird sie am 25. September im Schloss Ossenberg, am 1. Oktober auf Schloss Hartefeld und im Haus Vlassrath in Straelen im Rahmen der „Muziek Biennale 2020“ auftreten.

Eine Künstlerin von „wirksam e.v.“ – Gabriele Schwarz-Lamche aus Geldern-Kapellen – wird in Ossenberg und Weeze begleitend das eine oder andere Bild ausstellen. „Man muss in dieser Zeit einfach improvisieren“, sagt die junge Musikerin. „Die drei Hausherren sind uns da sehr entgegengekommen und haben uns ihre Locations zur Verfügung gestellt. Das ist für uns Künstler und die Gesellschaft wichtig, dass die, die größere Räumlichkeiten haben wie Scheunen, Herrensitze oder Ähnliches, uns Künstler unterstützen und wir nicht Tausende Euro Miete zahlen müssen.“

Edvard Grieg am Ende

In ihren Konzerten wollen die beiden Künstler ein vielfältiges musikalisches Programm anbieten – von dem ersten Satz aus Ludwig van Beethovens „Sonate Nr. 7“ über die „Ungarischen Tänze“ von Johannes Brahms und einem der „schwierigsten Stücke der Violon-Literatur“ von Henry Vieniaswki, solle es auch gezielt für junge Leute Stücke wie die „Short story“ aus „Westside Story“ von George Gershwin oder auch Musik von Maurice Ravel geben.

Am Ende ist eine Sonate von Edvard Grieg vorgesehen. „Dazu    ließ er sich von endlos langen Nächten in den skandinavischen Wäldern und der Liebe zu einer Violinistin inspirieren“, sagt Brückner und will während des Konzerts weitere Anekdoten zu den Komponisten und ihren Kompositionen erzählen. „Es ist ja nicht nur Musik, sondern sind auch die spannenden Geschichten, die dahinterstehen.“   Und man wolle auch versuchen, alle gesellschaftlichen Schichten mit dem Angebot abzuholen.

Die Preise für die Tickets liegen bei 25 Euro. „Normalerweise sind da im Schnitt 300 Zuschauer möglich. Wegen Corona müssen wir aber auf 55 Personen runtergehen“, erläutert Brückner. „Es ist uns trotzdem wichtig – egal, was es für eine Zeit ist. Wir möchten trotzdem weiter Kultur anbieten.“

Die Tickets gibt es wegen der begrenzten Platzwahl mit Sitzplatz nur online oder per Mail mit allen Kontaktdaten, damit man auch im Falle einer Infektion die Nachverfolgung der Kontaktpersonen und die daraus resultierende notwendige Erreichbarkeit gewährleisten kann.

Brückner hat schon Pläne für weitere Konzerte, würde gerne vor Neujahr oder nach Neujahr mit Konzerten den Menschen Freude machen. „Da sind wir schon mit dran. Wenn es da Interessenten mit Räumlichkeiten gibt, dann können die sich gerne melden.“

Sie nutzt die Musik als Mutmacher in der Krise

Wenn Lea Brückner über die aktuelle Situation ihrer Künstlerzukunft nachdenkt, kommen bei ihr gemischte Gefühle zum Vorschein. „Momentan stehen die Chancen bei 50 zu 50, wie sich das nach Corona entwickeln wird“, will sich die 22-jährige Geigerin und frühere Kevelaererin, die trotz des Umzugs nach Straelen noch gute Drähte zur Wallfahrtsstadt hat, da noch nicht abschließend festlegen. Auf der einen Seite sehe sie den Zusammenbruch der öffentlichen Kulturlandschaft. „Viele Musiker sind als freischaffende Künstler unterwegs. Für die ist es sehr, sehr schwierig – vor allem für die, die nicht Studenten sind.“ Aber auch alle Musikstudenten, die als Aushilfen bei Festivals da sind, verdienten nichts. „Ich habe ein Riesenglück, dass meine Familie nicht weit weg wohnt und ich da wohnen kann. Aber ich habe einen Haufen von Freunden an den Musikunis, viele aus dem Ausland, die sind auf das Geld  angewiesen. (…) Und dann fallen halt Konzertanfragen weg.“

Die andere Seite: Vielleicht erschaffen kreative Köpfe in diesen Zeiten ganz andere Formen von Konzerten und Kultur, die vorher noch niemandem eingefallen sind. „Es gibt in solchen Krisen immer Leute, die neue Ideen haben“, hofft Brückner. „Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass der Andrang an Kulturveranstaltungen und Zusammenkünften, das normale Leben und Genießen danach eher steigen wird.“ Dazu komme noch die massive Onlinepräsenz mit Live-Konzerten in Wohnzimmern. Da sieht Brückner eine „Riesenchance, weil wir den Leuten viel mehr Einblicke zeigen können – was wir spielen, wie unser Leben so aussieht.“ Viele klassische Musiker zeigten sich jetzt online. So schaffe man Neugier, „dass, wenn Corona zu Ende ist, viele sagen: Da kann ich doch mal vorbeigehen.“ Vielleicht könne die Krise so gesehen auch etwas Positives bewirken, „wenn man von den Geldschwierigkeiten absieht.“

Neue Erfahrungen sammeln

Selbst hat die 22-Jährige, die ihren Master in „Professional Performance“ im Bereich Solo-Geige macht, damit schon Erfahrungen machen können. „Es gab zwei Anfragen für Online-Konzerte, die ich hätte aufnehmen sollen, live. Das ging hier aber nicht, weil ich zu Hause langsames Internet habe.“ So schwenkte sie um, nahm an einem Online-Wettbewerb des „Duo Klier“ aus England teil und nahm sich selbst dazu mit zwei verschiedenen Klangpartien auf. „Das war gar nicht so einfach, das hat gut zwei Tage gedauert, bis es funktioniert hat.“ Zwar habe sie schon erste Studioaufnahmen gemacht, „aber da war ich nicht mein eigener Toningenieur“, um erst die Solopartie und dann das Pizzicato von Vittorio Monti „Czardas“ aufzuzeichnen.

„Da habe ich neue Erfahrungen mit gemacht“, was Technik angeht, aber auch ihr eigenes Spiel, wie man sich als Duo-Partner fühlt. Das Problem sei gewesen, die Melodie einzuspielen und sich dann damit zu begleiten. „Wenn andere Musiker das sehen, werden sie sicher motiviert. Man muss sich neue Aufgaben suchen, um den Alltag zu meistern.“ Und da das Duo Klier sie als Favoritin ansieht, so Brückner, wollen sie ihr ermöglichen, ein  weiteres Video zu machen und zu teilen, um so auf sie aufmerksam zu machen.

Senioren freuten sich über die musikalische Darbietung

Am morgigen Donnerstag spielt sie mit ihrem Konzertpianisten Roman Salyutov zu Hause sechs Mozart-Sonaten ein. Die sind für die Langenfelder „Weik-Stiftung“ bestimmt. Diese Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, für Menschen mit Behinderung den Zugang zu Musik über Online-Aufnahmen zu ermöglichen. Daneben bietet Brückner Pflege- und Seniorenheimen an, für die Bewohner klassische Musik zu spielen. „Da stehe ich im Innenhof, da werden alle Fenster aufgemacht und die Leute stehen dann da und hören zu.“ So geschah es auch am vergangenen Sonntag am „Regina Pacis Haus“ in Kevelaer. „Sehr rührend war: Ich stieg aus und da saßen ein paar Seniorinnen schon bereit. Und als ich da vorbei ging mit Sicherheitsabstand, sagte eine Dame: Ich finde es ja toll, dass Sie sich in dieser Zeit Zeit für uns nehmen.“

Und das Feedback nach dem Konzert war toll. „Die waren so begeistert. Das Ziel war, dass sie mal alles vergessen können, was so läuft zur Zeit – in Erinnerung schwelgen, an die Familie denken können.“ Da sei auch die eine oder andere Träne geflossen. „Und danach saßen fast alle mit einem Strahlen da.“ Es habe den Menschen gutgetan, das Thema Corona gedanklich kurz beiseitezuschieben. „Da war eine Dame, die wollte, dass ein Stückchen davon auf ihr Handy aufgenommen wird. Das ist ja toll, wenn sie das am Abend im Bett nochmal sieht und damit einschläft.“ Daran habe man gesehen, wie überflüssig die Debatte über den Sinn von Kunst und Musik und der Zahlung von Geld an Künstler sei. „Wie die Leute in dieser Zeit auf eine halbe Stunde Musik reagieren, da eine halbe Stunde Pause für sich haben, da sieht man, was das in Menschen auslöst. Eine bessere Heilung für die Seele gibt es nicht“, sagt die Musikerin. Und ihr habe es Freude gemacht, „die Musik zu nutzen, nicht nur, um perfekt zu spielen und um Leistung zu zeigen, sondern die Musik zu nutzen für die Leute, die es schwer haben.“ Insgesamt liegen ihr ein weiteres halbes Dutzend Anfragen aus Geldern, Straelen und Kevelaer vor, die sie in der kommenden Woche wahrnehmen möchte.