Jahr für Jahr hofft Thomas Cleven auf bessere Zeiten. Der 42-Jährige baut auf seinem 140 Hektar großen Hof besipielsweise Getreide, Mais, Kartoffeln, Zuckerrüben und Gras an. „Es ist nix besser geworden – nur anders“, beschreibt er die aktuelle Situation. „Wir haben im Grunde drei trockene Jahre hintereinander gehabt.“ Drei Jahre Verluste. „Und jedes Jahr war dabei anders.“
2018 war ein extrem trockenes Jahr, 2019 trocken, aber nicht so extrem wie das Jahr zuvor und 2020 „hatte wir im Winter Regen, das Frühjahr war feucht.“ Da bestand die Hoffnung, dass sich der Grundwasserspiegel langsam wieder anfüllt. „Dann war es früh wieder warm.“
Jedes Jahr war anders
Die Trockenheit, „die kam dieses Jahr noch früher“, bestätigt sein Kollege Johannes van den Boom. Der 34-Jährige bewirtschaftet seine 140 Hektar auch mit Grünland, Silomais, Getreide und Zückerrüben. „Der kleine Vorteil war, dass es nicht so die Hitze gab und die Sonnenstunden, dass es bedeckt war.“ Die letzten 14 Tage dagegen, die waren „extrem, das ist selten so.“ Der Unterboden ist dadurch extrem trocken. „Das Getreide braucht Wasser aus den tieferen Schichten. Das war diesmal sehr problematisch“, erzählt van den Boom. Da nutze das Wässern nicht so viel – anders als bei Mais.
„Aber auch da waren die Flächen beim Zweibruchmais so trocken, dass 30 Zentimeter Erde ausgetrocknet waren“, gibt Cleven seine Erfahrung wieder. „Den Zweibruchmais mussten wir sogar beregnen, damit der überhaupt keimte.“ So etwas habe es am Niederrhein wohl noch nie gegeben, sagt sein Freund van de Boom. „Mein Vater ist über 70, der sagt: Das hatten wir so noch nicht.“
„Im April und im Mai und bis jetzt“
So begann man, die Maisfelder teilweise schon „im April und im Mai bis jetzt“ kontinuierlich zu beregnen, spricht Cleven von gut „2300 Stunden“, in denen das Wasser lief. „Das ist nochmal mehr als im letzten Jahr.“ Dann kam noch die große Hitze, wo man von vorne begann, „weil sonst der Mais noch schneller abgereift wäre.“ Dazu kamen noch extreme Winde von Osten. „Den haben wir sonst nur im Winter. Das hat sich schon sehr verändert. Ostwind bedeutet kein Regen, der regnet dann im Sauerland ab. Der muss von Westen kommen“, erklärt Cleven. So entstand noch so eine Art „Fön-Effekt“, ergänzt van den Boom.
Getreide sei in diesem Jahr insgesamt ein großes Problem gewesen, bei den Rüben lasse es sich noch nicht abschätzen. „Das kann nochmal kommen, wenn Regen kommt. Die sind noch nicht in der entscheidenden Phase“ , sagte van den Boom. „Rüben können auch im November noch wachsen“, sagt Cleven.
Benachteiligt
Eigentlich lebe man am Niederrhein in einer guten Ecke und sei von Wetterextremen verschont geblieben, aber das habe sich geändert. „Bisher war der Niederrhein das gelobte Land. Im Moment sind wir wirklich benachteiligt“, ergänzt van den Boom. Es sei schwer zu sagen, wie lange man mit so einem Zustand leben könne. „Klar machen wir uns sorgen, dass das nach drei Jahren zur Normalität wird. Aber es wird auch wieder anders werden“, ist van den Boom hoffnungsvoll, dass das nur eine begrenze Periode ist. „Wir werden jetzt nicht jedes Jahr eine Dürre kriegen.“
Das Grünland sei teilweise schon verbrannt gewesen, aber mit dem Regen werde es wieder grün, so Cleven. „Es ist nicht nicht so extrem wie vor zwei Jahren – man muss halt immer Hoffnung haben“, formuliert Cleven das Prinzip.
Mit dem Klimawandel, das könne damit nicht passen, sagt Cleven. Wenn man nach Ostfriesland fahre oder nach Bayern, sagten die Menschen dort: „Es hat in Unmengen bei uns geregnet.“ Das passe nicht zusammen.
Anbau verändern
Man mache sich aber natürlich Gedanken, vom Anbau her was zu verändern. „Wir haben das schon in den letzten Jahren so gemacht, dass der Boden weniger gepflügt wird, die Zwischenfrucht steht und man dann in die Zwischenfrucht, die im Winter steht, den Mais sät, ohne zu pflügen. Das spart auch etwas Wasser. Oft wird halt im Herbst Gras ausgesät, umgebrochen und Mais ausgesät. Gras entzieht sehr viel Wasser, da muss man gucken. Aber eine Kuh muss auch Gras haben.“
Das Prinzip, zwei Hauptkulturen auf einer Fläche anzubauen, stoße an seine Grenzen, ergänzt sein Kollege. „Da denkt man nach, ob man nur Gras oder Mais anbaut, nicht erst Gras und dann Mais.“ Dann wäre man nicht mehr ganz so abhängig vom Wasser.
Die Vegetationsphase sei länger geworden, und man könne noch bis Anfang Dezember Mais ernten und dementsprechend säen, sagt Johannes van den Boom. Der begrenzende Faktor sei da aber das Wasser. Da auf Flächen zu verzichten, sei dann schon reales Geld. Und brach liegen sei immer das Schlechteste für einen Boden.
„Das sieht man am Nitrat – wenn da kein Aufwuchs drauf ist, kann das auch keinen Nährstoff ziehen. Eine Kultur zieht ja immer Stickstoff aus dem Boden während der Vegetationszeit.“ Aber man müsse in der Landwirtschaft immer mit neuen Bedingungen umgehen – ob nun vom Klima her oder politisch. „Man weiß halt am Anfang des Jahres nicht, ob es trocken wird oder nass“, sagt van den Boom.
Erschwerend für viele Kollegen am Niederrhein habe sich Corona ausgewirkt. „Viele, die Industriekartoffeln anbauen, sind in einer schlechten Situation. Die Preise sind völlig im Keller und solange keine Großereignisse stattfinden, ist der Verbrauch von Pommes und Chips nahezu Null.“
Selbst baue man glücklicherweise nur Speisekartoffeln an. Und am Milchmarkt habe sich die Situation wieder eingependelt, meint van den Boom. „Beim Fleisch ist es anders, da machen wir etwas Bullenmast. Da sind die Preise halt gefallen.“
Positiv fiel Corona für diejenigen aus, die an den Höfen Direktvermarktung hätten, meint Cleven. „Und es wurden viel mehr regionale Produkte in den Supermärkten gekauft.“ Man müsse sehen, wie schnell der Verbraucher da nach Corona in seine alten Verhaltensmuster zurückfalle.
Beide halten aber unberirrt daran fest, weiter zu machen, „weil wir positiv gestimmte Menschen sind.“ Man müsse lernen, mit den Gegebenheiten umzugehen. Allerdings hätten einige Landwirte am Niederrhein in den letzten Jahren schon die Arbeit niedergelegt. Das werde es auch in diesem Jahr geben.