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Wie von einem anderen Stern

Dass fast der komplette Mittelblock der Basilika besetzt war, sprach für das große Interesse, das diesem kulturellen Hoch-Ereignis zu Beginn des Jahres zugesprochen wurde. Basilika-Chorleiter Romano Giefer ließ es sich nicht nehmen, die Zuhörer zu diesem besonderen Konzert zu begrüßen ein „schönes Konzert“ zu wünschen.

Im Anschluss daran betraten die zwölf Sänger des „Donkosakenchores Serge Jaroff“ die Stufen vor dem Altar. Dessen Geschichte reicht bis ins Jahr 1921 zurück, als die russischen Gefangenen eines griechischen Internierungslagers begannen, die Lieder ihrer Heimat zu singen.

Dass die Formation zurecht als Chor von Weltformat angesehen wird, bewiesen die Sänger dann im 70 minütigen Konzert auf eindrucksvolle Art und Weise.

Schon bei dem Einstiegsstück „Credo“ beeindruckte die Präzision, die stimmliche Wucht der Männer und der klare, präsente Ausdruck ihres Solisten Alexander Lebed. „Bravo, großartig“, konnte man schon danach einzelne Stimmen im Publikum vernehmen.

Langgedehnt, den Klang und die Lieder weit ausformulierend, erfüllten die Sänger dann mit ihren allumfassenden Stimmen das Kirchenschiff, zogen sie die Zuhörer mit dem „Vater unser“ von Nikolai Kedrov oder mit „Rette oh Gott Dein Volk“ in ihren Bann.

Und Solisten wie der Countertenor Slanislav Kriuchkov, der die Lage noch oberhalb der Tenorstimme erreichen kann, setzte bei „O, Herr, wir singen Dir“ von Rachmaninoff ein stimmliches Glanzlicht.

Zur Gesangs-Demonstration gerieten die Beiträge von Wladimir Sych und Alexander Lebed bei „O Bete Freund“ – gepaart mit einem Chorklang, der sich aufrichtete wie ein unendlicher Wall.

Ähnlich beeindruckend gerieten die weiteren Partien des Konzerts wie der „erste Psalm Davids“ oder die Volkslieder wie „Eintönig klingt hell das Glöcklein“ mit Kriuchkovs Solo-Gesang. Die „Abendglocken“ von Sergey Yarow durften im Repertoire des Chores natürlich nicht fehlen.

Der Höhepunkt erwartete die Zuhörer am Ende: Bei „You raise me up“ entführten die drei Solostimmen von Lebed, Kriuchkov und Sych im Verbund mit dem Chor die Zuhörer nochmal in eine andere Welt.

Wie aus dem Sketch ein Stück wird

Beim Boulevard-Theater klappern Autoren und Schauspieler, die ihr Handwerk verstehen, oft mit den Türen. Bei „Dinner for One“, einem Boulevard-Stück das dem berühmten Sketch nachspürt, verzichtete man fast vollständig auf Türen und beließ es bei Türrahmen. Besser so, schließlich spielt der Hauptdarsteller sechs Männerrollen und darf sich dementsprechend oft in Sekundenschnelle umziehen – eine schauspielerische Meisterleistung, bei der Türen nur im Weg wären.

Der künstlerische Leiter der Comödie Dresden, Christian Kühn, ist eigentlich zu jung und zu schlank für das Bild des gealterten Buttlers James, das wohl jeder aus dem Sketch vor Augen hat – und doch parodiert er ihn nach der Pause, als ebendieses „Dinner for One“ über die Bühne geht, beinahe originalgetreu. Mehr noch: Er setzt noch ein paar schöne Spitzen obendrauf.

Dabei hat er schon im ersten Akt überzeugt und die vier männlichen Gäste des Dinners, die wir ja alle nur als Verstorbene kennen, auf eindrucksvolle Weise zum Leben erweckt. Die um den Sketch gestrickte Rahmenhandlung, für die Kühn, seine Spielpartnerin Dorothea Kriegl und Genre-Tausendsassa René Heinersdorff verantwortlich zeichnen, ist wie der Silvesterklassiker selbst recht simpel gestrickt. Genau das aber erfordert schauspielerische Höchstleistungen und eine unerhörte Detailverliebtheit. Kühn und Kriegl boten beide Beides in hervorragender Weise.

Zunächst und immer wieder zwischendrin verkörperten sie ein junges Journalisten-Pärchen auf der Suche nach einer möglichst reißerischen Story hinter dem Ereignis im Sketch. Sehr gut nachvollziehbar zeigten sie auf, wie die beiden jungen Leute immer mehr in die Geschichte hineingezogen werden – bis sie schließlich in die Rollen der Miss Sophie, des James und der vier Gäste in jungen Jahren schlüpften und damit die Geschichten hinter dem Sketch lebendig werden ließen.

Die Ideen zu den Figuren und ihren Lebensgeschichten waren so skurill wie einfallsreich und ließen den Spannungsbogen in rund einer Stunde Spielzeit bis zur Pause nie abreißen. Naturgemäß hatte Christian Kühn bei seinen Sprüngen von einer Rolle in die nächste und zurück eine Wahnsinnsarbeit zu leisten – die er aber mit einer außergewöhnlichen Leichtigkeit und einem ständigen Draht zum Publikum gekonnt über die Rampe brachte. Dorothea Kriegl stand ihm in ihrem Können in nichts nach und spielte vor der Pause eine wunderbare junge Miss Sophie, die gekonnt-kokett das Geheimnis um ihre Verbindung zu den vier Herren und Butler James lüftete.

Letzterer war dann auch die Verbindung zur Story nach der Pause, die mit dem Sketch begann. Nachdem der mit hoher Originaltreue für begeisterte Wiedererkennungsmomente gesorgt hatte, und das junge Journalisten-Pärchen auf der Bühne noch über das ,was bisher geschah‘ reflektierte, folgte ein Theaterkunstgriff, der auch schon mal daneben gehen kann: Die Schauspieler stiegen aus ihren Rollen aus und ließen alle Masken fallen. Doch in diesem Falle war das fast schon logische Konzequenz des Spannungsbogens – und mit einem kleinen Schlussgag sogar noch ein i-Tüpfelchen.

Jubel und stehende Ovationen gab es vom Publikum für einen wunderbaren Theaterabend im ausverkauften Kevelaerer Bühnenhaus.

Ein besonderer Heimatabend

Es war in vielerlei Hinsicht ein ganz besonderer Abend: Denn erstmals durften die „Swingenden Doppelzentner“ – liebevoll in Kevelaer nur die „Swingies“ genannt“ – als Gastgeber des Heimatabends einen eigenen Festkettenträger proklamieren. Zum Zweiten wurde erstmals ein Adjutanten-Duo benannt. Und der Heimatabend war die erste große offizielle Veranstaltung des Jahres, nachdem mit Willy Kocken vom VFR Kevelaer und dem früheren Prälaten Richard Schulte Staade zwei prägnante Persönlichkeiten des Kevelaerer Lebens verstorben waren.

Und so überraschte es nicht, dass der Präsident der Geselligen Vereine Kevelaer, Peter Tenhaef, nach dem ersten Musikblock des Musikvereins unter der Leitung von Elmar Lehnen – mit Gilbert O‘Sullivan, Simon & Garfunkel und einem „The Lion King“-Medley – in seiner Rede an beide Persönlichkeiten erinnerte. „Wie nah Freud‘ und Leid zusammenliegen, bekommen wir in diesen Tagen vor Augen gehalten. Gerne hätte ich sie beide hier heute Abend gesehen, Willy Kocken und den von allen geschätzten, um nicht zu sagen geliebten Prälaten Richard Schulte Staade. Beide standen den Geselligen Vereinen sehr nahe.“

Gerne gemeinsam gegessen und gefeiert

Tenhaef würdigte Kocken „als begeisterten Karnevalisten und Fahnenträger des VFR“ und seine Rolle als Adjutant des ebenfalls schon verstorbenen Festkettenträgers von 2014, Egon Kammann. Ausführlich ging er auf Leben und Werk von Richard Schulte Staade ein, der 32 Jahre lang als Prälat und Pastor von St. Marien „Hüter des Gnadenbildes“ gewesen war, „immer Kontakt zu uns“ auch in seiner aktiven Zeit „und Interesse am Geschehen innerhalb der Geselligen Vereine gehabt“ habe. Das Präsidium erinnere sich gerne „an seine Einladungen und Besuche in Wesel“, wo das selbst mitgebrachte Essen für ihn noch circa eine Woche hielt und er diebische Freude dabei empfand, „wenn wir mal nach Hause gingen und eine Kiste Bier bei ihm ‚vergaßen.‘“ Er habe „gerne bei uns gesessen und gefeiert.“

Seine vielfachen Verdienste um unsere Stadt seien mit einem Marketing-Sonderpreis und der Verleihung der Ehrenbürgerwürde anerkannt worden. „Ohne ihn sähe unsere Stadt und besonders die Umgebung der Gnadenkapelle und der Basilika anders aus.“ Gerne erzählte er von der Entstehung der Pax-Christi-Kapelle, „die er schon fast fertiggestellt hatte, bevor Münster davon überhaupt erfuhr.“ Er habe es immer verstanden, Menschen für seine Ideen zu begeistern. „Und wenn es mit den Spenden mal nicht so richtig klappte, griff er auch gerne in die eigene Tasche.“ Er habe „den Mittelpunkt unserer Stadt, den Kapellenplatz, nachhaltig geprägt“ und sich „mit den vielen von ihm initiierten Veränderungen und Erneuerungen (…) ein bleibendes Denkmal gesetzt.“ Ohne ihn wären Besuche von Johannes Paul II. und Mutter Teresa niemals möglich gewesen, sagte Tenhaef und bat alle Anwesenden, sich zum Gedenken zu erheben. „Beide Verstorbenen werden immer in unseren Erinnerungen und ihr Andenken immer in unseren Herzen lebendig bleiben.“

Eine besondere Urkunde

Anschließend lobte Tenhaef das „fröhliche und einige Festjahr“ der Sebastianus-Schützen und eine Kirmes-Atmosphäre, „wie sie besser nicht hätte sein können.“ Man habe erlebt, wie ein Festjahr einen Verein zusammenschweißen kann, sagte er und dankte dem Festkettenträger Hans-Gerd „Tutti“ Rütten und seinem Adjutanten Ralf Trepmann. „Bitte, liebe Seb, weiter so.“ In Bezug auf die „Swingies“ erinnerte er an deren Anfänge und die Unterzeichnung der Gründungsurkunde auf einer Veltins-Speisekarte in der „Schanz“. Er erinnerte an die ersten Auftritte, die „grauenvoll“ klangen und ihre Entwicklung zu einem „Fanfarenzug der Extraklasse, der heute keine Misstöne mehr duldet“. Es gebe „keinen im Saal, der Euch angesichts dieser Entwicklung nicht bewundert.“

Hans-Gerd Rütten und Ralf Trepmann sagten Danke.

Moderator Christian Mülders durfte dann die frühere Seb-Wache begrüßen, die auf der Bühne mit einem T-Shirt mit dem Konterfei von FKT und Adjutant mit Frauen ihren Tanzmove hinlegte. Er bedankte sich bei beiden mit einem gemeinsamen Bild mit Wache. Der Festkettenträger gab einen ganz besonderen Dank an seine „Seb“, an die Ehefrauen Marion und Ulrike und Familien zurück. „Hier gibt es nur ein Wort: Grandios.“ Er dankte den Anwesenden, den Vereinen und dem Präsidium der Geselligen Vereine für die „tolle Unterstützung“, verteilte selbst ein Bildpräsent an zwei begleitende Musiker des Musikvereins und hob Pastor Gregor Kauling hervor. „Ich glaube, es hat noch keiner so gehabt, diese Unterstützung. Selbst Kirmessamstag und Kirmesmontag – Sie waren immer da.“

Einen „kleinen Gruß in den Himmel“ schickte auch er in Richtung des Ehrenpräses der Seb, Schulte Staade. „Die Tradition lebt weiter – die Spiele mögen beginnen“, empfahl er seinem Nachfolger, „das zu genießen“ und wurde ganz kurz sogar politisch: „Geht in Euren Sitzungen behutsam mit dem Peter-Plümpe-Platz um, denn andere Generationen wollen auch dort die Kirmes genießen.“

Nach einer Musikeinlage wurde es dann spannend, als Franz Baumanns als „Swingies“-Vorsitzender den „würdigen Vertreter aus unserem Verein“ beschrieb, den man zum Festkettenträger auserkoren hatte. „Er ist ein Mann, wurde als drittes Kind in seiner Familie geboren, hat zeitweise Pfeife geraucht, war beim Duo ‚Tina und Jörg‘,  macht die Moderation seit vielen Jahren, ist Gründungsmitglied und ein wahrer Doppelzentner.“ Anschließend bat er „als wichtigsten Mann des Abends“ Jürgen Völlings auf die Bühne. „Bei mir treffen Nervosität und Glückshormone aufeinander“, empfand er es als „ein großes Gefühl“, für seinen Verein die Festkette in diesem Jahr tragen zu dürfen – als erster FKT der Vereinsgeschichte.

Nicht nur ein Adjutant

Als man ihn gefragt habe, ob er das mache, besprach er die Angelegenheit mit seiner „lieben Christel in einem Kämmerlein“, sorgte er für Gelächter. Die sagte ihm die volle Unterstützung zu. „Ich möchte gerne der Swingie-Festkettenträger zum Anfassen sein. Natürlich sind da die Damen die ersten, die vorne in der Reihe stehen.“ Und alle Spielkameraden des Fanfarenzuges sollen seine Wache bilden. „Keiner soll außen vor stehen und wir bilden mit unserem Anhang eine Einheit.“ Anschließend lüftete er das Adjutanten-Geheimnis, das selbst den Swingies nicht bekannt war. „Ist es Mann oder Frau – nur ich weiß es ganz genau“, holte er dann „erstmals in der Geschichte der Geselligen“ mit seinen Kindern Björn und Simona zwei Adjutanten auf die Bühne. „Das war mir ein Anliegen“, gestand der 69-Jährige, als er mit seiner Ehefrau, den beiden Adjutanten und deren Partnern die Gratulation von Bürgermeister, Geistlichen und den Vereinsoberen entgegennahm.

Der Abend hatte großen Unterhaltungswert.

In der Pause nutzten viele die Gelegenheit, die Lose für die Tombola zu kaufen, deren Erlös zu 50 Prozent an die DLRG-Jugend und je zu einem Viertel an die Bürgerstiftung „Seid einig“ und die „Aktion St. Nicolaus“ gehen wird. Am Ende standen 3.200 Euro für den guten Zweck zu Buche.

Showgirls und Mülltonnen-Rocker

Der zweite Teil stand dann ganz im Zeichen der „Swingies“ und ihres von Heinz Meurs organisierten Festprogramms voller origineller Ideen. Christian Mülders betätigte sich als „Erzähler“, der aus einem Buch die Entstehungsgeschichte der „Swingies“ vortrug. Parallel dazu spielte das Ensemble die Szenen nach. Die „Swingies“-Männer bewiesen in „Baywatch“-Manier ihre Tanz- und Akrobatik-Fähigkeiten. Und Christel Völlings interpretierte die „Seemann“-Melodien gesanglich ganz neu. Garniert wurde ihr Programm von den VFR-Showgirls. Die „Mülltonnen-Rocker“ der Seb interpretierten den „We will rock you“-Rhythmus. Ein Sketch beleuchtete mit Journalist, Bürgermeister Dominik Pichler, Peter Tenhaef, „Tütten Thei“ und Franz Baumanns das Sommerloch, als sich alle aus Verzweiflung von der Brücke stürzen – bis auf den Journalisten, der endlich mal wieder eine tolle Story hat.

Als Sven Völlings, Sohn des FKT, mit seiner Formation „Wiesenkönige“ und mit Unterstützung eines Teils des Familienchores und den Bläsern dann „Hey Jude“ intonierte und der ganze Saal mitsang, glaubte man, einen weiteren Höhepunkt könne es nicht geben.

Doch kurz vor Mitternacht stimmte der Fanfarenzug auf der Bühne zum Klavierspiel von Elmar Lehnen das Heimatlied „Wor hör ek t´hüß“ an, untermalt mit diversen anderen Melodien – unter anderem „My way“ von Sinatra und der deutschen Nationalhymne. Mit Knicklichtern und dem „Heimatlied“-Original konnten die Anwesenden einen mehr als würdevollen Abschluss des Abends feiern.

Eine Bildergalerie zum Heimatabend finden Sie hier.

Die Botschaft geht nicht unter

Wer an Shakespeare keinen Gefallen findet, der wird wohl kaum einen Draht zum Theater finden. Bei der TheaterWerkstatt Haus Freudenberg steht auch deshalb alle zwei Jahre ein Shakespeare-Klassiker auf dem Programm. „Wie es euch gefällt“ heißt es in diesem Jahr. Und es geht – fast möchte man sagen: wie immer bei Shakespeare – um die großen gesellschaftlichen, politischen und emotionalen Themen der Menschheit: Liebe, Hass, Macht, Geld… Die Fassung, die auf dem Originalstück von 1599 basiert, stammt von Matthias Hahn; die Inszenierung hat wieder Anna Zimmermann-Hacks übernommen. „Es wird ein lustiges Stück, dessen Botschaft jedoch nicht im Humor untergehen wird“, sagt die Regisseurin.

Den Spaß spüren

Den Spaß spürt man bei den Projekten der TheaterWerkstatt immer schon vorher: Rund ein halbes Jahr dauern die Vorbereitungen. Mehr als 100 Menschen arbeiten auf und hinter der Bühne auf einen gelungenen Abend hin – und in diesem Jahr werden es erstmals fünf Aufführungen werden, darunter zwei im Konzert- und Bühnenhaus in Kevelaer. Bühnenbild und Kostüme, Frisuren und Make-Up – alles ist selbstgemacht, steht aber der Qualität professioneller Bühnen in nichts nach.

Ein „Klassiker“ ist auch die musikalische Begleitung der TheaterWerstatt-Stücke geworden, gerade traf die diesjährige Band (Vivien Zastrow, Felix Pickers und Daniel Bormann) erstmals zur Probe mit dem Schauspiel-Ensemble zusammmen. Für alle ein spannender Moment, sagt Vivien Zastrow, denn allen wird klar: Es geht auf die Zielgerade. Und der Song „Tanz“ von Stefan Stoppok, den die Band unter anderem spielt, macht im Refrain klar, worum es irgendwie immer geht, wenn diese Gruppe ein Theaterstück auf die Bühne bringt: „Beweg‘ den Herz zum Hirn, schick‘ beide auf die Reise, tanz‘, tanz‘, tanz‘, aber dreh‘ dich nicht, dreh‘ dich nicht im Kreise.“

Vor 16 Jahren startete das Ganze mal mit einer inklusiven Idee – von der heute keiner mehr spricht, denn schon nach wenigen Minuten spielt es kaum noch eine Rolle, ob und welches Handicap jemand hat. Anna Zimmermann-Hacks sagt, sie sehe oft die vermeintlichen Schwächen als Stärken, und setze die Mitspieler dementsprechend ein. Und auf der Bühne führt das dann ganz schnell dazu, dass Unterschiede nebensächlich werden.
Dem können einige Mitspieler nur zustimmen: Gregor Wellens lobt die „große, ungezwungene Gemeinschaft“ und die Kevelaerer Familie Pichler ist mittlerweile zu viert vertreten: „Ein echtes Familienprojekt“, freut sich Dominik Pichler über die Zeit, die er mit Frau und zwei Kindern, aber auch in der großen Familie der TheaterWerstatt verbringen darf.

Aufführungen
Samstag, 29. Februar, 19 Uhr und Sonntag, 1. März, 15 Uhr, Bühnenhaus Kevelaer; Samstag, 7. März, 19 Uhr, Stadthalle Kleve;
Samstag 14. März, 19 Uhr, Sonntag, 15. März, 15 Uhr, Lise Meitner Gymnasium Geldern.

Der Kartenvorverkauf beginnt am 20. Januar, in Kevelaer gibt es die Karten im Service-Center im Rathaus. Der Eintritt beträgt 8 Euro.

Ein würdiges Ende

Ein bisschen Wehmut schwang schon mit, als Herbert Reuters erklären sollte, warum man die seit 38 Jahren bestehende Institution „Neujahrskonzert der Kreispolizei“ im Kevelaerer Bühnenhaus nicht mehr fortführen wird. „Die Orchester sind wahnsinnig schwer zu kriegen mittlerweile. Früher sind sie teilweise oder meistens kostenlos aufgetreten“, erinnerte sich das langjährige Mitglied des Organisationsteams. „Heute müssen bestimmte Orchester bezahlt werden, deshalb haben wir schon lange kein holländisches Orchester mehr gehabt. Da stehen Summen im Raum, die fünfstellig sind.“

Was sicher auch eine Rolle spiele, so Reuters, sei der hohe Altersdurchschnitt des Publikums. „Und die sind irgendwann einfach nicht mehr da. Da machen wir lieber jetzt einen Schnitt“, so Reuters.

Umso glücklicher waren nicht nur er und seine Mitstreiter, sondern auch der Abteilungsleiter Polizei des Kreises, Günter Lange, dass man das Hamburger Polizeiorchester unter der Leitung von Kristine H. Kresge für das Abschlusskonzert hatte gewinnen können. „Das Orchester steht bereits unter Strom, und da das Orchester nicht das erste Mal hier ist, werden Sie sicher gleich auch unter Strom stehen“, versprach Lange bei seiner Begrüßung dem Publikum, den Ehrengästen und Sponsoren. Später ließ er es sich nicht nehmen, zum Dank stellvertretend für das zum Teil schon jahrzehntelang für das Projekt arbeitende Team Moderator Bernd van Lier, Herbert Reuters, Paul Wackers und Erich van Lier ein Präsent zu überreichen.

Die Musiker überzeugten auf ganzer Linie. Foto: AF

Mit dem passenden Auftaktstück „Musik liegt in der Luft“ brachte das Hamburger Orchester direkt Groove in den Saal. „Moin, moin“, lautete das knackige Hallo zum Jahresauftakt von Dirigentin Kresge, die es als „große Ehre“ ansah, mit ihren Musikern das Abschlusskonzert der Kreispolizei spielen zu dürfen. Das Ensemble bot bei seinem Auftritt dafür auch die ganze Bandbreite an Klang an, die so ein Orchester nur anbieten kann.

Tolles Programm

Edward Elgars „Salut d ´amour“ entwickelte sich zu einem wunderbar-sehnsuchtsvollen Stück Musik. „Harlem Nocturne“ entführte die Zuhörer in die Atmosphäre amerikanischer Jazzclubs – und bot mit Björn Berger (Altsaxofon), und dem Klarinettisten Christian Wohlers zwei starke Solisten. Der Posaunist Rainer Sell stand bei „When you´re smiling“ seinen Kollegen in nichts nach. Und John Berlin zeigte bei der Filmmusik „Zirkus Renz“ aus dem Jahr 1943 am Xylofon, wie schnell man das Instrument spielen kann.

Groß und großartig geriet die Orchesterversion des Filmklassikers „Out of Africa“, eine tolle Zusammenstellung der Ennio Morricone-Klassiker von „Spiel mir das Lied vom Tod“ bis „Zwei glorreiche Halunken“ überzeugte durch das besondere Arrangement. Und mit feinstem Swing („Life goes to a party“ von Harry James und Benny Goodman) und tollen Musikern (neben Wohlers und Sell überzeugte Trompeter Nicolas Boysen) ging es in die Pause.

Auch danach ging es abwechslungsreich weiter – ob nun mit dem schmachtenden „Tara´s Theme“ aus dem Filmklassiker „Vom Winde verweht“ oder der moderneren „Crime time“ von Klaus Doldinger und Les Humphries. Elegant-tänzerisch geriet Leroy Andersons „Belle of the Ball“, schmissig und zum Mitsingen animierend der Musikklassiker „Ein Freund, ein guter Freund.“ Und mit einem spannenden „Winnetou-Soundtrack“ rundeten die Musiker den großartigen Klangeindruck des Abends nochmal ab.

Lernen im Live-Stream

Stolz konnten Theo Reintjes und Johannes Wilhelms das druckfrische Heft mit dem aktuellen Programm der Volkshochschule Goch-Kevelaer-Uedem-Weeze für das erste Halbjahr 2020 präsentieren. „Es ist farbig geworden, das Programm“, benannte VHS-Leiter Reintjes eine der Neuerungen. Damit ist es dem Layout angepasst, das man auf der Homepage der Volkshochschulen für die einzelnen Fachbereiche finden kann. „Es ist ja kein Bilderbuch, sondern wir wollen die Informationen weitergeben. Ich denken, da ist uns in sehr ansprechender Form ein Gleichgewicht gelungen.“

Der Titel zeigt Ludwig van Beethoven – und das mit Kopfhörer und Handy in der Hand. „Jeder weiß ja, dass der Mann nicht gut hören konnte, trotzdem ein Musikgenie war. Er war ein Querkopf – und auch die VHS muss immer querdenken“, formulierte Reintjes die Idee des Ganzen. „Das ist der Brückenschlag der mittleren und älteren Klientel zu den Jüngeren, die sich über Youtube und solche Kanäle informieren“, ergänzte Wilhelms, bei der VHS für berufliche Bildung und EDV zuständig.

Rund 350 Tages-, Abend – und Nachtangebote haben die Verantwortlichen zusammengestellt. Gegliedert ist das Ganze in die sieben Fachbereiche „Mensch und Gesellschaft“, „Kulturelle Bildung und Kreativität“, „Gesundheit“, Sprachen“, „Berufliche Bildung und EDV“, „Grundbildung und Schulabschlüsse“ sowie „Studienreisen“.

Erstmaliges Streaming-Angebot

Eine Premiere ist in diesem Jahr ein Live-Streaming-Angebot mit dem Titel „VHS-Wissen live“. Natürlich sei die Volkshochschule der Ort, wo unmittelbare Kommunikation stattfinde, auch um persönliche Kontakt zu knüpfen, sagt Reintjes. „Aber wir können nicht ignorieren, dass die Digitalisierung voranschreitet und gerade junge Leute das von der Pike auf erlernen.“ Dement-sprechend sei man auch gefordert, diese Mittel und Wege „als Ergänzung“ zu nutzen.

Renommierte Forscher, Experten und Wissenschaftler werden dort Vorträge halten. Die Palette reicht von einem Vortrag über „Künstliche Intelligenz“, „Friedensethik im 21. Jahrhundert“, „Wer beherrscht den digitalen Raum?“ bis zu „America first“ und der Krise des heutigen Parlamentarismus. Die Nutzer müssen sich bei der Volkshochschule online oder direkt am Standort anmelden. Dann werden an diejenigen die dazugehörigen Links verschickt. „So können wir halt evaluieren, wer das nutzt und ob sich das Angebot lohnt.“

Nutzer könnten auch Fragen stellen, die als Chatbeiträge gesammelt und vom Fachmann beantwortet werden, ergänzte Wilhelms. Auch Schulen will man dazu gerne mit ins Boot holen – und die rechtliche Frage noch klären, ob es erlaubt ist, die Sendungen aufzuzeichnen und daraus eventuell auf lange Sicht eine Mediathek anzulegen. „Das könnte der nächste Schritt sein“, so Reintjes. Den ersten Vortrag kann man am Donnerstag, 16. Januar 2020, ab 19:30 Uhr zum Thema „Der ungeliebte Bundesstaat“ von Prof. Dr. Peter Huber verfolgen.

Dazu gibt es erneut vier kostenlose Webinare in der Öffentlichen Begegnungsstätte in Kevelaer, wo vier Ärzte Auskunft zu Themen wie Demenz, Chronischen Atemwegserkrankungen, Migräne und Parkinson geben werden. „Der Erfolg hängt da vom Thema ab. Da sitzen mal zwei, mal zwölf Leute“, meint Reintjes.

Viele Angebote in Kevelaer

Zum Thema Ludwig van Beethoven bietet die VHS die Fahrt zu einem Violinkonzert in die Essener Philharmonie am 26. Juni und ein Klavierkonzert mit Roman Salyutov in der Kevelaerer Begegnungsstätte am 7. April an. Spannend dürften dort auch Werner Schoofs Bilderabend am 5. Juni mit kleinen Geschichten um die deutsche Fußballnationalmannschaft und die Lesung zu Ehren von Hanns Dieter Hüsch am 12. Februar mit Heinz van de Linde werden – beides kostenfrei.

Die ÖBS wird zudem Schauplatz von Stimmbildungs-Workshops am 8. Februar und 9. Mai mit der Sporanistin Ekaterina Korotkova und dem Musikwissenschaftler André Schmeichel. Beide veranstalten dort am 4. April einen Workshop zum Thema „Singen macht glücklich“. Und im Malraum der ÖBS wird die Malerin Sepideh Akbarzadeh ab dem 18. März an fünf Abenden zeigen, wie „Blindzeichnung am Gegenstand“ funktioniert.

Im Themenbereich Heimat- und Länderkunde werden auch Betriebsbesichtigungen wie bei der Abfallentsorgungsanlage Asdonkshof in Kamp-Lintfort und eine Besichtigung der JVA Kleve angeboten. Felicitas Wilhelms organisiert eine waldpädagogische Exkursion und einen dreitägigen Ferienworkshop in der freien Natur mit dem Ausgangspunkt Boxteler Bahn.

Französisch Schwerpunkt bei den Sprachen

Was Sprachkurse betrifft, hat die VHS im vergangenen Jahr 14.800 Stunden angeboten. Den größten Teil davon decken die Kurse für Migranten ab. Ein neuer Kollege sei zur Beratung und Entlastung eingestellt worden, so Reintjes. „Die Erfolgsquote bei den Kursen betrug 2019 über 70 Prozent“, dankte Reintjes sowohl Lehrern als auch den Teilnehmern, „die entgegen anderer Meinungen eine hohe Bereitschaft haben, schnell zu lernen.“ Das Bundesamt sei jedenfalls so zufrieden, dass es dafür finanzielle Zuwendungen für die nächsten vier Jahre erteilt hat. „Das sind öffentliche Mittel, für die eine hohe Nachweispflicht besteht“, sagt Reintges. Die Kurse müssen eine entsprechende Qualität aufweisen, die Lehrenden auch Schulungen erhalten.

Eine große Überraschung sei die „Renaissance“ der französischen Sprache bei den Angeboten. Reintjes führte das auch auf die Arbeit von Marie-Christine Schwitzgöbel zurück, die auch in diesem Jahr wieder mit einem deutsch-französischen Abend, einem „Pétit déjeuner“ und einem Vortrag über die Provence in der Kevelaerer Begegnungsstätte Lust auf die Sprache machen will. Und man will es in diesem Jahr mal wieder mit Griechisch-Kursen versuchen.

Angebote für Arbeitnehmer

Im Bereich EDV und berufliche Bildung können Interessierte die ganze Palette von Grund- und Aufbaukursen in Word, Excel, Outlook und Access als Standard oder auch vorgeschaltete Grundkurse für PC, Laptop und Smartphone sowie im Umgang mit Datenschutz, E-Mail und anderen Dingen im Internet wahrnehmen. „Wir machen auch Bildgestaltung und Design – sogar als Bildungswoche“, erläuterte Wilhelms.

Über einen Bildungscheck und eine Bildungsprämie können sich Mitarbeiter von Unternehmen beruflich weiterbilden lassen, „Da werden 50 Prozent bei einer Summe bis zu 500 Euro übernommen“, sagte Reintjes. Viele Betriebe nutzten diese Möglichkeit. Arbeitnehmer haben auf das Angebot der „Beratung zur beruflichen Entwicklung“ das Recht auf bis zu neun kostenlose Stunden. „Das hat in den letzten Jahren stark zugenommen“, sagt der VHS-Leiter. Wer noch den Hauptschulabschluss oder Mittleren Schulabschlusses machen will, sollte sich beeilen – kurzfristig könne man da in den Unterricht noch einsteigen, empfahl Reintjes.

Weihnachtsoratorium der besonderen Art

Am 28.12.2019 fand in der Marienbasilika in Kevelaer die Premiere des Events “#Jauchzet!#Frohlocket!” statt. Aus der Zusammenarbeit von Romano Giefer, Dr. Bastian Rütten und Fabian Matussek ging eine modernisierte Version von Bachs Weihnachtsoratorium hervor.

Zwei ausverkaufte Abende (28.12 und 29.12.2019) mit rund 400 Besuchern, Tänzerinnen, zwei Chöre, ein Erzähler: Hierbei würde man nicht unbedingt als erstes an Kirche denken. Jedoch lockte die Neuinszenierung von Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium so viele Besucher an, dass in den Seitenschiffen Leinwände aufgestellt werden mussten, die das Geschehen für alle Zuschauenden sichtbar machten. Sie wurden durch einen bunten Abend mit Licht, Musik, Sprache und Tanz geführt.

Rund 130 Akteure waren an der Inszenierung beteiligt. Darunter der Projektchor, der Kevelaerer Mädchenchor, die Solisten Anja Paulus (Sopran), Alexandra Thomas (Alt), Leonhard Reso (Tenor), René Perler (Bass) und Fabian Matussek als Erzähler, der die Zuschauer mit zahlreichen Impulsen durch den Abend geführt hat.

Die besondere Inszenierung beinhaltete Musik, Gesang und Tanz. (Foto: NT)

Die besondere Inszenierung beinhaltete Musik, Gesang und Tanz. (Foto: NT)

“Die Interpretation des Oratoriums war etwas Einzigartiges: Wort, Musik und Tanz haben einander wunderbar ergänzt und als Rahmen die wunderbare Basilika, die das alles zusammenfügt. Dadurch entsteht etwas, was uns heutige Menschen sehr berührt”, fand René Perler. Wie zeitgemäß die Weihnachtsgeschichte und wie wichtig sie für heutige Menschen ist: das zu zeigen lag den Initiatoren des Projekts besonders am Herzen. Sie sind ebenfalls davon überzeugt, dass das ist, was auch Johann Sebastian Bach gewollt hätte. “Bachs Werke sind stark strukturiert und haben mindestens drei Ebenen: eine Erzählende, eine Betrachtende und eine Teilnehmende”, erläutert Romano Giefer.

Früher waren die Inhalte in Bachs Werken den Menschen viel präsenter. Die teilnehmende Ebene wurde durch Kirchenlieder geschaffen, die den Menschen allgemein bekannt waren, und die in die Werke eingebunden wurden. Da viele dieser Musikstücke den heutigen Menschen nicht mehr bekannt sind, geht dieser Effekt verloren. Durch das Einbringen neuer Elemente, wie die Erzähltexte, die in teilweise sehr alltäglicher Sprache verfasst waren, sollte die Wirkung nachempfunden werden. Die Zuschauer sollten sich ähnlich fühlen wie diejenigen, die das Oratorium vor 285 Jahren das erste Mal gehört haben.
Auch Wallfahrtsrektor Gregor Kauling war begeistert von dem Abend: “Ich war sehr berührt, weil ich bisher nur frühe Proben gesehen habe. So, wie alles letztendlich zusammengekommen ist, war es sehr berührend und stimmig.”

Starke Solisten trugen zum Erfolg bei. (Foto: NT)

Starke Solisten trugen zum Erfolg bei. (Foto: NT)

Das Projekt vereinte viele Menschen: professionelle Musiker, Tänzer und Amateure. Was alle verbindet, ist die Liebe zur Musik und die Bewunderung für die jeweils anderen. Auf die Frage, was ihnen von dem gemeinsamen Projekt im Gedächtnis geblieben ist, gab es viele Antworten: “Die Solisten waren super!”, lobte beispielsweise Klara aus dem Mädchenchor. Aus dem Projektchor kamen Worte der Bewunderung für das geduldige Orchester und Romano Giefer lobte die Mädchen für ihre große Geduld während der Proben. Ob es sich gelohnt hat? “Ja!” – da sind sich Mia, Klara und Lidia aus dem Mädchenchor einig.

Wie ein D-Zug durch den “Löwen”

Immer wieder gelingt es dem Ehepaar Baers, mit seiner Auswahl von Swing- und Jazzbands den „Goldenen Löwen“ in einen Ort zu verwandeln, an dem Musikliebhaber sich wohlfühlen; an dem die Gäste Klänge zu hören bekommen, die für die einen altbacken oder „oldschool“, für die anderen Ausdruck einer besonderen Epoche der Musik sind, an die sie sich gerne erinnern, die sie nach wie vor mitreißt und die dabei nicht angestaubt wirkt.

Zum Abschied aus dem Jahr 2019 hatten Baers nochmal „alte Bekannte“ eingeladen. „Wir waren schon vier- oder fünfmal hier – der Laden hat einfach Atmosphäre“, bekannte der Bandleader von „Naldo´s Jazz Family“, der Multi-Instrumentalist Naldo Suhr, seine Sympathie für das ehrwürdige Haus, das für drei Stunden ein Ort von Sound, Rhythmus und netten Geschichten werden sollte.

Das in Overath beheimatete Sextett – mit Dietmar Schäfer (Trompete, Gesang), Manfred Zander (Posaune, Ukulele, Gesang), Regine Suhr (Banjo), Peter Krönes (Bass) und Achim Bräuer (Schlagzeug) – hatte ein fettes Paket traditionellen Jazz mit ins Jahresabschiedsgepäck gepackt. Vom New-Orleans- und Dixieland-Jazz der 20er-Jahre bis zu Swing-Nummern, Boogie Woogie und einem Hauch karibische Klänge reichte diesmal das Repertoire der Band. Ob nun der „Savoy Blues“ von Kid Ory, der „Steve Door Jump“ von Duke Ellington, die schwungvolle Melodie von „Puttin´on the Ritz“, der kompakte Dixie-Song „China boy“ oder das etwas moderner anmutende „Great bear“ – mit ihrer Musik sorgte das Sextett beim Publikum für Freude und Entspannung.

Dabei wurde erkennbar, dass die Musiker sicher nicht mehr die Jüngsten sind, dafür aber langsam wie ein klassischer D-Zug wirken, der allmählich ins Rollen und zum Ende hin richtig in Fahrt kommt. Außerdem durfte das Publikum beim Song „Lady Be Good“ erfahren, wie „Jug Bands“ mit selbst gestalteten Instrumenten wie dem Kazoo und Trompeten-Ansätzen in den USA die Musik spielten, die später im New-Orleans und Dixieland gang und gäbe waren. Naldo benutzte eine Luftpumpe als Instrument oder die Mundharmonika, Zander die Ukulele. Ergänzt wurde das musikalische Programm durch die mehr oder weniger originellen Kurzgedichte von Bandleader Naldo Suhr, die beim Publikum für Unterhaltung sorgten.

Am 24. Januar 2020 haben die Jazzfans im „Löwen“ die nächste Chance auf schöne Musik. Denn dann steht „Boogie Woogie meets Rock‘n‘Roll“ auf der musikalischen Speisekarte.

Bildgedanken

Eine Kolumne
mit Gedichten von Monika Behrens
und Fotos von Wolfgang Deselaers

Zwischen den Zeiten

Etwas Ruhe im Sturm
Tage zwischen der Zeit
Manches darf jetzt mal ruh’n
Seele wird langsam weit

Abschied, Aufbruch und
Hoffnung
zwischen Träumen und Hast.
Und nun, zwischen den Jahren
braucht das Herz einmal Rast.

Wir vergehen vor Eile, Sorgen,
streben nach Macht.
Blick zurück zeigt ganz klar,
was das Jahr hat gebracht.

Pack die Wünsche und Ziele,
in den Vier-Blätter-Klee.
Was die Zukunft wohl bringt
treibt im Hoffnungstraumsee.

Erzähl doch mal …

Indra Peters, Museumspädagogin im Niederrheinischen Museum Kevelaer, führte 15 Schüler der Gesamtschule Kevelaer und 15 Senioren in das historische Klassenzimmer des Museums. Sie alle sollten eine Zeitreise in die Schulzeit des 20. Jahrhunderts erleben. So wurden die Sechstklässler und Senioren von „Lehrerin Indra Peters“ direkt einmal in Jungs- und Mädchengruppen getrennt. Es folgte eine Aufstellung in Zweierreihen und ein anschließendes Gebet, bevor alle Platz nahmen und Peters ihren kleinen Exkurs in die frühere Schulzeit begann.

Zwischen Verwunderung und Erfahrung

„Nasebohren und Augen ausstechen, das war damals alles noch nicht“, meinte sie augenzwinkernd mit Blick auf die Angewohnheit vieler Schüler, ihrer Meldung mit einem möglichst langen Arm Richtung Lehrer Ausdruck zu verleihen. Und dass es früher eine Zeit gab, in der man zur Schule „durfte“, in der die Arbeit auf dem Feld die Alternative war, das verwunderte viele der Schüler. Die Senioren hingegen nickten zustimmend.

Anschließend sorgte der Stock für Aufsehen, den die Museumspädagogin hervorholte. Wofür der früher genutzt wurde, das wussten die meisten Schüler genau – aber nicht aus eigener Erfahrung, sondern zum großen Teil aus Erzählungen von Oma und Opa. Viele der Senioren konnten sich selbst noch gut an den Einsatz des Stocks erinnern und fingen sofort an, wild durcheinander von ihren Erlebnissen und Erinnerungen zu erzählen. „Immer linke Hand Innenseite“, meinte Peters und fügte erklärend hinzu, dass das so gehandhabt worden sei, weil die geschlagene Hand anschwoll und man schließlich mit der rechten Hand noch schreiben musste. Das sorgte bei vielen Schülern für eine besorgte Begutachtung ihrer eigenen Hände und wohl auch für Erleichterung, dass die Form der Züchtigung längst aus dem Schulleben verschwunden ist.

Während der kleinen Schulstunde im Museum konnte man beobachten, wie sich nebenbei immer wieder Gespräche an den Tischen zwischen Schülern und Senioren entwickelten, die jeweils gemischt nebeneinander saßen. Schüler fragten interessiert nach oder erzählten den Senioren, wie es heute in der Schule so ist. Ein Blick in einen „Strafkatalog“ aus dem Jahr 1818 rundete die Stock-Thematik schließlich ab: Zehn Schläge habe es demzufolge gegeben, wenn Jungen „sich Mädchen gegenüber schlecht“ benommen haben, erklärte Peters augenzwinkernd.

Schulhöfe durch einen Draht getrennt

Im Anschluss an den Exkurs der Museumspädagogin hatten die Schüler Gelegenheit, den Senioren Fragen zu stellen. „Warum musste man aufstehen?“, fragte einer von ihnen mit Blick auf die Tatsache, dass Schüler sich früher bei einer Wortmeldung erheben mussten. Die Senioren waren sich einig: Das hatte etwas mit Respekt zu tun. „Und wie habt ihr die Schulzeit empfunden?“, lautete die nächste Frage. Einer der Senioren hatte noch besonders die vielen Rituale in Erinnerung, die in der Schule damals zur Tagesordnung gehörten. Eine andere Dame fand deutliche Worte für ihre Schulzeit: „Sehr, sehr schlecht.“ Sie sei 1946 eingeschult worden und erinnerte sich an viel Kälte, einen Schulweg von vier Kilometern, den sie laufen musste, und vor allem war ihr der ständige Hunger in Erinnerung geblieben.

„Warum wurden Jungs und Mädchen getrennt?“, fragte ein Junge und ließ dabei spüren, dass er sich diese Geschlechtertrennung heute nicht mehr vorstellen kann. Auch hier waren sich die Senioren wieder einig: Man wollte unter anderem Ablenkung verhindern. Dass die Schulhöfe damals manchmal sogar durch einen Draht getrennt waren, sorgte für viele erschrockene Gesichter bei den Schülern. In einer Sache waren sich die meisten Schüler am Ende dann einig: Schule war früher ganz anders und deutlich strenger als heute.

Schließlich erinnerten sich die Senioren noch an ihre alte Schule auf dem Peter-Plümpe-Platz, einer der Senioren sprach den Kindern einige Sätze auf Platt vor und die Schüler machten gemeinsam mit den Senioren eine Übung im Sütterlin-Schreiben – was gar nicht so einfach ist, wie sich herausstellte. Anschließend stimmten sich alle gemeinsam – natürlich stehend neben den Tischen – mit dem Lied „Kling Glöckchen“ auf das bevorstehende Weihnachtsfest ein.

Zum Abschluss ließen die Schüler und Senioren den lehrreichen Nachmittag bei Kaffee, Saft und von der Konditorei Platzer gesponsertem Kuchen ausklingen und hatten so noch einmal die Gelegenheit, fernab der Schulatmosphäre spannende Geschichten auszutauschen.